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Tagebuchblatt
 
Der Nachbar.
Mh, der Nachbar.
Der Nachbar ist tot.
 
Ja.
Wir haben es erwartet.
Hörst du die Hunde?
Ob sie es spüren?
Erst die Tage ohne ihn,
als er im Krankenhaus war,
dann jetzt -
dieses Alleinsein.
Das kurze Erscheinen der Anderen,
die jetzt das Futter geben.
 
Ich gehe durch den Garten.
Morgennass das Gras des Weges.
Verschlafene Grashüpfer flieh'n vor meinen Schritten.
 
Ich genieße den Schatten.
Es dauert noch, bis es hell wird hier hinten.
 
Macht das was mit mir, dass der Nachbar fehlt?
Wir mochten ihn nicht.
Ich habe versucht, ihn zu verstehen.
 
Nie hat er seinen Zaun „gemacht“.
Ein neuer wäre längst „dran gewesen“.
Wir waren besorgt.
Unsere Kinder, Enkel, Besucher.
Drüben die riesigen Hunde.
Was wird mit denen nun?
Wer nimmt diese bärigen Tiere?
Scharfgemachte Kampfmaschinen.
Zaunüberspringer. Hühnerjäger. Furchteinflößer.
 
Wer übernimmt den Hof?
Es geht uns nichts an.
Und doch.
Jeder neue Nachbar beeinflusst unser Leben.
So oder so.
 
Die Gedanken zerflattern
zwischen Hoffnung und Bedenken.
 
 
 
 
 
Danke @Stavanger,
 
fürs aufmerksame Lesen und deine Meinung dazu. Freut mich.
Wünsche dir einen angenehmen Tag!
                                                                                   🦅
 
Die Gedanken zerflattern


zwischen Hoffnung und Bedenken.
 
Der innere Zwiespalt... Wie trauert man um einen unangenehmen Zeitgenossen? Muss man überhaupt trauern? Oder schreibt uns das nur der gesellschaftliche Druck vor. Irgendwie ist man mit dem Nachbarn doch "näher" als mit einem ganz Fremden. Man teilt sich eine Grenze und die Luft. Aber eben nicht freiwillig. Insofern ist das kleine "Hm" in der zweiten Zeile von großer Bedeutung - fängt es doch diese vermischten Gefühle perfekt ein. Das finde ich toll. 
 
Jeder ... Nachbar beeinflusst unser Leben.
 
Allerdings! Bleibt dem LI zu wünschen, dass die neuen Nachbarn vielleicht sogar zu Freunden werden. Auf jeden Fall sind da im Moment die Ungewissheit, aber auch die Erleichterung im Text gut zu spüren! Ein spannender Text! Danke!
 
Liebe Grüße,
fee
 
Hu!
Guten Morgen @asphaltfee.
 
Am frühen Morgen schon so eine konzentrierte Lesart ... danke allein dafür!
 
Ja, dieser Tod ist dem Autor Anlass zu tieferem Hin-und-her-Denken.
Wäre der Verstorbene nur unangenehm gewesen, hätte ich wahrscheinlich ein Freudengedicht
geschrieben. Aber so eindeutig ist das selten. Wenn ein Schwerverbrecher aus dem Leben scheidet,
kann man das eventuell so machen. Aber wehe, der öffnet sich vor seinem Ableben und lässt dich
in zarte Winkel seiner Seele schauen ... Dann entwickelt sich der Film ganz anders.
 
Und trotzdem. Die größte Betroffenheit spielt sich wohl immer beim Blick in den Spiegel ab.
Wenn er dich fragt: "Und du, wenn du jetzt gehst, alles erledigt? Irgend wo noch Müll, mit dem
nun andere fertig werden müssen?" Oder irgend so was.
 
Aber gut. Nicht schon breitreden! (An mich gerichtet.)
 
 
Hab einen guten Tag!
                                                                 🦅
 
 
Hanna M. schrieb:
Vermutungen, Ideen von uns Menschen über andere Menschen begleiten uns täglich. Begegnungen finden kaum bis nicht statt. Dein poetisches Prosa - Gedicht fängt das bedrückend ein. Sehr klug verknüpft der Verfasser (du) die Einflüsse, die wir alle aufeinander ausüben, ob wir wollen oder nicht.


Danke für diesen Text.


LG Hanna
 
Danke auch dir, @Hanna M.
 
Das Gefühl verdichtet sich gerade, dass meine Totengedenken-Miniatur einen Klang gefunden hat,
der berührt. Worte, die das beschreiben, was ich meine. Das tut gut.
Danke für die Rückmeldung.
 
Hab einen guten Tag!
                                                            🦅
 
 
 
Hallo Vogelflug, ich dachte immer, schwierige Nachbarn beschäftigten nur die Gerichte... 
Jetzt weiss ich, über Nachbarn lohnen sich auch Gedichte. Gute, nachdenkliche Gedichte wie deines. 
Dein LI hatte es zwar nicht optimal getroffen, aber alles haette auch schlimmer sein können... Auseinandersetzungen bis aufs Messer oder spitzfindig vor Gericht. Auch eine (Un)möglichkeit:
Ein überheblicher Nachbar, der das LI und seine Familie aus welchen Gründen auch immer zutiefst verachtet und das durch Gesten, Mimik und Wortkargheit taeglich unterstreicht. 
Wünsche dem LI eine bessere Nachbarschaft. Vielleicht könnte es selbst das Nachbaranwesen erwerben? Oder Freunde kaufen es?  Liebe Grüsse Stephan
 
 
 
Am frühen Morgen schon so eine konzentrierte Lesart ... danke allein dafür!
Ach, da nich für, lieber Vogelflug!!!! 🙂 
 
wehe, der öffnet sich vor seinem Ableben und lässt dich


in zarte Winkel seiner Seele schauen ... Dann entwickelt sich der Film ganz anders.
 
Ich weiß, was du meinst. Da hat Berührung stattgefunden und etwas "hinterlassen". Und die Distanz ist plötzlich bedeutend geringer. 
 
LG,
fee
 
Hallo Vogelflug, wir haben täglich miteinander zu tun in der Nachbarschaft. Mit der Zeit entsteht eine Beziehung. Ob diese eng oder weniger eng, gut oder weniger gut ist, sei dahingestellt. Letztlich begegnen wir uns.
 
Ich denke, dass der Nachbar fehlt, lässt die Vergänglichkeit spürbar werden. Neue Nachbarn beeinflussen das Leben, so oder so, das hast Du richtig erkannt und geschrieben.
 
Mir persönlich gefällt das "zerflattern" der Gedanken nicht so. Zerrissen zwischen Hoffnung und Bedenken, fände ich passender.
Was ich noch zu bedenken gebe: Schlimmer geht immer. Aber nein, auf gute Nachbarschaft mit dem nächsten Eigentümer und eine artgerechte Haltung der Hunde.
 
Deine Zeilen lesen sich, als stünde man mit dem LI im Garten und bedauere den Tod des Nachbarn, den man ja gar nicht kannte.
 
Liebe Grüße Juls
 
Hallo @Vogelflug,
 
dein sehr gelungener Text spiegelt den normalen Nachbarschaftsalltag wider, mit all seinen Sympathien und Antipathien.
Manchmal sieht man sich täglich und öfter eben nicht. Schlussendlich ist man erschrocken, wenn gestorben wird - mehr oder weniger anonym.
 
 
MfG
Monolith
 
 
 
Oje, ich danke euch allen für den unerwarteten Zuspruch in Wort und Daumen!
Das habe ich nicht erwartet. Danke.
 
Hi @Wannovius - Von Nachbarschaftsstreit, der vor Gericht ausgetragen wird, habe ich schon oft gehört.
Aus dem wirklichen Leben oder von Film und Fernsehen, neuerdings auch viel dem Internet oder den
"sozialen Medien" verwurstet - äh - breitgetreten. Mir ist so etwas fremd. Ich würde immer alles Erdenkliche
probieren, es wie ein Mensch mit Herz und verstand zu klären, was einen so auf die Palme bringt. Jeder 
Mensch hat seine Wurzeln, seine Entwicklung. Mit Chancen und Störungen, Krisen, guten Zeiten und 
Irrungen, die sich verfestigen. Das ist mir immer bewusst, weshalb ich Streit eher freundlich auszufechten 
versuche oder aus dem Weg gehe. Und als Autor sind mir gerade die kleinen oder großen "Schwächen" 
oder "Andersartigkeiten" meiner Mitmenschen das, was mein Interesse weckt. Was soll ich mir Gedanken
über die nichtssagende Dauerfreundlichkeit von Herrn Meier gegenüber machen? Aber mein verstorbener
Nachbar war eine echte Granate. Da ist mir schon wieder genug Stoff für weitere Textarbeit zu Ohren 
gekommen. W a h n s i n n i g spannend. Im wahrsten Sinne.
 
Liebe @asphaltfee -     ☺️
 
Liebe @Darkjuls - Schade, wenn das unumkehrbare Ende erreicht ist und man ahnt, welche Potentiale
unberührt blieben. Barbara Thalheim hat mal gesungen: "... Jeder Mensch kann jeden lieben ..." Ich habe
immer mal wieder und manchmal stundenlang über diesen Gedanken nachgedacht, und manchmal fühle
ich mich seinem Kern nahe. Dieses Lieben kann wohl übersetzt werden mit "ernst nehmen", "Interesse
zeigen", "bereit sein, mit dem anderen in ehrliche, offene Interaktion zu treten" und solche Dinge.
Ist aber schon schwer zu denken und noch schwerer umzusetzen.
 
Das Wort "zerflattern" empfinde ich immer noch als das richtigste, was mir an der Stelle einfallen konnte.
Es beschreibt den Denkzustand, wenn mehrere starke Gedanken sich auf kleinem Raum immer mehr
bedrängen und schließlich wie eine zu eng gewordenen Vogelschar aufflattert, damit wieder Ruhe einkehren
kann. Ich wollte es in dem Text aber nicht so dezidiert verdeutlichen, sondern in einem Wort angedeutet
lassen.
 
Liebe @Monolith - danke. Ja, auch Erschrecken erlebt man / erlebe ich in dieser konkreten Situation.
Und man kann wieder lange drüber nachdenken, worüber man erschrocken ist. Da kommt mit den Tagen
mehr empor, als man erst sieht. Auch über das Anonyme.
 
 
Ich freue mich sehr über eure Gedanken.
 
                                                                                        🦅
 
 
 
 
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