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Malik Al-Maut

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Beiträge erstellt von Malik Al-Maut

  1. Das Spiel

    Einem Beutetier gleich

    Drückst du mich

    Ganz fest an dich

    Und beißt in mein Fleisch

     

    Im Rücken meine Krallen

    Du erschauerst

    Lässt dich fallen

    Ob du es bereits bedauerst?

     

    Wir löschen das Licht

    Doch wahrscheinlich

    Denkst du gar nicht

    In meinem Arm an mich

     

    Wie vergänglich

    die Nacht

    So verfänglich

    was sie entfacht

     

    Es tut dir leid

    Sagst du

    Warst nicht bereit

    Gibst du zu

     

    Unzulänglich bisher

    Unsere Freundschaft

    Dennoch für mehr

    Fehlt dir die Kraft

    Du fürchtest dich

    Bist besorgt um mich

    Für ein solches Spiel

    bedeut ich dir zu viel

     

    Ich schau in dein Gesicht

    Was haben wir gewonnen?

    Was ist uns entronnen?

    War es recht?

    War es schlecht?

    Ich denke nicht

  2. Spaziergang durch die Unterwelt

    Du glaubst zu wissen,

    Was Angst ist?

    Dich quält dein Gewissen,

    Weil du böse bist?

    Du bist von etwas zerbissen,

    Das dich innerlich frisst?

     

    Dann eile doch herbei!

    Meine Seele hat heute nur

    Geöffnet ihr Tor

    Der Eintritt ist frei.

     

    Eine Einschränkung gibt es,

    Dafür bitt ich um Verständnis:

    Kinder dürfen nicht herein,

    Achtzehn muss man sein.

     

    Zwölf an der Zahl?

    Mit mir dreizehn?

    Noch habt ihr die Wahl

    Nach Haus zu gehen…

     

    Nein? Dann mir nach

    Doch macht keinen Krach,

    wir wollen ja nicht,

    dass das Untier ausbricht.

     

    Wie denn; welches Tier?

    Das hatt ich nicht genannt?

    So wartet, seid gespannt;

    Es wohnt tief in mir

     

    Seine Ketten zu brechen,

    Blut mit Blut zu vergelten

    Und sich grausam zu rächen,

    Das schafft es nur selten

     

    Doch genug geplaudert

    Es freut mich zu sehen,

    Dass es euch schaudert,

    Nun lasst uns gehen!

     

    Raum 1: Angst

     

    Sagt mir, was ängstigt euch?

    Spinnen, enge räume, die Not?

    Ein undefinierbares Geräusch?

    Versagen, Schmerz, der Tod?

     

    Lasst eure blicke schweifen;

    Kommt schon, traut euch nur,

    Denn hier könnt ihr begreifen

    Der wahren Angst Natur!

     

    Raum 2: Boshaftigkeit

     

    Was habt ihr böses getan,

    Dass man euch verachten kann?

    Gelogen und gestohlen etwa?

    Jemanden verprügelt sogar?

     

    Ich hoffe ihr seid bereit

    Zu sehn, wenn ihr wagt,

    Was wahre Boshaftigkeit

    Anzurichten vermag.

     

    Raum 3: Schmerz

     

    Ihr glaubt Schmerzen zu kennen?

    Von Kratzern, Schnitten, Prellungen?

    Dieser Raum gibt eine Vorstellung,

    Wie tief wahre schmerzen brennen.

     

    Raum 4: Verlust

     

    Verluste treffen wohl jeden

    Und mancher, würd ich denken,

    kann hier zweifelsohne mitreden

    Jedem wird ich mein Ohr schenken

     

     

    Diese Verse sollen also den Beginn einer Art Rahmenhandlung darstellen, zu jedem Raum werden noch eigenständige Gedichte erscheinen. Diese entbehren dann jeglicher Ironie.

  3. John oder Selbstverständlich

     

    Keiner wusste so recht, woher John gekommen war, oder seit wann er überhaupt schon an der Ladenpassage saß, die ich jeden Morgen auf dem Weg zu meiner Arbeit betrat, geschweige denn wie alt John sein mochte. Er bettelte nicht. Keiner wusste, warum er dort saß, nicht einmal seinen Namen kannte man; deswegen nannte ich ihn einfach John. Er saß friedlich da, lächelte jedem, der vorbei kam, mit einer Freundlichkeit zu, die ihn ganz und gar zu erfüllen schien; das tat er, wenn ich morgens zur Arbeit kam ebenso, wenn ich sie abends wieder verließ.

    John musste jenseits der sechzig sein; durch sein braungebranntes Gesicht zogen sich tiefe, jedoch elegant Falten, seine buschigen silbrig leuchtenden Augenbrauen ließen den Blick seiner tiefen blauen Augen noch stechender wirken, jedoch nicht unangenehm bohrend. Unter einem ledernen Hut, der so alt wie John selbst zu sein schien, quollen schlohweiße, lange Haare hervor und fielen über seine breiten Schultern. Den Stuhl, von dem ich ihn sich noch nie erheben hatte sehen, musste er sich selbst dorthin mitgebracht haben, wo er nun dem Anschein nach Tag und Nacht wachte.

    John trank nicht, wollte kein Geld, er machte keinen Lärm und verhielt sich auch sonst so unauffällig, dass der Sicherheitsdienst sich nie Gedanken um ihn gemacht hatte; er war gleichsam schon ein Teil des Einkaufszentrums geworden und doch wurde er mit der gleichen Hartnäckigkeit ignoriert, mit der er jeden einzelnen Angestellten und Kunden begrüßte, der ihn passierte. John war so selbstverständlich, wie seinem Chef ein ‚Guten Morgen’ zu heucheln.

    Eines morgens nun, als mir mein Chef bereits den gesamten Tag verdorben hatte, indem er mir auftrug, die Kartei unserer Klienten neu zu ordnen, bemerkte ich, dass etwas nicht stimmte. Nicht etwa, dass ein Jurist, der sein Studium mit Auszeichnung bestanden hatte, die Arbeit eines Tippfräuleins übernahm und auch nicht, dass mein hoch geschätzter Arbeitgeber mit seinem aufgequollenen Gesicht und dem neuen Haarschnitt vielmehr wie ein Ochsenfrosch mit Pilzbewuchs aussah; nein! Ich lief an meinem Chef vorbei, der gerade zu einer Ausführung über ein gepflegtes Erscheinungsbild ausholen wollte und beschleunigte meinen Schritt auf dem Weg zu Haupteingang. Schon von weitem konnte ich erkennen, dass Johns angestammter Platz leer war und bog noch vor der großen Glasdrehtür in den Tabakwarenladen ein, da ich mich zu erinnern glaubte, dass John geraucht hatte.

    „Wo ist denn John?“ platzte ich atemlos heraus und deutete nur auf meine Zigarettenmarke. Der Verkäufer reichte sie mir „Wer bitte?“ „Na unser Ehrenportier! Von draußen!“ Verunsichert beäugte mich der Mann hinter der Theke „Was? Der Penner? Keine Ahnung! Dreineunzig macht das!“, presste er hervor. Ich bezahlte und verließ das Geschäft.

    Niemand war in der Lage, mir zu sagen, wohin John verschwunden sein sollte; so mancher wollte ihn noch nie bemerkt haben und wer ihn kannte, interessierte sich nicht dafür, wohin der ‚Alte’ oder ‚Penner’, wie sie ihn unwirsch betitelten, verschwunden sein mochte.

    Nur sein Stuhl und wie ich beim Näherkommen erkannte, auch sein Hut, der noch darauf lag, zeugten davon, dass er real gewesen sein musste und ich ließ mich darauf nieder, wobei ich mir seinen Hut, der bei näherer Betrachtung aus feinem Kaninchenleder gearbeitet war, aufsetzte und mir eine Zigarette ansteckte. Vor mich hin dösend traf mich blitzartig die Erkenntnis, dass John vermutlich der einzige Mensch gewesen war, der mich aufrichtig und von ganzem Herzen freundlich gegrüßt hatte. Und ich habe das für selbstverständlich gehalten.

  4. Albtraum

     

    Schatten formen meine Gestalt

    Und im Licht verblasse ich

    Wenn die Sonne Wärme malt

    Doch nachts da hetz ich dich

     

    Ich bin wo es dunkel ist;

    Dunkel ist’s wo ich bin

    Während Angst dich zerfrisst

    Treib sie mich zu dir hin

     

    Geschaffen aus dem Abgrund

    Deiner blinden Zuversicht,

    Der lüge aus deinem Mund

    Stell ich dich vor mein Gericht

  5. Der Fährmann

     

    Der Bug zerschneidet die Wogen

    Tiefschwarz schäumt die Gischt

    Während die Sonne erlischt

    Mich hat noch keiner betrogen

     

    Der schwarze Mast stöhnt

    Als der Sturm dagegen drückt

    Kein Weg führt nun zurück

    Mir hat doch jeder gelöhnt

     

    Mein Schiff überquert unversehrt

    Den reißenden Strom

    Und wie zum Hohn

    Ist dein Leben nichts mehr wert.

     

    Seist du Arm oder Reich

    Vor mir sind alle gleich

     

    Zwei Münzen bekomm ich von dir

    Oder lass dich auf Ewig hier

    Wo die Welten sich scheiden

    Mit nichts als deinen Leiden

  6. Gottgegeben

     

    Einst zog ein Jüngling aus

    Ein Held zu werden sein Ziel

    Zu finden, wo der Drache haust

    Erschien ihm wie ein Kinderspiel

     

    Sein Weib verließ er wohlbehütet

    Schwer bewaffnet für die Jagd

    zog er dahin los, wo wie man sagt

    Ein solch grausig Scheusal wütet

    Zwar war das Schwert geschliffen,

    Er jedoch, von Sorge ergriffen

    Wandte sich im Stillen an den Herrn:

    „Schütze mein Weib, Hab und Gut;

    Schenke mir die Kraft und den Mut,

    Siegreich wieder heimzukehren.“

     

    So verging so manches Jahr,

    Indes ergraute sein Haar

    Und täglich betete er:

    „Vater, allmächtiger Herr,

    Sorge für mein Weib

    wie für deinen eigen Leib,

    So wie ich es immer tat.

    Meiner Reise Ende naht!“

     

    Sieglos, verbittert kehrt er Heim,

    Will nur bei seinem Weibe sein

    Doch bestürzt muss er nun sehn,

    Was indes Daheim geschehn:

    Nach ganz freier Interpretation

    Schenkte der Herr voller Hohn

    Seiner Frau einen Sohn.

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