Zum Inhalt springen

WF Heiko Thiele

Autor
  • Gesamte Inhalte

    1.184
  • Benutzer seit

  • Letzter Besuch

Beiträge erstellt von WF Heiko Thiele

  1. Martha und Otto ins Gebirge nun fahren

    und mit Verlaub, sie schwerhörig waren.

    Sie suchen im Walde die göttliche Stille.

    Verzichten auf Hörrohr, mitnichten auf Brille.

     

    Als sie dann jetzt steh'n zwischen Flechten und Bäumen,

    getrennt sie sich halten, verschieden sie träumen,

    da ruft Martha ihren Gatten in gewohnter Weise,

    er solle doch lauschen den Winden ganz leise,

    ihr Antwort geben auf viele ihrer Fragen,

    ob's ihm nicht auch so ginge in diesen Tagen,

    ob er sie nicht auch höre, die Stille im Walde?

    Worauf er nur brummelt: 's wär' so, schwieg sie nur balde.

     

    Mitnichten tut sie sich seinem Wunsche erbarmen

    und schreit ihm zu, mit wedelnden Armen,

    daß er auch, würde er sich nur mühen,

    gewähr tät der lautlosen Lüfte Erblühen.

     

    Gewohnt schon, daß hier ist zwecklos ein Streiten,

    tritt Marthens Gatte leis murmelnd beiseiten.

    Indes sein Weib glaubt, er tät ihr noch schulden

    die Antwort ob er hört die Stille in Mulden,

    erhebt nun die Stimme zum wievielten Male,

    wieso er nicht höre dies Flüstern im Tale.

    Ob taub er wohl sei, ob er könne nicht schätzen

    die friedvolle Ruhe? Muß er denn nur hetzen?

     

    Man sei schließlich hier, um Entspannung zu finden.

    Doch er steht hier 'rum, als sein die Tannen die Linden.

    Und als sie ihn schubsen wollt mit dem Stocke

    konnt' er sie nicht halten am fliehenden Rocke,

    konnt' Marthen nicht halten am fellenen Saume.

    Hält grad noch selbst sich am eisigen Baume.

    So rauscht sie hinab, als sei 's Schicksals Wille.

    Er zuckt nur die Schultern und meint: Nun ist Stille.

     

    [2006]

     

    • Lustig 4
  2. vor 2 Stunden schrieb Dr. Mowinckel:

    ...nach einer wahren Begebenheit?

     

    Die Stringenz des Versmaßes und des Kreuzreims finde ich beachtlich. Dürfte ich daher für Strophe 2 vorschlagen:

     

    Es ist aus fernem Tage,

    Gesetzt in wildem Reim.

    Mag künden diese Sage

    Von einer alten Pein?

    Zunächst einmal recht herzlichen Dank für deinen Kommentar.Und auch dafür, daß du dir die Mühe gemacht hast, etwas vorzuschlagen.

     

    Übrigens habe ich die Geschichte voll und ganz erfunden.

    vor 44 Minuten schrieb Uschi R.:

    Und nun wo dir mitnichten,
    des Schildes wahrer Sinn,

    entbunden aller Pflichten,

    so gingest du dahin.

    Was mag dich heut  noch grämen,

    was zuvor einmal war,

    es bräucht sich niemand schämen,

    wenngleich wird spät erst klar.

    Lieber Heiko, erneut kann ich dich nur beglückwünschen zu deinen vortrefflichen Zeilen!

    Liebe Grüße, Uschi

    Danke, liebe Uschi!

    Mir fällt halt so etwas ein. Und dann fließt es freiweg.

     

    Klar sind das alte Geschichten. Aber manchmal sagen sie uns, wie man im Leben aufpassen muß, daß man nicht unter die Räder kommt.

    Tschüßi!

    • Gefällt mir 2
  3.  


    Was hanget dort am Haken
    zu früher Morgenstund
    ein Schild? Ich konnt’s nicht sagen,
    was man drauf lesen kunnt.

    Es ist in alter Sprache
    gesetzt in wildem Reim.
    Vielleicht kündet die Sage
    von einer alten Pein?

    Ein Muhmchen kam geschlichen
    mit einem krummen Stock.
    Ihr Haar war ausgeblichen,
    zerschlissen längs ihr Rock.

    Bot meinen Arm, wie’s Sitte
    und half zur nächsten Bank.
    Damit sie Durst nicht litte,
    reicht ich ihr süßen Trank.

    Sie tat sich wohl bedanken
    und fragt nach dem Begehr.
    Ich wies auf jenen Ranken;
    an Deutung trüg ich schwer.

    Da sprach sie von so Grafen,
    und Taten jammervoll,
    von längst vergessnen Strafen
    und himmelhohem Groll.

    Doch wie ich sie betrachte,
    verändert sich ihr Blick.
    Das, was ich von ihr dachte,
    verfließt nun, Stück für Stück.

    Sie ist mitnichten älter
    als grad mal zwanzig Jahr,
    ihr Wesen, scheint’s, wird kälter
    im Nahen der Gefahr.

    Von seitwärts kommt gesprungen
    ein wilder Reitersmann.
    Der greift bald nach der jungen
    Maid, nimmt sich ihrer an.

    Doch nicht aus edlen Gründen
    erheischt er sie sogleich.
    Will frönen frei den Sünden,
    dort drüben an dem Teich.

    Da hilft kein Schreien, Wehren.
    Der Jungfrau Licht erlischt.
    Ich wollt dazwischen kehren;
    mein Augenblick verwischt.

    Drauf sah ich Massen strömen,
    von Bauern, Landknechtsvolk.
    Und Rufe weithin dröhnen,
    daß wer wohl büsen sollt.

    Ein Jüngling ward gezogen
    an einer Kette schwer.
    Niemand schien ihm gewogen.
    Fand Rettung nimmermehr.

    Zum Baum führt man den Knaben,
    der ohne jede Schuld.
    Den Ritter jedoch gaben
    die Dörfler ihre Huld.

    Bevor er hängt am Stamme,
    der Bursche fluchend ruft:
    „Ihr Teufel, ich verdamme
    euch ewig in der Gruft!“

    Kaum dieses Wort gesprochen,
    schon fiel er schwer hinab.
    Sein Leben jung zerbrochen,
    muß nun ins kalte Grab.

    Jetzt schaut man’s Land verwesen.
    Kein Halm wächst grade aus.
    Des Schnitters breiter Besen
    schafft‘s Dorf zum Totenhaus.

    Ein Baum allein blieb blühend;
    dort wo der Junge hing.
    Und eine Tafel mühend,
    zeigt wie es damals ging.

    Im Schatten find ich wieder
    mich in dem heut zurück.
    Betrachte meine Glieder
    und schätze groß mein Glück.

    Das Schild hab ich genommen
    und ließ es schreiben neu,
    daß Jahre, die noch kommen,
    bewahren dieses treu.

     

    [2021]

    • wow... 1
    • Schön 3
  4.  

    Am Sonntag sind wir aufgerufen,
    zu pflastern jene harten Stufen,
    die helfen sollen manchen Leuten,
    den Aufstieg fließend zu bereiten.

    Sie selber stehn vorm großen Tor
    und kommen sich gar wichtig vor.
    Erklären uns, weshalb grad sie
    und warum all die andern nie.

    Ein jeder findet große Worte,
    wenn er nur bald an jenem Orte
    noch mehr für uns beschaffen kann
    und fängt doch selbst bei sich erst an.

    Ich würde gern den ganzen Haufen
    für Null und nichts dem Schalk verkaufen,
    doch leider ist es nun mal so,
    bin ich deswegen auch nicht froh,

    daß die Gesellschaft einen braucht,
    der, daß der Schornstein tüchtig raucht,
    die Wirtschaft diesbezüglich fährt.
    Nur leider ist’s oft umgekehrt.

    Drum heißt es hier bei diesen Sachen,
    die Miene gut zum Spiel zu machen.
    Denn käme es zum schlimmsten Fall,
    zerbricht die Welt mit lautem Knall.

     

    • Gefällt mir 1
  5. An und für sich eine schöne Geschichte, auch wenn manche (Vielleicht auch ich ganz für mich im stillen Kämmerlein?) das eine oder andere fragenderweise nicht mittragen würden. Nicht vom Inhalt her, sondern von der Umsetzung (Kommasetzung ist für mich nicht immer nachvollziehbar.).

     

    Soll das wirklich "...brach ein Tabu..." heißen, oder doch lieber "...brach kein Tabu ..." ?

     

    Dann wäre ich noch im letzten Vers zum Ogurbayzer, zur Einzelperson zurückgekehrt und nicht beim "man" geblieben. Das hätte den Kreis besser abgeschlossen.

     

    Ist freilich nur meine persönliche Meinung.

    Einen schönen Abend noch!

     

  6. Wahnsinn! Das gefällt mir wirklich sehr gut. Vorallem weil wie schon erwähnt mit Worten, Namen gespielt wird. Die Assoziationen sind köstlich und voll nach meinem Geschmack. Auch, weil ich selbst gelegentlich damit spiele. - Zum 2. Mal taucht hier "spielen" auf. Doch ich finde, es tut der Sprache gut, wenn sie mehr als nur harten Hammerschlägen gleicht.

    Allerdings bin ich an einer Stelle gestolpert:

     

    "Der Händel der händelt heut Sätze wie Wasser

    Orchestergräben sind nass, manche nasser."

     

    Da stimmt irgendwas nicht.

    Vielleicht so:

     

    "Der Händel, der händelt heut Sätze wie Wasser.

    Der Orchester Gräben sind nass, manche nasser."

     

    Einen schönen Abend noch!

     

    • Danke 1
  7.  


    Archimedes, geistig ein Riese,
    spielt mit ’nem Stock im Sand herum.
    Kommt ein Soldat dort zu der Wiese.
    Dem ist das ganze reichlich dumm.

    Er stellt sich in des Genius Schatten
    und spricht ihn an auf Römer Art.
    Der Meister will’s ihm nicht gestatten
    und weist ihn von sich minder hart.


    Er möge bitte darauf hören
    und seine Kreise ihm nicht stören.


    Drauf zieht beleidigt dieser ’s Schwert;
    sein Ego ist arg angegriffen.
    Dem Denker ist sein End‘ beschert.
    Hier hat das Wissen weichen müssen.

     

    [2020]

    • Gefällt mir 2
  8. Am 22.9.2021 um 20:27 schrieb Melda-Sabine Fischer:

    Klasse geschrieben . Erinnerte mich an einen Song aus My fair Lady (Eliza Dolittle "ohne Dich/without you").

     

    Das Thema ist von Dir auf jeden Fall gefühlvoll umgesetzt worden, lieber @WF Heiko Thiele.

     

    Liebe Grüße von Melda-Sabine

    Ja, auf diesen Gedanken kann man schon mal kommen. - Danke für's Lesen und Kommentieren.

    • Gefällt mir 1
  9.  

    In einem ach so tiefen Wald
    lebte ein Mann, der war schon alt.
    Er strebte nicht nach hohen Zielen.
    Schien auch nach Reichtum nicht zu schielen.
    Genoß die Ruhe, Einsamkeit.
    Kein Alltagsstreß war weit und breit.
    Nahm nur, was er zum Leben brauchte.
    Trank selten Wein, nicht daß er rauchte.
    Auf vieles war er nie versessen.
    War maßvoll auch bei seinem Essen.
    Und sollte er mal Lust verspüren,
    sah er sich seinen Rucksack schnüren.
    Trat aus dem dichten Tann heraus,
    unweit dann in ein Freudenhaus.
    Doch dennoch wird ihm etwas fehlen.
    Man kann beileibe nicht verhehlen,
    daß mehr als was ich hier beschreibe,
    einst von dem Leben übrigbleibe.
    Und das, ihr wißt es ganz genau,
    ist eine liebevolle Frau.

     

    [2019]

    • Gefällt mir 2
    • Schön 1
  10.  

    Die Sonne geht am Morgen auf
    auch ohne dich und ihren Lauf
    vollzieht sie jeden Tag auf ’s neu.
    Der Storch bleibt seiner Störchin treu.

    Auch ohne dich fällt weiß der Schnee,
    der Fisch schwimmt schillernd durch den See.
    Die Bäume wachsen in den Himmel;
    verlangt die Stute nach dem Schimmel.

    Selbst Bienen in den deutschen Fluren
    sind ohne dich auf Honigtouren,
    wie auch die Blumen selbst erblühen;
    sich aus der Puppe Falter mühen.

    Das Wasser fließt von seiner Quelle
    zum Meer, wenn es hat reich Gefälle,
    steigt ohne dich zum Firmament,
    wovon es sich als Regen trennt.

    Auch Mond und Sterne kreisen weiter,
    weit oberhalb der Himmelsleiter
    und sicherlich ganz tief im Innern
    wird ohne dich das Magma flimmern.

    Doch eines weiß ich ganz genau.
    Mir wird bei dem Gedanken flau.
    Mein Dasein wäre jämmerlich,
    wenn ich müßt’ leben ohne dich.

    • Gefällt mir 1
    • in Love 1
    • Schön 6
×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Community-Regeln
Datenschutzerklärung
Nutzungsbedingungen
Wir haben Cookies auf deinem Gerät platziert, um die Bedienung dieser Website zu verbessern. Du kannst deine Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass du damit einverstanden bist.