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Von Engel und Teufel


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Tief im Nadelwald erliegt der Teufel seinen Wunden. Stich um Stich lähmt seine Glieder, seine Nerven. Stich um Stich durchdringt sein noch so dickes Fell. Dem Regenwurm gleich, windet er sich unter Höllenqualen. Ignoranz streckt ihn nieder. Auf dem Feld sieht man des Teufels Ringen mit dem Leben wohl, doch Anteilnahme ist kein Wesenszug der Ähren mehr. Vom Wind lediglich mal nach links, mal nach rechts geweht, sind sie ansonsten unflexibel, starr, bis dass der Sensenmann sie erntet.

Doch kurz bevor der letzte Hauch des Lebens aus seinen Lungen strömt, damit er eins mit dem Wind wird, stürzt bei donnerndem Applaus, bei lieblichem Gesang und mitten in tiefschwarzer Nacht, ein wahrer Engel vom Himmelszelt, dessen Gegensätzlichkeit zu des Teufels Wesen, von diesem wie ein Magnet angezogen wird. Es entsteht eine Verbindung, die zum Scheitern bestimmt ist. Wenn Jähzorn sich mit Ruhe paart, sprengt das die Ketten, mit denen der grausige Dämon bislang im Zaum gehalten werden konnte. Ein quälendes Schweigen kündigt seine Ankunft an. Ein stiller Schrei beider Akteure reicht, um ihn zu rufen. Denn erst, wenn er erscheint, schenkt er der Wut die Worte und den Ton. Zerreißt euch in der Luft, in abertausend Stücke!

Das Konfetti zur Feier des Tages, entsteht durch jenen falsch empfundenen Schmerz, welcher erst reichlich später als glückliche Fügung verstanden wird. Doch sowohl der sanfte Teufel, als auch der gefallene, jähzornige Engel haben den Verstand dem Herzen geopfert. Wie schnell doch die Ähren für beide zu Heu werden können. So liegen sie, getrennt und unter Qualen, im Wald und suchen ihres im Nadelhaufen. Jene, die einst als so Ignorant, egoistisch galten, werden nun zum Mittel zum Zweck. Teufel, sowie Engel kehren und nähen sich zusammen. Um den Verlust zu kompensieren, wird hektisch die nächstbeste Gelegenheit beim Schopfe gepackt. Sich gegenseitig vorzuspielen, wie wunderbar es einem geht, eine zweite Welt zu schaffen, in der man sich dies selber glaubt und dennoch bei jedem sich treffenden Blick, vor einer Mischung aus Wut und Liebe zu erstarren, lässt jeden Tag, jede Woche, jedes Jahr, zur elenden Tortur werden. Zum Glück währt rein gar nichts für immer, bis auf den Tod und so gilt es lang zu warten oder schnell zu sterben.

Es winkt der Abschied bei Blitz und Donner. Unter der von Flammen verkohlten Eiche läuft der Regen wie Tränen über das Gesicht, die feine weiße Haut des gefallenen Engels und hinterlässt für jeden Tropfen, welcher ihre Wangen herabkullert, ein Hämatom.

So empfindlich, wie ihr Körper ist doch auch ihre Seele. Das Tor zur Selbigen wirkt matt, durch den stetigen kraftvollen Schlag des Herzens. Wie ein Saphir, so blau und facettenreich glänzte es einst. Doch dies war lange vor dem Sommerregen, der nebst Sommer auch die Hoffnung fortspült. Der salzige Geschmack auf ihren Lippen offenbart das Brechen des Dammes. Auf dem Feld liegt das vertrocknete Gras und über ihm hängen die sechs grauen, schweren Wolken. Am späten Nachmittag, zu zweit unter dem Baum, dem Rascheln der Blätter lauschend, durch grelle Blitze hin und wieder aufgeschreckt, wie scheue Rehe, wortlos, ohne Mimik, liegen sie sich in den Armen und hindern den jeweils anderen somit daran loszulassen. Beide legen sich flach ins Feld, um still in die für sie hellblauen Wolken zu starren und allmählich zu verfaulen, während dieser Traum, als Ausgangspunkt allen Schmerzes, wie ein Parasit den Nächsten befällt, der sich vergnügt zu ihnen gesellt.

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