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Marcel

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Beiträge erstellt von Marcel

  1. Mit Gesprächen verbrachte Nächte

     vergehen schnell

    also schweige ich

    und verschließe dir den Mund

    mit einem Kuss

     

    Einsiedler wie ich erzählen zu viel

    wenn die Dunkelheit hereinbricht

    denn ihr Zuhörer ist geduldig

    und verliert nie ein Wort

    anders als du

     

    Dir träufle ich Wachs ins Ohr

    denn uns kann ein Flüstern

    die Masken zerbrechen

    und das Strahlen deines Gesichts

    schreit mir dann ins Fleisch

    alle Sinne betäubend

     

    Kein Schmerz mehr

    keine Vergangenheit

    was gestern sprachlos war

    ist heute stumm

     

    dabei könnten wir kopfüber reden

    und lauschen von Mund zu Mund

    doch was dann

    wenn wir vernehmen

    unser Hohelied

    in einander fremden Zungen

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  2.  

    Dieser Winter damals

    wir waren dicke Freunde

    zwei Finger erfroren dir

    beim Wühlen nach Guss

    und abends schlug dein Vater zu

    weil nur drei Kilo in der Karre lagen

     

    Ein anderer Winter

    du lachtest auf der Straße

    ich drückte deine halbe Hand

    der Vater ist tot

    du sagtest es laut

     

    Noch heute erinnere ich mich

    du lachtest auf der Straße

    wie ein Sieger

    und gingst sicher übers Eis

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  3. Als er sie füttern wollte

    in der Früh

    war die Voliere leer

    der Draht zerschnitten

    Gelege an die Wand geworfen

     

    Wir stehen im Kreis

    mit heißen Kaffeebechern

    lachen verlegen

    unser Mitgefühl 

    in die Sirene hinein

     

    Später an der Drehbank

    hält er lange den Kopf schief

    als höre er ihr Gezwitscher

    durch das Dröhnen der Maschinen

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  4. Die Hunde in den Vororten

    bellen nur noch verhalten

    kuschen vor Fremden

    und sehen in ihrem Herrchen

    das Zentrum der Welt

    die mit saftigen Knochen geizt

     

    Ihre Hütten sind stacheldrahtbewehrt

    sie reißen sich die Bäuche blutig

    in panischen Träumen

     

    Apportieren ist kein Spiel mehr

    oft suchen sie das Stöckchen vergeblich

    kehren kriechend zurück

    um ohne Winseln

    die Schläge zu nehmen

     

    Etwas aber drängt in ihrem Hirn

    durch die Angst nach oben

    und wenn sie sich alleine glauben

    fletschen sie mitunter schon die Zähne

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  5. Neon-Serenade

     

    Die Transe streichelt ihr Gemächt.

    Schemen glühen unterm Dach.

    Dem Einsamen ist jede recht.

    Ein Denker hängt Genialem nach.

     

    Aus den Gullys strömt die Masse.

    Aus Kneipen blakt es schenkelschlagend.

    Ein Penner unterspült die Trasse.

    Ein Spieler spielt, sein Los beklagend.

     

    Am Fenster stumm ein offner Mund.

    Dahinter fällt die Faust herab.

    Die geile Ampel blinkt waidwund.

    Und ein Gerechter bricht den Stab.

     

    Nur im Souterrain das Paar

    baut mit zwei Rücken sich ein Tier.

    Der Spieler holt den Pott ums Haar.

    Ein Nachtmensch spielt Klavier.

     

    Ei, wie sie in die Gullys fliehn,

    wie der Penner pissend singt,

    wie Denker neue Schemen ziehn,

    der Schrei des Fenstermundes klingt.

     

    Die frische Transe ist fein raus,

    der Kneipe bleibt ein spätes Mädchen.

    Das Paar im Keller blendet aus.

    Der Richter sortiert Stäbchen.

     

    Der Pianist hält ein verstört.

    So endet Nacht für Nacht sein Lied.

    Und jeder, jeder hat´s gehört

    und weiß, dass wieder nichts geschieht.

     

     

     

     

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  6. Die Konsequenz 

     

    I

     

    Ich stand am Ufer

    als sie dich aus dem Fluss zogen

    du wehrtest dich

    als wolle man dir ans Leben

    dabei hattest du gerade damit abgeschlossen

     

    In der Zeitung war die Rede von einer Liebe

    die zu Ende gegangen war

    ohne dass du mitentscheiden durftest

     

    Man hat dich verlassen

    allein in der Kälte

    las ich zwischen den Zeilen

     

     

    II

     

    Auch ich bin einer

    der verließ

    und verlassen wurde

    doch habe ich nie

    die Kälte des Wassers vorgezogen

     

     

     

     

     

     

     

    III

     

    Es gibt willige Körper

    die wärmen für eine Nacht

    vielleicht für ein Jahr

    wenn man vergisst

    wie es war

    bevor die Kälte gekommen ist

    dann glaubt man wohl

    es sei die Wärme

    die man immer gesucht hat

     

    Doch diese willigen Körper

    auch sie suchen Wärme

    und die finden sie nie

    bei einem

    der nur das Wasser fürchtet

     

     

    IV

     

    Sie werden dir sagen

    es sei verwerflich

    sein Leben wegzuwerfen

    doch nicht einer wird verraten

    wie erniedrigend es ist

    Wärme zu empfangen

    ohne wärmen zu können

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  7. Hallo, JC,

     

    ich freue mich sehr über das Lob für die Idee!

     

    Tatsächlich wollte ich den Eindruck des LyrIch vage halten. Immerhin regt es sich offenbar auf über vermeintliche Arroganzdes Doppelgängers - wobei es sich ja gerade selbst porträtiert, was ihm nicht bewusst zu sein scheint. Infolgedessen entsteht eine schizophrene Situation, die ihm immer mehr entgleitet, so dass sich immer mehr Doppelgänger reproduzieren.

     

    LG, Marcel

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  8. Spiel mit mir

     

    Jetzt zeichne ich meinen Doppelgänger

    er lächelt mich an aber nicht wirklich freundlich

    eher so als wüsste er mehr als ich über mich

    und hätte kein Mitleid mit dem der ihn macht

     

    Die hochgezogene Augenbraue wirkt schon fast arrogant

    und in den Mundwinkeln so etwas wie Zynismus

    der glaubt sich mir wohl überlegen so wie er ist

    zweidimensional farblos und ohne Worte

     

    Gewiss passt er in jeden Ordner in jede Lade

    oder schön gerahmt an eine kahle Wand

    dabei ist er so verletzlich brennt schnell

    ist wasserlöslich und vergilbt im Sonnenlicht

     

    Jetzt lasse ich ihn meinen Doppelgänger zeichnen

    wie er wohl klar kommt mit dessen Zügen

    vielleicht senkt er ihm die Braue hebt die Mundwinkel

    und macht sich ein gutes Bild von ihm

     

    Meine Doppelgänger zeichnen sich bald gegenseitig

    und fragen sich ob ich einer der ihren bin

    während ich mich frage wer da gerade kommt

    verwirrt aus dem Spiegel direkt auf mich zu

     

  9. Plötzlich

     

    Wie ich glühte

    in morschen Wäldern

    auf klebrigem Asphalt

    an Tagen verbrannter Haut

    träge Mücken im Stoppelgras

    Fledermäuse vorm späten Mond

     

    Der Herbst ist passiert

    nur glimmende Funzeln

    Schlaf in klammen Polstern

    Zeit der hungrigen Krähen

    Wetterleuchten rückt heran

    dieses Frösteln wird bleiben

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  10. Verdichtung

     

    Unsere Ansätze verkommen

    zu Literatur

    die Taten opfern wir den Worten

    und betrachten das Ergebnis

    als Ausdruck der Zeit

    die uns füttert mit Bildern

    ungerahmt und ausgefranst

    aus ihnen das Beste zu machen

     

    Jeder Blick nach außen

    zeugt von Arbeit

    die noch vor uns liegt

    das Aber schon auf der Zunge

    stockt uns der Atem

    denn wir bringen nichts ins Reine

    mit gehäuften Worten

    die sich als Abbild verlieren

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  11. Spanner

     

    Ich sehe sie

    wie sie vor dem Spiegel

    ihre Beine rasiert

    wie ihre Hand langsam aufwärts gleitet

    die Klinge fallen lässt

    und verharrt in der Leistenbeuge

    wo sich die letzten Ausläufer

    ihres störrischen Mösenhaars verlieren

     

    Ich sehe sie

    wie sie vor dem Spiegel steht

    jetzt im Profil

    und kritisch ihren Bauch betrachtet

    wie sie ihn einzieht

    während ihre Brüste sich recken

    zu beiden Seiten eines Muttermals

    das ihrem Thorax Stil verleiht

     

    Ich sehe sie

    wie sie vor dem Spiegel

    das eigene Mienenspiel beobachtet

    wie sich ihre Mundwinkel heben

    hin zur Freude

    sich dann zu Trauer senken

    wie sie die linke Braue spannt

    in gespielter Überlegenheit

     

     

    wie sie sich dann vom Spiegel löst

    und träge aufs Bett gleitet

    neben diesen Nackten

    von dem sie annimmt

    dass er schläft

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  12. Verbrannt

     

    Wann war ich je mehr als dieser kleine Junge

    der ins Tal hinab durch Wälder rannte

    knorrige Wermutstöckchen zu sammeln

    aus denen willkürlich geworfen

    eine märchenhafte Zukunft zu lesen war

    mit dem Zopfmädchen an seiner Seite

     

    Später verbrannten wir vertrocknete Sträucher

    da waren wir schon groß ihr Haar offen

    eine Fee mit glühenden Wangen beim Feuer

    erzählten einander Es war einmal

    und es ist schön am Berg gewesen

    soviel noch ungelebt und möglich

     

    Die Senke ist gerodet für Pfeiler aus Stahl

    eine andere Zukunft eine andere Fee

    blieb meiner wunden Kehle gnädig

    und was brennt sind keine Feuer

    nur der Trester im strauchelnden Hirn

    immer weniger wird alles und weiter entfernt

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  13. Besungene Albträume in Oasen

     

    Immer nach Westen

    immer ans Meer

    dann noch mehr Meer

    von dann bis dannen

     

    Was macht das Meer mehr

    als da zu sein

    für Fische in Schweröl

    für Riffe aus Plastik

    und Tiefseemonster

    fürs Sommerloch

     

    Immer mehr aus dem Meer

    wird gefangen

    kommt gekrochen

    strandet vor unserem Korb

     

    Teilen mit Möwen

    eilen mit Delfinen

    am und übers Meer

    immer mehr in die Fjorde

    und in schillernde Lagunen

     

    Mehr Meere

    mehr Wracks

    Städte am Grund

    und verzweifelte Riesen

     

    Bald kein Meer mehr

    mehr Öl mehr Plastik

    mehr Strandgut

    kein vom Meer

    gezogener Horizont

     

    Schiffe durch Wüsten

    streben zum Meer

    doch da ist keines mehr

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  14. Frühe Erinnerung

     

    Durch die offene Dachluke

    vergessen nach dem Sommer

    flüchten sie ins Warme

    flügelzart einander zugeneigt

     

    Viel Zeit in langen Winternächten

    einträchtig den staubigen Speicher

    zur weißen Landschaft zuzuscheißen

     

    Kinder stehlen sich im Frühling hinauf

    zu dramatischen Kotballschlachten

    kapitulierend mit brennenden Augen

    vorm Abendbrot mit Donnerwetter

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  15. Bleibende Sehnsucht

     

    Tische mit einer Grundierung aus überschriebenen Paraphen

    aufgequollene Bohlen unter den triefenden Augen

    auf runzeligen Hockern mit geschnitztem Horn kauern

    die Suppe aus einem aufgebohrten Panzer löffeln

    und wieder von sich geben aufs gelbschwarz gestreifte Fell

    bei jeder unerwarteten Krängung in der Nacht

     

    Leere Ställe und immer noch dieser Heißhunger

    vermisst der Horizont im herabstürzenden Grau

    die Träume gelenzt beim Ritt auf dem rasenden Kamm

    um sich schlagen Arsch an Arsch im klammen Quartier

    von Bergen wird geflüstert karg und verbrannt

    dahinter diese wunderbare Wüste ohne einen Tropfen Wasser

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  16. Aphoristische Meinungsbilder

     

    Die Beliebigkeit von Nachrichten ist manchmal unerträglich

    trotzdem muss man hinschauen wie bei einer Havarie

     

    Aber eine beliebige Perspektive ist noch kein Standpunkt

    auf dem man sich die Füße vertreten kann

     

    Eigene Ansichten sollte man eher pflegen wie Blumen

    ab und zu eine pflücken und als Präsent überreichen

     

    Meinungspluralismus ist schon eine subtile Falle

    da ist man plötzlich drinnen und dreht am Rad

     

    Und wer bekanntermaßen zwischen allen Stühlen sitzt

    ist sowieso ganz schön auf den Arsch gefallen

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  17. Ankunft

     

    Eine Armee der Dissonanzen

    mit dem Willen zum Heil

    erschreckender Götterfunken

    erzeugt von schwarzen Fingerlingen

    auf Blech am Hauptbahnhof

     

    Weihnachten wäre passend

    für die Flüchtenden am Drehkreuz

    doch um ihres Gottes Willen

    keinen rumgetränkten Glühwein

    Tee wäre vertraut und warm

     

    Immer die Gleise entlang

    dem gelben Licht entgegen

    keine erkennbaren Rampen

    Hände in Stoff gekrallt

    so kommt ihr heim

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  18. Aufbruch

     

    Gebrechlich alte Bäume

    Blätter treiben im Kanal

    Fischmäuler dazwischen

    die nach Kippen schnappen

    und nach meiner Hand

    die aus dem Nachen hängt

    mit den Blättern schwimmt

    jetzt Fahrt aufnimmt

    nach der Kehre vorm Wehr

    und das rettende Ufer flieht

    der kühlende Wind

    verspricht Ferne

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