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Filmabend


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Ich freue mich auf neunzig Minuten Spannung mit einem Kasten Bier und einer Wagenladung Chips! Das Telefon ist ausgeschaltet und die Klingel abgestellt, der Fernseher schön laut, damit ich nicht höre, wenn des Nachbars Hund bellt. Die Couch ausgezogen und die Lümmelhose angezogen, ich schaue auf die Uhr, noch sind die Nachrichten dran. Ich sortiere die Kissen und wickle mich in die Kuscheldecke ein, damit ich mich wie ein Neugeborenes fühle. Die Nachrichten sind endlich zu Ende, und ich schalte auf den Filmkanal um.

 

Der Vorspann läuft und ich kann es kaum erwarten, dass es losgeht. Unerwarteterweise meldet sich plötzlich der Braten von gestern, den ich komplett allein vertilgt habe und dessen Reststoffe nun heftig nach Ausschleusung schreien. Ich denke mir, das kann jetzt nicht wahr sein! Ich wickle mich wieder aus und nehme die Beine in die Hand, in der Hoffnung, das in den ersten Minuten nichts Wichtiges in der Filmstory passiert und ich nach getaner Verrichtung, schnell den Anschluss ans Geschehen finde. Das Geschäft verläuft leider genauso zäh, wie der Braten am Vortag war, und so läuft mein Zeitmanagement schon komplett aus dem Ruder.

 

Trotz erhöhter körperliche Anstrengung dauert es ewig und als ich nassgeschwitzt wieder zum Liegen komme, sehe ich gerade noch, wie die Leiche eingetütet wird, bevor es in die erste Werbung geht. Mittelschwer genervt öffne ich ein Bier und eine Tüte Chips und versuche runter zu kommen. Ich öffne gerade die zweite Flasche, als es wieder aus der Werbung geht. Zum ersten Mal freue ich mich darüber, das der Film ein Stückchen vorgespult wieder beginnt und ich noch den Tathergang sehen kann.

 

Ich glaubte schon, der Ton im Film hat ein Problem, bevor ich realisiere, das es draußen grollt und donnert. Keine zwei Minuten später trommelt es dermaßen an der Jalousie, dass ich den Fernseher lauter machen muss, um etwas zu verstehen. Wie von Zauberhand ist auf einmal das Bild weg und es gibt einen Knall, dass ich mir einbilde, das ganze Haus würde wackeln. Erschrocken stoße ich das Bier um, das prompt in die Chipstüte läuft. Glück im Unglück denke ich und kann gerade noch die größte Schweinerei verhindern. Nachdem ich alles gereinigt habe, lässt das Donnern auch schon nach und ich bekomme wieder ein Bild. Leider nur von der erneuten Werbung.

 

Ich habe gerade ein neues Bier geöffnet, als der zweite Werbeblock vorbei ist. Zum Glück kann ich mir aus den Fetzen die ich bis dahin mitbekommen habe, etwas zusammenreimen, und bin guter Dinge den Filmabend, ohne weitere Verzögerung, in Angriff nehmen zu können. Das dachte ich zumindest bis zu dem Zeitpunkt, wo ich meinen Nachbarn vor der Tür rufen und klopfen höre. Was will der denn jetzt? Ich überlege, nicht aufzumachen, aber das Getöse wird immer lauter. Wutentbrannt stürme ich zur Tür, will ihm gerade entgegenschleudern, dass es gerade nicht passt, als er mir zuvorkommt „Die Wehen haben eingesetzt, Fruchtblase geplatzt, müssen sofort ins Krankenhaus, der Hund war noch nicht Gassi!“

Fünf Sekunden später, stehe ich mit der Leine in der Hand da, und der Hund wedelt aufgeregt mit dem Schwanz, bevor er mich anspringt und mich sabbernd abschleckt. Na super!

 

Eine Decke brauche ich jetzt nicht mehr! Die vierzig Kilo Lebendgewicht und das flauschige Fell das Shorti mitbringt und über meine Beine verteilt, stellen ganz sicher, dass ich in kürzester Zeit überhitze und reichlich Bier zum Kühlen nachschütten muss. Was Shorti nicht im Geringsten interessiert! Unentwegt starrt er mich mit seinen Hundeblick an, und fängt kurze Zeit später an, leise zu winseln. Ich mache den Fehler und reagiere darauf, was ihn dazu veranlasst aufzuspringen und laut bellend zur Tür zu rennen. Ich schaue zur Uhr, wahrscheinlich kommt gleich der nächste Werbeblock. Ich halte bis dahin durch Gebell und Gewinsel zu ignorieren, aber verstehen tue ich von den Dialogen nichts mehr. Ich schnappe mir die Leine und als ich die Tür öffne, regnet es immer noch in Strömen.

 

Drei Minuten später stehe ich in Ölzeug eingepackt auf der Hundewiese. Zu meinem Leidwesen liebt Shorti Regen und aus dem kurzen Gassi gehen wird wohl nichts. Einen ausgewachsenen Berner Sennenhund zieht man auch nicht mal eben hinter sich her, das Gegenteil ist hier der Fall. Mir wird schlagartig klar, dass der Film heute ins Wasser fällt und mir morgen ein ausgedehnter Hausputz bevorsteht. Shorti ist das egal, schwanzwedelnd und gut gelaunt läuft er voraus.

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