Zum Inhalt springen

Empfohlene Beiträge

Das Stillste                        

 

                        Gar du Lyrik, welche Prosa,

                        schimmerst du so Perlenrosa,

                        bist der Tod auch die Verbindung,

                        dienst du auch zur Selbsterfindung.

                        Marc Donis

 

 

Was taugst du Demut, welcher Dichter?

Merkst du das, wie gar das sei’s,

Tränen fließen – Angesichter,

trübte Augen, mit Geheiß.

Draußen aber webt die Kühle,

Kälte, Frost – Auf den Alleen,

läuten matt die Kirchgestühle,

muss der Tod sich eingestehen.

Sprühen Funken, Schnee auf Grabe,

Kälte, Kühle – Immerdar,

kreischt auf Zweigen jener Rabe,

kreischt und kreischt, so traurig wahr.

Kreischt und trauert er bescheiden,

ruft und blickt und sieht, er tut,

scheinbar will er das vermeiden,

glänzt sein Haupte, Augen Blut.

Spürt er zögernd Blut und Rauschen,

trauert nun auch Dorf und Stadt,

jeder mag den Glocken lauschen,

Trauer zieht so ohne Rat.

Scheinbar weinen letzte Engel,

weinen sie – Ganz ohne Saum,

zeugen sie von schweren Mängel‘,

ganz vertieft, erstarrt im Traum.

Ein Toter wird durchs Dorf getragen,

gehüllt in Stoff – Ins Leichentuch,

Nachbarn, Kinder – Ganz verklagen,

sehen ihn – Den Tod und Fluch.

Und so läuft der Zug soeben,

tragen mit auch Bild und Flor,

ein Dichter nahm sich sein Leben,

so läuft der Zug zum Hause vor.

Bitter-trüb durchzieht‘s Geläute,

folgt die Menge jener Spur,

Trauer eilt seit diesem Heute,

keiner spricht, man weint wohl nur.

Stehen bleibt der Zug geschwinde,

die Trage dann zum Grund gelegt,

steht die Mutter vor der Linde

und der Zug hat sie erregt.

Und so steht sie zwischen Schlägen,

Glocken läuten mit dem Lauf,

läuft sie dann dem Zug entgegen,

deckt mit Angst den Laken auf.

Sie erblickt dann ein Gesichte,

blasse Haut, ein fahler Blick,

fiebrig glänzt es dann im Lichte,

um den Hals ein jener Strick.

Kalt und eisig ist die Schnure,

welche still am Halse hängt,

hinterlassen eine Spure,

was das Leben nur bedrängt.

Eingesunken sind die Wangen,

was die Traurigkeit gewahrt,

Tränen liegen, welche prangen,

was die Trauer bejahrt.

Augenlid, das ist geschlossen,

zieht sich nieder, zieht sich ab,

wenigstens kein Blut vergossen,

zeichnet trotzdem jenes Grab.

Die Frau erkennt zwar die Leiche

und flüstert erst, wobei sie stockt,

sie entfährt dann halt das Gleiche,

wobei der Anblick sie wohl schockt.

„Du bist nun weg, so fortgetrieben,

du bist nun fort, mein Sohn, so mein,

nun bin ich wohl alleingeblieben,

der Abschied nimmt mein Herze ein.

Kann man so den Schmerze tragen?

Wahrlich das, was ich nicht weiß,

wärmen tut nun nicht der Kragen,

Kummer wird auch zum Geheiß.

Ich ahnte nichts von deiner Laste,

du bist das Kind, das ich verlor,

Zeugin bin ich, als auch Gaste,

von deinem Tod, wie nie zuvor.

Ich liebe dich bei allen Dingen,

lieb‘ ich dich vor alles nach,

Klagen wird dich zwar nicht bringen,

hoffte ich, du seist noch wach.

Seh‘ ich nun die weiten Fernen,

Winter, Kälte, wie so schlicht,

kommst du nun auch zu den Sternen,

wirst du nun das Sternelicht.

Spüre ich mein Herze leeren,

auf dem Weg, der sich verliert,

warst du auch mein Unentbehren,

welcher langsam zu gefriert.

Mag ich auch mein Haupte senken,

vor der Zeit, die dich zerfiel,

werde ich dir wohl gedenken,

trag‘ ich Kummer viel zu viel.

Spüre ich ihn auch so treten,

Kummer, Kummer, wie noch nicht,

werde ich für Seele beten,

bet‘ ich dann ich für Zuversicht.

Ich liebe dich, mit welch‘ Verlangen,

warst du die Kunst, ganz jedes Werk,

nun ist zwar Kunst und Wort verklangen,

doch letztlich nicht das Augenmerk.

Oh, wehe mir, ganz ohne Lüge,

es war das Herze, das ich trug,

das Leben wurde zu Genüge,

sodass es nicht mehr weiterschlug.“

Die alte Frau versinkt im Weinen

und weint und weint, so immerdar,

der Wintermond beginnt zu scheinen

und bedeckt den Zug so gar.

Männer, welche sich bewegen,

heben still nun aus das Grab,

ruhig sie ihn niederlegen,

decken ihn mit Erde ab.

Kälte zieht wie Frost, und Rosen,

blühen sie so rot und müd‘,

gelegt aufs Grab des Namenslosen,

wo die Blüte weiterblüht.  

Jeder kennt wohl diesen Namen,

ehrt den Dichter nicht so fahl,

diese können nur entstammen,

Leben gab‘ es halt schonmal.

Denn er war dem Leid ergeben,

schied dann bitter aus dem Leben,

endete dann zwar sein Grame;

–  Gar Jessenin war sein Name.

 

 

Berlin-Gropiusstadt; 01.12.2023

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  • Antworten 0
  • Erstellt
  • Letzter Kommentar

aktivste Mitglieder in diesem Thema

Beliebte Tage

aktivste Mitglieder in diesem Thema

Du möchtest dich an der Unterhaltung beteiligen?

Du kannst direkt mit in die Diskussion einsteigen und einen Beitrag schreiben. Anschließend kannst du ein eigenes Autoren-Konto erstellen. Wenn du schon ein Autoren-Konto hast, Logge dich ein um mit deinem Konto an der Diskussion teilzunehmen.

Gast
Schreibe hier deinen Kommentar ...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung wiederherstellen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.


×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Community-Regeln
Datenschutzerklärung
Nutzungsbedingungen
Wir haben Cookies auf deinem Gerät platziert, um die Bedienung dieser Website zu verbessern. Du kannst deine Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass du damit einverstanden bist.