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Marcel

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Beiträge erstellt von Marcel

  1. Monolith

     

    Regen fällt

    doch trifft mich nicht

    Sonne strahlt

    doch wärmt mich nicht

    der Wind aber pfeift

    und macht mich rau überall

     

    Ich sitze in mir

    gerade mal angelebt

    den Tod schon gewiss

    und rufe in meinen Abgrund

    aus dem es zynisch echot

    vom Felsensein

     

    Das Vögelchen

    das seinen Schnabel wetzt

    all hundert Jahr

    befreit mich bald

    von mir

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  2. Lebens Wert

     

    Verstorbene haben keine Stimme

    aber Rechte

     

    Am Grab nimmt jeder Redner Geld

    für einen Werdegang aus zweiter Hand

    gegen den der Tote wehrlos ist

     

    Ich habe ein Stempelkissen

    und eine Gebührenordnung

    die jedes Dasein bezahlbar macht

     

    Wenn die Kinder fragen

    versichere ich an Eides statt

    dass du gewesen bist

    das genügt als Erklärung

  3. Transit

     

    Einmal noch

    deine Sprache sprechen

    geheimnisvoll tun

    den anderen gegenüber

    die nicht wissen wie wir

     

    Einmal noch

    den Atem sparen

    wenn du träumst

    in der Fremde

    hinter deinen Lidern

     

    Nur einmal noch

    an dir erwärmen

    den klammen Leib

    eine Rast einlegen

    bevor ich weiter muss

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  4. Der Bach

     

    quellt aus dem Berg

    gräbt sich durch Wiesen

    kühlt beiläufig Kuheuter

    fängt unterwegs Forellen und Treibholz ein

    beruhigt sich im Tal

    erwärmt sich an den Einlaufrohren

    der alten Gerberei

    wird gemächlich

    wirft Blasen

     rülpst und gluckert verendend

    kurz vor dem Wehr des Stausees

    aus dem wir trinken

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  5. So still

     

    Die verwaiste Katzenklappe

    schwingt im Wind

    der hinter der offenen Salontür

    auf blaugefrorene Füße trifft

     

    Ein Zittern nach dem anderen

    aber die Heizdecke liegt verpackt

    auf dem zugehaarten Sofa

     

    Wenn ich gar nichts höre

    ist sie vielleicht auf dem Weg

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  6. Blau machen (morgen rot, dann gelb)

     

    Das Gewitterblau der Welterklärer

    sich selbst genug

    und das hellere der Hartleibigen

    für die Losung Erlösung ist

     

    Erkenntnisse eingebläut

    durch den unvermeidbaren Lichteinfall

    dagegen Einfälle der eigenen Dunkelheit

    sich hindurch  tasten

    in ein anderes Blau

    mit dem Liebreiz eines Alphabets

    fremd und ansprechend

    das alle verstehen

    von morgens bis abends

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  7. Kurze Rast

     

    Stell dir vor

    tot gewesen

    die Haut kalkweiß

    darunter Adern

    wie mäandernde Flüsse

    verloren im Eis

     

    Der Fährmann lässt ein Feuer

    doch holt nicht über

    weil du kein Schatten bist

    den sie erwarten

     

    Während du dich wärmst

    klingen ihre Lieder herüber

    jedes ein Leben

    zu dem du nicht gehörst

    bleibst stumm und gehst

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  8. Abschiede

     

    Der Kanarienvogel Hansi

    wurde mit allen Ehren beigesetzt

    in einem Schuhkarton von Salamander

    ein Päckchen Watte

    ausgelegt für sanfte Ruhe

    das Grab im Garten

    zierte wochenlang ein Ewiges Licht

    noch heute zeugt eine Mulde im Rasen davon

     

    Es folgte ein Katzengrab

    das überfahrene Kathrinchen

    im Kissenbezug unter einer Eiche im Wald

    der Hundetod des verkrebsten Hasso

    vom Tierarzt direkt in die Verbrennungsanlage

     

    Nun habe ich eine Frau

    einen Sohn und Freunde

    einen Garten und Bäume

    doch gehe ich durch den Wald

    bin ich einfach untröstlich

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  9. An die Obdachsuchenden

     

    Ein wehrhaftes Haus will ich sein

    mit mächtigen Fundamenten im Fels

    und meterdicken Palisaden vor den Mauern

    aber ich zerfalle in stumpfen Winkeln

     

    Meine Treppen steigen einander hinterher

    so wie meine Ratten sich zu Tode hetzen

    ständig den eigenen Schwanz verfolgend

    meine Bewohner verenden am Goldenen Schnitt

    ihre Kinder im grünen Flimmern des Schimmels

    der mäandert über Wände und Böden

     

    Wen auch immer ruft mein Hahn auf dem Dach

    die Ambulanz fährt trötend ins Leere

    Handwerker stehen vor einem Nichts ohne Klingel

    und jede Spurensicherung scheitert am fehlenden Objekt

     

    Sucht nicht nach mir in eurer Not

    meidet die Straßen die bergauf führen

    ich könnte euch entgegenstürzen in einer Wolke

    aus Mörtelstaub und Gebeinen und Erinnerungen

    die sich erstickend über euch legt

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  10. vor 19 Stunden schrieb Darkjuls:

    Die Tiere leben anders als die meisten Menschen im Jetzt und Hier. Sie widmen sich ihrem Überleben. Was kommen wird oder war, ist zweitrangig für sie, denke ich. Sie haben ihre Instinkte und folgen ihnen.

    Nun, dafür stehen die "ziellosen Schwingen"; Fliegen = Kraft = Leben, um seiner selbst Willen, nicht postulierten Zielen folgend, nicht nach Erklärung suchend, wo es keine gibt.

     

    LG, Marcel

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  11. Im Fluge

     

    Die Vögel auf den Drähten

    bleiben unberührt

    von den Schicksalen

    die durch ihre Krallen rinnen

     

    Als der Vater starb

    und Mutters hilfloser Schrei

    sich in den Hörer drängte

    fiel nicht einer tot zu Boden

     

    Vom Fenster aus

    sah sie die wilde Kraft

    der ziellosen Schwingen

    und begriff

    dass im befreiten Willen mehr liegt

    als im engen Herzen

    das Unfassbares begreifen will

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  12. Abschied wie gemalt

     

    Im Nadelhaufen suchte ich einen Strohhalm

    an den wir uns hätten klammern können

    und vergoss mein Blut vor deinen geschlossenen Augen

     

    Warum musstest du auch vom Bild einer Wiese träumen

    während du auf einer Wiese saßt

     

    Warum musstest du ihr Gelb aus allen Gräsern saugen

    bis wir jeden Horizont im Blau verloren

     

    Meine verschorften Wunden schmerzen nicht mehr

    erleichtert über die misslungene Rettung

    bin ich ein letztes Motiv für dein Skizzenbuch

    rote Kreide blaue Kreide mein Blick in deinem Rücken

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  13. Raben

     

    Sie leben vom Feld

    sie kennen ihre Feinde

    die Nacht ist ihnen Tarnung

    am Tag treten sie in Gruppen auf

     

    Verletzt sich einer

    wird er in Häusern gepflegt

    und Jakob genannt

     

    Er geht sobald man ihn lässt

    er findet die Felder

    er findet zurück

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  14. Alte Liebe

     

    Auch wenn wir jetzt da liegen

    so ineinander verschlungen

    schon morgen oder nächstes Jahr

    könnten wir schmerzemsreich getrennt werden

     

    Vielleicht aber heiraten wir auch

    und werden Kinder haben

    oder einen Hund womöglich

    doch nur einen Wellensittich

     

    Vielleicht werden wir in unserer Liebe aufgehen

    in unseren Berufen womöglich

    oder wir gehen einfach auf

     

    Vielleicht werden wir zusammen alt

    bei zunehmender Gebrechlichkeit und

    wachsender Ungeduld füreinander

    wegen der immer gleichen Scherze

    der immer gleichen Erfahrungen eines Lebens

     

    Wenn wir als Alte beieinander liegen

    so vertraut und selbstverständlich

    werden wir uns dann erinnern

    der Gedanken an Trennung und Schmerz

    oder lässt uns das Vergessen nur

    nach vorne denken auf Sicht

    • Schön 2
  15. Hallo, ihr Lieben,

     

    ich danke euch für eure einfühlsamen Kommentare, die weitere Assoziationen auslösen: vom Sequel, das nie besser wird oder vom Im-falschen-Film-sein oder gar als Figur einem wahnsinnigen Drehbuch-Autoren ausgeliefert sein.

     

    Ich wünsche euch alles Gute fürs neue Jahr,

    Marcel

  16. Fortsetzung folgt

     

    Regnet es Bindfäden

    nach den heißen Tagen

    in vermeintlicher Endlosschleife

    schnüre ich damit deinen Puls

    und ersehne den grellen Schein

    auf der Leinwand

    hinter der grauen Wolke

    überm Dach eurer Familie

     

    Nicht verzichten sollten wir

    sondern ausharren

    den Schweißfilm

    wieder und wiederholen

    immer die gleiche Eingangsszene

    vor dem Streit des Paares

    den dramatischen Plot

    mit allen Beziehungstätern

    ohne Rechtfertigung

     

    Dann den erwarteten Showdown

    voller Schmerz und Verzweiflung

    gefolgt vom Abspann

    mit Darstellern und Statisten

    schwarz auf weiß in Klarschrift

    und offenem Ende

    das keines ist

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  17. Erwartung

     

    Dich erfreut nicht die Nachricht

    sondern der Bote

    der tagsüber dein Haus umkreist

    nachts durch den Garten streift

    und Noten aus dem Rasen rupft

     

    Baldwieder heißt sein Lied

    müßig in der Eichenkrone lagernd

    deiner Nachtigall beigebracht

     

    Baldwieder verspricht der dumme Vogel

    der nichts anzufangen weiß

    mit deinem geflüsterten Wann

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  18. Rettung                                                                                                                                            

     

    Ich nehme die Flüchtigkeit auf mich

    die Bilder verweilen nicht

    Erinnerungen nur soweit das Auge reicht

     

    kaum halte ich ein bei dir und bei dir

    da ein schmeichelnder hauch am Ohr

    dort Haut an fliehender Haut

     

    Begegnung und Entkommen sind eins

    niemand ergreift mich

    und es tut gar nicht mehr weh

  19. Unsere Zeit

     

    Die gute alte Zeit

    entsteht durch schwindendes Erinnerungsvermögen

     

    Je älter wir werden

    desto sicherer werden wir unserer selbst

     

    Ohne Zögern erteilen wir Ratschläge

    aufgrund von Erfahrungen

    die wir gemacht haben

    als wir selbst noch ratlos waren

     

    Wir fällen Urteile

    die wir mit Fehlern begründen

    aus denen längst Standpunkte geworden sind

     

    Wir haben keine Zeit

    sagen wir

    unsere Zeit wird knapp

    So haben wir Grund zur Rücksichtslosigkeit

     

    Dabei wissen wir

    die Zeit geht nie aus

    wir müssten nur den Mut haben

    sie uns zu nehmen

    Erfahrungen zu erneuern

    und Standpunkte zu hinterfragen

    zeitlos schön zu werden

    in unserer Beliebigkeit

  20. Verharren

     

    Machen oder bleiben lassen

    versuchen gibt es nicht

    deshalb lebt sie sich ab

    an seiner Lieblosigkeit

     

    Die Leere tut kaum noch weh

    dieses Nichts im Bauch

    das auch mit Rotwein und Schokolade

    kein sprießendes Etwas mehr wird

     

    Sie putzt und kocht löst Kreuzworträtsel

    versucht jede neue Diät und scheitert

    an einem Hunger der sie aufbläht

    zu einem gewaltigen Vorwurf

     

    Nachts zählt sie seine Atemaussetzer

    morgens hört sie ihn gehen

    die schweren Schritte im Treppenhaus

    dann liegt sie still ganz still

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