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Wenn der Platz an der Sonne besetzt ist


Sonja Pistracher

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Großes Haus - Liebe - Leben - Leiden - Aus.    Wenn der Platz an der Sonne besetzt ist, dann ist es gut, einen Freund zu haben.

 

Eines Tages komme ich nach Hause, in meine kleine Wohnung. Es regnet. Eine Enge in mir, Traurigkeit, die sich unbehaglich anfühlt. Ich öffne die Balkontüre – und atme tief ein. Die Luft ist rein, kühl, feucht – sie lockt mich hinaus und ich setze mich – so wie ich bin – auf meinen weißen Sessel. Ihm macht der Regen nichts aus. Er hat Zeit, auf die Sonne zu warten oder auf mich. Während mir das Regenwasser in die Augen rinnt, denke ich darüber nach, dass ich alleine bin. Wasser, salziges Wasser, findet den Weg über meine Wangen, die Lippen, den Hals. Dies lässt mich lächeln, denn wann regnet es salziges Wasser. Dieses Lächeln schenkt mir die Kraft, mich dank dieses Moments wohlzufühlen – in meinem Sessel auf der Terrasse vor meiner Wohnung.

 

Weihnachten. Ein Ast meines Weihnachtsbaumes, vollbepackt mit Schnee – winkt mir von der Terrasse beim Fenster herein. Ich sitze in der warmen Wohnung und beneide den Zweig, der selbst unter der Last des Schnees kein Anzeichen von Schwäche erkennen lässt. Er wirkt stolz und tragfähig, während der Wind seine Nadeln erschüttern möchte. Nein, er ist nicht zu erschüttern. Das entlockt mir ein Lächeln. Mein Blick wandert zu meinem Sessel, der direkt unter dem Ast steht. Ist es der Sessel, der für alle diese Kraft ausstrahlt. Ich habe ihn stark im Verdacht. Schon öffne ich die Balkontüre. Sehr frisch, sehr kalt, sehr windig. Schon will ich zurück, aber da lädt er mich ein, Platz zu nehmen, mich zu positionieren – nicht aufzugeben. Mein Gefühl zieht mich hinaus, mein Verstand warnt mich “nein, du holst dir den Teufel da draußen!” Das war das Stichwort. Ein bisschen Teufel kann ja nicht schaden und schon sitze ich. Gar nicht so übel, fast bequem. Der Ast kitzelt mich, als würde er sagen: “Na endlich”. Dies lässt mich wieder lächeln – ich fühle mich wohl. Dank der Kraft dieses Moments – in meinem Sessel auf der Terrasse vor meiner Wohnung.

 

Die Sonne glüht und möchte der Erde ihre Stärke beweisen. Manch einer liegt dahingestreckt, mit verbrannter Haut und einem Gefühl des Verglühens Verglühens der Sonne entgegen auf einer Liege. Andere scheuen die Sonne und flüchten in den Schatten. Ich kann es mir aussuchen. Ein gutes Gefühl. Meine kleine Wohnung, mein Herz lacht. Mein Leben ist reicher, besser, glücklicher geworden. Ich trage mein Lächeln nun jeden Tag durch mein Leben. Ich trage es auch nach Hause, öffne die Balkontür und hole mir meinen Sessel ins Zimmer. Er wehrt sich nicht, er macht sich leicht. Vielleicht ist heute der Moment gekommen, wo er zu mir will. Ein paar Rostflecken lassen erkennen, dass er nicht unverwüstlich ist. Doch er ist mein Zeichen für Gegenseitigkeit, die keine Ansprüche stellt. Wir sind Freunde geworden. Kraft liegt in allen Dingen, wenn wir sie nur wahrnehmen. Ich bin glücklich. Dank der Kraft dieses Moments – auf meinem Sessel im Zimmer, auch wenn er auf der Terrasse zu Hause ist.

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