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Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte


Hera Klit

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Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte

Sie war keine Polin, aber sie kam von dort.
Es war das was man eine Jugendliebe nennt.
Sie ging mir sehr tief rein.
Ich holte sie täglich mit meinem alten selbst
rot lackierten Kadett an den Wohnblocks der Kreisstadt ab.
Eine Gegend die man lieber meiden sollte.
Dort lungerten viele ihrer Landsmänner
herum und sie warfen mir böse Blicke zu,
wenn ich sie abholte.
Es ging lange gut und der Sex mit ihr wurde immer besser.
Die erste Freundin ist sowas wie der wahr gewordene Masturbationstraum.
Und sie war ein verdammt guter Traum.
Sie war so schön, dass ich nie recht glauben konnte, ich besitze sie wirklich.
Mann o Mann, sie machte mich fertig.
Keinen Tag konnte ich mehr ohne sie sein.
Ich wollte ihr Held sein und spielte den Coolen.
Meine Lederjacke stand mir auch ziemlich gut.
Bald würde sie bei mir einziehen.
Vorbereitungen liefen bereits auf Hochtouren.
Dann kam Silvester, wir wollten feiern.
Ich trug mehrere Tüten mit Salaten und hatte die Hände voll,
als mich ein besoffener Pole vor den Wohnblocks mit der Schulter rammte.
Ich rief nur unüberlegter Weise, „Du blöder Hund“.
Er kam und schlug kommentarlos zu.
Wahrscheinlich war er auch vernarrt in sie.
Aber ich hatte sie.
Und sie wollte scheinbar auch mich,
obwohl ich kein Pole war und auch nicht von dort.
Ich besorgte es ihr täglich, das
wird ihn wohl nicht wenig angefressen haben.
Er ramponierte mir die Schnauze
und ich stand da und hielt meine Salatschüsseln fest.
Ich spürte seine Schläge kaum.
Meine Nehmerqualitäten waren außerordentlich.
Keine Sekunde lief ich Gefahr k.o. zu gehen.
Der Umstand, dass sie, die mich doch toll finden sollte,
das Geschehen beobachtete, hemmte mich.
Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf, statt zu kämpfen.
Endlich ließ ich die Schüsseln fallen und rang ihn zu Boden.
Er war lächerlich schwach.
Ich kniete auf ihm, bis ein Mann aus der Nachbarschaft kam
und mich von ihm runterzog.
Diese Chance nutze er, um mir noch einmal ins Gesicht zu treten.
Ich musste mit etlichen Stichen genäht werden
und mein Schädel wurde zur Sicherheit geröntgt im Kreiskrankenhaus,
um zu checken, ob er keine Risse hat.
Aber der Pole hatte nicht das Zeug, meinen Schädel zu knacken.
Die Feier fiel ins Wasser.
Das mit ihr hielt noch fünf Jahre, sie zog auch zu mir,
aber ich war nicht mehr der Alte.
Der Spirit war irgendwie raus.
Mein Image hatte vor mir selbst gelitten.
Ich war mir nicht sicher, ob sie wirklich noch den nötigen Respekt vor mir hat.
Das höhlte mich langsam aber sicher aus.
Wie ein Boxer auf dem Weg nach oben, nach einem schweren Ko.
Egal wie viel Aufbaukämpfe er vorher gewonnen hat, die Luft ist raus.
Die wenigsten schaffen es dann noch an die Weltspitze.
Sie haben den Glauben an sich selbst verloren.

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vor 1 Minute schrieb Oilenspiegel:

Hallo Hera,

wie (fast) immer spricht mich deine prosische Lyra sehr an.

 

Den Schluss finde ich ein wenig schwach.

Das ist ein ziemlicher Interruptus.

Soll ja einerseits sicher so sein, denn es beschreibt das plötzliche Ende eines tollen Coitus,

andererseits - ich weiß auch nicht. Kann mir vorstellen, dass es ein literarisch stärkeres Ende gibt.

 

Bis dann.

                                   🦉

 

 

Vielen Dank, mein Lieber.

 

Boxen ist mein Lieblingssport, weil ich finde, dass er die Größe des griechischen Dramas hat.

Von Jugend an, denke ich in seinen Kategorien und deswegen ist der Schluss für mich absolut authentisch und passend.

Ich mache mir zum Beispiel viel Gedanken, was in AJ vorgeht und ich ahne, warum er Usyk nicht weghauen kann,

er hat die Niederlage gegen Ruiz nicht überwunden. Ich verstehe genau, dass sowas ganz tief sitzt und eine Karriere beenden kann.

 

Liebe Größe

Hera

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vor 15 Minuten schrieb Oilenspiegel:

Absolut.

 

Ich habe selbst in meiner Jugend eine Weile versucht zu boxen.

Aber mir war bald klar, dass ich nicht das Herz eines Boxers

und wohl auch nicht die tänzerischen Fähigkeiten habe.

Zumindest hätte ich einen Trainer gebraucht, der Blockaden im

Kopf erkennt und die zu beseitigen hilft. Die haben sehr scharf

getrennt in Jungs, aus denen etwas werden konnte, und Fallobst,

wie ich.

Gut wäre gewesen, wenn wir weniger geeigneten Jungs den

Sport wenigstens für die Persönlichkeitsbildung und zur Fittness

hätten fortführen können, aber dafür war der Club zu eng.

 

Ich habe es auf drei Kämpfe gebracht - eigentlich zwei und ein halber.

Ich glaube, dieser halbe ist mir als "Sieg" eingetragen worden, weil

mein Gegner zwar anwesend war, aber im letzten Moment einen

Rückzieher machte. Er hatte noch mehr Schiss als ich. Darf ich

so sagen, weil ich mich hinterher mit ihm darüber unterhalten habe.

Ein Kampf ging über die drei Runden, ich weiß aber nicht mehr,

ob ich auch gepunktet habe, und bei dem anderen Kampf hat

mein Trainer das berühmte Handtuch geworfen. Technisch absolut

unterlegen. Ich war trotzdem verärgert, weil ich zumindest einstecken

konnte. Nichts drauf haben, aber saufrech sein. Das war mein Motto.

 

Im wahrsten Sinne. Einmal geriet ich als 14jähriger mit dem falschen

Fanschal unter eine Horde gerade so erwachsener Rummelschläger

des FC Union Berlin und ihres weiblichen Anhangs. Sie wollten meinen

Schal. "Nö, geb ich euch nicht." Dann gab es einen "fairen Kampf".

Der aggressivste und massivste unter ihnen bot sich an, dass ich

mich gegen ihn freiboxe. "Wenns sein muss!" - und rumms! hatte ich

drei richtig schöne Schwinger auf Auge und Nasen oder umgekehrt.

Einen Moment lang wusste ich nicht, wovon ich mehr hatte. Aber wie

gesagt, Nehmerqualitäten waren vorhanden, ich blieb stehen, und das

verwirrte den Typen, als er sich hilfesuchend zu seiner Gruppe um-

wandte, um zu fragen, ob er weiter machen solle, durchbrach ich blitz-

schnell den Ring um mich, der schon etwas lockerer geworden war,

weil man jeden moment mein Umfallen erwartet hatte, und brachte

mich in Sicherheit.

Das trug sich im Plänterwald zu, dem ostberliner Vergnügungspark,

der heute ein Lost Place ist, damals aber voller Menschen. Niemand

half mir. Einige waren zum Gaffen stehen geblieben, und genossen

wahrscheinlich die eklige Abwechslung eines schönen Sommertages.

Damals brach in mir etwas zusammen, das so eine Art Urvertrauen

in die sozialistische Gesellschaft war. Klingt blöd, aber war so. Ich

glaubte wirklich, dass dort, wo so viele Menschen sind, sich Recht

und Gerechtigkeit irgendwie zeigen und durchsetzen würden.

Mit langsam dunkler werdendem linken Auge und einer Nase, die

nicht zu bluten aufhören wollte, hörte ich in mir sozialistische

Neubauten einstürzen.

 

An die heißen Mädchen kam man so natürlich nicht ran.

Also kündigte ich im Boxclub und wurde Dichter.                     🦉

 

 

Und als Dichter legtest du sie natürlich reihenweise flach, ich kenne diese Phänomen von mir.

 

Ich war in meinem Jahrgang immer der Kleinste, darunter litt ich und weil ich

durch die Arbeit in der Landwirtschaft tolle Muskeln hatte, gelang es mir immer

mich in Kämpfen durchzusetzen. Und mit diesem strahlenden Siegergemüt,

geriet ich dann an die Sache mit dem Polen. Das kränkte mein Ego nachhaltig, bis heute.

Während des Kampfes überlegte ich, wenn ich gewinne, machen die mich fertig,

es standen natürlich andere in der Gegend herum, die ihm hätten helfen können.

Ich war im Feindesland alleine.

Ich überlegte in den letzten 50 Jahren oft, was wäre, wenn ich die Zeit 

zurückdrehen könnte und je nach Stimmung, kam ich zu einem anderen Schluss.

Ich habe auch mehrfach überlegt dem Polen aufzulauern und ihn  tot zu prügeln.

Die Vernunft siegte bis heute.

 

Liebe Grüße

Hera

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Befassen wir uns hier wirklich mit einem literarisch schwachen Text und einem Autor, der seit fünfzig Jahren überlegt, ob er jemanden totschlagen soll, von dem er mal auf die Fresse gekriegt hat? Demnächst plädiert einer dafür, alle Hühnerfarmen niederzubrennen, weil ihm als Kind ein Huhn in den Mund geschissen hat. Wohin sollen solche Gewaltträumereien führen, weil sich jeder für "...just a poor boy" hält? Für fehlgeleitete Männerphantasien gibt es weiss Gott andere Foren. Mich erschreckt der Text nicht weniger als die testosterongesteuerten Kommentare.

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vor 12 Stunden schrieb Marcel:

Befassen wir uns hier wirklich mit einem literarisch schwachen Text und einem Autor, der seit fünfzig Jahren überlegt, ob er jemanden totschlagen soll, von dem er mal auf die Fresse gekriegt hat? Demnächst plädiert einer dafür, alle Hühnerfarmen niederzubrennen, weil ihm als Kind ein Huhn in den Mund geschissen hat. Wohin sollen solche Gewaltträumereien führen, weil sich jeder für "...just a poor boy" hält? Für fehlgeleitete Männerphantasien gibt es weiss Gott andere Foren. Mich erschreckt der Text nicht weniger als die testosterongesteuerten Kommentare.

Du weißt nichts über echte Männer, die nur das alte Testament anerkennen.

 

Ich schreibe hier über Gefühle, die in einem Menschen vorkommen,

jenseits einer moralischen Bewertung. Warum tue ich das?

Aus dem Wunsch heraus, ehrlich mit mir selbst zu sein.

Das allein ist für mich die Rechtfertigung für Literatur,

alles andere sind rosa Poesiealben.

 

Liebe Grüße

Hera

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