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Vor langer, langer Zeit lebte einst in einem kleinen Haus im finsteren Wald des Blonsberges eine ururalte Frau. Sie war so greis, daß selbst die altehrwürdigen Bäume ringsum nicht zu sagen wußten, ob sie nicht schon immer hier gewohnt hat.

 

Eines Tages kam während eines unheimlichen Gewitters ein betagter Rittersmann vom Wege ab und verirrte sich in der dunklen Nacht des Waldes. Die Blitze zuckten wie züngelnde Flammen, der Donner schlug die Luft mit peitschenden Schlägen und der Regen war wie eine undurchdringbare Wand. Alle Tiere waren längst vor dem Sturm geflohen und wären die Bäume nicht so fest miteinander verwurzelt, so wären auch sie schon auf und davon.

 

Der alte Rittesmann schlug seinen Umhang, den ihm vor gut zwanzig Jahren seine Holde anvertraut hatte, enger um Helm und Schulter und stemmte sich gegen die himmlischen und höllischen Kräfte. Da sah er in der Ferne ein schwaches Licht durch Wald und Regen schimmern. Er ergriff sein Schwert, packte sein treues Roß fester und zog durch Schlamm und Moder dem Lichte entgegen.

Als er endlich vor einer schauerlich zerfallenene Hütte stand, schlug er mit eiserner Faust gegen die zerbrechlich erscheinende Tür. Das Winseln eines alten Hundes drang in die sturmgepeitschte Nacht hinaus und eine vom Alter gebeugte Frau öffnete die knarrende Tür.

 

"Bist du endlich da? Das Essen ist fertig!"

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Weißt du, lieber Carlos, die Geschichte habe ich mal so zwischendurch vor über dreißig Jahren auf meinem damaligen Commodore C128D geschrieben. (Der große Bruder vom legendären C64.) Ich hatte einfach mal angefangen, ohne zu wissen, wohin es führt. Und dann, als er an der Hütte ankam, gefühl mit die Pointe ganz gut. Was soll man auch da noch viel schreiben?

Und wer der "Heimkommende" ist? Nun, Ich denke dan an die Relativitär des Zeitgefühls. Ist das nicht so, der Mann geht mal kurz in den Keller und als er wieder hochkommt, fragt ihn seine Frau, wo er so lange geblieben sei? Das Essen ist fertig!  --- (Meine lieben Damen als Mitleserinnen: Anders herum geht das natürlich auch. Ihr geht mal schnell shoppen und schon ...)

 

Wie dem auch sei, liebe Grüße,

Heiko

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Lieber Heiko,

 

eine sehr schöne kleine Geschichte,

die ich in meiner schlaflosen Nacht schon gelesen habe.

 

Auffallend war für mich zunächst das sich wiederholende  - alt - im ersten Absatz und dachte, dass du das hättest vermeiden können. Doch im Verlauf der Geschichte habe ich das schnell vergessen. Das Ende finde ich, genau wie Carlos überraschend aber genial erdacht.

 

 

LG Sternwanderer

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Vor 30 Jahren ... 

Des Ritters, von seiner holden geschenkter Umhang müsste also mittlerweile 50 Jahre alt sein! 

Das "einst" im ersten Satz, ist es nicht ein Pleonasmus? 

Über die Frau, "uralt" würde reichen. 

Wie du siehst, lese ich abermals deine Erzählung, lieber Heiko. 

Jetzt habe ich das Gefühl, dieser "betagte" Ritter müsste eigentlich ihr Mann sein, der, so wie sie, Alzheimer haben. 

Die Schilderung des Ritters im Walde lässt mich an berühmte Bilder von Albrecht Dürer denken.

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Ja, lieber Carlos, so ist das mit der deutschen Sprache. Manchmal ist es eine doppelt gemobbelte Wiederholung. Ich hätte aber auch "... langer Zeit lebte damals ..." oder "Früher, vor langer Zeit ..." schreiben können. Oder anders "... langer Zeit lebte neulich ..." - Du hast schon Recht. Ich wollte es gefühlt noch länger her erscheinen lassen. Genau wie dieses "ururalt". Also eine Greisin, die älter als uralt ist. Hinzu kommt, daß mir beim Lesen / bei der Aussprache des "ururalt" noch eine Silbenpause mehr entsteht, als nur bei "uralt", welches man fast ohne abzusetzen aussprechen kann.

 

Und über das "betagte" Ehepaar: "Kinder, wie die Zeit vergeht."

 

Dürers Bilder werde ich mir mal zu Gemüte führen. Hab ich jetzt gerade nicht im Sinn. Danke auch dafür.

 

LG, Heiko

 

PS.: Ah, du meinst "Ritter, Tod und Teufel"?  Genau. So kann er ausgesehen haben, mein nicht mehr ganz so junger Rittersmann.

 

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