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Wolkenwolf

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Beiträge erstellt von Wolkenwolf

  1. Ein Loch im Herzen

     

    Das Silber des Himmels ist Zeuge,

    Dass ich mich den Regeln nicht beuge;

    Denn ich jage allein,

    Mag es immer so sein;

    Mit einem Loch in meinem Herzen.

     

    Die einstmals so tapfere Meute,

    Längst blind für die lohnende Beute,

    Trägt mit gläsernem Blick

    Schon das Beil im Genick;

    Mit einem Loch in ihren Herzen.

     

    Ein wilder Tanz bringt es ins Wanken,

    Weisst den Quell zu schnell in die Schranken;

    Welcher Schritt darf es sein?

    Lass dich nicht darauf ein!

    Mit einem Loch in deinem Herzen.

     

    Das Schweigen im Walde spricht Bände;

    Verwehrt bleiben Lippen und Hände,

    Weil niemand sich bindet,

    Im Dunkeln sich findet;

    Mit einem Loch in jedem Herzen.

     

     

     

    ___

    © Wolkenwolf

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  2. Das Schaf im Wolfspelz

     

    Da waren Winter, Eis und Schnee –

    Sie liessen dich wie selten frieren,

    Beinahe den Verstand verlieren;

    Der Anblick tat im Herzen weh.

     

    Da war ein Trommeln in der Brust

    Und Worte, die sich zärtlich streiften,

    Wie Nebel durch die Lüfte schweiften,

    Als hätten sie es längst gewusst.

     

    Da waren Wein und heisser Tee

    Und dennoch konntest du’s nicht lassen,

    Ich musste dich erst sanft umfassen,

    Damit ich dich nicht frieren seh’.

     

    Da waren Schlange, Wolf und Schaf –

    Und Katzen, über die wir lachten,

    Die uns einander näherbrachten,

    Wie wir oft frech und selten brav.

     

    Da war ein allererster Schritt,

    Auf den noch viele folgen sollten;

    Sag, ist die Schuld bald abgegolten?

    Die vielen Jahre reisen mit.

     

     

     

    ___

    © Wolkenwolf

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  3. Raus aus meinem Kopf

     

    Wenn ich glaube, jeden Winkel zu kennen,

    Jede Strasse, jedes Haus kann ich nennen,

    Und meine Gedanken sind sachlich sortiert,

    Dann weiss ich oft schon, was jetzt passiert.

     

    Plötzlich fängt meine Welt an sich zu drehen

    Und die Uhren scheinen rückwärts zu gehen;

    Ich schau zu, wie sich die Wände verschieben,

    Als meine Wahrheit beginnt sich zu biegen.

     

    Raus aus meinem Kopf!

    Nur einmal will ich nicht ganz bei mir sein;

    (Ich will:)

    Raus aus meinem Kopf!

    Wie kann ich mich nur von mir selbst befrei’n?

    Raus aus meinem Kopf!

     

    In meinem Kopf scheint ein Schneesturm zu toben 

    Er ist überall, rechts, links, unten, oben 

    Man kann die Hand vor den Augen kaum sehen

    Sind da Stimmen? Ich kann sie nicht verstehen.

     

    Es ist viel zu schwer in Worte zu fassen, 

    Denn die Gedanken, sie können’s nicht lassen;

    Weil sie nur springen und tanzen und hasten 

    Und das am Ende allein mir zu Lasten! 

     

    Raus aus meinem Kopf!

    Nur einmal will ich nicht ganz bei mir sein;

    Raus aus meinem Kopf!

    Wie kann ich mich nur von mir selbst befrei’n?

    Raus aus meinem Kopf!


     

    ___

    Wolkenwolf, 2023

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  4. Hallo Darkjuls, 

    Danke für deinen Kommentar. Das mit dem Sterben... Ich sehe es eher so, dass man bereit sein muss, alles zu tun, was nötig ist. Man muss bereit sein, alles, was man ist, herzugeben, um ein besserer Mensch zu werden, indem man sich seine eigenen Fehler eingesteht und dann versucht, sich zu verbessern. 

     

    LG

    WW

  5. Fehler frei!

    (Ich bin dein Richter)

     

    Du bist der Letzte, der mich Demut lehren kann,

    Hältst du die Narren stets auch fest in deinem Bann;

    Wenn mein Blick doch niemals mehr den deinen findet,

    Wird es dein Licht sein, das noch vor meinem schwindet.

     

    Diskretion lenkt jeden deiner leisen Schritte;

    Perfektion, glaubst du, entspringt aus deiner Mitte?

    Wie tief der Stock in deinem Arsch tatsächlich steckt,

    Hat noch niemand, am wenigsten du selbst, entdeckt.

     

    Dein Lächeln ist falscher noch als dein Benehmen;

    Menschen, frei von Fehlern, fangt an, euch zu schämen!

    Sucht die Schuld in jedem Spiegel, allen Scherben,

    Such in dir und sei bereit, dafür zu sterben!

     

     

    ___

    © Wolkenwolf, Mai 2022

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  6. Landauf landab redeten die Leute über die Grosse Stadt. Viele arbeiteten ihr ganzes Leben lang und sparten alles Geld, das sie verdienten, um sie nur einmal aus der Nähe sehen zu können. Jeder wusste, dass die Grosse Stadt niemals schlief. Selbst nach der Abenddämmerung war sie so hell erleuchtet, als würde die Sonne über den hohen Häusern und Türmen ewig scheinen. 

     

    Nahezu jeden Tag trafen Neuigkeiten aus der Grossen Stadt ein. Die Menschen sprachen darüber, welche Mode die Städter gerade trugen, welchen Wein sie tranken und wie sie ihre Häuser ausstaffierten. Worüber die Menschen hingegen nicht sprachen – und wenn doch, dann nur hinter vorgehaltener Hand – war die Königin der Nacht. 

     

    Die Königin der Nacht herrschte im Geheimen über die Grosse Stadt. In den Gasthäusern und Kneipen wurde gemunkelt, dass sie eine Armee aus Schatten befehligte. Tagsüber sahen sie wie Menschen aus. Ihre Haut war von einer vornehmen Leichenblässe, wie sie nur die gutbetuchten Städter auszeichnete. Schwarze Stoffe verhüllten ihre Körper. Unheimlich schienen sie, bewegten sie sich doch so leise und bedacht, dass sie manchmal mit den übrigen Schatten der Stadt zu verschmelzen schienen. Niemand wusste so recht, ob sie vielleicht gefährlich waren. Viele dachten, sie spionierten womöglich für die Königin der Nacht und trugen ihr alles zu, was während ihrer Abwesenheit vor sich ging. 

     

    Denn die Königin der Nacht, so hiess es, zeige sich nur drei Mal im Jahr: Einmal im späten Frühling, wenn die Schachblumen blüten; im Sommer, im Zeichen des honigfarbenen Mondes und zur Herbstmitte, kurz bevor die Grenze zwischen dem Reich der Lebenden und der Toten offen stand.

     

    Zu den genannten Zeiten fand in der Grossen Stadt ein geheimer Maskenball statt. Nur diejenigen, die eine Einladung von der Königin persönlich ausgestellt bekamen, durften daran teilnehmen. Manche munkelten, dass auch sie in diesen Nächten zu Schatten wurden. Sie tanzten die ganze Nacht hindurch, tranken blutroten Wein und liessen sich vom gereichten Zuckergebäck verführen. So wurden sie schliesslich eins mit der Finsternis und wandelten bereits am nächsten Morgen als neue Schatten umher. Freilich konnte dies niemand belegen. Denn niemand, der auf die Feierlichkeiten zu Ehren der Königin eingeladen war, erzählte je davon. Es gab natürlich einige, die sich jedes Mal brüsteten, wieder eine Einladung erhalten zu haben. Doch wenn dies stimmte, so nahmen sie am Ende doch nicht am Maskenball teil - aus Angst, selbst zu Schatten zu werden - oder sie hatten ganz einfach gelogen. 

     

    Weit entfernt von der Grossen Stadt lebte einst ein Kaufmannssohn. Er wohnte gemeinsam mit seiner Mutter in einer Siedlung, in der jedem Haus eine Tür von ganz bestimmter Farbe zugewiesen war. Dies half den Bewohnern, die Häuser, die sonst alle gleich aussahen, besser auseinanderzuhalten. Denn die Familie hinter der orangefarbenen Tür wollte sich nicht das Haus des Mannes mit der himmelblauen Tür verirren und schon gar nicht in das der alten Vettel hinter der scharlachroten Tür. Wo doch jeder mit seinem eigenen Leben schon genug zu schaffen hatte. 

     

    Die Tür zum Haus des Jünglings und seiner Mutter war rosafarben. Allerdings benutzte der junge Mann sie nicht sehr häufig, denn er verliess das Haus, wann immer er konnte. Seine Mutter litt, seit der Vater fortgegangen war, unter einer schlimmen Schwermut. Wohl deshalb war sie dem billigen Wein aus der Gegend so zugetan und auch deshalb hatte sie sich mit ihrem Sohn so schlimm zerstritten, dass es für beide besser war, wenn sie sich aus dem Weg gingen. 

     

    Der Junge träumte wie die meisten anderen in seinem Alter - er hatte zu diesem Zeitpunkt 17 Winter gesehen - von der Grossen Stadt. Doch er wusste, mit seinem mageren Lehrlingslohn, den er in der Schreibstube im Ort verdiente, würde er niemals auch nur in ihre Nähe gelangen können. So begnügte er sich damit, Tag für Tag die Schriftstücke fremder Leute zu kopieren und zu lesen, während in seinem Leben sonst nichts von grösserem Belang geschah. 

     

    Der Herbst kam und mit ihm ein Tag, an dem der junge Mann wie so oft versonnen aus dem Fenster des Skriptoriums blickte, in dem er arbeitete. Er sah zu, wie der Wind das Laub von den Blättern wehte: Zitronengelb, orange-rot, kupferfarben… Der Anblick stimmte ihn über die Massen melancholisch. Seine Gedanken glitten zu dem Messer hinüber, mit dem er in der Küche seines Meisters Kuchen auf Teller verteilt hatte. Er dachte darüber nach, ob dieses Küchenmesser wohl scharf genug war, um… 

     

    Doch in diesem Moment segelte etwas, das kein Laubblatt war, durch das offene Fenster in die Schreibstube. Wie für ihn adressiert, landete das Etwas auf dem Pult des Jungen. Verblüfft stellte er fest, dass es sich tatsächlich um einen Brief handelte, der mit einem tintenschwarzen Siegel versehen war. Noch überraschter war er allerdings, als er seinen Namen auf dem Umschlag wiederfand. Vorsichtig, so wie es seine Art war, öffnete der Jüngling das Schreiben. Er entfaltete das Papier - es war eine hochwertige Art von Pergament, wie er sogleich erkannte - und begann zu lesen. Dabei wanderten seine Augen langsam von links nach rechts.

    Als er geendet hatte, liess der Junge das Schreiben sinken. Niemand anderes als die Königin der Nacht hatte ihm eine Einladung zukommen lassen. Eine Einladung zum geheimen Maskenball. 

     

    Mit klopfendem Herzen spähte er aus dem Fenster. Hatte womöglich ein Schatten, ein Diener der Königin, den Brief überbracht? Lauerten sie in diesem Augenblick dort draussen? Versteckten sie sich in den Nischen der Häuser und zu den Füssen der Bäume? Doch andererseits, was spielte das jetzt noch für eine Rolle? Er war auserwählt worden! 

     

    Nicht nur das: Der Brief verriet ihm auch den Treffpunkt - den Ort, an dem die anderen Teilnehmer sich versammeln würden, um gemeinsam die Feierlichkeiten aufzusuchen. Obendrein enthielt das Schreiben einen Namen, den sogenannten “anderen Namen”. Ein Alias, das er verwenden müsse, um zum Ball zugelassen zu werden, wie im Brief beschrieben wurde. Des Weiteren wurde er angewiesen, ausschliesslich schwarz zu tragen. Das war nicht weiter verwunderlich. Die Schatten waren, das wusste jeder, stets in schwarze Gewänder gehüllt. Aber war an den Gerüchten, die überall herumerzählt wurden, etwas dran? Würde er nun auch zu einem Schatten werden, wenn er den Ball besuchte? Gleichzeitig dachte er nicht einen Moment lang darüber nach, die Einladung der Königin auszuschlagen. Dies war die Gelegenheit, nach der er gesucht hatte. Die Chance, seinem tristen Leben und der Enge hinter der rosafarbenen Tür endlich zu entfliehen. 

     

    ***

     

    Am in dem Brief beschriebenen Tag holte der Junge seinen besten schwarzen Gehrock hervor. Er zog die abgetragenen Stiefel an - zu seinem Bedauern besass er zu diesem Zeitpunkt nichts Besseres - und band sich das Haar zurück, das für gewöhnlich bis über seine Schultern wallte. Er las noch einmal den Brief. In diesem wurde ihm versichert, dass eine Kutsche ihn wohlbehalten bis in die Grosse Stadt bringen werde. 

     

    Als die Abenddämmerung sich näherte, verliess der Junge das Haus und schlug die rosafarbene Tür hinter sich zu. Seine Mutter war nicht zuhause. Zum Glück, denn so musste er ihr keine Rechenschaft darüber ablegen, wo er um diese Zeit und in seinem Aufzug noch hinzugehen gedachte. 

     

    Der junge Mann versicherte sich, dass er abgeschlossen hatte. Als er sich umwandte, staunte er nicht schlecht. Vor ihm stand eine Kutsche aus schwarz lackiertem Holz, vor die zwei prächtige Rappen gespannt waren. Jedes der Pferde erschien gewaltig, muskulös und wie dafür gemacht, um viele Stunden ohne Unterlass zu traben. Ihr Fell war geradezu unnatürlich schwarz, dunkler als die dunkelste, sternenlose Nacht. 

    Die Pferde der Königin, dachte der Jüngling ehrfürchtig. 

     

    Der Mann, der auf dem Kutschbock sass - eine vermummte Gestalt, die wie ein Haufen dunkler Lumpen anmutete, gekrönt von einem Zylinder - sagte nichts. Er deutete nur mit ausgestrecktem Daumen auf die Kutsche hinter sich, was wohl so viel heissen sollte wie: Steig ein! 

     

    Der Junge tat, wie ihm geheissen und öffnete die mit Ornamenten verzierte Tür. Kaum hatte er sich auf der Polsterbank im Inneren des Kutschenwagens niedergelassen, schon setzte sich die Kutsche in Bewegung. Die Fenster waren mit Tüchern verhangen, sodass der junge Mann nicht nach draussen blicken konnte. Sie liessen gerade so das Licht eines schwindenden Tages herein und wie die Stunden vergingen, so wurde der Junge schläfrig. 

     

    Er musste wohl eingedöst sein, denn eine unbestimmte Weile später hielt die Kutsche mit einem sanften Ruck. Der Junge blinzelte. Ihm war die Reise zur Grossen Stadt nur wie ein paar Minuten vorgekommen. Doch genauso gut hätten Tage oder Jahre vergangen sein können. 

     

    Ein wenig ängstlich und mit weichen Knien stieg er aus. Noch ehe er etwas sagen oder um sich umdrehen konnte, fiel die Tür hinter ihm zurück ins Schloss. Die Pferde verfielen wieder in ihren gleichmässigen Trab und der Kutscher verschwand mitsamt seines Höllengefährts inmitten der Stadt. 

     

    Der Grossen Stadt, wurde dem Jungen in diesem Moment schlagartig klar, während er noch in die Richtung starrte, in die die Kutsche verschwunden war. Seine Augen weiteten sich. Staunend, mit offenem Mund blickte er sich um. 

     

    Die Stadt war tatsächlich so, wie man sich bei ihm zuhause immer erzählt hatte. Wenn auch nicht ganz so bunt. Eine Vielzahl an Häusern ragte wie mahnende Finger in den Himmel und versperrte ihm die Sicht. In manche von ihnen waren sonderbare Uhren eingelassen, die nicht die Zeit, aber irgendetwas anderes anzuzeigen schienen, an dem sich die Menschen hier offenbar orientierten. In allen Formen und Grössen eilten sie an ihm vorbei, rempelten sich gegenseitig an, lachten, fluchten, klagten und plapperten durcheinander. 

     

    Während der Bursche sich immer noch staunend um sich selbst drehte, nahm er die zahlreichen Gerüche der  Grossen Stadt war. Es roch nach Essen, scharfen Gewürzen und Kräutern, Pferdedung und Schweiss. Das war zunächst nichts Ungewöhnliches, doch in der hier schienen sich all diese Eindrücke zu verstärken, so sehr, bis sie kaum mehr auszuhalten waren. 

     

    Der Jüngling selbst befand sich, wie er jetzt bemerkte, auf einem weitläufigen Platz am Rande eines Parks. In der Nähe sprudelte ein Brunnen in der Form eines vierblättrigen Kleeblatts. Die bronzenen Figuren an den Rändern zeigten Frauen, offensichtlich Fischweiber, mit Krügen und Trauben und Netzen in den Händen. In ihrer Mitte thronte ein Mann mit langem Haar und einem Dreizack in den Händen. Ein König der Meere. 

     

    Als der Junge sich umsah, erkannte er, dass er nicht alleine hergekommen war. Viele junge Männer und auch Frauen in schwarzen Gewändern drückten sich in Reichweite des Brunnens herum. Manche umklammerten wie er noch die Einladung der Königin, andere lachten und redeten aufgeweckt miteinander. Seinem eigenen Brief entnahm er, dass er sich mit einer bestimmten Gruppe zu treffen hatte. Allerdings war ihm nicht ganz klar, um welche Gruppe es sich dabei handelte. 

    “Haltet nach einem Mann im selben Alter Ausschau, schwarzes Haar, schwarzer Mantel, schwarzes Armband.”

     

    Nach einer Weile glaubte der Junge, es müsse sich bei der Beschreibung wohl um einen Scherz handeln. Sie traf nahezu auf jeden zweiten Mann auf diesem Platz zu. Er ging ein paar Mal über den Platz und um den Brunnen herum, um dann von vorne zu beginnen. Mit der Zeit sank ihm der Mut und er wollte bereits aufgeben. 

    Da fiel ihm eine Gruppe auf, die etwas abseits des Brunnens nahe einer kleinen Kirche stand. Sie redeten vergnügt miteinander und unter ihnen erspähte er auch einen Burschen, auf den die Beschreibung im Brief zutraf. 

     

    Als er sich ihnen näherte, schaute der Fremde zu ihm auf. Er wirkte noch wie ein Mensch, so viel stand fest. Seine Haut war vielleicht ein bisschen zu blass, er selbst hoch an Wuchs und schmal. Doch als sich ihre Blicke trafen, schienen sie etwas in einander zu erkennen. Es war, als schaue man einem lange verlorenen Bruder in die Augen - einem Freund, der nach jahrelanger Abstinenz endlich nach Hause zurückkehrte. Der Jüngling trat auf ihn zu und nannte ihm seinen Anderen Namen. Der Mann ihm gegenüber lächelte geheimnisvoll. 

     

    Danach dauerte es nur eine kurze Weile und schon unterhielt sich der Jüngling ausgelassen mit den anderen. Sie erzählten sich Geschichten aus ihrer Heimat. Er erzählte ihnen von der rosafarbenen Tür und seiner Mutter, doch schon bald sprachen sie auch über den bevorstehenden Maskenball. Dem Jungen kam es so vor, als wäre er schon immer Teil von ihnen gewesen, die offensichtlich weder Menschen noch Schatten waren. 

     

    Unter ihnen befand sich eine Frau, die zunächst gar nicht als solche zu erkennen war. Sie trug einen schwarzen Mantel, der ihr ein wenig die Konturen eines Mannes verlieh. Doch das Strahlen ihrer nussbraunen Augen und ihr Lachen erregten die Aufmerksamkeit des Jungen. Sie erklärte ihm, dass dies nicht die Nacht des Maskenballs sein würde. Stattdessen würden sie gemeinsam die Gasthäuser der Grossen Stadt besuchen, die Ateliers und Theater, Parks und Museen, bis die tatsächliche Einladung der Königin sie erreichte. 

     

    So geschah es. In der kommenden Zeit lernte der Junge seine neuen Freunde besser kennen. Er lernte, wie ein Schatten zu leben, sich lautlos fortzubewegen, die Nacht zu umarmen und nach den Hinweisen auf die Königin Ausschau zu halten. Denn nur ein Brief mit einem tintenschwarzen Siegel, das begriff der Jüngling schnell, befähigte noch nicht dazu, am geheimen Maskenball teilzunehmen. 

     

    Es galt, ein Freund der Schatten zu werden, die Wege zu beschreiten, auf denen sie wandelten und die Welt mit ihren Augen zu sehen. Wie sich herausstellte, ging es dabei vor allem um Musik. Es war nicht die Musik, die gewöhnliche Menschen machten oder hörten. Es war die Musik, die man nur in ganz bestimmten Momenten wahrnehmen konnte, wenn man ganz genau hin hörte. Der Klang des fallenden Regens auf Stein, das Schnurren einer Katze, das Zwitschern der Vögel. Hier ein Summen, dort eine Melodie, ganz fein, Zwischentöne nur, und doch ganz und  gar wahrhaftig. All diese Dinge lernte der junge Mann zu hören und verlor dabei eines nie ganz aus dem Sinn: Das Mädchen mit den nussbraunen Augen.

     

    Bald wussten alle Halbschatten, mit denen er durch die Grosse Stadt zog, dass er an sie dachte. Dass sie Teil seiner Träume und seines Sehnens war. Nur er selbst war sich dessen nicht so sicher. Konnte er sich denn mit einem Halbschatten einlassen? War das für einen Menschen wie ihn möglicherweise gefährlich? 

     

    Dann kam der Tag, an dem sein Bruder an ihn herantrat und verkündete, dass es nun an der Zeit sei. Der Maskenball würde stattfinden und er, der Jüngling, würde sich mit ihnen dorthin begeben, um der Königin der Nacht seine Aufwartung zu machen. 

     

    ***

     

    Als die Dämmerung über der Grossen Stadt hereinbrach, verwandelte sich der Junge in einen Halbschatten. Sein Mantel wehte sacht in der Abendbrise und die neuen Stiefel an seinen Füssen fühlten sich angenehm schwer an, so als hielten sie ihn in der Wirklichkeit fest. Gegen die aufziehende Kälte trug er einen Schal, der ebenso schwarz war wie alles andere an ihm. 

     

    Sein Bruder und die anderen hatten ihm gesagt, wohin er gehen müsse, um zum geheimen Maskenball zu gelangen. Eine Kutsche brachte ihn in einen Stadtteil etwas südöstlich des Zentrums. Dort sah er bereits, wie sich einige andere so wie er auf den Weg zu den Feierlichkeiten machten. Die Menschen, die auf den Strassen unterwegs waren, warfen ihm angsterfüllte Blicke zu und ein kleines Mädchen deutete sogar mit dem Finger auf ihn, bis ihre Mutter sie hastig weiter zerrte. Es war ein grossartiges Gefühl. Je mehr er der Welt der Menschen entglitt, desto mehr hatte der Junge seltsamerweise das Gefühl, einer von ihnen zu werden. So als wurde er erst jetzt zu dem Menschen, der er immer hatte sein wollte. Leibhaftig. Lebendig. Ein Schatten. 

     

    Er folgte den anderen Halbschatten über einige verschlungene Strassen und Wege bis hin zu einem Park. Dort war es bereits so finster, dass man zwischen den Bäumen den Weg fast nicht mehr erkennen konnte. Der Jüngling hielt sich mit den anderen am Ufer des Flusses, der linker Hand in etwa 70 Schritt Breite an ihnen vorbeifloss. 

     

    Während sie gingen, schnappte er einige ihrer Gespräche auf. Es ging natürlich um den Maskenball der Königin. Manche waren nervös. Andere frohlockten und konnten es kaum erwarten. Wieder andere erzählten sich Legenden über den Fluss und den Park, an dem sie vorüberliefen. Manchmal solle es dort wie magisch nach Rosen duften, behauptete jemand. Eine Vielzahl Soldaten aus dem letzten Krieg lägen hier begraben, doch kaum jemand wisse noch Genaueres darüber. 

    Der junge Mann warf einen Blick über den Fluss und bemerkte einige Laternen, die ihr orangerotes Licht über die Wasseroberfläche warfen, wie Irrlichter. Die Szenerie hatte etwas Zauberhaftes an sich und je weiter sie durch den finsteren Park gingen, desto stärker hatte er das Gefühl, die Welt, so wie er sie immer gekannt hatte, hinter sich zu lassen. 

     

    Als sie eine Weile gegangen waren, kam die kleine Gruppe schliesslich bei einer steinernen Brücke an. Sie bog sich über den Fluss und führte offenbar zu einer Art Insel, auf welcher der Junge jetzt die Silhouette eines hoch aufragenden, turmartigen Gebäudes ausmachen konnte. 

     

    Auch hier erhellten Laternen die Düsternis. Zwar machte dieser Ort auf den ersten Blick einen ganz gewöhnlichen Eindruck. Doch ob ein gewöhnlicher Mensch ihn gefunden hätte, ohne zu wissen, wo er suchen musste, das bezweifelte der Junge. Sie waren eine ganze Weile durch die Dunkelheit gegangen. Der Weg war ihm ein wenig wie die Reise in die Grosse Stadt erschienen, damals, vor einer gefühlten Ewigkeit. Wer konnte sagen, ob sie Minuten, Stunden oder gar Jahre und Jahrzehnte unterwegs gewesen waren?

     

    Schnell hatte er seine Freunde entdeckt. Sie standen bereits auf halbem Weg über die Brücke und winkten ihm freudig zu, als sie ihn erkannten. 

    Unter ihnen war auch seine Herzdame mit den nussbraunen Augen. Als er sie sah, war der junge Mann einen Augenblick lang sprachlos. Wie er sie so musterte, errötete sie, doch war das im Dämmerlicht der Laternen nur schwer zu erkennen. Für den Maskenball trug sie ein Kleid, das aus Nacht und Spinnenseide gewebt zu sein schien. Hier und da glitzerten Silberfäden auf dem dunklen Stoff und brachten das Mädchen über ihre Erscheinung hinaus zum Strahlen wie den Sternenhimmel. 

     

    Gemeinsam schritten sie über die Brücke, wobei der Jüngling noch einmal einen letzten Blick auf die Wasseroberfläche warf. Rabenschwarz floss der Fluss dahin, träge, sodass er kaum ein Geräusch verursachte. 

     

    Als sie das turmartige Gebäude erreichten, welches der Bursche aus der Ferne bereits gesehen hatte, geriet er abermals ins Staunen. Es glich einer Art Tempel oder Kirche und war durchzogen von Schatten. Richtigen Schatten, keinen Halbschatten. Sie waren buchstäblich überall, tummelten sich zwischen den Säulen, kauerten grüppchenweise entlang des Flussufers und schwebten unter den Baumkronen. 

     

    “Willkommen bei der Königin der Nacht!” Etwas an der Art, wie sein Bruder das sagte, liess den Jungen stutzen. Er blickte auf den unheimlichen Sakralbau, auf die Schatten, die in der Dunkelheit tanzten. Dann dämmerte es ihm. 

     

    Es gab gar keine Königin. Das, was die Schatten als “Die Königin der Nacht” betitelten, war all das hier - der Maskenball selbst. Es handelte sich nicht um eine Person, sondern um eine Zusammenkunft, ein Treffen aller Schatten aus der Grossen Stadt. Genauso musste es sein. 

     

    Noch eher der Junge weiter darüber nachdenken konnte, schoben ihn die Freunde auch schon voran, direkt auf die Eingangspforte des Turms zu. Er fingerte nach seiner Einladung und nannte dem Schatten an der Tür seinen anderen Namen. Dann wurde er eingelassen.

     

    Im Inneren waberte künstlich erzeugter Nebel über den Boden, sodass man seine Füsse nicht mehr sehen konnte. Geradezu führte eine Treppe hinauf in die Turmzimmer oder aber hinab ins Kellergewölbe, aus dem in diesem Augenblick eine schaurige Musik nach oben drang. Rechts bewegten sich zahlreiche Schatten im angrenzenden Tanzsaal zu wieder einer anderen Musik, die aus dem Nichts, vielleicht irgendeiner jenseitigen Phäre zu stammen schien. Nicht wenige tranken den blutroten Wein, von dem in den Geschichten oft die Rede war. Ihre Körper waren tiefstes Schwarz, während ihre Gesichter von schneeweissen Masken aller Formen und Grössen verhüllt waren. Sie erinnerten den Jüngling an die Legende von der Schwimmenden Stadt, die sich irgendwo weit im Süden befinden solle. Dort, so hiess es, solle es ähnliche Feste geben, an denen die Besucher ausschliesslich maskiert oder gleich gänzlich verkleidet erscheinen würden. 

     

    Sein Bruder drückte ihm etwas in die Hand. Eine Maske. Sie war wie ein Wolfskopf geformt, mit mandelförmigen Augen, spitzen Ohren und einer Schnauze. Als der Bursche sie aufsetzte - glatt und kühl schmiegte sich das unbekannte Material an sein Gesicht - fühlte es sich an, als habe er einen lange verloren geglaubten Teil seines Körpers wiedererlangt. Als habe er die Fähigkeit, zu gehen verloren und war nun eines Morgens aufgestanden, um festzustellen, dass das Gefühl in seinen Beinen zurückgekehrt war. Ein Rausch ergriff von ihm Besitz. 

     

    Seine Freunde hatten bereits etwas Wein herbeigeschafft und nach den ersten ein, zwei Gläsern begannen auch sie, zu der fremdartigen Musik zu tanzen. Immer wieder warf der Junge dabei einen Blick auf seine Herzdame. Auch sie trug wie die anderen eine dieser unheimlichen Masken. Ihre hatte die Form einer Jungfer mit auffällig geformten Lippen. Abertausend Fragen geisterten dem Burschen durch den Kopf, während er zusah, wie sie sich zu den Friedhofsklängen bewegte. Dachte sie wohl auch an ihn? Konnte sie dasselbe Knistern spüren, das immer dann Funken zu schlagen drohte, wenn sie einander nahe waren? Fühlte sie dieselbe Wärme in ihrem Inneren, wann immer ihre Gedanken zu ihm abglitten? Oder taten sie das gar nie?

     

    In diesem Moment erhob sich das Mädchen und lief zu der Wendeltreppe, die hinab ins Kellergewölbe führte. Der Nebel, der um ihre Knöchel herum waberte, schien von dort unten zu kommen. Sie warf ihm einen auffordernden Blick zu. Dann stieg sie die Stufen hinab und wurde im nächsten Augenblick von den dichten Schwaden verschluckt. Der Jüngling und sein Bruder, der wie er eine Wolfsmaske trug, wechselten einen kurzen Blick. Dann stand er auf und folgte seiner Herzdame zögerlich hinab in die Tiefe. 

     

    ***

     

    Auch im Kellergewölbe waren tanzende Schatten zu finden. Ihre schemenhaften Gestalten tauchten mal hier und mal da aus dem Nebel auf. Der Junge sah, wie sich Arme zur Decke empor reckten, nur um kurz darauf wie die Tentakel eines Kraken wieder in dem wabernden Meer abzutauchen. Er sah, wie Hüften in rhythmischen Bewegungen hin und her kreisten, dass ihm dabei fast schwindelig wurde. Dann fiel sein Blick wieder auf das Mädchen in dem Spinnfädenkleid. Sie stand da und so, wie sie ihn anblickte, schien sie auf ihn zu warten. 

     

    Schon im nächsten Augenblick verschmolzen sie mit der Musik und mit den Nebelschwaden, während sie sich tanzend aufeinander zu und wieder von einander weg bewegten. Die Energie zwischen ihnen schien fast greifbar, dachte er, doch es wollte ihm nicht gelingen, daraus den nächsten Schritt zu machen. Erwartete sie, dass er sie berührte? Sie gar küsste? Wie konnte er ihr zeigen, dass er ihr zugeneigt war? Welche Sprache der Liebe verstanden die Schatten?

     

    Verzagt ob seiner Unbeholfenheit wandte er sich um und stolperte die Treppe empor, zurück in den oberen Tanzsaal. Dort sassen sein Bruder und ein paar seiner Freunde, die Gesichter immer noch mit weissen Tiermasken verhüllt, und berauschten sich am blutroten Wein. Als sie sahen, welch unglückliches Gesicht der Junge machte, beschlossen sein Bruder, etwas zu unternehmen. 

     

    Der junge Mann indessen griff nach einem Weinkelch und lehrte ihn in einem Zug. Jemand, er konnte allmählich nicht mehr klar denken, vielleicht sein Bruder, bat ihn, die Maske abzunehmen. Zunächst zögerte er. Was, wenn er dabei ein unausgesprochenes Tabu brach? War es einem angehenden Halbschatten wie ihm gestattet, an der Königin der Nacht sein Gesicht zu zeigen?

     

    Doch sein Freund versicherte ihm, dass es in Ordnung sei. Er nahm die Wolfsmaske vom Gesicht. Im nächsten Augenblick presste das Mädchen ihre Lippen auf die seinen. Er spürte, wie sich ein heftiges Kribbeln von seinem Bauch heraus über seinen ganzen Körper hinweg ausbreitete. Elektrisiert und wie von einem jähen Fieber erfasst stand er da. 

     

    Als er die Augen öffnete, erblickte er sie - ohne Maske, doch mit glühenden Wangen. Sie sah ihn an und lächelte. Daraufhin folgte ein zweiter Kuss. Vielleicht bildete er es sich nur ein, doch der Junge glaubte, seinen Bruder und die vielen anderen Schatten um sie herum jubeln zu hören. Das Kribbeln ging ihm noch immer von Kopf bis Fuss. Er wusste, dass dieses Gefühl nicht allein dem Kuss zuzuschreiben war. Es war das letzte Bisschen Menschsein, das von ihm abperlte. Der Junge wusste, nun war er für alle Zeit und unzweifelhaft einer von ihnen. Ein Schatten. Er spürte, wie die Magie der Nacht ihn durchdrang, wie der Moment an Zeit verlor und in die Ewigkeit überging. Er hatte sich verliebt. Verliebt in einen Schatten. Auch seine Wangen brannten jetzt und der Nebel und die Nacht und die Dunkelheit schienen ihn willkommen zu heissen wie einen verlorenen Sohn. 

     

    Der Maskenball der Königin dauerte noch die ganze Nacht an, bis zum Morgengrauen. Es war die erste Dämmerung, die der Schatten, der nun kein Junge mehr war, zu Gesicht bekam. Seine Verwandlung war abgeschlossen. Hand in Hand mit seiner neuen Gefährtin, seinem Bruder und ihren zahlreichen Freunden verliessen sie die Insel, um in die Grosse Stadt zurückzukehren. Dort warteten viele blasse Tage auf sie, die sie hinter sich bringen würden, um wie in jener Nacht auf dem Maskenball der Königin zusammenzukommen. Denn sie waren die Schatten, vor denen die Menschen sich fürchteten und die heimlich über die Stadt Wache hielten. Damals, gestern, heute und solange dem Licht sein dunkler Bruder auf dem Fusse folgte.

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  7. Vielleicht kennt jemand "Der Fluch", die Vers-Novelle von ASP (Sänger der gleichnamigen Band). Mich hat diese Reimform, die er benutzt, sehr fasziniert, auch wenn ich immer noch nicht herausgefunden habe, wie sie genannt wird. 🤔 Auf jeden Fall habe ich mich für dieses Gedicht von "Der Fluch" bzw. von diesem Reimschema inspirieren lassen. 

     

    Was die giftig grünen Flammen angeht... Stimmt, die kann man auch chemisch erzeugen. Ich dachte dabei allerdings eher an Dornröschen, wo die Dunkle Fee Malefiz ja auch mit grünen Flammen dargestellt wird. Allgemein, finde ich, wirkt grünes Feuer irgendwie magisch, wenn auch giftig, boshaft und verschlagen. Nicht, dass ich der armen Circe damit irgendetwas unterstellen wollte... 😉 

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  8. Danke Joshua Coan, fühlt sich gut an, wieder hier zu sein. 😊 

     

    Danke auch für die Ehre, dass meine Texte zu deinen Favoriten zählen dürfen. Das freut mich sehr.

     

    Ich finde erstmal heraus, was sich alles verändert hat, aber bisweilen gefällt es mir ganz gut und ich freue mich auch schon auf neue Inspiration und den Austausch mit euch. 😊

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  9. Die Zauberin 

     

    Unter starken Eichenbäumen, die sein Reich wie Säulen säumen – 

    Stramme Wächter, ewigwährend – steht still das alte Hexenhaus; 

    Zahme Löwen, Wölfe, Hunde drehen achtsam ihre Runde, 

    Ihre Sanftmut trägt die Kunde zum Ende dieser Welt hinaus,

    Von Drudenwerk und Zauberkunst, ein Leben voller Saus und Braus;

    «Ein Märchen!», sag ich rundheraus.

     

    In der Luft ein zartes Knistern lenkt mich geisterhaftes Flüstern

    Auf die Lichtung und die Tiere machen mir vorbehaltlos Platz; 

    Ihre Augen wie die meinen – menschlich sind sie, will mir scheinen,

    Beinahe scheinen sie zu weinen: Löwen, Hunde, Wolf und Katz;

    «Was ist an diesem Ort geschehen?», wende ich mit einem Satz

    Mich an die Vögel, Specht und Spatz.

     

    Kein Wort in der Menschenzunge dringt aus ihrer kleinen Lunge,

    Nur verzweifeltes Gezwitscher schafft es bis an meine Ohren; 

    Ich nähere mich dem Haus aus Stein, klopfe, rufe: «Lasst mich ein!»

    Liess ich das nicht besser sein? Will ich in Hades Tiefen schmoren?

    Wer lebt in diesem Haus und was habe ich heraufbeschworen?

    Ich bin nicht zum Held geboren!

     

    Das Flüstern schwillt zum Raunen an; Was ist das für ein Zauberbann?

    Die Türe öffnet sich nach innen, als ein Fräulein mich empfängt, 

    So zart, von lieblicher Gestalt, mit Haar, das zu den Hüften wallt;

    Doch scheint sie jung nicht, auch nicht alt, mit einem Blick, der mich versengt

    Ich folge ihr hinein ins Haus, als ob sie meine Schritte lenkt

    Worauf sie mir ein Lächeln schenkt.

     

    Ich schau ihr nach, wie sie sich wiegt, sich vor mir wie im Tanz verbiegt,

    Ihr Duft nach Kräutern macht mich schwach, mir ist nach einem Becher Wein;

    Was ist noch wahr und was ist Trug? Sie raubt mir jeden Atemzug

    Von Geisterhand füllt sich der Krug, ich flöss ihn mir zur Gänze ein 

    Dann plötzlich wandelt sich ihr Blick, verliert das Feuer, wird zu Stein:

    «Du sollst jetzt grunzen wie ein Schwein!»

     

    Tisch und Stuhl beginnt zu wachsen – Treibt ihr Götter eure Faxen

    Mit mir armem Wicht? Ich schrumpfe und bin bald gänzlich verwandelt;

    Die Zauberin steht über mir: «Das hast du nun von deiner Gier!

    Wer sich benimmt so wie ein Tier, der wird auch wie eins behandelt.»

    «Verdammte Hexe», denk ich mir. «Das war so nicht ausgehandelt.

    Ich zu einer Sau verschandelt!?»

     

    «Hilfe!», dringts aus meiner Kehle, Schweinekörper, Menschenseele,

    Die Zauberin führt mich hinaus, bringt mich zu den andren Tieren

    «Komm!», fleh ich zum Götterboten. «Hermes, nimm die Schweinepfoten

    Von mir, ist es dir verboten? Du siehst mich auf allen Vieren! 

    Soll fortan in diesem Leben stets mich eine Schnauze zieren?

    Muss ich dieses Spiel verlieren?»

     

    Diese Frau, so schön wie immer, macht es leider nur noch schlimmer,

    Wenn sie tanzt zwischen den Eichen, denen ein Zauber innewohnt;

    Dann will ich sie nur betrachten, Nächte lang nur nach ihr schmachten,

    Als Weib wär’ sie nicht zu verachten, hätt’ sie mich doch nur verschont;

    So tanzt sie völlig ohne Kleider nackt unter dem runden Mond,

    Der nur für sie am Himmel thront.

     

    Manchmal dringen fremde Düfte aus dem Haus und in die Lüfte,

    Nicht wie sonst nur scharfe Minze, Thymian, Kerbel und Salbei; 

    Was braut sie da nur zusammen unter giftig grünen Flammen?

    Will sie uns nun doch verdammen? Und warum lässt sie uns nicht frei?

    Morgen wird sie wieder tanzen, fort bis zum nächsten Hahnenschrei; 

    Ihr hohen Götter, steht mir bei!

     

    Bis ein Held kommt, mich zu retten und zu sprengen meine Ketten

    Bleibe ich in meinem Koben und achte auf die Zauberin 

    Wenn sie singt auf ihre Weise wird der Rest der Welt ganz leise

    Scheinbar lohnte sich die Reise letztendlich, wenn ich glücklich bin

    Das Leben dieses Schweins beginnt und das des Menschen ist dahin

    Vielleicht liegt darin der Gewinn.

     

     

     

    ___

    © Wolkenwolf 2023

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  10. Auszug aus Kuro's Herzfinster-Reisen

     

    Ich fiel von namenlosen Klippen

    Wie von abgebrochenen Zähnen,

    Die vom Wind und den Gezeiten schwarz gefärbt.

    Wie oft nur brach ich mir die Rippen,

    Hab ich das Herz, das schwer von Tränen

    Nach dem Ziel, vielmehr der Reise Sinn gefragt?

     

    Oft waren da nur Schwarz und Schweigen

    Fernab der Wege, kaum zu sehen,

    Wenn Solana ihr Gesicht zur Nacht gewandt.

    Ein scharlachroter Tobsucht-Reigen;

    Ich konnte lange nicht verstehen,

    Wie mein Schicksal minutiös gänzlich verschwand.

     

    Doch selbst der stärkste Bann kann brechen

    Und «Schicksal» ist ein Wort von vielen,

    So wie «Freundschaft» und «loyal», der Sinn verkannt.

    Wie lang noch dauert dieses Stechen,

    Das Herz bedeckt von dichten Schwielen,

    Und ich weiss doch, ich bin längst nicht ausgebrannt.

     

    Ich zwang mich selbst durchs Eis zu gehen,

    Auch dort war Liebe noch zu finden,

    Wenngleich sonderbar und nicht für mich gemacht.

    Ich musste weiter, blieb nicht stehen;

    Hier war kein Ort, um sich zu binden,

    Herzen brennen, ist die Liebe erst entfacht.

     

    Am Strand liess ich die Beine rasten

    Und sah das Meer die Sonne trinken.

    Sag, wie oft hab’ ich dereinst an dich gedacht?

    An Staub auf schwarz- und weissen Tasten,

    Dein Herz, als würde es mir winken;

    Niemals wieder habe ich vor Glück gelacht.

  11. Hallo zusammen und vielen Dank für eure lobenden Kommentare

     

    Der Text handelt von einer komplizierten Freundschaft. Es geht im Prinzip darum, dass die eine Person der anderen helfen möchte, letztere aber Hilfe nicht so einfach annehmen kann. Deshalb muss sie in Zukunft über ihren eigenen Schatten springen und um Hilfe bitten, damit die Freundschaft weiterhin als solche bezeichnet werden kann.

     

    Ich verneige mich in Demut

    Wolkenwolf

  12. Der Tränenvertilger

     

    Du musst der blauen Stunde harren,

    Um schönstes Tränensalz zu fangen;

    Ein Wort in Zärtlichkeit verscharren,

    Willst du nur meine Gunst erlangen.

     

    Ich habe dir kein Gold zu schenken,

    Du wirst mich künftig bitten müssen.

    Sag, soll ich deine Schritte lenken

    Und sanft all deine Narben küssen?

     

    Ich lege meine Hand ins Feuer

    Und lass Dich mich beim Namen nennen.

    Du glaubst, der Preis ist dir zu teuer?

    Wer leben will, muss sich verbrennen.

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  13. Älter als die Zeit

     

    Da war ein Traum, schon aufgegeben,

    Ein Flüstern hinter meiner Brust,

    Ein Feuer, gänzlich unbewusst,

    Erwachte dort zu neuem Leben.

     

    Da war ein Spiel aus Kindertagen,

    Ein sanfter Biss in nackte Haut,

    Der selbst das letzte Eis getaut

    Und eine Nacht mit tausend Fragen,

     

    Da war der Herr, der unverfroren,

    Mit Schnee in filigraner Hand

    Sich an das junge Fräulein wand:

    «Du bist zu meiner Braut erkoren!»

     

    Da war die Angst verzagter Herzen,

    Ein Märchen, älter als die Zeit:

    Der Mann aus Eis, die süsse Maid,

    Ein Feuer, hell wie Dutzend Kerzen.

     

     

    ***

    (für Juli)

  14. Süsses Gift / Iss mich, trink mich!

     

    Du brennst in meiner Kehle,

    Du nagst an meiner Seele.

    Der nächste Zug, noch nicht genug;

    Ein Kuss, den ich dir stehle.

     

    Du zerrst an meinen Lenden,

    Du fehlst in meinen Händen.

    Das Tier im Bauch, spürst du es auch?

    Es rüttelt an den Wänden.

     

    Du fliesst durch meine Venen,

    Vergiftest meine Tränen.

    Ich will dich sehr, Ich will nicht mehr;

    Mein Untergang, mein Sehnen.

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  15. Das Krematorium der Träume

    align=justifyDie wenigsten wissen, dass jeder einzelne Traum wie ein Stern am Himmel ist. In irgendeiner Welt fern am Rand von Raum und Zeit funkeln und strahlen sie. Wenn dort ein Blick gen Himmel fährt, vielleicht gebiert ein Traum dann einen neuen Traum. Sie spriessen oft in diesen ruhigen Stunden, da nichts das Herz aufzuwühlen vermag und wir mit Gelassenheit in den nächtlichen Himmel blicken.

     

    Doch wie es auch den Sternen am Himmel beschienen ist, so verlöschen selbst Träume und fallen wie Tränen in Form von glanzlosen Kristallen hernieder. Sie werden von den Geistern der Hoffnungslosen eingesammelt – jenen, die glücklos starben und ohne ein Lächeln auf den Lippen in die nächste Welt hinübergingen. Sie bringen die toten Träume zu ihrem Krematorium, das wie ein Altar aus Stein auf einer Hügelkuppe steht.

     

    Rings umher erstrecken sich weite Felder und Wiesen, deren Gräser sich leicht wiegen – stets, auch wenn kein Wind zu gehen scheint. Über eine Treppe schaffen die Hoffnungslosen ihr wertvolles Gut hin zu dem Ofen, der wie in unserer Welt nur zu einem Zweck erbaut wurde. Wie ein Brunnen ist er geformt, kreisrund, und ein Feuer hebt sich aus seinen Tiefen mit eisig blauer Flamme gen Himmel.

     

    Sie werfen die toten Träume hinein und ein Seufzen ertönt. Es klingt wie der dahinschwindende Klang eines Glockenspiels, zart, lieblich und irgendwie wehmütig. Das Feuer des Krematoriums grollt und verwandelt das, was ihm anvertraut wurde, in glitzernde Asche, bis nichts mehr übrig ist. Ein süsslicher Geruch liegt in der Luft und für das Auge des Betrachters mag die Szenerie etwas überaus Friedvolles an sich haben. Doch die Hoffnungslosen rasten nicht – niemals. Immerfort schleppen sie Traum um Traum, Kristall um Kristall, und bringen sie hin zur Flamme. Sie fragen nicht nach dem Warum, auch wenn manchmal ein leises Echo zu hören ist, wenn wieder ein Traum mit leisem Klingklang verbrennt. Eine ferne Erinnerung dessen, was er einst gewesen war.

     

    Jeden Tag stirbt irgendwo ein Traum und verglüht irgendwann ein Stern. Eine leichte Brise geht über den Feldern. Er trägt den fernen Klang eines Glöckchens mit sich. Ein letztes Seufzen. Stille…

  16. Die Farben der Sonne

     

    Das Morgenrot über Sankt Gallen,

    So ganz der Malerei verfallen,

    Taucht den Himmel in ein Spiel,

    Das selbst Monet erblassen liess’.

     

    Wir finden uns in jenen Gassen,

    Die noch das Licht vermissen lassen

    Und kennen nicht der Wege Ziel,

    Noch was uns hier erscheinen hiess.

     

    Die Sonne schickt verhalt’ne Strahlen,

    Um noch ein weit’res Bild zu malen.

    Ich greife nach dem Federkiel,

    Der mir so oft das Schicksal wiess.

     

    Um einmal mehr ein Wort zu wählen

    Und dann ein Märchen zu erzählen,

    Vom Wind, der einer Maid verfiel

    Und blind hinein ins Feuer stiess.

     

     

    ***

    (für Seline)

  17. gefällt mir sehr sehr gut.

    Toll geschrieben

    kann mich gut in diese Stimmung hineinversetzen …

    beneide dich

    Hallo GedankenFee

     

    Danke für deine lobenden Worte. Es freut mich, wenn dir der Text gefällt. Oh, und sei versichert: An mir ist nichts, das es zu beneiden gäbe. Trotzdem Danke.

     

     

    Hallo Wolkenwolf, herzlich Willkommen zurück im Forum, ich hoffe wir werden dich wieder öfter lesen können, denn Deine Gedichte gefallen mir sehr gut.

     

    Ein schönes Werk, der Text und die Reime lassen sich fließend lesen, deine Wortwahl bleibt deinem Stil treu.

     

    Vielen Dank dafür.

    Hallo Nils

     

    auch dir ein Dank für deine lobenden Worte. Ich war erstaunt, als ich heute auf das Forum stiess, so ganz im neuen Gewand. Aber nicht minder froh, weil einige meiner Texte nur hier zu finden sind und ich sie so in sicherer Verwahrung weiss

  18. Hallo Nils

     

    erstmal Danke für deine lobenden Worte

     

    Die Sache mit dem Eckzahn... Ich war vor - lass es zehn Jahre gewesen sein (ich bin alt...) in Berlin auf einer Gothic-Party, wo mir ein Mädchen sehr gut gefiel. Wir schlichen den ganzen Abend umeinander herum, weil wir beide nicht wussten, wie wir den anderen ansprechen sollten. Im weiteren Verlauf des Abends hat sie mir dann schliesslich in den Hals gebissen - ganz vampirmässig eben

     

    Der Kuss durch den Eckzahn ist also der Biss des Vampirs - eine Art "Band", welches den Mann an die Frau bindet oder umgekehrt. Du weisst, denke ich, was ich sagen will.

     

    Nochmals Danke und liebe Grüsse

    WW

  19. Dein schönster Augenblick

     

    Da war ein Wort voll Zärtlichkeit:

    «Ein Grufti» – hättest du’s gewusst?

    Der Quell, dort hinter meiner Brust

    War jäh von Schnee und Eis befreit.

     

    Da war ein Kuss im Dämmerlicht;

    «Du hast die Wahl, ob rechts, ob links»

    Obgleich, nicht wirklich darum ging’s

    Denn eine Wahl hattest du nicht.

     

    Da war ein Brief, verfasst an dich;

    Herzblut tief in jeder Zeile,

    Dass die Wahrheit dich ereile:

    «Mein Kätzchen, ich verliebe mich.»

     

    Da war ein Feuer in der Hand

    Die Haut so fern, die Herzen nah

    Auch wenn ich dort nicht bei dir war

    So hätte ich mich fast verbrannt.

     

    Da war ein Licht in jener Nacht

    Sechs waren Wachs, eins in der Brust

    Es waren Leidenschaft und Lust

    Und du hast mich verrückt gemacht.

     

    Da ist ein Wunsch, auf Sand gebaut

    Ein Kuss, der wirklich alles sagt

    Der nicht nach einer Zukunft fragt

    Gleich einem Eckzahn in der Haut.

  20. Die Spur der Gestirne

     

    Ganz gleich wie laut die Sonne scheint,

    Die letzten Zweifel bleiben,

    Sind selbst mit guten Worten nicht –

    Wohl niemals zu vertreiben.

     

    Die Angst vor dem, was kommen mag,

    Sie lähmt die ersten Schritte;

    Sie löscht den letzten Funken aus,

    Reisst mich aus meiner Mitte.

     

    Die Antwort darauf, wer ich bin –

    Im Spiegel nicht zu finden;

    Es gilt, das Gute – Schlechtes nicht! –

    An mich, mein Selbst, zu binden.

     

    Auch wenn die letzten Brücken noch

    In Rauch und Flammen stehen,

    So ist durchs dichte Schiefergrau

    Das Meer doch noch zu sehen.

     

    Und auch der Himmel weilt noch dort,

    Wo ich ihn stets vermutet

    Die Nacht in ihrer Heiligkeit

    Ist längst nicht ausgeblutet

     

    So folge ich dem Sternenmeer,

    Auf dass ich ihn einst gehe

    Den Weg, der mir vorherbestimmt,

    Und mich dort selbst verstehe.

  21. (Wolkenwolf

    Um Blitze wie Kerzen zu zünden,

    Auf dass sie die Liebe verkünden,

    Halt ich tagelang für dich die Wacht,

    Jage Stürme durch schwärzeste Nacht.

     

    (Mondprinzessin

    Ich will Mondlicht und Sterne verbinden,

    Um dich, Liebster, im Dunkel zu finden.

    Auch wenn Donner und Wind sich vereinen,

    Wird ihr Licht mir laternenhell scheinen.

     

    (Wolkenwolf

    Unser Bund ist mit Silber geweiht,

    Mit Perlmutt und mit Kupfer bestreut.

    Die Nachtigall wird uns besingen,

    Bis Sterne die Sonne bezwingen.

     

    (Mondprinzessin

    Bis ins Morgenrot können wir wandern,

    Hand in Hand, an der Seite des andern.

    Und dein schneeweisses Fell wird mich wärmen,

    Du beschützt mich und linderst mein Härmen.

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  22. Bevor sie ging, die Mutter rief:

    „Bleib auf dem Weg, gib Acht, mein Kind!

    Du weisst, dass Schatten schneller sind,

    Viel schneller als ein Mensch je lief!“

     

    So finster war’s des Nachts im Wald

    Und trotz dem Lämpchen bei der Hand

    Das Mädchen seinen Weg nicht fand

    Und so verlor sich’s nur zu bald.

     

    Ein Knurren folgte ihrem Schritt –

    Vielleicht auch nur ein trock’ner Ast?

    Die Chance auf Rückzug längst verpasst.

    Die Angst, sie wuchs mit jedem Tritt

     

    Der Vollmond schien am Firmament,

    Ein Heulen, dann schwieg alles stumm.

    „Was immer dort ist, bringt mich um…

    Ein Biest, das keine Gnade kennt!“

     

    Und plötzlich stand im Silberschein

    Der Jäger – Wolf nicht, auch nicht Mann.

    Er sah das Mädchen gierig an,

    Ihr fehlte jäh die Kraft zum Schrein‘.

     

    Der Biss kam schnell, der Schmerz war laut.

    Noch nicht bereit für ihren Tod,

    Das Laub am Boden blutig rot.

    In Fetzen lag die junge Haut.

     

    Den letzten Atem nicht verbraucht

    Und plötzlich war der Wolfsmann fort,

    Sie ganz allein an jenem Ort,

    Der Schmerz im Leib alsbald verraucht.

     

    Doch weh! – das Mädchen war verflucht:

    Ein Mensch bei Tag, ein Wolf bei Nacht.

    „Ach, hätt‘ es mich doch umgebracht

    Das Untier, das mich heimgesucht!“

     

    Die Kunde geht, das junge Ding

    Wacht heute über diesen Wald

    Und wenn ihr Klagelied erschallt,

    Spricht man von der Wolfskönigin.

  23. Du bist der Schmetterling, der, wenn er mit den Flügeln schlägt

    Auf seinem Rücken Welten hin zum nächsten Morgen trägt

    Du bist das Auge, das den Sturm in sich zum Stillstand bringt

    Du bist das Wiegenlied, das nachts an meinem Bett erklingt

     

    Du bist das Sturmweib, das durch meine Welt der Flammen geht

    Das Blätter sanft wie Träume in den blauen Himmel weht

    Du färbst gefall’nes Laub mit Bronze, Kupfer, Karmesin

    Warst stets das Licht, das durch die Nacht in meinem Herzen schien

     

    Nur vereint trägt uns der Flügel Schlag in höchste Höhen

    Nur gemeinsam trotzen wir der wilden Stürme Böen

    Nur zusammen lassen sich die schönen Worte binden

    Um für uns eine Richtung aus dem Tränental zu finden

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