Carolus
Autor
Zwei Winde
Lange haben sie geheult,
gewinselt, gebettelt, wütend
an den Toren ihrer Kerker gerüttelt.
Raus wollten sie ins Erdenleben,
ihre Kraft entfalten, mit Lust
endlich in Freiheit große Werke
der Zerstörung vollbringen.
Niemand weiß,
wer ihnen die Tore geöffnet.
Der Erste entweicht im Süden
seinem Gefängnis, versengt
Wälder, Steppen und Städte
mit seinen Hitzelohen.
Jubelnd feuert er zum Kriege an,
jauchzt, wenn Menschen
und Mauern zu Boden sinken.
Umgürtet mit flammendem Gewand,
treibt er Temperaturen und Atemnöte an,
freut sich kindlich, wenn die Wasser
über die Kronen der Deiche steigen.
Staub aus ausgeglühter
Asche bläst der Zweite von Westen
in den dürren Garten Eden, wo
Kinder kraftlos von der Brust
der Mutter sinken und Tränen
einen Mangel an Trost ersetzen.
Die Starken aber, die, auf ihrer Suche
nach gerechter Welt, Meere überwinden,
reizt er durch Familienelend, Hunger
und Teuerung zum Widerstand,
bläst sie als Sandkörner in die Maschinerie
gieriger Potentaten in Politik und Ökonomie.
Wie weiter, fragen sich Zeitgenossen,
wenn schon zwei Winde soviel Unheil
über die zerriss´ne Welt und ihre Bewohner bringen?
Was können, müssen alle an Opfern beitragen,
um die Wut stürmischer Winde zu mildern,
damit für alle ein friedliches Leben
ohne ihre vernichtende Kraft wieder möglich?