Hallo Perry,
da hast du ja mal wieder ein Pfund rausgehauen.
Ich schildere dir meine Gedanken zu deinem Gedicht.
Naturkatastrophen 2.0.
Mittlerweile ist es Routine, bewegte Bilder von verheerenden
Naturkatastrophen live im Smart-TV zu konsumieren, nebenher eine
schmackhafte Spreewaldgurke aus dem Glas zu gabeln und genussvoll zu
verzehren. Die Bilder dringen kaum mehr tief genug, um uns bewusst zu
machen, wie viel menschliches Elend solch ein Ereignis, wie zum Beispiel
der Waldbrand im Amazonas bedeutet. Auch der Aspekt der
Umweltverschmutzung und der Verlust von Millionen Bäumen ist gravierend.
Wir sind durch mediale Permaberieselung tatsächlich taub und blind für
die Tiefe und Dramatik solcher Ereignisse geworden. - Richtig ist
natürlich auch: Niemand zwingt uns, uns permanent berieseln zu lassen.
*die menschheit ist ihrer vergangenheit müde
Für mich in diesem Gedicht die spannendste Zeile. Nicht der Mensch an
sich, nein, die gesamte Menschheit scheint, vielleicht aufgrund ihres
Alters, müde. Der lange Prozess unserer stammesgeschichtlichen
Entwicklung lastet gleichsam auf unseren Schultern und dieser Prozess
hat ja auch recht konkrete Konsequenzen. Ob Angst vor huschendem
Spinnengetier, tribalistisches Denken, Rückenschmerzen oder unsere kaum
gezügelte (intraspezifische) Aggression ... all das ist (auch) Erbe
unserer Ahnen.
Die Zukunft scheint düster - ein Blick in die Tageszeitung genügt. Da
aber auch Pläne, Ziele, Wünsche, Träume und die Hoffnung in der Zukunft
wohnen, ist es mE doch möglich, trotz alledem einen vorsichtig
optimistischen Blick dorthin zu werfen.
Sich selbst zu verleugnen, bedeutet für mich vor allem Aspekte unseres
Lebens, die dem Wesen Mensch, dem Menschsein innewohnen, so zu
gewichten, dass ein gedeihliches Miteinander in einer gesunden Umwelt
kaum mehr gegeben scheint. Obwohl es natürlich ebenso möglich wäre, mit
weniger Ringelsocken, Schaufelradbaggern und Vuvuzelas, dafür mehr
Moral, Reflektionsvermögen und der Fähigkeit einer aktiven
Zukunftsgestalung unser Menschsein zu legitimieren.
Beim Lesen der Schlussstrophe gewinne ich den Eindruck, das LI hat trotz
der Tragik der geschilderten Ereignisse seinen Humor nicht ganz
verloren; auch wenn es sich dabei vielleicht um Galgenhumor handelt.
Die Hoffnung auf ein 'überirdisches Sein' tröstet das LI, in hellen
Nächten - und in dunklen. Doch in diesen dunklen Nächten verliert es
seine Hoffnung auf ein irdisches Glück.
Die Zeit der Romantik mag vorbei sein, doch trotzt alledem gibt es ein
Leben vor dem Tod, haben wir Anrecht auf ein wenig Glück.
- Die Romantik ist tot, es lebe die Romantik. -
Sehr gern gelesen und sinniert.
LG
Berthold