Hallo Anonyma,
die einprogrammierte Vorsicht und Angst ist ohne Frage überlebenswichtig gewesen und hat die menschliche Evolution überhaupt erst erlaubt.
Was in der Steinzeit wichtig war, ist heute allerdings längst überholt, wir leben in einer global vernetzten Welt und können dem Fremden nicht entfliehen, noch ist die Furcht dem angemessen. Aber diese Entwicklung geht zu schnell, als dass die Evolution diese Vorsicht schon hätte ablegen können.
Und ein gewisses Maß an Misstrauen ist ja immer noch wichtig. Es beunruhigt mich aber sehr, wie diese eigentlich nützliche Furcht manipuliert wird und zur Hetze führt, anstatt durch die Verschiedenheit Chancen des Zusammenhalts zu entdecken.
Ob der Mensch einen "Fehler im System" hat, der zu Wiederholung vergangener Fehler führt, mag ich nicht beurteilen. Aber vieles weist darauf hin, dass eine fehlende Aufarbeitung und Auseinandersetzung die Wiederholung begünstigen. Das gilt für Einzelne, für Gruppen und ganze Staaten. Oft braucht es erst schlimmste Zustände, bevor ein Wandel geschieht - und, wenn nicht verbunden mit Aufarbeitung - kommt es früher oder später zu ähnlichen Mustern.
Aber ich denke schon, dass der Homo sapiens lernfähig ist, denn auch dies ist eine unabdingbare Vorraussetzung der Evolution gewesen: Wissen zu sammeln und weiter zu geben.
Die Angst vor giftigen Pflanzen und wilden Tieren liegt natürlich auch in der Genetik, genauso wird diese Angst aber auch weiter gegeben. Kinder kennen andere Ängste als Erwachsene, aber am Verhalten der Erwachsenen beurteilen sie ihre Umgebung und lernen "gut" und "böse", "Gefahr" und "Sicherheit" usw.. zu unterscheiden. Das ist heute immer noch so, erlerntes Wissen wird weiter getragen. Leider wird suggestiv auch eine Menge widersprüchliches Wissen vermittelt, Ablehnung oder Abneigung die sich nur im Verhalten äußert aber starken Einfluss übt.
Ich habe neulich einen Text eines Philosophen gelesen, bei dem es genau um das von dir geschilderte Phänomen ging, die Unterdrückten werden zu Unterdrückern. Leider kann ich mir Inhalte immer gut merken, Titel oder Autor immer furchtbar schlecht
😕 .. mmh, wenn es mir einfällt schreibe ich noch mal.
Es ist tatsächlich erschreckend, wie Ideologien benutzt werden und um sich greifen, es ist als wären sie ansteckend. Deine Schlussfolgerung Atheistin zu werden, kann ich gut nachvollziehen. Nur die Begründung nicht ganz. Dass Gott keinen so eklatanten Fehler im System geschaffen hätte.. mmh, falls es einen Gott geben sollte, hat er die Menschen mit einem freien Willen ausgestattet, Bürde und Freiheit zugleich. Vielleicht sind Gottes Wege auch unergründlich und das Ganze führt doch noch irgendwo hin.. vielleicht auch nicht. Was für mich feststeht, ist, dass kein Krieg, kein Unrecht im "Namen eines Gottes" geschieht. Mögen die Kriegsführer das noch so oft sagen, es ist mehr als Selbstbetrug. Wie du schreibst - nur eine Ausrede für die eigentlichen Interessen.
Ich muss sagen, ich bin was Gott betrifft neutral. Es gibt für mich keine Beweise seiner Existenz, noch gibt es Beweise die gegen seine Existenz sprechen. Ich weiß schlicht nicht, ob es einen Gott gibt oder nicht.
Wann lernen wir denn wirklich aus der Vergangenheit? Offenbar nie, denn jede Generation weist die Verantwortung von sich, immer mit dem Argument, dass sie ja damit gar nichts zu tun hat, das war gestern, das waren die Eltern oder Großeltern. Und so lernt die Menschheit letzten Endes - nichts. Sondern wiederholt nur ständig die gleichen Fehler.
Hier würde ich dir allerdings widersprechen. Denn natürlich kann die folgende Generation nichts für die Fehler der Eltern oder Großeltern, das befreit sie aber nicht von der Aufgabe daraus zu lernen. Viele aus der Generation, welche noch die Schrecken miterlebt haben, tun sich aber auch schwer sich damit auseinander zu setzen (was mehr als verständlich ist, schließlich ist es überaus schmerzhaft..). Doch nur wenn ein Austausch der Generationen erfolgt und Wissen und Erfahrung weiter gegeben wird, kann die folgende Generation daraus lernen.
Ich sehe mich in der Pflicht als Mensch für Menschlichkeit einzutreten. Ich sehe auch eine Verantwortung Deutschlands aus den Fehlern zu lernen, es nicht wieder so weit kommen zu lassen.. und auch woanders für menschlichkeit einzutreten, das Wissen an andere weiter zu geben.
Ich bin ein halbes Jahrhundert nach dem Krieg und noch ein Jahrzehnt nach dem Mauerfall geboren, trotzdem sehe ich auch meiner Verantwortung, meine Pflicht. Deswegen setze ich mich mit der Geschichte auseinander, mit unserer, mit meiner eigenen, mit der anderer Länder..
Es gibt noch viel zu tun.
Mich macht es auch sehr traurig, wenn ich zu viel darüber nachdenke. Ich hoffe trotzdem weiter auf Veränderung. So ganz habe ich den homo sapiens noch nicht abgeschrieben, schließlich ist es die gleiche Spezies, die so wunderbare Dinge wie Poesie und Kunst hervor bringt.. da ist noch Potenzial.
Danke für deine intensive Auseinandersetzung mit der Thematik!
Liebe Grüße, Lichtsammlerin