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Über diesen Blog

Wäre dies eine Geschichte, so wäre sie keine originelle Geschichte über Menschen, die Außergewöhnliches tun. Vielmehr ist es das Triviale mit seinen verborgenen Facetten, das mich hier anrührt und das ich mit dem geneigten Leser teilen möchte. Es wäre eine Geschichte über die Liebe, über Ungewissheit, Sehnsucht, Glück, Enttäuschung und die Abgründe in unserer Hinneigung.

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20.3.2012

Liebe Babsi,   ihre Freundschaft ist das Wertvollste, das mir noch geblieben ist. Also gebe ich vor, dass ich mein Begehren hinter mir gelassen habe, um dieser Freundschaft den Raum zu geben, den sie braucht. So finde ich mich wieder in der Tragik, dass ich ihr Scherze schreibe, während ich weine. Was ist das für eine Welt, in der ich leiden muss, um sie glücklich zu erleben? Doch wie leidvoll wäre die Welt ohne ihre Freude? Nur in dieser Selbstleugnung dämmert irgendwo in der Ferne et

Schmuddelkind

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19.3.2012

Liebe Babsi,   es wäre anmaßend von der Welt Gerechtigkeit zu verlangen, doch ebenso anmaßend wäre es von einem Menschen zu verlangen, die Ungerechtigkeit hinzunehmen. Welchen Sinn soll das alles haben? Sie verstehen wie ich nur sie verstehen kann, wie nur ich sie verstehen kann, derart vertraut zu sein, und doch einsam bleiben! Zwischen all den bekritzelten Papieren stützt sich mein Ellbogen auf meinen Schreibtisch, mein Kopf in die Armbeuge eingesunken und mehr aus der Erinnerung als

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18.3.2012

Liebe Babsi,   vor einigen Tagen entdeckte ich die grünen Berge des Spessarts bei Gelnhausen für mich. Ganz war ich in der gewaltigen Erscheinung verloren, die ein Mensch nicht zu erträumen vermag und ich wollte nicht länger in ohnmächtiger Bewunderung verharren. Mit jedem Schritt, mit dem ich mich seiner würdig erwies, offenbarte der Berg mir eine neue Seite seiner Selbst, vertraute mir ein Geheimnis an. Mit jedem Schritt spürte ich mehr meines Körpers und ahnte, dass ich am Gipfel be

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14.3.2012

Ach Babsi,   der Unmittelbarkeit ihres alles erfassenden Wesens ausgeliefert - das könnte ich nicht ertragen, auch wenn ich mich noch so sehr nach ihrer Stimme sehne wie nach den naiven Tagen, als das Schicksal unmerklich seinen Lauf nahm. Aber wir schreiben einander und geben mit größtem Bemühen vor, es wäre nichts geschehen.  Heute tauschten wir uns über Heines "Das Fräulein stand am Meere" aus und ich zeigte meine Bewunderung darüber, wie er im Moment der tiefsten Bekümmerth

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13.3.2012

Danke Babsi,   für deine Anteilnahme! Bedrängen wollte ich sie sicherlich nicht mit meiner Ehrlichkeit, aber ich gebe zu, dass ich es billigend in Kauf genommen habe, um nicht im Nebel zu stehen. Weiterhin will ich ihr und mir aber von nun an etwas Ruhe gönnen. Wenn es nicht so schwer wäre! Sie rief mich an und ich, ach... ja, ich wollte es klingeln lassen. Über die ersten vier Klingelzeichen war ich auch erhaben, aber das fünfte hat mich überzeugt, doch den Hörer abzunehmen. Es ist...

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12.3.2012

Liebe Babsi,   ich suche nach beschönigenden Umschreibungen in der Hoffnung, wenn es mir leichter von der Hand gehe, sei es auch leichter in meinem Herzen zu tragen. Aber es hilft nichts. So ernüchternd, wie es über mich kam, so ernüchternd muss ich es mit dir teilen: Sie sagte ihren Besuch gestern ab. Hin- und hergerissen sei sie gewesen zwischen Vorfreude und Zweifel. Wenngleich ich genau verstehen konnte, wie ihr zumute sein müsse, fand ich mich trunken im Zwiespalt innerer Kräfte.

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10.3.2012

Liebe Babsi,   heute war sie nicht erreichbar. Nur dass sie morgen wieder Zeit für mich habe und dass ich nicht traurig sein solle, schrieb sie mir. Dieser Tag fühlte sich wie vergeudet an, der Bedeutungslosigkeit hingegeben. Im Waldesrauschen hörte ich ihren Atem meinen Gedanken entgegen zittern und in meinem Seufzen verstummen. Und ich kehrte ein in die Zärtlichkeit ihrer Neugier und ihre arglose Weisheit und ihre tief schöpfende Fröhlichkeit in so vielen Worten und bloß Laut geblieb

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9.3.2012

Ach Babsi,   schon hält der Ruf der Unendlichkeit jede kleinste meiner Regungen in ihrem Bann und nur in unserem gemeinsamen Ausgreifen nach der Ferne finde ich Trost. Als wir inmitten unserer Träumereien versunken waren, wie es wohl sei, wenn wir einander begegnen und gerade als ich ihr in Worte zu fassen versuchte, wie oft mein Geist weit nach ihr ausschweife, entfuhr ihr plötzlich: "Oh, der Vollmond! Siehst du ihn auch?"  Also lehnte ich mich weit aus dem Dachfenster, die Fü

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7.3.2012

Liebe Babsi,   ich weiß nicht, was geschehen wird, wenn sie hier ist und nichts anderes will ich mir vornehmen, als ein Spiegel der Begebenheiten zu sein. In der Ruhe will ich träumen. In der Anregung will ich mich rühren. Und ihre Nähe will ich mit Nähe erwidern. Meinetwegen wird sie hier sein. Bereits dies erwarte ich mit Verve und im Vertrauen auf den Moment kann ich keinen Mangel empfinden. Und doch, ach, ich schweige lieber...  

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5.3.2012

Liebe Babsi,   du weißt, wie wenig ich Pläne schätze. Immer wenn es etwas zu planen und zu organisieren gilt, ist es, als zwänge ich meiner Seele Atem in enge, beliebige Vorgaben. Doch wenn sie mit mir ihre Reise bespricht, wenn sie ihre Möglichkeiten aufzählt, mir Fragen stellt, wo sie am besten ankommen solle, ob ich sie am Bahnhof empfangen könne - diese belanglosen Details bedeuten mir die Welt, entsteigt ihnen doch: "Ich will bei dir sein." Reifte meine Begierde ganz aus d

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4.3.2012

Liebe Babsi,   noch blüht nichts, doch wie der Frühling bereits die Begehrlichkeiten der Natur umreißt, so ist auch mein Schicksal ganz in ihren Befindlichkeiten eingeschrieben. Ich bin der glücklichste Mensch, da ich einen Grund habe zu warten und ich bin der leidvollste Kummer selbst, da ich warte. Gerne wäre ich so anmaßend, ihre Ankunft eher einzufordern - ohne Recht, aber mit Liebe. Nur der Wald versteht mich. Überall raschelt es im Strauchwerk und ich bleibe stehen und se

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3.3.2012

Liebe Babsi,   wie die einfachsten Gedanken zuweilen die bedeutsamsten Ereignisse befördern! Gestern sprachen wir darüber, wie wenig man doch über seine Wirkung auf andere verfügen kann, wenn man sich in keine Rolle zwingen lässt. Dazu erklärte sie, dass ihr unvoreingenommenes Interesse für die Belange anderer nicht selten missverstanden werde und ihr daher manchmal der Gedanke komme, sie solle sich vielleicht mäßigen. Ich entgegnete ihr, dass man ihr wahres Wesen, das ich dera

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1.3.2012

Oh Babsi,   wenn die Ruhe der Nacht in meine Seele einkehrt, wenn es so still ist, dass ich meinen Herzschlag hören kann wie eine ureigene Fühlung eines zu ahnenden Weltgeistes, müsste ich doch augenblicklich aufhören zu verlangen. Doch ihre Stimme erfüllt bald die Stille und mein ganzes Leben ist ihr zugedacht. Ich kann dies nicht einfach verklingen lassen. Ich muss sie sehen!

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28.2.2012

Liebe Babsi,   schließlich musste ich doch meinen Pflichten nachgehen und konnte der ungeliebten Stadt meinen Besuch nicht ausschlagen. In der Stadt sind die Menschen einander bloß Hindernisse, die aneinander ungegenwärtig vorbei manövrieren. Dies bestürzt mich jedes Mal auf's Neue, in welchen Formen der Sklaverei die Menschen Fortschritt zu erkennen glauben. Eine unscheinbare Szene konnte heute besonders gut zusammenfassen, wie stumpfsinnig unsere Zeit ist:   Eine Frau mit S

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25.2.2012

Liebe Babsi,   da mich heute die Vögel frühlingsgrüßend weckten und dem Kalender spotteten, beschloss ich es ihnen gleich zu tun und auch meine Pläne zu übergehen. In meiner Seele habe ich die sanften, aber fokussierten Bewegungen der leichten, weißen Wölkchen am warmen Himmel wiedergefunden und zog mit ihnen den Hang hinauf. Ach, die herrliche Weite der Landschaft, die sich vor mir erstreckte, könnte meine Sehnsucht nicht einfassen. Wäre ich nur ein Traum, ich brächte all die Bilder m

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Zweiter Brief vom 23.2.2012

Ob diese Tiefe meiner Empfindungen auf Gegenseitigkeit beruht oder ob sie diese zumindest erwirken mag, ist in der Tat eine Frage, die ich gerne beantwortet finden möchte. Ich kann dir darauf nur Albernes sagen: Wenn ich meine Gedanken nicht zu Ende denke, nicht einmal bis zum ersten Punkt, um mich in ihren Gedanken zu verlieren, ganz nah, ganz tief, wenn ich sie wie ein Gedicht lese, wenn ihr Schweigen unerträglich laut in mir wird und ich sie anrufe wie in einem Gebet, um ihre Stimme zu hören,

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Erster Brief vom 23.2.2012

Wie Babsi,   wie soll der Verstand dem trotzen, das die Sehnsucht ihm bereits abgenommen hat? Wie soll eine Seele in sich Ruhe finden, die nur nach der Ferne langen kann? Welche Macht hat ein Mensch über seine Tränen?

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22.2.2012

Aber Babsi,    du verstehst doch daher sicherlich, dass mir an Sinn und Ordnung nicht gelegen sein kann. Im Gegenteil! Die klarsten Gedanken könnten mir nicht deutlicher den Weg aufzeigen, auf welchem ich mich im achtlosen Taumel bereits befinde. Gestern, als wir einander mit den liebsten Worten in den Schlaf entließen, küsste ich gerade leise genug, dass sie es nicht hören konnte, den Hörer.

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21.2.2012

Liebe Babsi,   was du über die Unvollkommenheit sagst, ist ganz richtig: gerade das Unvollkommene vermag mich mehr anzusprechen, als wenn alles so von sich geht, wie man es sich eben vorstellt. Wenn sie gerade ein wenig zu laut lacht und ich weiß, dass sie ihre Freude nicht zurückhalten kann oder wenn sie davon berichtet, wie sie aufzuräumen versucht habe, es dabei aber deutlich übertrieben habe und nun alles noch viel mehr im Chaos versunken sei und dann in scheinbarer Rechtfertigung

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20.2.2012

Liebe Babsi,   heute entdeckte ich einen Ort von unbeschreiblicher Schönheit, dass ich mich wundern musste, weshalb ich die paar Kilometer bisher noch nicht auf mich genommen hatte: Bei Hanau steht ein Schloss, das der Bauherr im beschaulichen Wilhelmsbader Park vor gut zweihundert Jahren bereits als Ruine errichten ließ - eine aus Stein gemauerte Vergänglichkeit! Ich konnte die Weitsicht und Demut ob der Vergänglichkeit seines Schaffens nur bewundern. Und wie sich die Ruine so natürli

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19.2.2012

Liebe Babsi,   ich habe ihr einige der Gedichte vorgelesen, die ich in deinem Büchlein gefunden habe. Und als ich aus de la Motte Fouqués "Waldessprache" las, wo die Klänge der Natur scheu verstummen, sobald Worte sie wiedergeben wollen, da enteilten ihr zu manchen Versen diejenigen Seufzer, die ich gerade noch zügeln konnte. Daraufhin trug sie mir Ludwig Uhlands "Einkehr" vor, worin die tiefste Dankbarkeit der Natur gegenüber ausgedrückt wird. Ihre Großmutter hat es ihr immer aufgesag

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18.2.2012

Liebe Babsi,   du weißt, dass mir mein Geburtstag recht wenig bedeutet. Umso mehr bedeutet es mir, dass du dennoch daran gedacht hast. Vielen lieben Dank, auch für das Buch, das du mir geschickt hast! So manches Gedicht habe ich darin gefunden, das mir unbekannt war. Besonders hat mich Ludwig Tiecks Glosse (Liebe denkt in süßen Tönen) beschäftigt, denn in der Tat kann Liebe nicht in Worten gedacht werden und indem man sagt "ich liebe dich" wird die Liebe undeutlich, die eben noch in me

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17.2.2012

Ach Babsi,   du liebenswerte Schwindlerin! Fragst mich, ob ich mir sicher sei, dass sie nur eine Brieffreundin sei und kennst die Antwort schon längst. Was soll ich's leugnen? Nicht etwa erkenne ich sie in den Mustern meiner Welt, nein! Meine Welt erkenne ich in ihrem Wesen. Meine Wünsche erwachen in ihren Atemzügen und schweigen sogleich selbstgenügsam in ihr Lachen hinein. Sie ist meine Verdandi und ich bin glückselig in den Fäden des Werdens verloren.

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15.2.2012

Liebe Babsi,   wie habe ich mich gefreut, dich eher wiederzusehen, als ich es erwartet hatte, auch wenn ich die Umstände, die dies ermöglicht hatten, gerne gemieden hätte! Nur, man kann sich seine Umstände nicht zurechtlegen. Ich kann wohl sagen, dass die Tage der Heimat mit all ihren sorglosen Erinnerungen, der Freundschaft und wohl auch des regelmäßigen Essens mich gekräftigt haben. Heute erst, nach meiner Rückkehr, habe ich Sanny von meinem Schwächeanfall berichtet. Zuvor ha

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9.2.2012

Babsi,   ich schreibe dir zitternd vor Angst. Heute ist Lindas Geburtstag, woran ich gewiss keinen Gedanken verschwendet hätte, hätte sie sich nicht mit so viel Gewalt in meinen Tag gedrängt. Sie klingelte bei mir und ich sah sie durch das Guckloch in meiner Tür. Zunächst hielt ich es für die beste Idee, mich still hinzusetzen, so zu tun, als wäre ich nicht da und zu warten, bis der Spuk vorüber gehen würde. Aber wie lange hätte ich regungslos bleiben müssen? Als sie nach einer

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