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Stiller Protest

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Stiller Protest
 
Am Anfang war sie sachlich-nüchtern
vor zehn Jahren am Gymnasium,
nie aufdringlich, äußerst schüchtern
war sie bloß still, nicht dumm.
 
Als dann mehr der bösen Worte fielen,
hat sie heimlich schwer geschluckt
und sah sie's auf Herz und Nieren zielen,
ist sie unerhört zusammengezuckt.
 
Bis die Eltern dann noch Streit anfingen.
Da überlegte sich das Menschenkind,
als ihr die Worte durch den Kopf gingen,
ob wir schweigend Bessre sind.
 
Seit zehn Jahren nun ist sie verstummt.
Ohne Mucks und Laut und Lachen.
Vor dem Leben in sich eingemummt
hat sie aufgehört, es mitzumachen.
 
https://makaveli85.wordpress.com/2013/07/14/stiller-protest/
 
Lieber Tagträumer,
Ich versuche mich mal im Dichten,
ob es mir gelingt darüber mögen andere richten...
 
Menschen haben sie zum Schweigen gebracht
Und damit nun ganz klein gemacht
Man wird nicht besser, wenn man schweigt
Allein der Schmerz, der steigt
 
Was Menschen manchmal anrichten
Können andere wieder zu richten
 
Viele vorweihnachtliche Grüße
Stille Wasser
 
Für sie wirds nicht mehr gut werden, leider. Tatsächlich hat sie in der neunten Klasse das reden einfach eingestellt. Sie wirkte zwar schon sehr zerbrechlich, in ihrer ganzen Schüchternheit, und der offensichtlichen Empfindsamkeit. War allerdings eine überdurchschnttliche Schülerin, durchaus ab und an mal fröhlich. Wobei die Körpersprache, muss ich sagen, wo ich sie jetzt gerade aus irgendwelchen Gründen für Momente klar vor Augen hatte. Die war halt schon extrem gehemmt, allerdings noch keineswegs krankhaft.
Naja, und Anfang neunte Klasse (Gedicht hat schon paar Tage aufm Buckel - drei glaub ich - da ich mal wieder ein Manuskript bzw. das nächste Buch in Angruff nehmen will und ein paar Verlage anschreiben, hat ichs heute auf Schirm und überarbeitet), da wurde sie immer stiller. Die Augen trauriger. Irgendwann hat sie nur noch geredet, wenn der Lehrer sie drannahm. Und selbst dann. Kam oftmals schon nichts mehr, bis dann Herr B. etwas von ihr hören wollte. Und sagte. Wir warten jetzt, bis du etwas sagst, Kind. 45 Minuten später hat sie den Klassenraum das letzte Mal verlassen. Und seither kein Wort mehr gesprochen.
 
Und heute, weiß ich zufällig. Da ich einen Mitarbeiter dort kenne, haben sie sie in ein Behindertenwohnheim gesteckt. Der wahrscheinlich, oder mit Sicherheit, der denkbar ungünstigste Ort für sie. Welches Genie von Psychologe das auch immer verbrochen hat, dafür gehört er echt bestraft. Dort ist man laut, rücksichtslos, ungestüm, erschreckend mitunter - selbstverständlich ohne was dafür zu können. Das dürfte ihr, bei ihrem Wesen. Aber wohl kaum ein Trost sein.
Aber so isses eben heutzutage, wenn sie nicht weiterwissen, du für systemisches nicht zu gebrauchen bist, Gehts in irgend ein Heim. Für die Psychatrie war sie nicht gefährlich bzw. gefährdet genug. Dann halt das. Da krieg ich schon wieder Blutdruck, wenn ich drüber nachdenk.
 
Dabei isses eigentlicdh, wenn ich richtig liege mit meiner Vermutung, dass sie tatsächlich einfach den Lärm nicht mehr ertragen konnte, wenn da irgend ein Schmerz war, unerträglicherweise. Ja fast schon einfach nur rührend, wenn der Verstand die Kommunikation einstellt, bis Aussicht auf Besserung besteht. Nur wenn halt alles, was nicht gleich der Norm, dem Normalen entspricht. Krankhaft wird. Dann entwachsen solche Zustände genauso, wie das Versaute zur Perversion wird.
 
Bestimmt wäre es möglich gewesen, sie aus diesem Zustand wieder zu erwecken, wenn man sich dem Problem auf eine Art und Weise genähert hätte, wie es der gesunde Menschenverstand für sinnvoll erachtet. Eben durch das Schöne, was Sprache zu bieten hat, Gedichte, Musik, Gedichte. Musik
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Es hört ja niemand vom einen auf den anderen Tag auf zu reden und hat es einfach verlernt. Irgendwas wird sich ihr Verstand schon dabei gedacht haben...
 
Vielleicht sogar ginge es heute noch, halte ich aber für unwahrscheinlich, nach 10 Jahren Drogen gegen Angstzustände. Und Isoliertheit. Ist sie inzwischen auch schon in den "Bücher geführt", als sei sie stumm geboren...
Manchmal hab ich da inzwischen auch echt vollstes Verständnis für sie, irgendwie. Nicht das ich gefährdet wäre, den Mund nicht mehr aufzukriegen. Aber die vielen leeren Worten, das Subtile, was durch das Internet so richtig in Mode gekommen ist. Gerade auch unter Dichter, oder jenen, die welche sein wollen, nur wenn du bist, wenn sies nicht kennen. Oder können. Oder so schreibst. Da kann man sich schon wundern, wie da manchmal ohne jeglichen erkennbaren Grund dazwischengegrätsch wird. Mehrfach, wennns sein muss.
 
Naja. Sind wir froh, dass wir noch veräußern können, was wir verinnerlichten. Und ein bisschen traurig.
 
Peace
 
Basti
 
Die schlimmsen Geschichten schreibt (manchmal) das Leben. Erst einmal vielen Dank für Deine ausführliche Offenheit und die Erklärung zur Entstehung deines Gedichtes.
Es is einfach nur traurig zu lesen wie Entscheidungen getroffen wurden die ihr anscheinend nicht geholfen haben. Mensch darf die Hoffnung nie verlieren. Ich bin sprachlos.
 
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