Der letzte Blick ins Andenkenbuch
Schütteres Haar und fahle Haut
Kummerfalten die tief eingegraben sind
ein stumpfer Blick der gesenkt zum Schoß
in dem abgearbeitete Hände zitternd
das alte Familienbuch halten auf das
Erinnerungstränen rinnen um das
verlorene Kind das sie nicht schützen
konnte vor den Widrigkeiten auf dem
alten Handkarren den sie vor langer Zeit zog
Meter um Meter die sich aneinanderreihten
zur langen Flucht in die fremde Welt
damals als sie um ihr Leben hasten musste
ohne jegliche Mittel die man ihr stahl
in einem Augenblick der Wehrlosigkeit
als sie ihrem dürstenden Kind das letzte Wasser
in den trockenen Mund träufelte
und wusste dass sie ihm in Bälde
die Augen für immer schließen würde
mit einem letzten Kuss auf die kleinen
spröden Lippen und heute nun mit dem Buch
in den Händen und dem Wissen
das sie ihr Liebstes wiedersehen wird
macht sie Frieden mit dem Vergangenen
und schließt die müden Augen mit
einem lächelnden Gesicht sacht lässt sie
das Andenken zu Boden gleiten.
© Sternwanderer