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Von der Ästhetik zur Therapeutik


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Hallo zusammen,

 

vielleicht hat jemand da draußen Lust, sich über das Thema "Warum/Wofür schreibe ich eigentlich?" auszutauschen... Ich würde mich v.a. über Beiträge in Gedichtform freuen... Vielleicht habt ihr schon was darüber geschrieben oder wollt euch durch vorliegenden Beitrag dazu anregen lassen...

 

LG,

Anna

 

Von der Ästhetik zur Therapeutik

(aus der Liedersammlung "Conditio")

 

Es gibt nur die Arznei:

„romantisiert die Welt“,

„erfindet’s Leben neu“,

so die Zäsur in Bäld’

sich fruchtbar herausstellt,

obwohl sie Wunde sei.

 

Der Weg ist schon sehr alt,

so oft getan sogar,

selbst ich ihn oft einhalt’…!

Ich sehe’s nun so klar:

den folg’ ich immerdar

in Grundsatz und Gestalt… – –

 

Da draußen will ich schalten

das Auge neu sinnierend,

das strebt nach Umgestalten;

das Aug’ romantisierend,

sich vor die Welt postierend,

will sie ganz neu entfalten;

 

und schaffen Hermeneutik

da, wo nur war Poetik;

und bilden aus Maieutik,

wo nur war Arithmetik;

  • und wo nur war Ästhetik,
    erfinden Therapeutik.

 

Anm.:

Novalis (1772-1801): “Die Welt muss romantisiert werden.”

Cecília Meireles (1901-1964): “Das Leben ist nur möglich, wenn es neu erfunden wird.”

 

23.10.2010 (portugiesisches Original)

07.11.2010 (deutsche Nachdichtung von der Autorin selbst)

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Draußen irren halbe Schemen,

Sie jagen mich und meinen Traum,

Mit Nettoschecken, Aktienkurs,

Kunde aus Afghanistan

und "mach ja bloß dein Abitur!"

 

Die Bäume sind fast fad

Von diesem irren Hetzertum

Zu knorrigen Gebilden -

Einer mit Matura würde sagen -

mutiert.

 

Träumer, Bummler schimpft man mich

Und belächelt meine Verse,

Die sind zu schön, das mag man nicht.

So verhält's sich nicht in unsrer Welt.

Und wenn ich draußen unter Linden,

Eichen, was weiß ich, liegen will,

Um Schmetterlingen zuzusehen..

Ach lästert nur.

 

Was hatte denn der Arme,

Wollt' nicht mehr in der Welt verweilen.

Verbietet mir dann ruhig die Zeilen;

Viel Spaß bei meinem Leichenschmaus.

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Eine wunderschöne Idee, Anna,

 

genauso schön, wie eure beiden Texte. So konnte ich nicht umhin auch meinen Beitrag zu leisten:

 

________________________________________________________________________________

 

 

Das Wort

Credo eines Tünchers

 

Gar hässlich ist das nackte Wort

So stümperhaft und auch so matt

Und gerne groß ist jederman

Der es für uns entkleidet hat

 

Ein Schneider mit Papier bin ich

Der königsblaue Stoffe misst

Geschmeide fertige ich an

Das passendem Wort passend ist

 

Gar herrlich das bedeckte Wort

Geheimnisvoll und voller Reiz

Und niemand weiß, wie es denn nun

Im Innersten beschaffen sei

 

Wie nichts sonst schmiegt es sich perfekt

In grundverschiedn'e Augen ein

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Hey, schöne Beiträge!...

 

@KumboYa

 

Diese Passage gefällt mir am besten:

 

Und wenn ich draußen unter Linden,

Eichen, was weiß ich, liegen will,

Um Schmetterlingen zuzusehen..

Ach lästert nur.

 

Verständnisfragen:

 

1. Strophe: Wieso "Kunde aus Afghanistan"?

 

Was hatte denn der Arme,

Wollt' nicht mehr in der Welt verweilen.

Verbietet mir die dann ruhig die Zeilen;

Viel Spaß bei meinem Leichenschmaus.

 

Wer ist 'die' im 3. Vers? Die Welt?

 

-----

 

@Baz

 

Mir gefällt v.a. das Bild des Dichters als Handwerker (Schneider; und das Wort 'Geschmeide' lässt mich auch an Goldschmiedekunst denken)...

 

Trotz deiner 'Warnung' ;-)

 

Und niemand weiß, wie es denn nun

Im Innersten beschaffen sei

 

wage ich das 'hässliche, nackte Wort' vs. das 'herrliche, bedeckte Wort' zu interpretieren als Opposition zwischen (prosaischer) Alltags-, aber auch Wissenschafts- und Zeitungssprache einerseits und lyrischer Sprache andererseits, mit Aufwertung von Letzterer wegen ihrer (im positiven Sinne) 'verschleiernden' Wirkung... Das Eine will die Außenwelt ganz genau und deutlich erklären – Sachverhalt, Ursache, Wirkung –, während die Andere vielleicht auch über Kausalzusammenhänge mitteilen möchte, aber welche, die in der inneren Welt stattfinden, und die Mitteilung geschieht dann am Besten, wenn auf indirekte Art und Weise...

 

So was Ähnliches ist jedenfalls ein leitender Gedanke im folgenden Gedicht:

 

 

Stückige Kakophonie

(aus der Liedersammlung Conditio)

 

Schreiben: das ist nicht Erfinden

– meinerseits zumindest nicht;

auch nicht Wirkliches ergründen

mit Ursach’ und Endabsicht.

 

Nicht das Seh’n, noch das Erleben,

sondern’s Fühlen gibt den Drang:

was ich schreib’, ist stets das Heben

von der inn’ren Lyra Klang.

 

Mit der Lyra ich sondiere

nach der bündelnd Melodie,

auf der, glaube ich, basiere

meine eig’ne, meine schiere,

stückige Kakophonie.

 

 

(14.09.2010: portugiesisches Original)

(16.10.2010: deutsche Nachdichtung von der Autorin)

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Danke für die Fragen^^

das 'die' ist zuviel, hatte wohl zuerst nen anderen Satz im Sinn oder so muss ich dann gleich mal rauslöschen

Die Kunde aus Afghanistan steht stellvertretend für Pressemitteilungen oder allgemein eigentlich für Geschehnisse, die das lyrische Ich nicht interessieren oder für überflüssig hält. Man könnte das auch so interpretieren, dass Kriegstreiberei, die so alltäglich wie die Aktienkurse oder das Abitur ist, kritisiert wird.

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