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ist zeit ein toter fisch


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und so leben wir dahin immer die angst im rücken

es könnte kein morgen mehr geben ich drehe mich um

doch da hängt nur der vergangene tag an der wand

 

ich halte meine hand ins wässerungsbecken spüre

das kalte vorbeistreichen der karpfen ihr langsamer

flossenschlag überträgt sich auf meinen herzrhythmus

 

morgen ist karfreitag da kommt fisch auf den tisch

ich tunke nur weißbrot in die weinsoße denn ich habe

meinen appetit an das grau künftiger nebel verloren

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  • 1 Jahr später...

@Perry

 

Hallo Perry!

 

Anfänglich las ich den Titel und musste lachen. Die Frage grenzt an einer Absurdität, welche es lohnenswert macht, ernsthaft darüber nachzudenken.

Heißt: Jenseits einer Metapher gilt es die Frage zu stellen, ob Zeit ein toter Fisch ist.

Wenn wir nur wüssten, was Zeit eigentlich ist.. Dann könnte sie im Grunde alles sein. Das Loch in der Socke, weil irgendwie hat ja die Zeit daran genagt. Newtens Apfel der Schwerkraft, denn irgendwie war eine Zeit des Fallens notwendig. Ein toter Fisch, weil er eine Lebensspanne bemisst, die Anfang und Ende kennt.

Vielleicht ist genau da der Haken. Zeit an etwas Lebendigem zu messen hieße, einen Anfang und ein Ende nennen zu können, aber wo beginnt die Zeit? Wo hört sie auf?

 

Ich denke, LI hat hier mehr über die eigene Lebenszeit sinniert, aber da dein Werk in der Philosophenrunde zu finden war, übertrage ich die Symbolik gerne ein wenig..;-)

Die Schau zurück - der vergangene Tag, der an der Wand hängt - ist das einzige, was wir abzuschätzen vermögen. Ob man selbst morgen noch sein wird, nun, das kann niemand sagen. Also sehen wir nur, was war, "stechen" diese Zeit ab und fragen uns, wie viel mehr noch abzustechen sein wird. Dass es ein "morgen" geben wird.. unabhängig der eigenen Existenz, ist eine andere Frage. Die letztlich darin mündet, ob Zeit auch ohne ein Universum existiert, ohne einen Rahmen, durch den sie sich bemessen lässt. Für uns verlöre sie jeden Sinn, aber das ist wohl kaum eine Begründung für ihre Nicht-Existenz.

Nein, ich kann mir den Kopf darüber zerbrechen und bin doch nie schlauer als zuvor. Blicke nur in "das grau künftiger nebel".. vielleicht ist es müßig, dieser vorauseilende Blick auf eine Zeit, von der wir nichts wissen können. Also verlassen wir uns auf die logischen Schlussfolgerung einer tatsächlich existierende Gegenwart. Ursache --> Wirkung. Innerhalb unseres Universums ist auch die Zeit an dieses Gesetz gebunden.

Was das für unser einzelnes Leben heißt.. wer weiß.

 

Am 4.6.2019 um 11:20 schrieb Perry:

das kalte vorbeistreichen der karpfen ihr langsamer

flossenschlag überträgt sich auf meinen herzrhythmus

Dies Bild hat für mich etwas sehr eindringliches. Die Übertragung eines Zeit-Takts (Flossenschlag - Herzschlag), reflektiert ein Erleben von Zeit. Das eigene Leben fügt sich in den Rhythmus übergeordneter Gesetze. Vielleicht aber sind es auch nur die Gesetze der Natur, dieser Erde, oder gar des Denkens.

Viele Lebewesen auf diesem Planeten sind zeitlichen Abläufen unterworfen, passen sich diesem Rhythmus an. Vielleicht tut der Mensch das auch.

 

In Bezug auf das eigene Leben scheint LI letztlich zu einem größeren Bewusstsein über die Endlichkeit des Lebens gelangt zu sein. Der Appetit auf den Fisch ist vergangen.. denn es spürte den Flossenschlag dieser, die Bewegung ihrer Zeit, als den eigenen Herzschlag.

Ein toter Fisch wird aus dem Grau künftiger Nebel wahrlich nicht mehr erfahren. Denn unser aller Wahrnehmung endet mit dem Tod, damit auch unser Begreifen von Zeit. Das Vergangene hängt an der Wand, das Künftige liegt im Nebel... einzig die Gegenwart umgibt uns. Und ist doch nie zu halten..

Der Beginn dieses Kommis ist schon Vergangenheit, mein Denken ein anderes geworden, aber zu wissen wie es sein wird, wenn dieser Satz beendet ist, scheint unmöglich....der Satz darf nicht enden....mist.....unmöglich... :rolleyes:

 

Und meine Zeit sollte ich gerade wohl mit Lernen für die nächste Klausur verbringen. Ich kann ja schlecht schreiben, dass mir ein toter Fisch dazwischen gekommen ist. Naja, Zeit ist relativ.;-)

 

Liebe Grüße, Lichtsammlerin

 

PS: ENDLICH ergibt es einmal Sinn, Douglas Adams zu zitieren:

Macht's gut und Danke für den Fisch :whistling:

 

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Hallo Lichtsammlerin,
ist denn schon wieder Ostern? Spaß beiseite, natürlich freue ich mich, dass dieser Text noch einmal die Chance hat gelesen zu werden.
Was den Titel anbelangt, hätte er z.B. auch heißen können "über zeit zu philosophieren ist wie auf einem toten pferd zu reiten", denn letztlich können wir als darin Gefangene wohl keine erschöpfende Antwort finden.
Ich fand den Vergleich mit den Fischen deshalb gut, weil sie sich scheinbar gelassener in ihrem Element bewegen als wir uns hektisch in der Zeit.
Deine Reflexionen konnte ich gut nachvollziehen und danke Dir fürs Aufgreifen und ausführliche Wägen.
LG
Perry

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Am 4.6.2019 um 11:20 schrieb Perry:

und so leben wir dahin immer die angst im rücken

es könnte kein morgen mehr geben ich drehe mich um

doch da hängt nur der vergangene tag an der wand

 

Die Zeit, ein unerschöpfliches Thema lieber @Perry. Seit ich in Pension bin, habe ich zum Glück genug davon und ich genieße jede Minute. Obwohl der Gedanke daran, dass alles, was wir tun, eigentlich nur dazu dient, um die Zeit vergehen zu lassen. Wie Selbstbeschäftigung im Dienste des Ganzen? Denn welche Auswirkungen haben schon unsere "Kleinarbeiten" des täglichen Lebens auf die Welt? Diese ewig sich wiederholenden Tätigkeiten, um einen Tag zu füllen, um den Rhythmus am nächsten Tag wieder aufzugreifen? Genau diese Fragen stelle ich mir manchmal schon, wenn ich nicht gerade der Gleichmütigkeit eines Fisches verfallen bin, der sich wohl nicht mit diesen Fragen auseinandersetzt. Einer in diesem Forum hat einmal geschrieben, dass sich die Welt "kurz schütteln wird, sollte es uns einmal alle nicht mehr geben und weiterexistieren, als hätte es uns nie gegeben". Vom Archaikum vor 4 Milliarden Jahren bis heute zählen wir wohl nur als winziger Punkt, der kaum ins Gewicht fällt. Und trotzdem hadern wir mit der Zeit so oft, als hätten wir keine. Seit 1,6 Millionen Jahren leben wir in der Epoche  Quartär und wundern uns, dass es Veränderungen auf unserer schönen blauen Erde gibt, die schon von ganz anderen Veränderungen geprägt ist. Markant war doch vor 65 Millionen Jahren, als sie von der Kreidezeit zur Tertiär gewechselt ist und damit fast schlagartig die Vorherrschaft der Reptilien geendet hat. Erst ab da hatten Säugetiere eine Chance. Das alles begeistert mich und darum ist mein Zugang zur Veränderung der Welt und ihre und unsere Zeit ein etwas anderer. Das Leben ist Bewegung und wir sind etwas starr - das passt nicht ganz zusammen. Trotzdem ist es verständlich, dass wir das schützen, was wir kennen. Aber wir sollten es nicht blind tun. Sondern das Große und  Ganz stets im Blick behalten.

So, jetzt höre ich schon wieder auf, denn darüber könnte man wohl ewig reden. Doch was ist ewig?

Guten Morgen Perry auf jeden Fall. Auf einen neuen Tag mit hoffentlich viel Zeit, die wir für uns haben.

Sonja

 

 

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Hallo Sonja,
danke fürs Erinnern, wo wir im Zeitverlauf unseres Planeten stehen. Wir haben vielleicht die einmalige Chance etwas für den Erhalt unserer Lebensbedingungen zu tun und vielleicht sogar einmal zu einem anderen geeigneten Planeten zu fliegen, aber dazu dürfen wir unseren Nachkommen die Chance nicht verbauen.
Danke fürs ausführliche Reflektieren und LG
Perry

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