@Darkjuls @Anaximandala @Hase @milostojki
Euch allen, denen dieses Gedicht gefallen hat, mein Dank!
Hi Julie,
danke für Deine Rückmeldung. Die von Dir zitierte Strophe wird offensichtlich gerne herausgehoben.
Da dieses Gedicht zu dem kleinen Roten Faden gehört, möchte ich Dir noch ein paar Worte hinzufügen:
Ich stelle hier die Frage 'Was ist mein Glück[?]', offensichtlich ohne sie zu beantworten. Statt dessen läuft das Gedicht auf zwei Alternativen hinaus:
'[Ich, als] glücklicher Mensch vollende im Tode mein Leben' vs. '[Ich, als] unglücklicher im Leben den Tod'.
Da die zweite Alternative das Ergebnis des Gedichts "Leben kaputtes" ist, hatte ich es diesem in dem Roten Faden vorangestellt. Vielleicht ist es aufgefallen.
Das ganze Gedicht ist wie das Leben durchzogen von Alternativen, bzw. Ergänzungen, sozusagen zwei Seiten einer Medaille:
'Anbeginn' vs. 'Vollendung'
'[an]greifen' vs. '[ab]wehren'
'mein Leben in Deiner Hand' vs. 'zu gewinnen liegt bei mir'
'(führt) Leben' vs. '(zum) Tod'
'ich fühle' vs. 'ich sehe' (entspricht innerer vs. äußerer Wahrnehmung)
'ich denke' vs. 'ich bin' (entspricht Theorie vs. Praxis)
'meine Wirklichkeit' vs. 'meine Träume'
'glücklicher Mensch' vs. 'unglücklicher [Mensch]'
'im Tode mein Leben' vs 'im Leben den Tod'
Werden diese alternativen Möglichkeiten aus dem Text herausgenommen, bleibt als Gerüst stehen:
Wagnis
ziehe ein Los
was ist mein Glück
ich werde
ziehen Kreise im Wir
vollende
So wird schließlich doch eine Antwort auf die Frage nach dem Glück offenbar: Es ist schlicht das Leben an sich. Denn im Leben kann es Freude nie ohne Schmerz geben, Hunger nie ohne Übelkeit, Hoffnung nie ohne Angst, Liebe nie ohne Verzweiflung, Tod nie ohne Krankheit (Hoppla, jetzt zitiere ich ein noch nicht veröffentlichtes Gedicht). Jedes Leben ist - selbst bei allem möglichen Schmerz - ein Glück.
Anzumerken ist außerdem noch, dass der Vers 'ich werde' ganz bewusst zentral angeordnet ist. Damit erkläre ich jedes Leben zu einem Entwicklungsprozess, der immer eine Überraschung bereithalten kann. Vollendung im Sinne von Perfektion ist dabei nicht das Ziel, sondern Vollendung als Ergebnis im Leben Kreise im Wir zu ziehen.
Liebe Grüße,
Athmos