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Glasscheibe

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Beiträge erstellt von Glasscheibe

  1. die Kiste hatte Henry schon immer vor Augen
    wie zwei Typen ihn reinzerren
    sie lassen ihn fallen
    sein Pimmel klatscht auf kalte Fliesen
    es ist Januar

    ein Anzug angezogen,

    hinten offen
    damit man noch mal ordentlich abscheissen konnte
    vorne war nix mehr zu machen
    Dann ging es in die Erde zu den ganzen anderen Maulwürfen

    finden würde man ihn
    auf der Couch, nackt
    das linke Bein komisch angewinkelt
    eine Trillerpfeife um den Hals

    jetzt war es nicht so weit,
    am See bei 30 Grad
    einem Halbständer
    den nächsten wirklich großen
    Fick vor Augen

    Den kurzen Moment alleine
    im Auto, als die Sonne unterging
    und das absolut beschissen aussah
    da hatte er so eine Vorahnung
    Er stellte das Radio an
    dann ging’s

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  2. Der Briefträger
    warf Briefe ein
    pinkelte in die vertrockneten
    Blumen
    steckte sich eine Kippe an

    In der Bude vor ihm haustete ein Genie
    der wusste, dass Sonnenaufgänge
    beschissen sind und
    dass das Gedicht noch geschrieben werden musste
    was endgültig jedes Eis brach


    Manchmal sah man ihn am Fenster
    Tische umstellen
    Ne Leiter stand mitten im Raum

    Sein Wagen sprang Minuten nicht an dann brüllte er rum
    ging in den verwilderten Garten und trank Bier

    Er lief auf Krücken und seine
    linke Hand hatten sie ihm abgenommen
    ein Ärztefehler


    Er scherzte immer, dass er zum Wichsen
    eigentlich beide Hände brauchte
    Das waren seine Sprüche an der Bude
    um die Ecke


    Einmal fragte ein Jugendlicher mit schrecklicher Akne
    ihn, was so ab geht

    Rauchen, Ficken, Trinken und Bücher lesen
    Das ist alles was man braucht


    Dann verschwand er
    er blickte nicht zurück
    er humpelte leicht, er schien
    zu fallen

    ne Kippe in der Hand
    Eine Melodie auf den Lippen

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  3. vor 4 Stunden schrieb Carlos:

    Hallo Glasscheibe, 

    ich lese täglich, abwechselnd, Gedichte von Rilke und Bukowski. 

    Beide gefallen mir sehr gut, wobei, für mich, nur etwa ein Viertel von Rilkes Gedichte wirklich gut sind. Gottfried Benn sagt in seinem Essay "Probleme der Lyrik", dass ein Dichter im ganzen Leben höchsten etwa acht wirklich gute Gedichte schreibt. 

    Wenn man an Rilke denkt hat man gleich vor Augen ein Karussell und einen Panther. In der Tat, außer diesen zwei hervorragenden Gedichten gibt es höchstens noch zwanzig, die annähernd gleich gut sind. 

    Dein Gedicht hier hat kaum Beachtung gefunden, obwohl es, für mich, besser als viele von Bukowski ist. 

    Warum findet es kaum Beachtung? 

    Weil in der Regel man nur das gut heißt, was schon allgemein bekannt und akzeptiert und gepriesen wird.

    In der Malerei sieht man es am deutlichsten: Die Leute stehen Schlange vor Ausstellungen von berühmten Malern, die man persönlich nicht wirklich mag oder versteht. Die meisten verehren sie nur wegen dem hohen Preis, das so ein Bildchen erzielen kann. Man steht Schlange weil man die Macht des Geldes verehrt. 

    Liebe Grüße 

    Carlos

     

     

    Danke Carlos für deinen langen Kommentar. Ich habe noch nie was von Rilke gelesen. Das mit dem Tiger schon.sonst nichts

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  4. Henry las
    laut vor
    „Da strecken Hände sich hoch und Finger,
    als suchten sie trockenen Schutz“

    was soll dieser Scheiß, dachte er
    ich scheiße auf Sonetten
    dem Atem der Liebe der verkappten
    Genies aus dem Mittelalter
    Fickt euch alle

    Dann parkte er sein Auto
    neben dem nächsten Bordell
    zog eine Line und stürzte ein Bier
    morgen ging es in der Möbelfabrik weiter
    neben dem Typen der so krass
    stottert und der Stechuhr an der Wand

    Von Gedichten hatte er genug gesehen
    das Lesen war keine Erleichterung mehr
    Irgendwie war die Zeit für ihn abgelaufen

     


     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

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  5. Henry dachte das war’s
    dieses Gedicht, großes Kino,
    das rostige Ketten sprengt,
    vollgewichste Vorhänge abreißt 

    Ja, ja
    Aber es war nur wie ein nasser Sack
    stehengelassen auf einer Bahnhofstoilette
    am Ende der Welt, wo jemand die Spülung drückte 

    dabei stand irgendwo an der Tür
    Du hast es probiert, Alter, du hast es probiert

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  6. Ich war total kirre
    hockte in meinem
    Kaninchenloch,
    zwei Mal im Jahr
    war es doch so weit
    ich setzte mich an meinen Schreibtisch,
    tippte ein paar rosige Zeilen, in die Tastatur auf der ich eigentlich nur nach Pornos suchte
    dabei waren Gedichte
    etwas für Schwulis und notgeile Akademiker 
    Ich stand nur auf um mich am Arsch zu kratzen
    Draußen spielte das Leben weiter-
    irgendwer pinkelte in ein Waschbecken, ein Auto hielt an einer Tanke, drei Straßen weiter wurde laut gevögelt 
    ich dachte immer ich hätte etwas zu sagen,
    dabei fiel mir nichts großartiges mehr ein

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  7. Ich kam Heim
    saß auf der Couch 
    dachte an meine 
    letzten Worte 
    die ein Hinterbliebener 
    unter meiner Matratze 
    neben dem Klo, oder sonst wo
    finden wird
    Das sollte über die 
    Geschichten und Gedichte gehen
    die ich doch nie
    hätte lesen müssen
    Ich fühlte mich plötzlich 
    unheimlich clever
    und kippte das zwölfte Bier

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  8.  

     

    Mir geht es wie allen hier 

    ganz kirre von der Arbeit,

    dem Chef der langsam seine 

    Runden dreht, lässig mit einer Feder hinterm Ohr, der Kollege

    der immer von Schwänzen 

    erzählt, der Uhr die ständig 

    Elf zeigt, der Kollege der damals so sagt man den tödliche Schuss in den Rücken bekam und durchgedreht ist, den Zwölfuhr Nachrichten 

     

    Dabei hecheln wir doch alle

    nach der Blondie, 

    die irgendwann 

    vorbei kommen wird  

    und wir sie 

    nur für ihr Lächeln 

    lieben werden

     

    Das war ja tausend Mal besser, als die paar friedlichen Minuten während der Pause,

    wo wir Fragen der Nacht beantworteten  und die ein oder andere Kippe qualmten 

    neben dem leeren Blumenkasten 

     

    Am Ende saßen wir immer in unseren Karren 

    hörten den Kies unter den Rädern 

    versuchten jetzt noch, niemanden doof zu kommen 

    Schalteten das Radio aus 

    Das war’s  

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  9. Die alte Story

    der großen Gedichte

    aus dem verschissenen 19.Jahrhundert

    Es ist nicht so, dass keine Vorahnung hatte 

    Beim lesen bleibe ich in dieser Hölle immer auf der Strecke 

    All diese Schrecklichkeiten auf Papier 

     

    Ich sitze ganz hinten und der Lehrer 

    grinst und hört nicht auf 

    bis ich begreife, das ist seine normale Visage 

    Eine Fünf mündlich 

    Das passiert, das passiert halt, sage ich 

    alle lachen voll laut 

    Einem läuft sogar die Rotze aus der Nase

     

    Auf dem Heimweg 

    bricht mein Fahrradlenker ab

    Ein Glatzkopf lacht mich aus

    seine Begleitung hat ganz dicke Brüste

    Sie fahren unheimlich langsam vorbei

    Ich meinte sogar der Wind schiebt sie an

     

    Das ist mein Gedicht, 

    das ist mein Gedicht 

    Ich war der Hölle entflohen 

     

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  10. vor 18 Minuten schrieb Nesselröschen:

    Hallo, Glasscheibe,

     

    etwas gefällt mir an deinem Prosagedicht - es scheinen die beiläufig hingeworfenen Bilder zu sein!

     

    "Jeder trägt sein Päckchen": Die Zeilen bzw. das ganze Gedicht vermitteln sehr gut, wie die beschriebene Person ihr Schicksal lässig hinnimmt. Ist es nur das, was ausgesagt wird? Ich überlege noch, wie das Gedichteschreiben und die Gefangennahme zusammenhängen: Empfindet das lyrIch sie als ein "Gedicht" d.h. es freut sich, dass die Handschellen klicken?

     

    "irgendwo" - sollte noch zusammenkommen.

     

    Gerne gelesen! LG Nesselröschen

     

    Hallo Nesslröschen,

     

    Vielen Dank fürs lesen

     

    grüsse

    glasi

  11. Gedichte sind 

    doch nur was für

    Feingeister

    dachte ich

    als sie ihm

    die Handschellen anlegten

    seine Alte hatte ihn verpfiffen

    kurz nach seinem Geburtstag 

    er hatte die Spielautomaten manipuliert 

    ich sah das alles mit an

    er war ganz ruhig- strahlte sogar was aus

    ich hörte irgendwo eine Trommel und hoffte 

    dass ich einfach verschwinden könnte

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  12. Am 31.12.2021 um 17:59 schrieb Fietje Butenlänner:

     

    Sehr passend: unpoetisch poetisch, real und unreal, Schmerzhaft und süß, verwirrte Ziellosigkeit vs Ausdruckskraft. Die Wirren des Alltags artikulieren sich, scheinbar auf der Schreibmaschine, Alkohol, Kotze, Dreck, Moloch!  Mir gefällt diese Poetik. Das miteingelegte Schlammbad, es fordert die Fantasie heraus....

    Lg fietje

    Habe das Stück jetzt mal nüchtern gelesen…es gefällt mir…die Einfachheit ist gut…Punk 

  13. Ich trank mich also 

    bis zum absoluten 

    Gedankenverlust 

    und dann dachte ich,

    ich würde die Welt 

    verstehen und ich sah

    drei Raben die rum flogen

    zwei Autos an der Kreuzung

    kurz vor rot 

    Türen schlugen irgend wo zu 

    Ich goss nach, der dämliche Junge

    von neben an kichernde  nackt in

    den verkackten  Schlamm und ich goss nach

    tat Eis dazu hörte die Trommeln und 

    und hoffte auf Sex den ich nie hatte

    dann dachte ich an mein Leben 

    und fand keine Antwort

    Ich laß drei Gedichte über den Anfang des Winters und kotzte direkt ins Waschbecken

    Ich saß besoffen auf der Couch 

    und wusste doch nie weiter 

    Die verschissene Sonne ging auch nicht auf

    und K. und alle anderen Typen wussten doch auch nichts.

    Punkt 

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