Hast du schon einmal
an einem Gedicht gestanden
wie an einem Frühlingstag im Winter
und die Flocken gefangen wie die Kinder
und sie waren plötzlich alle warm wie der
Flügelschlag
eines Engels ?
Und haben Dich Gespenster
aus einem Grab je
angelacht das einer nur aus Worten
hingemalt hat
in die dunkle Pracht
einer schwarzen Orchidee
Und bist du schon einmal in einem Gedicht erwacht
am helllichten Tag in tiefster Mitternacht
an einem Sternensee
voll des Fern- und Heimesweh
zur gleichen Zeit
Und alle Kleinmütigkeit
und all der unnötige Neid
verging in seiner Einsamkeit ?
Und wurde dir die Brust nie weit
Von der Weite epischster Ewigkeit ?
Haben in deiner Brust nicht auch
größte Widersprüche liebevoll gefreit
um den Platz an der Seite der Braut
und das Brautkleid in sehnsüchtigstem Blau
war wie ein Ozean so weich und rau
zur selben Zeit ?
Hat dir nie ein Gedicht ein Brautkleid genäht
und es dir auf den Leib gelegt wie ein Kuss
der immer nur dir galt ?
Wurdest nicht auch du durch ein Gedicht schon alt
wie das Meer und jung wie ein neugeborener
Stern ?
Hast du dich niemals wund gelesen
An den Zungenküssen
von Reimen und Worten
und dem Zauber von seltenen Worten
und fernen Orten ?
Hast du denn nie in Wortstürmen gestanden
mit offenem Mund
durchnässt von sinnlichsten
(und schrecklichsten!)
Ergüssen
um dich gleich einfältigsten Konfirmanden
gleich Jünger, gleich Hierophanten
in tiefer, dunkelblauer Stund
in die Weiten hingesonnen
jedes Urteils bar
bis in das Mark benommen
von der Worte Zauber
eingesungen
Wer hat zu dir
(und ungestraft)
dann sagen dürfen
Narren sind die Dichter