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Feedback jeder Art Sei ein Baum

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  • Sonja Pistracher
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Sei ein Baum
sag ich dir,
der, wenn auch Wunden
fest verbunden
mit der Erde ist,
sich nicht am Andern misst,
auch wenn sein Kleid
ganz ohne Bitterkeit
manchmal entstellt
und nicht gefällt.
 
Sei ein Baum,
der stehen bleibt
und Knospen treibt,
obwohl um ihn herum
die Welt ganz stumm
sich reckt
und streckt,
dir Zuflucht ist,
nicht vergisst,
auch abzugeben,
damit ein Leben
möglich ist
für Lebewesen aller Art,
nach außen hart,
manchmal gebeugt
bezeugt
er allein
die Pein,
die wir beklagen,
er hat dazu nichts zu sagen.
 
Sei ein Baum
und nimm
ohne Grimm
den Platz gern ein,
der dir gegeben
in diesem Leben,
sei Teil davon
und verschon
mit deinem Besserwissen,
was und wie wir alle müssen -
nutz den Raum
in dir
dafür,
einfach zu sein,
sei gemein
im Sinne dessen,
sich zu messen,
dass nichts verkehrt,
frag nicht nach Wert
vom Gegenüber
steh einfach drüber.
 
Sei ein Baum
und lebe diesen Traum.
 
 
 
Liebe Sonja!
 
Ein Baum zu sein hat viele Eigenheiten, denen wir nicht oft in ihrer Ganzheit begegnen. So gesehen hat alles seinen Preis. Standhaftigkeit heißt auch gebunden sein..
Was können wir vom Leben eines Baumes alles lernen! Ja.. ein Baum mag sich nicht wehren gegen die Hand, die eine Axt in seine Rinde schlägt. Aber er widersteht dem Sturm und weiß genügsam zu sein. Er zeigt und den ewigen Kreislauf von Vergehen und Neuwerden..
 
Das Holz des Vertrauens kann viele Eigenschaften verkörpern. Solange es nicht morsch wird, kann es uns weit tragen.
Und so bedarf auch Vertrauen unserer Pflege, immer und immer wieder.
 
der, wenn auch Wunden


fest verbunden


mit der Erde ist,
Hier fehlt mir tatsächlich die Fortsetzung in der Aussage.
---- wenn auch Wunden - was? Ihn schwächen? Ihre Spuren lassen?
Dieser Vers findet keine Auflösung und scheint mir daher ohne Kontext. Vielleicht lässt sich aus "Wunden" ein Adjektiv machen, dann liegt darin bereits die Auflösung. Zum Beispiel:
----> der, wenn auch verwunden
 
auch abzugeben,


damit ein Leben


möglich ist
Vielleicht statt "damit" ein "dass"?
----> dass ein Leben
 
Den Platz einnehmen, der uns im Leben gegeben ist, ist eine gewaltige Aufgabe der Akzeptanz. Und mit allem muss man sich nicht abfinden. Als Baum würde ich mich auch beschweren, wenn mich jemand in die Wüstenei schickt!
Aber ja.. viele Dinge sind nicht zu ändern und bilden doch unsere Grundlage, auf der wir stehen. Von hier aus können wir entscheiden, wohin wir unsere Äste strecken, wie hoch wir wollen und was wir halten möchten. Aber einen gewissen Platz den wir zugewiesen bekommen, müssen wir annehmen. Oder wir lehnen uns ein Leben lang gegen Unmögliches auf und verschenken unsere Kraft daran..
Ein schwieriger Balanceakt.
 
Schöne Zeilen, gefällt mir wieder sehr!
 
Liebe Grüße, Lichtsammlerin
 
Ja, liebe Sonja, dieses Gedicht gefällt mir.
Es gefällt mir und es gibt mir Kraft.
Es bringt mich zum Nachdenken, zum Akzeptieren meiner Grenzen. Was in meinem Alter eher was Selbstverständliches sein sollte.
Aber die Eitelkeit macht blind.
Liebe Grüße
Carlos
 
Liebe @Lichtsammlerin!
Danke für deinen ausführlichen Kommentar, der für mich jedes Mal wieder eine Ehre ist, weil du dir so viele Gedanken dazu machst. Du fühlst dich in die Worte hinein und kennst keine Oberflächlichkeit. Was ganz besonders wertvoll an deinen Kommentaren ist.
Dieses Gedicht hat für mich eine ganz besondere Bedeutung, weil ich es zu einer Zeit geschrieben habe, an der ich diese Verwurzelung zum Wechselspiel des Lebens dringend gebraucht habe. Alle Einflüsse von außen wollte ich dieser Stärke eines Baumes unterordnen, der so viel im Laufe seines Baumlebens erlebt bzw. erleben muss und trotzdem aus einer oft aussichtslosen Lage (abgesägt z.B.) wieder austreibt und nicht aufgibt. Dieses Bild in mir hat mich wachsen lassen und ungemein gestärkt, als ich genau vor so einem hoffnungslos zusammengeschnittenen Baum im Wald gesessen bin. Die Verbindung war direkt spürbar. Ich bin über seine Wunden gestrichen, habe meinen Block genommen und geschrieben.
Hier fehlt mir tatsächlich die Fortsetzung in der Aussage.


---- wenn auch Wunden - was? Ihn schwächen? Ihre Spuren lassen?
Und hier bin ich schon bei der ersten Passage deines Kritikpunktes, den ich einfach nicht anders schreiben kann. Weil er eben genau diesen Moment hatte, um zu entstehen.
 
der, wenn auch Wunden


fest verbunden


mit der Erde ist,


sich nicht am Andern misst,


auch wenn sein Kleid


ganz ohne Bitterkeit


manchmal entstellt


und nicht gefällt.
Eine Auflösung braucht es meiner Meinung nach nicht, weil er einfach trotz seiner Wunden verwurzelt bleibt - mit der Erde verbunden bleibt, absolut erniedrigt ausschaut und sich trotzdem nicht am Anderen misst, der schöner, größer, gesünder zu sein scheint. Doch die Stärke hat der kleine misshandelte Baum in viel höherem Maß. Ein Beispiel, dem wir vielleicht immer wieder folgen sollten.
Vielleicht statt "damit" ein "dass"?


----> dass ein Leben
Hier könnte man natürlich auch ein "dass" einsetzen. Da hast du völlig recht. Da ich aber keinem Muster gefolgt bin beim Reimen, sondern eher einer Melodie, die ich in diesem Moment gespürt habe, habe ich "damit" gewählt. Weil nicht ursächlich ein Leben möglich ist, sondern damit es überhaupt möglich ist.
 
Aber ja.. viele Dinge sind nicht zu ändern und bilden doch unsere Grundlage, auf der wir stehen. Von hier aus können wir entscheiden, wohin wir unsere Äste strecken, wie hoch wir wollen und was wir halten möchten.
 
Und hier stimme ich völlig mit dir überein. Viele Dinge sind nicht zu ändern. Darum ist ein "Weiterziehen" ohne die Schwere der Vergangenheit mitzuschleppen, für den Baum die einzige Möglichkeit, aber auch für uns, um dieses doch so kurze Leben noch genießen zu können. Wir haben die Möglichkeit, Äste zu bilden und uns zu verzweigen, in viele Richtungen. Ein Ast davon ragt mit viel Freude und Empathie in dieses Forum, das auch eine kleine Heimat bedeuten kann. Wenn man es zulässt. Die wiederum Kraft gibt, nach vorne zu blicken.
 
Danke für deinen Kommentar, dein ungeteiltes Interesse an meinen Zeilen und das Erleben in Gedanken.
Mit ganz lieben Gutenachtgrüßen
deine
Sonja
 
LisaN schrieb:
Hat mir sehr gefallen, liebe Sonja,
Liebe @LisaN! Alleine diese paar Worte erzeugen ein glückliches Empfinden und damit hat meine Seele wieder einen kleinen Schubs in die positive Richtung bekommen. Dafür möchte ich dir herzlich danken. Tut einfach gut.
Gute Nacht!
Sonja
Es gefällt mir und es gibt mir Kraft.


Es bringt mich zum Nachdenken, zum Akzeptieren meiner Grenzen. Was in meinem Alter eher was Selbstverständliches sein sollte.


Aber die Eitelkeit macht blind.
Lieber @Carlos! Ich glaube nicht unbedingt, dass Eitelkeit blind macht, sondern eher das vor Augen führen des Spiegels, der niemals mein Innerstes wiedergeben kann. Denn dort ist unsere Jugend, unser Alter, unser Gefühl fürs Leben so gut wie immer auf einer Ebene. Wir denken vielleicht reifer, aber wir denken, wie wir es immer getan haben. Kein Tag, der uns in unserem Denken älter oder jünger macht. Und wenn wir die Stärke haben, mit dem Wissen, dass dem so ist, dies auch zuzulassen, wenn wir in den Spiegel schauen, geht die Eitelkeit mit Sicherheit baden und ein Lächeln macht sich breit. Grenzen gibt es nur äußerlich. Davon sollten wir uns nicht leiten lassen. Macht auch mein Mann nicht, der 80 ist und eine Energie ausstrahlt, dass es keiner glauben will, dass er bereits dieses Alter erreicht hat. Weil er sein Innen nach außen trägt. Das sollten wir vielleicht üben.
 
Danke dir sehr für deinen wertvollen Kommentar, obwohl ich die Selbstzweifel völlig überlesen habe.  Weil dein innerer Wert eine wunderbare Sprache spricht.
Mit lieben Gutenachtgrüßen
Sonja
 
Danke lieber @Ponorist, lieber @Freiform, lieber @Traumreich, liebe @Gina, liebe Lena, liebe @Lotte, B. R. für Eure Likes, worüber ich mich sehr freue. Weil mir dieses Gedicht einfach viel bedeutet und es ein gutes Gefühl hinterlässt, wenn es auch bei anderen Menschen angekommen ist.
Eure
Sonja
 
  • Sonja Pistracher
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