Schmuddelkind
Autor
2. Februar 1856
Als der Händler, dem ich dieses prächtige Kamel abkaufen wollte, mich fragte, warum ich die Wüste alleine durchquere, nur um einen fremden Mann zu suchen, der vermutlich schon längst tot sei, antwortete ich recht zielbewusst: "Auch wenn wir uns nicht kannten, hätte er für mich dasselbe getan." Wohl stehen dem alten Mann Weisheit und Verständnis eines Lebens am Rande der Wüste ins Gesicht geschrieben, doch auf eine solche Torheit wusste er sich keinen Rat, als mir zu versichern, dass die Wüste keine Leichtfertigkeit verzeihe, besonders nicht den Europäern. Daraufhin vertraute er mir das Tier an, ohne einen Taler zu verlangen. Kurz zögerte ich ob der Schwere, die ich darüber empfand, doch ließ ich mich nicht abbringen, sattelte und belud das Kamel und stieg auf. Dem Händler blieb nichts mehr, als mir Gottes Segen zu wünschen, was ich erwiderte, ehe ich dem Süden entgegen ritt.
Zwar könnte ich die Torheit, die ich ihm entgegnete mit einigem Sinn schmücken - nicht ohne Grund kann ich annehmen, dass Eduard Vogel nach mir gesucht hätte, sowie er aufbrach, um den verschollen Geglaubten Barth zu finden, Männer, die einen Weg begingen, um einen Weg zu finden. Doch als die Stadt hinter mir verschwand und die dürre Endlosigkeit sich um mich schloss, dass ich dem Eindruck erliegen musste, die Wüste müsse einen Mann unweigerlich verschlingen, wurde mir gewiss, was ich vorher schon ahnte: es ist dennoch eine Torheit. Männer, die verschwinden, um Männer zu suchen, die verschwunden sind. Nein - so edel dies erscheinen mag - mich in diese Kette des leidvollen Heldenmutes einzureihen, kann kein hinreichender Grund für meine Reise sein. Vermutlich habe ich auch deshalb niemandem in der Heimat gestanden, wohin meine Reise wirklich geht, damit dies mit mir ein Ende findet - ob ein gutes oder schlimmes Ende weiß die Wüste allein.
Wenn ich ganz ehrlich zu mir bin, weiß ich nicht genau, was mich dazu bewogen hat. Aber ich spüre, dass es einen ursprünglicheren, inneren Grund am Quell meiner Seele gibt, unabhängig von allen äußeren Anlässen und Rechtfertigungen, jeglichen Selbstbildnissen zuvorgekommen. Nur in diesem Empfinden kann ich den Mut aufbringen, den ich auf meiner Reise brauche. Denn was auch immer es ist, das ich suche - ich finde Leid und Angst in mir. Dabei ist der erste Tag noch nicht vergangen. Aber ich finde auch eine Ruhe bei mir, für die ich keine Worte haben kann, da der undeutlichste Gedanke darüber bereits diese Ruhe zu brechen vermag.
Durch meinen Zelteingang beschaue ich mein Kamel, wie es derart friedvoll und über die Gefahren der Wüste erhaben in der Abendsonne liegt. Ich bewundere dieses Tier ob seiner Genügsamkeit und Sorglosigkeit. Wir haben uns heute bereits ausgezeichnet verstanden. Bald geht die Sonne unter und schickt mir hoffentlich einen kühlen Gruß.
Als der Händler, dem ich dieses prächtige Kamel abkaufen wollte, mich fragte, warum ich die Wüste alleine durchquere, nur um einen fremden Mann zu suchen, der vermutlich schon längst tot sei, antwortete ich recht zielbewusst: "Auch wenn wir uns nicht kannten, hätte er für mich dasselbe getan." Wohl stehen dem alten Mann Weisheit und Verständnis eines Lebens am Rande der Wüste ins Gesicht geschrieben, doch auf eine solche Torheit wusste er sich keinen Rat, als mir zu versichern, dass die Wüste keine Leichtfertigkeit verzeihe, besonders nicht den Europäern. Daraufhin vertraute er mir das Tier an, ohne einen Taler zu verlangen. Kurz zögerte ich ob der Schwere, die ich darüber empfand, doch ließ ich mich nicht abbringen, sattelte und belud das Kamel und stieg auf. Dem Händler blieb nichts mehr, als mir Gottes Segen zu wünschen, was ich erwiderte, ehe ich dem Süden entgegen ritt.
Zwar könnte ich die Torheit, die ich ihm entgegnete mit einigem Sinn schmücken - nicht ohne Grund kann ich annehmen, dass Eduard Vogel nach mir gesucht hätte, sowie er aufbrach, um den verschollen Geglaubten Barth zu finden, Männer, die einen Weg begingen, um einen Weg zu finden. Doch als die Stadt hinter mir verschwand und die dürre Endlosigkeit sich um mich schloss, dass ich dem Eindruck erliegen musste, die Wüste müsse einen Mann unweigerlich verschlingen, wurde mir gewiss, was ich vorher schon ahnte: es ist dennoch eine Torheit. Männer, die verschwinden, um Männer zu suchen, die verschwunden sind. Nein - so edel dies erscheinen mag - mich in diese Kette des leidvollen Heldenmutes einzureihen, kann kein hinreichender Grund für meine Reise sein. Vermutlich habe ich auch deshalb niemandem in der Heimat gestanden, wohin meine Reise wirklich geht, damit dies mit mir ein Ende findet - ob ein gutes oder schlimmes Ende weiß die Wüste allein.
Wenn ich ganz ehrlich zu mir bin, weiß ich nicht genau, was mich dazu bewogen hat. Aber ich spüre, dass es einen ursprünglicheren, inneren Grund am Quell meiner Seele gibt, unabhängig von allen äußeren Anlässen und Rechtfertigungen, jeglichen Selbstbildnissen zuvorgekommen. Nur in diesem Empfinden kann ich den Mut aufbringen, den ich auf meiner Reise brauche. Denn was auch immer es ist, das ich suche - ich finde Leid und Angst in mir. Dabei ist der erste Tag noch nicht vergangen. Aber ich finde auch eine Ruhe bei mir, für die ich keine Worte haben kann, da der undeutlichste Gedanke darüber bereits diese Ruhe zu brechen vermag.
Durch meinen Zelteingang beschaue ich mein Kamel, wie es derart friedvoll und über die Gefahren der Wüste erhaben in der Abendsonne liegt. Ich bewundere dieses Tier ob seiner Genügsamkeit und Sorglosigkeit. Wir haben uns heute bereits ausgezeichnet verstanden. Bald geht die Sonne unter und schickt mir hoffentlich einen kühlen Gruß.