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Sex, Drugs & Rock`n Roll - Kapitel 3 - Teil 14 - Dust my broom - Schwarze Nylons mit Naht


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Schwarze Nylons mit Naht

 

 

Gunslinger dröhnte aus der riesigen Box auf dem Rathausmarkt.

 

Ich war zurück. Mit guten Vorsätzen und einem klaren Blick auf das Leben.

 

In Hamburg tobte die Freiheit. Rock`n Roll an jeder Ecke.

 

American Graffiti auf den Straßen.

 

Die Kids flippten aus. Rhythmen rollten durch die Stadt.

 

Amerikanische Flaggen. Popcorn. Eiscreme. Cadillac`s. Pink. Dirty. Elvis.

Tollen und spitze Schuhe. Mädels auf hohen Pfennigabsätzen und Pferdeschwanz. Fliegende Pettycoats und angemalte Lippen.

 

Die ganze Chose lief unter dem Motto: >Rock`n Roll for President.<

Sah überall Banner und Aufschriften des Logos.

Hatte noch nie so etwas bescheuertes gehört.

 

Alter. Das war voll Kindergarten. Jo.

 

>Rock`n Roll for President<.

 

Wie jetzt? War das dieser Typ, dessen Vorname Rock und der Nachname Roll war? Und sollte er dann die amerikanischen Staaten aus der Sklaverei führen?

 

Ich stellte mir ein riesiges, verglastes Bürogebäude mit alten Männern

und dicken Bäuchen vor.

Einen Hirni mit Halbglatze und Hornbrille, der sagte, wie wichtig der richtige Slogan für diese Veranstaltung wäre.

Dann griff er zu seinem teuren Wasser aus Tasmanien, nippte mit seinen dicken Fischmaul Lippen daran und trug es in seine Kladde, mit einem Häkchen dahinter, ein.

 

Jo. Digger. Das ist nicht Rock`n Roll. Das ist Scheiße.

 

Ich zog meinen breiten Edding aus der Jacke und schrieb in fetten Buchstaben:

 

Klaus ist raus und Eddie bläst Freddie die Trompete.

 

Jo. Ich fand`s gut. Hatte so was intellektuelles.

Endlich ein Plakat das jeden interessierte.

Beglückwünschte mich für diesen Einfall und überlegte, was ich mir dafür ausgeben sollte.

 

Wollte gerade meinen Namen darunter schreiben, als ich die Stimme von Sinclair hörte:

 

„Hey. Bro. Unterschrift ist ungünstig.“

„Bro? Echt?“

„Ja. Bruder klingt voll schwul.“

„Bro klingt nach 4. Klasse Sonderschule.“

„Alter. Du hast überhaupt keine Ahnung.“

„Wenn keine Ahnung quietschen würde, müßtest du die ganze Zeit mit `ner Ölkanne rumlaufen.“

 

Er sagte nichts mehr. Das hatte gesessen.

Wir schwiegen uns eine Zeit lang an, dann zog ich meinen Flachmann aus der Jacke und bot ihm einen Schluck an.

 

„Arschloch.“ ,sagte er.

„Pöh.“

„Pöh. Echt.“

„Ja. Wichser klingt für einen Freund zu vulgär und ich weiß halt, das man das zu einem Arschloch nicht sagen sollte.“

 

Wir zogen noch einen Moment über die Bräute her. Dann ging er weiter.

Richtung Stranger. Der zog sich, an einer Bude mit Plastikgitarre auf dem Dach, grade 12 Gläschen Korn durch die Nase.

Schien ganz schön reinzuknallen, denn er schlug seine Stirn dreimal gegen den Pfosten neben ihm.

 

Dann lachte er laut auf und rief:

 

„Ich fahr` sie alle Baby, die ganz hohen Tiere.“

 

Er zog eine kleine Plastiktüte aus seiner Hosentasche und eine Tube Klebstoff aus seiner Jeansjacke.

Das richtig gute Zeug. Pattex.

Das, drückte er in die Tüte und hielt es sich vor Nase und Mund.

 

Er atmete ein und aus. Sechsmal. Dann verdrehte er die Augen.

 

„Ich fahr` sie alle.“ ,schrie er hysterisch und seine Stimme überschlug sich.

 

Super, wenn man seine Grenzen kannte.

 

Ich dachte so nach und sah in den Himmel.

 

Also er selbst nannte sich Danger.

Ich taufte ihn Stranger.

Aber er war einfach Crazy.

 

Gott hatte sie alle geschaffen. Die Bösen und die Guten.

Bei ihm hatte er wohl eine Ausnahme gemacht.

Bei Crazy hatte er es dem Teufel überlassen.

 

 

 

 

l

 

 

 

 

Überall sah man Teds und Rock`n Roller. Sie standen in Gruppen zusammen und machten auf cool. Das hatte ich längst hinter mir gelassen.

Ich tat nicht so. Ich war cool.

 

 

Steckte mir eine Lucky an und hustete mir die Seele aus dem Leib.

Schaute mich vorsichtig um, ob jemand mich gesehen hatte.

 

Ne`. War alles Ok!

 

Ein paar Punks trieben sich in den Ecken herum. Die meisten waren besoffen und machten auf superlässig. Sie schnorrten Kippen und Kohle.

 

Das war überhaupt nicht mein Ding.

Ich sorgte immer dafür, das genügend Schotter in meiner Hosentasche aufs ausgeben wartete.

 

Es gab noch andere Gruppierungen. Die dümpelten am Rande vor sich hin.

Bedauernswerte Geschöpfe.

Da gab`s noch diese gestriegelten Popper. Die trugen nur Markenklamotten und einen Seitenscheitel, der das linke Auge verdeckte.

 

New Waver und New Romantics. Trugen hauptsächlich schwarz.

Heavy Metal Typen mit Zottelmähne.

Ökos in gestreifter Latzhose.

Und ein paar andere, die nun wirklich nicht erwähnenswert waren.

 

Der Rock `n Roll troff aus jeder Ritze. Es war so, als gehörte uns die Welt.

 

Wir fühlten uns, wie die Größten. Wir standen an der Spitze der Nahrungskette.

 

Die Drifters, die örtliche Schlägertruppe, machte auf Macker und verprügelten ein paar Popper, weil die so Scheiße aussahen.

 

Der kleine Dieter, war dabei immer an vorderster Linie. Der war echt fies drauf. War ihm scheißegal ob es 2 oder 12 Typen waren.

Wenn der seinen Rappel kriegte schlug er alles kurz und klein.

 

Sein Spruch war immer:

 

Hier kommt keiner lebend raus.

Bei einem Bier fragte er mich mal, ob ich was in die Fresse wolle. Einfach so. Eben noch über die Bräute gesprochen und im nächsten Moment auf der Abschußliste.

 

Aber die Geschichte hab` ich schon erzählt.

 

Einige Paare legten eine kesse Sohle aufs Parkett. Die Luft flimmerte in der Hitze. Die Kleider wirbelten und die Typen schwitzten.

Eine Katze lag auf dem Verdeck eines Buick und sonnte sich. Sie streckte ihre Pfoten auseinander, so als wolle sie auch dazwischen braun werden.

Brachte nichts, die war ja schon schwarz.

 

Ich griff mir auch so eine Puppe, die ich glaubte zu kennen und drehte mit ihr ein paar Runden. Hatte nichts von meinem Charisma und Tanzkünsten verloren.

 

Ich sah mir beim Tanzen im Schaufenster zu und mir gefiel, was ich erblickte.

 

Die Kleine in meinem Arm hatte auch Klasse.

Ihre 20.000 Sommersproßen auf der Nase, die ich mal eben auf die Schnelle durchzählte, grienten mich an.

 

Ich sagte zu ihr, sie sei das schönste Mädchen auf der ganzen Welt und müßte ich nicht zu einem Einsatz an den Golf von Biscaja, würde ich sie auf der Stelle heiraten. Sie lachte.

Drehte sie ein Letzte mal und küßte zum Abschluß ihre Hand. So Gentleman Like.

 

War auf der Überholspur. Ließ die ganzen anderen Penner hinter mir.

Ich stand auf der Spitze des Eisbergs und schob dem Schicksal einen Eispickel in die Nasennebenhöhle.

 

War seit zwei Tagen trocken.

Spürte mit einem mal die weiße Wüste in mir.

 

Ein schwarzer Käfer kroch aus meinen Augen in den heißen Sand.

Ich war ein Blinder unter Blinden.

Die Sonne schälte mir die Haut von den Knochen.

Und diese Hitze in meinem Blut. Ich kochte.

Jede Zelle verlangte nach einem Tropfen. Nur einen einzigen Tropfen.

Nur dieses eine Lächeln, diese Glitzern zwischen der Ödnis und ich würde den Tag überstehen.

 

NEIN.

 

Ich war Iron Man. Aus Stahl gemacht. Unverwundbar. Unzerstörbar.

 

 

Scheiße, wenn es nur nicht so hammermäßiger WAHNSINN gewesen wär`, das Leben im nebelverhangenen Olymp zu verbringen.

 

 

 

 

Ich fand`s total geil, high zu sein. N

 

 

 

 

Nur die Begleiterscheinungen waren echt beschissen.

Trüber Blick am Morgen. Blutunterlaufene Augen. Ins Klo kotzen.

Die Unfähigkeit feste Nahrung zu mir zu nehmen.

Lallende Sprache, als wär man aus der Anstalt ausgebrochen.

Ein Kreislauf der schwindelig machte.

Keinen Job. Filmriß. Säuferleber. Eine Haut die mit roten Adern durchzogen war. Zitternde Hände.

 

Aber da sind wir schon in der Gosse.

Fragte mich, wie weit ich noch davon entfernt war.

 

Boah. Das zog mich ganz schön runter.

 

Ich trank also erst mal einen Rotwein.

Hatte gehört, das das kein Alkohol, sondern Medizin sei.

Schmeckte auch genauso Scheiße.

 

Warf ihn samt Glas in den Rinnstein.

 

Holte mir ein Wasser. Kostete komischerweise mehr, als ein Bier.

Dachte an den Spruch von W. C. Fields. Der sagte immer, er würde kein Wasser trinken, weil da Fische drin ficken.

 

Holte mir doch lieber einen O-Saft und schaute mich ein bißchen um.

Gab` `ne Menge Fressbuden. Die Kellnerinnen sahen zum Anbeißen aus.

Also erst mal `ne Curry Wurst.

 

Wünschte, das mir was Romantisches begegnen würde.

Weißer Strand. Blaues Wasser. Eldorado. Nackte Körper. Freie Liebe.

Dann diese süße Kleine.

1,62 groß. Brille. Der Sekretärinnen Typ. Sweet aber hemmungslos.

 

Stand so rum, dachte an den weißen Strand und ein weißes Kleid mit `ner Frau drin, als eine Hand über meinen Kopf und Nacken streichelte.

Damit bekamen sie mich immer. Schloß die Augen. Ließ den ganzen anderen Schrott, um mich herum, draußen und genoß die Zärtlichkeit.

 

„Na, mein Süßer. Hast du über meinen Vorschlag nachgedacht?“ ,flötete Brandy.

„Ich tue alles für dich, aber hör` nicht auf.“

„Heute Abend im Hugo`s. Hab da einen Raum in dem wir für das Tanztheater üben können.“

 

Sie griff mir an den Arsch und schob die Finger an meine Eier.

 

War kurz vor dem Durchdrehen. Dann massierte sie die Wurzel von meinem Schwanz.

Als ich kam, war es das Beste was ich je erlebt hatte.

 

Das Leben konnte so einfach sein.

 

Halleluja, war voll fertig. Mußte mich erst mal setzen.

Wollte noch Danke sagen, aber Brandy war schon wieder weg.

 

Was hatte ich da eigentlich versprochen? Tanztheater?

Keine Ahnung was das sein sollte. Bestimmt irgendwas schwules.

 

 

In der 7. Klasse war ich der einzige Junge im Jazztanz Kurs.

Konnte mich gut bewegen und machte tierisch Spaß.

Ich genoß die Komplimente die ich bekam. Kannte ich von zu Hause garnicht.

 

Da hieß es immer nur. Alex räum auf. Alex kämm dein Haar.

Alex das kannst du nicht. Alex du bist der dümmste Junge, den ich kenne.

 

Irgendwann glaubte ich es und fühlte mich unfähig und hohl.

Das änderte sich erst, als der Rock`n Roll mich fand und ich ihn.

 

Es war etwas, das ich von ganzem Herzen wollte.

Es war etwas das nur mir gehörte.

Etwas das meine Mutter Scheiße fand.

Jeden Tag lernte ich neue Songs kennen und Leute, die diese Musik auch liebten.

 

Und so ganz langsam wurde mir klar, das ich nicht dumm war.

Das ich einen Wert hatte.

 

Bei unserem Auftritt mit der Jazztanz Combo, in der Schule, bewunderten mich alle. Auch die Schläger. Auch die Dummköpfe.

Und besonders die Mädchen. Das war am Besten.

Ich hatte es durchgezogen und hatte Erfolg.

 

Das Leben konnte so einfach sein.

 

Als ich so da saß und auf das nächste Abenteuer wartete, kam so ein Hirni auf einer blauen Mofa und schrie:

 

„Ich find` John Travolta Scheiße und den Film Grease zum Kotzen.“

 

Hatte nicht mal die Zeit zu blinzeln, da brauste er schon mit 5 kmh davon.

Nahm noch geistesgegenwärtig einen Stein und warf ihn hinterher.

Traf nur die Holzwand einer Bude und blickte schnell in eine andere Richtung.

 

Es wurde sehr warm, konnte aber meine neue Lederjacke nicht ausziehen,

weil ich einfach zu cooooooooooooooool darin aussah.

 

Steckte mir erstmal eine Lucky ins Gesicht. Von rechts kam ein brennender Streichholz.

Tina grinste mich aus ihrem Blechgesicht an. Ich grinste zurück.

 

„Na mein Hübscher heute schon gefickt?“

„So Ähnlich.“

„Wie geht das denn?“

 

Wußte nicht so recht was ich darauf sagen sollte. Außerdem ging mir dieses ganze ordinäre Gelaber auf den Sack.

 

„Wieso redest du die ganze Zeit vom Ficken?“ , fragte ich sie.

„Weil das Leben so langweilig ist und mich alles anödet.“

„Haste Bock auf Musik. Suchen noch einem Groupie die uns den Rücken freihält?“

„Wie heißt den deine Band.“

„Sind ein Duo. Nennen uns: The Moondogs.“

„Ich find` Bandnamen die mit -The- anfangen, Scheiße. Außerdem ist so ein Duo voll schwul.“

„Und ich find` den Namen Tina voll Scheiße.“

„Find´ ich auch. Also gut, ich bin dabei. Wann geht’s los?

„Wir haben einen Gig in der Musicbox.“

„Das ist doch dieser Rock`n Roll Schuppen.“

„Ja. Ich weiß, findest du voll Scheiße.“

„Ne. Find` ich voll geil.“

 

Wir umarmten uns. Spürte ihren warmen Atem in meinem Nacken. Das kitzelte. Diese Nähe war schön.

Passte irgendwie gar nicht zu ihrem sonstigen Gehabe.

 

Ich blickte ihr lange nach.

Bis sie ein ganz kleiner Punkt war.

 

Warf einen Blick auf meine Uhr. Der Sekundenzeiger kämpfte sich auf dem Ziffernblatt von einer Zahl zur nächsten. Erst 15:00 Uhr.

 

Machte mich trotzdem auf den Weg ins Hugo`s.

Dort purzelte Petula Clark aus dem Lautsprecher. Sailor

 

Dieses Lied machte mich immer ganz sehnsüchtig.

Dachte an den Hafen. Segelschiffe. Freiheit. Stürme. Kap Horn. Sansibar.

 

Koffer packen. Einfach weg. Alles hinter mir lassen. Neu anfangen.

 

Fühlte mich mit einem mal ganz klein. War nichts mehr geblieben vom großen Zampano. Mist.

 

Nur nicht dran denken. Wegschieben. Einfach lächeln. Einfach so tun, als ob.

Setzte mich an einen Tisch und bestellte einen Sekt. Sekt war schließlich nur Blubberwasser.

 

Schmeckte lecker, also bestellte ich gleich fünf Flaschen.

Sah Annegret und winkte ihr zu. Sie lachte und winkte zurück.

Wir setzten uns zusammen und schlabberten die Bläschen aus dem Glas, bis der Arzt kam.

 

2 Stunden später wußte ich nicht mehr, ob Ghandi ein Prophet oder ein Heilmittel für Hämorrhoiden war.

Ich vermied es aufzustehen, weil ich wußte, das das in die Hose gehen würde.

Annegret machte auf süße Schnecke, erhob sich und lief im Hugo`s auf und ab.

Erst da bemerkte ich, das sie schwarze Nylons mit Naht trug.

 

Stand ihr echt gut. Um ehrlich zu sein, es machte mich unglaublich scharf. Versuchte mich abzulenken, indem ich eine brennende Zigarette auf meiner Nase balancierte. Ging kräftig in die Hose. Sie fiel direkt in mein Hemd und verbrannte mir die Haut.

Annegret fischte sie heraus und setzte sich, angeschickert wie sie war, auf meinen Schoß.

Ich bekam sofort einen Ständer. Was war bloß mit mir los?

Mußte ich jede Frau haben, die sich für mich interessierte?

 

Nein!

 

Denn ich wollte auch die, die sich nicht für mich interessierten.

 

Annegret rutschte so auf meinem Schoß hin und her, das sich meine Augen nach innen drehten. Hatte meine Hände schon auf ihrer Hüfte, als Brandy auf einmal neben mir stand.

„Hi.“ ,sagte ich und lächelte sie mit glasigen Augen an.

„Bereit?“

„Jederzeit. Um was gings nochmal?“

„Tanztheater.“

„Weiß ich doch. Nur ein Scherz.“

 

Ich hatte keine Ahnung mehr, warum ich hier war.

 

„Jo. Annegret, wir hatten ja soweit alles besprochen. Kommen sie morgen zum Diktat und vergessen sie den Bleistift nicht.“ ,plapperte ich drauf los.

 

Stand auf und wankte mit Brandy am Tresen vorbei.

Im Proberaum zog ich mich sofort aus.

 

„Was machst du?“ ,fragte sie mich entrüstet.

„Äh. Gar nichts. Ich dachte nur...Ich meinte das...Also du weißt schon.“

„Nein ich weiß nicht. Entweder du nimmst es ernst oder du kannst gleich wieder gehen.“

„Nein. Entschuldige. Ich nehme es ernst. Sehr sogar.“

 

Tja, den Absprung hatte ich wohl verpasst. Mist. So ein Kack.

 

Sie meinte, wir müssten uns erst mal warm machen.

Ich sagte das bräuchte ich nicht, da mir die Suppe schon den Rücken runter laufen würde.

Sie verzog keine Miene. Also zogen wir das Warm machen und die Dehnübungen durch.

 

Danach meinte ich, das es super gewesen wäre und ich gern beim Nächsten mal wieder dabei sei.

 

Sie lachte über meinen Scherz und sagte das es jetzt mit dem Tanzen losgehen würde.

 

„Genau, muß nur eben ins Bad, um mich zu übergeben.“ ,jammerte ich.

 

Sie lachte wieder.

 

Diesmal lachte ich auch. Aber nur, weil ich so verzweifelt war.

 

Eine Stunde später, hatte ich die Hälfte meines Gewichts und meine komplette Selbstachtung verloren.

 

Ich bettelte, um Gnade und versprach ihr eine Diamanten so groß, wie das Erzgebirge.

 

Sie lachte.

 

Mir war nicht mehr zum Lachen.

Eher danach mir eine Kugel in den Schädel zu jagen.

Oder Ihr.

 

 

Wir gingen in den Schankraum, tranken eine Coke, einen Kaffee, 2 Liter Wasser und aßen ein halbes Schwein auf Toast.

 

Ich war am Ende. Konnte meine Arme kaum noch heben und hatte meine Augen halb geschlossen.

 

„Jo. Muß jetzt noch ins Fitness Studio. Ein paar Gewichte stemmen. Wir sehen uns nächste Woche.“ ,flüsterte ich.

„Nächste Woche? Nein. Wir sehen uns morgen und dann jeden Tag.

In vier Tagen ist die Aufführung. Du läßt mich doch nicht hängen. Oder?“

„Quatsch! Freue mich wie wahnsinnig auf Morgen. Kann natürlich sein, das die freiwillige Feuerwehr, in der ich schon seit 20 Jahren tätig bin, eine Übung hat.“

„Smoooooooooooooke.“

„Ha. Das war ein Scherz. Du merkst nie, wenn ich einen Scherz mache.“

 

Beim Abschied, kniff sie mich in meinen knackigen Arsch.

 

War zu schlapp für eine positive Reaktion. Schlich einfach nach Hause.

Wollte nicht mehr trinken. Nicht mehr rauchen und auch keinen Sex haben.

Nie, nie, nie mehr.

Fiel ins Bett und schlief bis zum Morgen.

 

 

z

 

 

Erwachte mit brennenden Schmerzen in meinen Gelenken und Muskeln.

Selbst meine Haare taten mir weh.

 

Unter mir hämmerte es. Mein Nachbar hatte seinen Lieblingssong aufgelegt.

 

Well, I ask you.

Alles klar Baby. Stand 2 – 3 Stunden unter der Dusche. Dann kehrte das Leben in meinen Körper zurück.

Eigentlich fühlte ich mich ganz gut.

Das Training war so im Rückblick betrachtet gar nicht so schlimm gewesen.

Ich sollte nur das nächste mal nüchtern sein.

 

Hatte auch ein paar gute Ideen für das Stück.

 

Die Geschichte überarbeiten.

Einen Soundtrack, passend zur Story aufnehmen.

Größere Bewegungen, damit die Schwanzlutscher in der letzten Reihe auch was mitbekamen.

Jeden zur Premiere einladen der Gucken und hören konnte(auch die Einäugigen).

 

Ich machte mich gleich an die Arbeit. Schrieb als erstes den Ablauf der Geschichte:

 

Eine Malerin malt ein Bild. Sie steht vor einem riesigen Bilderrahmen, dahinter sitze ich auf einem Stuhl. Sie wird müde und legt sich zum Schlafen hin. Das Bild erwacht zum Leben und geht zur Malerin. Über gedachte Fäden bewege ich die Malerin und habe nun meinerseits die Kontrolle übernommen.

Dann tanzen wir zusammen. Später gehe ich ins Bild zurück und die Malerin erwacht. Ende.

 

Ging schon mal ein paar Abläufe durch. Das ganze sollte pantomimisch und tänzerisch dargestellt werde.

 

Verbrachte den ganzen Tag damit. Fühlte sich gut an. Irgendwie sinnvoll.

 

Schnell nochmal duschen, geile Klamotte für den Gig in die Musikbox einpacken und ab zum Training mit Brandy.

 

Mein Motor lief auf 180 Umdrehungen. Ließ alle Stopp Schilder hinter mir.

Raste über den Highway. War auf dem Weg zum Mond.

 

Hatte das Gefühl, das es nie anders war. Liebte die Welt und liebte mich.

 

Ging über Die Reeperbahn und warf jedem Penner einen Zehner in den Becher.

Küßte eine Frau, weil sie mir gefiel. Half einer Rentnerin über die Straße.

Lachte mit dem Glück um die Wette und fühlte mich gar nicht blöd dabei.

 

Kam auf die Minute pünktlich. Brandy küßte mich ab, weil sie so froh war.

Sie tat das richtige. Ich war der Richtige.

 

Es war geil eine Aufgabe zu haben. Kniete mich voll rein in diesen Tanz Scheiß.

Nach zwei Stunden war ich erledigt und wusch mir in der Herrentoilette den Schweiß vom Körper. Sog einen Hawaii Toast ein und kippte ein Wasser hinterher.

 

Bekam einen Hustenanfall und stellte fest das ich den ganzen Tag noch keine geraucht hatte.

 

Annegret saß am Nebentisch und winkte. Ich schlenderte rüber und küßte sie.

 

„Du bist `ne tolle Frau.“ ,kullerte es aus meinem Mund hervor.

 

Sie lächelte. Weltmännisch warf ich ihr, beim Rausgehen ein Zwinkern zu.

 

Vor der Tür atmete ich tief durch.

Sollte mich der Teufel jetzt holen, war`s ok. Das Leben war nie besser, als in diesem Augenblick.

 

Schlenderte noch ein bißchen an der Alster. Sah ein einsames Segelschiff.

An der Seite stand True Love.

Wahre Liebe? Mmmmh. Davon hatte ich immer noch keine Ahnung.

Wußte das ich jemanden lieben konnte. Der Rest war schwierig.

Vielleicht kam ich ja irgendwann dahinter, wie das alles so ging.

Für heute passte es.

 

Freute mich auf den Gig. Rooster hatte sich in den Letzten Tagen die Finger blutig gespielt. Geil, wie er sich reinhing.

Ganz anders als die anderen Looser die ich kannte.

Die wachten auf und machten immer den gleichen Scheiß.

 

Wir hatten uns ein richtig geiles Programm ausgedacht, in dessen Verlauf ich auf einen Tisch sprang und mir das Hemd aufriss.

Dann wollte ich mit einem Satz zurück auf die Bühne und irgendwie so cool in die Menge gucken und alle Frauen zum Kreischen bringen.

 

Überquerte die sechsspurige Straße ohne draufzugehen und blieb stehen.

 

Mußte durch diese dunkle Seitenstraße.

Das Licht hatte sich schon vor Wochen verabschiedet.

 

Hatte so meine Schwierigkeiten mit der Dunkelheit.

Lag sicher an den Fingern meines Bruders. Er kam auch immer in der Nacht.

 

Sie kommen immer in der Nacht, damit du dich nicht wehrst.

Die Schweine glauben, die Dunkelheit schützt sie.

Ich war immer froh, wenn es vorbei war. Dann durfte ich wieder Kind sein.

 

Am Ende der Gasse hörte ich wie Zwei Flaschen zusammen geschlagen wurden.

 

 

Klick Klack - Klick Klack

 

 

Shit! Es würde sicher gleich zur Sache gehen. Weglaufen war keine Option.

Ich war dumm genug zu glauben, das meine Ehre mir dies verbot.

Also ging ich weiter.

 

Plötzlich bekam ich einen Stoß von der Seite und flog gegen die Hauswand.

 

Da stand er.

 

Versuchte meine Angst zu verstecken. Merkte das ich nicht atmete.

Wußte plötzlich nicht mehr, wie das ging.

 

Er rotzte einen grünen Qualzer vor meine Füße.

Die Angst, wich dem Ekel.

Machte es nicht besser.

 

„Auf die Fresse?“ ,fragte er.

„Kann ich drauf verzichten.“ ,sagte ich.

 

Das ganze kam mir bekannt vor. Nur das ich diesmal wirklich was auf die Fresse bekam.

Sah den Schlag nicht kommen. Spürte auch nichts, fühlte nur wie mir das Blut aus dem Mund lief.

 

Genau in diesem Moment merkte ich, wie dieses Gefühl aus dem Bauch nach oben stieg.

 

Ich wollte mir nichts mehr gefallen lassen.

Meine Finger ballten sich zur Faust.

 

Ging, wie ein Stier in der Arena auf ihn los.

 

Chancenlos.

Totgeweiht.

 

 

Schlug mit allem auf ihn ein, was ich hatte. Das war nicht viel.

Die Schläge prallten an ihm ab. Er war ein Fels aus Granit.

Sah nur seine Umrisse. Gibraltar. Goliath. Titanus.

Er schlug nur ein mal zu.

Ich knallte wieder gegen die Wand, rutschte langsam an ihr herunter und blieb dann liegen. Dachte an den Film Blackboard Jungle.

 

Aber war auch glücklich. Hatte es wenigstens versucht.

 

Komisch, das ich nichts spürte. War vielleicht schon ein Stockwerk höher.

Was sollte ich Petrus sagen?

 

„Jo. Da bin ich. Kann ich rein?“

 

Hatte nichts vorzuweisen. War echt am Arsch.

 

Ich erwachte im Arm von Tina, die meine Wange streichelte.

Ihr Gesicht war dick geschminkt. Die Haut mit Piercings in allen Formen verziert. Sie schaute mich an und ich glaubte sowas wie Zuneigung in ihren Augen zu sehen. Vielleicht war es auch Mitleid. Diese Art Mitleid, die man einem armen wehrlosen Welpen entgegenbringt.

 

Tat trotzdem gut. Versuchte zu lächeln. Ging nicht.

 

Setzte mich auf und ging auf die Bühne. Rooster nickte mir zu.

Ich stimmte meine Gitarre.

 

„Den Sack kriegen wir. Versprochen.“ ,flüsterte er.

 

Wußte nicht, ob mir das gefiel. Hatte keine Lust mehr auf diesen Scheiß.

Wollte eigentlich nur jemand sein. Wollte eine Bedeutung haben. Sonst nichts.

 

 

m

Unser erster Song, war so ein Cowboy-Rockabilly Ding von Webb Pierce.

 

I ain`t never.

 

Wir waren immer noch schräg und alles andere als textsicher. Hauten es raus.

Warfen es ihnen vor die Füße und stampften es ein.

Sie liebten es. Die Meute schrie nach mehr.

 

Genau das gaben wir ihnen. Noch mehr von diesem geilen Scheiß.

 

So kurz nach Mitternacht konnten wir nur noch krächzen.

Setzten uns an die Bar und bestellten einen letzten Drink.

 

Rooster trank eine warme Milch. Ich dachte ich spinne.

Bestellte einen Tee.

 

Wir lachten uns schlapp, weil wir solche Weicheier waren.

 

Erinnerte mich an meinen Traum:

 

Ich war in meiner alten Schule die ich von der Ersten bis zur Vierten Klasse besucht hatte.

Sie hatten die Räume, in eine Jugendherberge umgewandelt.

Ich wanderte durch die Gänge und hörte diesen geilen Gitarrenrhythmus.

Ging hinein und sah eine Gruppe Jugendlicher.

An einem Tisch saß Elvis mit seiner Gitarre. Ja, Mann. Elvis Presley. Jung. Schön. Charismatisch.

Ich kam lässig herein und sagte ebenso lässig:

 

„Babe“

 

Er nickte und begann zu singen. Oh, Mann. Das war so cool.

Nach ein Paar Songs reichte er mir die Gitarre und ich begann zu spielen und zu singen.

 

Nachdem ich fertig war, sagte er nur:

 

„Cooler Gig Buddy.“

 

Halleluja.

 

 

Zum Abschied spielte der Wirt: It will stand.

 

Die Gläser klirrten und die vollen Aschenbecher hüpften. Es kribbelte unter meiner Haut. Das Blut schoß in Lichtgeschwindigkeit durch meine Venen.

 

Es war der beste Abend meines Lebens. Sollte ich jetzt mein Herz in die Waagschale werfen müssen, würde es leichter als eine Feder sein.

 

Mit leichten Schritten verließ ich die Musicbox und tat einen Letzten Blick

in die Kneipe.

 

Tina stand direkt an der großen Scheibe.

 

Sie lächelte mich an und zeigte mir den Mittelfinger.

 

Ich lachte.

 

Ihren Körper hatte sie in einen engen, hellen Rock gezwängt.

 

Sie drehte sich und stellte ihren Fuß auf die Schulter von Sinclair, der am Bühnenrand hockte.

 

 

 

Sie zeigte mir ihre Beine und da sah ich sie, ihre...

 

 

...schwarzen Nylons mit Naht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

August 2018 von Axel Bruss

 

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