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Chrysalis der Chrysanthemen

 

 

War die Kirche Sinnbild der Zaren,

schmückten den Raume stille Juwelen,

Ikonen, die säumten, die wahren,

Gläubigen tausend Legenden erzählen.

Stand inmitten ein Altar aus Gesteinen,

glomm das Lichte der Kerzen so matt,

schien die Ikone des Jesu zu weinen,

glänzte sie, vergilbt war das Blatt.

Während die Räume so rochen,

rochen nach Myrten und Rauch,

wurden Gebete selig gesprochen,

bedankt wurde sich bei Jesus wohl auch.

Bat man den Herren um Gnade,

um Licht, um Freundschaft, um Rat,

glänzte die Decke wie Jade,

um Frieden den Herren man bat.

Thronten auf Decken stille Gemälde,

Heilige, welche waren gemalt,

war es der Glauben, der es erwählte,

gab er den Christen jeglichen Halt.

War das Holz bedeckt mit dem Ruße,

stieg dieser von den Kerzen empor,

diente er als lieblicher Gruße,

für den, der den Glauben verlor.

Hoben sich darüber Emporen,

geschnitzt aus russischem Holz,

hat die Kirch‘ das Heilig verloren,

während die Kerze so schmolz.

Brannte das Licht der Votiven,

ein Zeichen vom ganzen Gebet,

flammten gar sie mit Motiven,

bis der Winde das Feuer verweht.

Waren das jegliche Bräuche,

säumten sie das Heiligenbild,

leerten sie in Seelen die Seuche,

wurden somit die Sünden gestillt.

Brannten die Kerzen aus Wachse,

standen sie für ein reines Gebitt,

schwärzte den Dochte aus Flachse,

nahm das Feuer Sünden dann mit.

Kniete ein Junge vor der Ikone,

weinte er, während er sprach,

beschwor er einen Patrone,

war der Junge Tage schon wach.

Quälte ihn das seine Gewissen,

ließen die Peine ihn einfach nicht los,

wollte er das Ganze nicht missen,

betete der Junge wohl bloß.

„Gelobe ich den weltlichen Herren,

schwöre ich Treue, nur Ihm,

mag Er mir Vergebung gewähren,

bitte ich Ihn – Prosím.

Werden Sünden mir erlassen,

hab‘ ich doch ein reines Herz,

mögen sie dann sehr verblassen,

bete ich nun diese Terz.“

Hat‘ der Junge sich erhoben,

bekreuzte er sich so gewiss,

begann den Gotte er zu loben,

linderte es seinen Riss.

Machte beten ihn so freier,

lief er eilend durch Berlin,

schwand in ihm der Nebelschleier,

da zum Treffen er erschien.

Regten sich in ihm die Sorgen,

da er wieder Sünden schrieb,

war die Angst doch recht verborgen,

da er gar der Sünder blieb.

Wartete er auf den Zuge,

als ein Mädchen zu ihm kam,

die Zeiten flossen wie im Fluge,

als der Streit ihn übernahm.

–„Unsre Liebe ist die Sünde,

tut mir leid, ich hab’s gesagt,

dafür gibt es dutzend Gründe,

Wahrheit hab‘ ich nun gewagt.

Ist die Liebe so verboten,

du Muslima, ich der Christ,

gleichen wir den beiden Toten,

da die Liebe schon tot ist.“

Sprach das Mädchen mit Entsetzen,

sagte sie sich erst den Mut:

– „Will ich mich so glücklich schätzen,

hab‘ ich dich, mir geht’s so gut.

Will ich dich doch nicht verlieren,

wegen meiner Religion,

liebe ich dich, Herzen zieren,

liebe ich dich lange schon.

Ist mein Glaube die Blockade,

nein, das denke ich wohl nicht,

wäre es am Ende schade,

erlischt das unsre Liebeslicht.

Tu‘ ich das für unsre Liebe,

da sie zu zerfallen droht,

sind die Glauben reine Diebe,

halt‘ ich mich an dein Gebot.

Lieb‘ ich dich auf diesen Wegen,

gibt das Herze mir den Halt,

werd‘ Islam ich niederlegen,

ganz gewiss, so förmlich bald.

Mag ich nur für dich so leben,

liebster Engel, mag’s so sein,

bin bereit das aufzugeben,

Leben, Glaube und den Pein.  

Mag das Leben sich so walten,

wie es ist und wie es war,

mag ich uns so sehr erhalten,

da die Liebe uns gebar.“

–„Kämpfen wir nur miteinander,

gegen Liebe, gegen Drang,

werden Herzen sichtlich blander

und das ein ganzes Leben lang.

Wollen wir’s doch mal versuchen,

Liebe ist doch gar legal,

Religionen wollen’s betuchen,

doch das ist wohl uns egal.

Liebe ist doch keine Sünde,

wenn ich liebe, das ist klar,

wenn das bloß so einfach stünde,

ist die Bibel doch, nicht wahr?

Sind wir beide zwei Gescheite,

Christ, Muslima – wie verliebt,

sind wir möglich zwei Geweihte,

da es nichts als Liebe gibt.“

–„Liebe ist das halt am Ende,

bleibt sie immer, bleibt sie gleich,

wenn sie wohl dem Tod bestände,

nehmen wir sie wohl und weich.“

Griff sie nun mit Hand zum Haupte,

riss sie nieder, jenes Tuch,

tat sie es, weil sie nicht glaubte,

an Koran, an jenes Buch.

Schüttelte sie mit den Haaren,

die sie lange still verbarg,

musste sie ja die bewahren,

fand sie das so förmlich arg.

–„Leben wollt‘ ich frei und offen,

hab‘ danach mich so gesehnt,

mag ich letztlich nun auch hoffen,

fühlte ich mich wie belehnt.

Fühlte ich gar diese Lasten,

lebe ich nun wie ich will,

Hunger plagte wegen Fasten,

wird der Hunger nun so still.

Ist der Glaube das Empfehlen,

nichts als Lüge, was so scheint,

wird er ewig, ach, so hehlen,

haben wir umsonst geweint.

Arme Menschen, sie sind Reine,

keine Sünden, kein Vergehen,

bezieht sich das auf mein und deine,

welch‘ das haben wir gesehen.

Reiche tragen Sünd‘ und Prada,

doch ich fürchte die Schahāda.“

 

Berlin-Biesdorf-Süd;
13.01. und 14.01.2024

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