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Dali Lama

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Beiträge erstellt von Dali Lama

  1. Moin Sidgrani,

     

    Am 17.4.2024 um 08:25 schrieb Sidgrani:

    Sie kennt das Morgen (die Zukunft) nicht, denn wenn sie im Morgen ankommt, ist es ja das Heute, das sie allerdings kennt.

     

    Ja, das kann ich grundsätzlich nachvollziehen, allerdings führst du ja die eine Schwester namentlich als Zukunft ein, die kennt sie ja. 
    Hier sind ja das Konzept Zukunft (morgen) und die Person Schwester deckungsgleich. 
    Daher die Anmerkung. 
    Ich dachte gerade noch an so etwas wie "Sie wandelt zwischen jetzt und Morgen" - das bringt finde ich auch die passenden Assoziationen mit.

     

    Am 17.4.2024 um 08:25 schrieb Sidgrani:

    Du hast recht, das geht nicht. Sich etwas zu borgen, z.B. Mehl oder Eier, heißt, man verbraucht es und gibt was Neues zurück. Beim Leihen (Ausleihen), z.B. eine Leiter, gibt man denselben Gegenstand zurück.

     

    Da ich wegen des Reimes bei "borgen" bleiben möchte, fällt mir nur Folgendes ein: "und nie bereit, sich zu verborgen".

    Hmm, es ist schwierig da nun eine Alternative zu finden, der Reim ist nicht so richtig produktiv, aber "verborgen" ist es nicht, dann sollte es lieber bei "borgen" bleiben.

     

    Am 17.4.2024 um 08:25 schrieb Sidgrani:

    Hier kann ich dir nicht folgen, die Zukunft ist neugierig wie ein kleines Kind und unaufhaltsam auf Reisen, sie kennt kein Ruhekissen.

    Ja, mir gehts nur um das Zusammenspiel der sprachlichen Bilder. Ein Ruhekissen ist für  mich nicht in derselben Bilderwelt wie eine Segelfahrt zum Horizont. 
    Dass man das Bild für Bild natürlich sinnig interpretieren kann, ist ja unbenommen. 
     

    Am 17.4.2024 um 08:25 schrieb Sidgrani:

    Das klingt in der Tat besser, obwohl "verfallen" in diesem Kontext natürlich nicht "verliebt" bedeutet, wie kommst du auf diese Idee?

    In deiner Formulierung "dem ... ist sie um Mitternacht verfallen" (also: jemandem verfallen) passt nur die Bedeutung des Verliebtseins.

     

    LG Chris

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  2. Moin Sidgrani,

     

    insgesamt ist das ein schöner Text 🙂 
    Besonders gefällt mir die bildliche Darstellung der Schwester Erinnerung.
    Davon hätte ich gern noch mehr gesehen!


    Dieses Bild der 3 Schwestern hat für mich Anleihen von den Moiren, bei denen die eine den Lebensfaden jedes Menschen webt, die andere bestimmte seine Länge und die dritte zerschneidet ihn schlussendlich.
    Das geht bildlich nicht ganz so in diesem Text auf, aber das war denke ich auch nicht das Ziel.

    Hier haben wir ein neues Schwesterntrio, bestehend aus der Erinnerung (also vergangene Lebenszeit), der Zukunft (also alles, was wir noch vorhaben und vor uns haben), und der Zeit (hier gemeint als gegenwärtige Zeit, in der wir unser Leben leben).

     

    Die Zeit, die mittlere Schwester bekommt dabei hier den Hauptfokus und am meisten Raum, was ich an sich schon auch ok finde.
    Ein paar andere inhaltliche Aspekte empfinde ich allerdings als störend:

     

    vor 20 Stunden schrieb Sidgrani:

    sie kennt kein Heute und kein Morgen.

    Später wird ja im Text durchaus offenbar, dass sie das Morgen durchaus kennt, ist es nicht Ihre Schwester Zukunft?
    Das heute auf der anderen Seite ist doch sie selbst.
    Ich finde, der Vers macht mit dem, was noch kommt, keinen Sinn.

     

    vor 20 Stunden schrieb Sidgrani:

    und nie bereit, sich uns zu borgen.

    das ist jetzt eher sprachlich als inhaltlich, aber kann man sich jemandem borgen?
    Ganz klar kann man jemandem etwas borgen, aber wie du das Verb hier benutzt, klingt es für  mich sehr schräg.

     

    vor 20 Stunden schrieb Sidgrani:

    Sie ist nicht alt und auch nicht jung

    und fest verbunden mit den Schwestern.

    Hier wird für mich dann dieser ungleiche Fokus erstmals deutlich, bei 3 Schwestern fände ich die Formulierung "mit ihren Schwestern" folgerichtiger.
    Durch "mit den Schwestern" werden die beiden aber auf eine andere Ebene ins Abseits gestellt.
    Vielleicht ist das hier auch ein metrischer Kompromiss.

    ODER: Sollen diese beiden Verse bereits eine Umschreibung der Schwester Erinnerung sein?
    Das wird hier überhaupt nicht klar, es liest sich so, als wäre das hier weiter Umschreibung der Schwester Zeit, um die es ja in Strophe 1 ging. Dafür hätte die Erinnerung namentlich hier vorher benannt werden müssen.

     

    Wo ich eben schon beim Sprachlichen war, auch bei diesen Versen noch eine kleine Anmerkung:
    Die Bezugnahme des zweiten Verses ist nicht ganz eindeutig, also ob der Bezug zu "Sie ist" oder zu "Sie ist nicht" hergestellt gehört.
    Gerade vor dem Hintergrund, dass die Zeit, wenn es hier nun um sie geht, ja als offenbar wichtigste der Schwestern dasteht, könnte das missverständlich sein.
    Unmissverständlicher, so sie denn fest verbunden sein soll, wäre es vielleicht mit "ist fest verbunden mit den Schwestern."

     

    vor 20 Stunden schrieb Sidgrani:

    Die zweite Schwester strebt zum Licht,

    sie muss stets neu die Segel hissen.

    Zum Horizont weist ihr Gesicht,

    die Zukunft kennt kein Ruhekissen.

    Mit dieser Strophe wird die Ungleichheit der 3 Schwestern nochmal mehr betont.
    Nachdem die Erinnerung bloße 2 Verse zur Umschreibung erhalten hat, werden der Schwester Zukunft hier nun 4 Verse zuteil.
    Wie gesagt, mit dem Ungleichgewicht bezogen auf die Schwester Zeit bin ich fein, aber dass auch Erinnerung und Zukunft so ungleich dargestellt sind, find ich persönlich unglücklich.

     

    Hier aber ist der Bezug nun eindeutig, die Strophe startet direkt mit "Die zweite Schwester", so ist die Abgrenzung eindeutig.

    Rein bildlich finde ich ihre Umschreibung allerdings nicht so gelungen, wie die der Erinnerung.
    Das Licht, die Segel, das Ruhekissen, das ist mir alles zu durcheinander - klar, die Zukunft ist vielfältig, aber das wäre ja allein mit dem Bild des zu unbekannten Horizonten Segelns auch schon sehr abgedeckt gewesen.

     

    vor 21 Stunden schrieb Sidgrani:

    Doch dem, der sie nicht nutzen mag,

    ist sie um Mitternacht verfallen.

    "jemandem verfallen sein" - versteh ich nicht.
    Warum ist die Zeit verliebt in den, der die geschenkte Zeit nicht nutzt?

     

    Du meinst doch eher, dass sie "für den verfällt, der sie nicht nutzen mag", oder?
    Also:

    Für den, der sie nich tnutzen mag,
    wird sie um Mitternacht verfallen.

     

     

    Bin gespannt auf deine Ausführungen, insbesondere zum Gleichgewicht zwischen den Schwestern^^
    Gern gelesen,

    LG Chris

     

  3. vor 3 Stunden schrieb Stavanger:

    Ich würde nie behaupten, ich verstünde es. Aber klingt gut!

    Moin Stavanger,

     

    naja, dann interpretier es doch XD
    Verdient hätte der schöne Text es!

     

     

    Moin @Dionysos von Enno,

     

    ich bin einfach Fan deiner Sprache, das ist genau meine Wellenlänge 🙂

     

    Ich hatte beim Lesen ein Sterbebett vor Augen, ein bittersüßer Abschied zweier Liebender, viele andere sind schon gegangen (menschenleerer Hafen) und nun ist es auch an der Zeit für das Lyrische Ich. 
    Die Kabel waren für mich Maschinen, die es vielleicht noch am Leben halten?


    Das Bild mit dem neugeborenen Kind betrachte ich als Versprechen der überdauernden Liebe. 
    Das Lyrische ich und seine Liebe wird fortbestehen, seine Seele wird wiedergeboren werden. 
    Die Liebe ist nicht gebunden an den sterbenden Körper (gib auf mein Angesicht). 
    So will das Lyrische Ich dem Lyrischen Du den Abschied vielleicht auch einfach nur etwas einfacher machen.

     

    Traurigschön!

     


    Eine kleine formale Anmerkung: 
    Der betonte Einstieg ist mir schwergefallen, da das "wenn" in den Folgeversen ausschließlich unbetont eingesetzt ist. 
    Für meine Ohren klänge "Und wenn" im ersten Vers angenehmener. 
    Das "Und" könnte so auch noch mehr den Eindruck einer bereits erzählten Geschichte vermitteln. 
    Wir treten nur in den letzten Zeilen der Geschichte an die Seite des Lyrischen Ich und Du, der Rest vor dem "Und" hat sich nur zwischen ihnen abgespielt. 
    Find ich eigentlich charmant so.

     

     

    LG und gern gelesen, 
    Chris

     

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    • Schön 1
  4. Moin Evitucexe,

     

    ich finde deinen Text leider gar nicht gelungen, weil er sprachlich große Makel aufweist. 
    Lyrische Sprache hat ihre Eigenheiten und diverse sprachliche Stilmittel, die eingreifen in den Standardsprachgebrauch. 
    Aber einen einzelnen Satz mehrfach zu verdrehen, wie du das hier allein mit dem ersten Satz tust, ist alles andere als kunstfertig.

     

    Ich will dich nicht in Grund und Boden kritisieren, daher zunächst ein paar Punkte, die ich schätze:

    • Offenbar bemühst du dich darum, gebunden zu schreiben. Ich sehe einen halben Kreuzreim und Ansätze eines metrischen Schemas (also ein regelmäßiger Wechsel von betonten und unbetonten Silben).
      Die Reime Schatten/hatten und Wort/fort sind sauber und mit etwas Übung wird auch das Metrum runder.
    • du bemühst dich um eine bildliche Sprache, hier in Form der Schatten, offenbar als Personifikation von Menschen und der Sonne bzw. den Sonnenstunden als Zeitraum der Möglichkeiten, des Aufeinandertreffens, des Verbindens.
      In sich passen die Bilder gut zusammen.

     

    Das alles kann seine Wirkung aber nicht entfalten, weil der Text wie gesagt sprachlich so ungünstig konstruiert ist. 
    Dein erster Satz:

    vor einer Stunde schrieb Evitucexe:

    Die Blicke sich trafen

    Als sich sahen, zwei Schatten


    Absehen davon, dass das Komma falsch gesetzt ist (es gehört hinter "trafen", nicht hinter "sahen"),

    Ist die Satzreihenfolge derart deformiert, betrachten wir die standardmäßige Satzstellung:

    "Die Blicke trafen sich, als zwei Schatten sich sahen."

    Zweimal verschiebst du hier nämlich das Reflexivpronomen "sich" - ja, das ist ein sprachliches Stilmittel (Inversion), aber in dieser Form sehe ich nicht, welchen Mehrwert es dem Text bringen soll? 
    Der einzige Grund für diese Verschiebung ist, "Schatten" ganz hinten stehen zu haben, für den Reim.

     

    vor einer Stunde schrieb Evitucexe:

    Weil die Sonne schien

    Sie sich gefunden hatten

    Und noch eine Inversion, diesmal ist das "hatten", auch wieder für den Reim, ganz nach hinten gewandert.
    Es kommt außerdem ein Komma hinter "schien".

     

    vor einer Stunde schrieb Evitucexe:

    Leider keiner von ihnen

    Sagte ein Wort

    Und NOCH eine Inversion, das "sagte" wandert von zweiter Stelle weiter nach hinten.

     

    vor einer Stunde schrieb Evitucexe:

    Als sie sich doch trauten

    War die Sonne wieder fort

    Und damit ist das der einzige Satz in deinem kurzen Text, der grammatikalisch nicht verdreht ist XD

    Allerdings kommt ein Komma hinter "trauten".

     

    Das soll kein Verbot sein, nicht mit der Sprache zu spielen, sie zu biegen, und in ein lyrisches Kleid zu hüllen. 
    Aber dieser fast schon exzessive Einsatz von Satzverdrehungen hört sich einfach gar nicht mehr schön an. 
    Ich würde dir dabei empfehlen, nicht unbedingt immer dem allerersten Gedanken zu folgen, der vielleicht einen spannenden Reim produziert, und dann den Satz auf Biegen und Brechen in diese Reimstruktur zu pressen. 
    Nimm dir Zeit, auch andere Formulierungen auszutesten, in denen du auf Inversionen vielleicht sogar verzichten kannst - wenn sie keinen weiteren Nutzen außer Reimerzeugung haben.

    Ein Beispiel für den ersten Satz:

    Sie wechselten Blicke 

    von Schatten zu Schatten.

     

    Ja, um es zusammenzufassen: 
    Ich bin generell Fan davon, einen Text vielleicht kurz ruhen zu lassen und dann später nochmal mit frischem Blick darauf zu schauen. 
    Man muss es nicht zerdenken, was ich auch gern tue. 
    Aber ein kurzes Innehalten darüber, ob das wirklich alles war, was wir für unseren Einfall tun konnten, dürfen wir unseren Texten angedeihen lassen!

     

    Ich wünsch dir gute Weiterarbeit, lass dich nicht unterkriegen 😉
    LG Chris 

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  5. Moin Zorri,

     

    vor 21 Minuten schrieb Zorri:

    Für Liebe gibt es kein Maß. 

    Liebe verursacht keine Schmerzen, 

    Ablehnung, Verlust, Einsamkeit usw.

    verursacht Schmerzen. 

    Liebe heilt diese Schmerzen. 

    Da darf es ja durchaus unterschiedliche Betrachtungsweisen geben.
    Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie man diese verschiedenen Gefühle unabhängig voneinander betrachten oder auch erleben sollte. 
    Ein wunderschönes Zitat aus einer Marvel-Serie (WandaVision) bringt das ganz anschaulich auf den Punkt: 

    "Was ist Trauer, wenn nicht Liebe, die überdauert?" 


    Liebe kann Heilung sein, bin ich voll bei dir. 
    Aber hat nicht jeder, der schon einmal einseitig geliebt hat, der betrogen wurde oder sonstwie in einer toxischen Liebesbeziehung steckte, ebendiese Liebe verflucht?

     

    Zum Maß:
    Klar, wissenschaftlich messen lässt sich die Liebe nicht. 
    Aber es gibt ja durchaus unterschiedliche Qualitäten, manche lieben mehr, vielleicht im Übermaß oder fanatisch.
    Manche lieben weniger, vielleicht nur sich, oder nichtmal das. 
    Manche Paare entlieben sich. 
    Und das Feuer der anfänglichen Liebe ist doch zunächst ungewöhnlich heiß^^

     

    Aber das soll hier nun auch keine Überzeugungsarbeit werden. 
    Für dich darf Liebe gern wie von dir beschrieben sein, es wird dann hier auch zu konzeptual und wir entfernen uns von deinem Text. 

    Um den Rhythmus ging es mir bei meiner Version:
    Vielleicht mag meine Liebesphilosophie deinen Ansprüchen nicht genügen, dann aber vielleicht zumindest die metrischen Anpassungen deinem Rhythmusgefühl 😛

     

    LG Chris

  6. Moin Hera Klit,

     

    ich bin insgesamt kein riesen Fan der freien Lyrik, aber inhaltlich gefällt dein Text mir durchaus. 
    Ich bin unschlüssig, ob ich diesen Text nun überhaupt in der Lyrik-Sparte einordnen würde. 
    Klar, Zeilenumbrüche und Strophen sind da, aber ob das Prosa schon zu Lyrik macht, bleibt eine endlose Diskussion. 
    Deinem Text kann das aber ja egal sein. 

    Die Erzählung ist packend. 
    Der finale Selbstmordgedanke steht im krassen Kontrast zur Beiläufigkeit, mit der er eingebracht wurde. 
    Mir gefällt diese klimaktische Zuspitzung der Waisenzeilen auf die Einsamkeit, die wir damit immer wieder vorgeführt bekommen.

    Die scheinbare Beliebigkeit der Tageseindrücke ist dabei entsprechend doppelt passend.


    Dass wir diese Einsamkeit und das Lyrische ich nicht verstehen können, nicht verstehen sollen, wird überdeutlich hier:

    vor 13 Minuten schrieb Hera Klit:

    Im Forum hassen Transsexuelle meine letzten Kommentare.
    Ich gehöre nicht in diesen illustren Kreis.

    Eine Referenz ins Off, der wir nicht folgen können. 
    Auch wir gehören nicht in diesen illustren Kreis, nicht einmal im Ausgeschlossensein können wir dem Lyrischen Ich beistehen.

     

    Gern gelesen,

    LG Chris

    • Danke 1
  7. Moin Endeavour,

     

    schöne kurzweilige Beobachtung, eine Bestandsaufnahme über den Umgang mit dem Offensichtlichen. 
    Mir gefällt hier die inhaltliche Verstrickung mit den wiederholenden Eigenheiten des Trioletts, das veranschaulicht die Unnötigkeit dieses Reproduzierens des ganz Offensichtlichen noch mehr. 
    Deine Eigenheit mit dem abgesetzten Schlusswort passt hier ausgesprochen gut. 
    Dieses kurze Harren, Bewusstwerden des eigenen Wiederkäuens der immerselben Leier, schön so! 😄 

    Naja, es steckt wohl einfach im Dichterblut: Wenn Frühling ist, dann müssen wir das auch irgendwie lyrisch aufarbeiten - kommt ja auch dann immer wieder sehr plötzlich!

     

    Für mich persönlich bräuchte es diesen nachfolgenden Seitenhieb auf die Dichterkollegen aber auch gar nicht unbedingt - deine Referenz auf Sturm und Drang, die Erhebung des Dichters zum Genie, die hiermit persifliert werden soll. 
    Ich glaube, der Text könnte auch mit seinem formalen Wink alleine wirken. 
    Aber dann wäre es nicht deiner, gell? 
     

    LG Chris

  8. Moin Zorri,

     

    ich sehe, du hast das Akrostichon für dich entdeckt. 
    Eine spannende Form, die versteckte Botschaft kann eine Aussage unterstützen oder sie in ein ganz neues Licht rücken.
    Besonders spannend (für dich als Autorin) wird es dann, wenn man das Akrostichon mit anderen Formen verbindet. 
    Ein Akrostinett, gefällig?^^

     

    Ich persönlich bin eher Fan davon, wenn man nicht allzu sehr mit dem Vorschlaghammer auf das Akrostichon hinweist. 
    Wenn, würde ich vielleicht mit Großbuchstaben am Zeilenanfang arbeiten, die sind ja sowieso nicht unüblich in lyrischen Texten.
    Ansonsten könnte man die Information hier ja auch ganz außerhalb des Textes geben, beim Erstellen als Stichwort für das Thema Thema. 
    Mit diesen Leerzeichen, die die Akrostichon-Buchstaben abgrenzen, sieht das für mich jedenfalls einfach nicht mehr so schön aus. 
    Auch Fettmarkierungen kommen irgendwie plump. 
    Ich würd da mehr auf die Beobachtungsgabe der Lesenden vertrauen und sie die Freude, ein Akrostichon gefunden zu haben, erleben lassen 🙂

     

    Nun aber konkret zu deinem Text. 
    Was ich gut finde: 
    Die Zeilensprünge, mit denen du das Akrostichon hier überhaupt erst ermöglichst sind passend. 
    Sie bringen Dynamik in den Text, er wird immer wieder vorangetrieben, passend zum inhaltlich beschriebenen belebenden Rhythmus.

    Es stört mich dabei auch nicht, dass es dann nicht mehr überall Endreime sind ("Herz" z.B. reimt sich nicht am Versende auf "Schmerz", das Versende ist das zeilensprungbedingte "die"). 
    Aber wie gesagt, das macht es dynamisch.

     

    Damit aber auch schon dahin, was mir nicht gefällt: 

    Der Text wiederholt sich inhaltlich stark. 
    Du benutzt da Synonyme wie "puslierend", "pochend" und "schlägt" und bringst damit keine wirkliche neue Dimension in den Text. 
    Wir haben ja bereits nach Vers 2 schon verstanden, dass die Lieber der Motor ist, der uns am Leben hält 😄

    Des weiteren finde ich inhaltlich die Aussage "ohne Schmerz" aus eigener Erfahrung ziemlich unwahr^^ 

    Der Reim Herz-Schmerz ist so alt wie die Dichtung selbst. 
    Er ist nicht verboten, aber er ist auch kein Feuerwerk der dichterischen Schaffenskraft 😄 


    Außerdem: Wenn du mit einem Akrostichon und diesen Zeilensprüngen so mit Reimen und Rhythmus spielst, dann muss der Rhythmus auch da sein. 
    Wir als Lesende müssen uns darauf verlassen können, dass der Text uns mitnimmt, uns beim Lesen unterstützt.

    Das ist hier nicht der Fall, dein Text ist metrisch sehr durcheinander.

     

    Ich veranschauliche die Verteilung betonter und unbetonter Silben einmal:

    vor 21 Minuten schrieb Zorri:

    Die

    L iebe lebt tief in unserem Herz, 

    i st pulsierend ohne Schmerz, die

    e inen eigenen Rhythmus prägt, stets

    b elebend und ständig pochend, ist

    e in Herz das ewig schlägt. 

    x

    XxxXxXxxX

    XxXxXxXx

    XxXxxXxXX

    xXxxXxXxX

    xXxXxX

     

    Das ist wirklich sehr durcheinander.

    Ich verstehe, dass es, wenn man sich um eine neue Form wie das Akrostichon kümmert, schwierig ist, sich noch auf andere Formalia zu konzentrieren. 
    Aber sowas wirkt einfach viel besser, wenn es etwas gebügelter ist 😄

     

    Ich hatte die ein oder andere Idee, wie man hier umformulieren könnte, um einen einheitlichen Rhythmus zu erzeugen. 
    Das aber nur als Anregung, eine Änderung in dem Sinne muss nun nicht sein, es ist ja dein Text 😉

     

    Die

    Liebe ruht in unser aller Herzen, 

    Ist mal größer, kleiner, mal mit Schmerzen, mit

    Einem eig'nen Rhythmus eingeprägt,

    Bebend, lebend, wie das Herz, das

    Ewig nur für diese Liebe schlägt. 

     

    LG, und viel Freude weiterhin mit den Akrosticha,
    Chris

    • Schön 2
  9. vor 11 Stunden schrieb Claudi:

    Boah, das haut mich jetzt um! Ich dachte mir ja schon, dass sehr viel Sinnvolles in diesem Gedicht steckt. Jetzt bin ich erst recht begeistert und sehr froh, dir diese tolle Erläuterung entlockt zu haben, die ich mir später nochmal in aller Ruhe zu Gemüte führen werde. Danke! Ich verneige mich.

    Herrje, also so einen Zuspruch hätte ich dazu wirklich nicht erwartet, ich danke dir 🙂 
    Ich mach mir ja immer gern son paar Gedanken, manches überträgt sich dann auch, anderes steckt für immer in den eigenen Hirnwindungen fest.

    In erster Linie zerdenk ich das ja auch immer für mich, ich mag es, ein Grundgerüst zu haben! 
     

    vor 11 Stunden schrieb Claudi:

    Ich glaube, die Info zu den 8 Minuten und 10 Sekunden als Fußnote hätte mir geholfen, bei meiner Deutung näher an deiner Intention zu bleiben. So war es natürlich eine schöne Überraschung. Schade nur, dass mir das wirkliche Aha-Erlebnis ohne deine Hilfe entgangen wäre.

    Ich rede natürlich gern darüber, was ich mir so bei meinen Texten gedacht hab, aber besonders spannend wird es ja erst dann, wenn andere ihre ganz eigenen Ideen einbringen. 
    Du hattest mit der Larve ja auch einen Gedanken, der sehr gut passt und das ist doch auch schön. 
    Mindestens also auch für mich eine Aha-Erlebnis, was da noch drinstecken kann 😄

     

    vor 11 Stunden schrieb Claudi:

    Dieses Gedicht von dir (und nicht nur dieses) hätte soooo viel mehr Aufmerksamkeit verdient. Ich hoffe, da kommt noch was.

    Ich danke dir, du hast dafür auf jeden Fall alles gegeben!^^
    Ich fessle mich nun an den Stuhl, damit ich nicht abhebe 😉

     

    LG Chris

  10. vor einer Stunde schrieb Claudi:

    Das ist ja ein Ding! Ich hatte sogar spaßeshalber mal kurz angefangen, die Sekunden zusammenzuzählen, mich allerdings nur auf die Hebungen (den Takt) konzentriert. Eine Echtzeitangabe bzgl. der Lesedauer konnte es jedenfalls nicht sein. Da meine Zählung schon nach grobem Überschlagen der ersten Strophe nicht stimmen konnte, habe ich die Idee wieder verworfen, auch weil ich davon ausging, sowieso nicht poetisch zu ticken.

    Ja, Sekundenzählen hilft sogar, allerdings nicht silbenweise. 
    Ich habe hier einen zeilenweise verrinnenden Countdown eingebaut XD 
    Jede Zeile (auch die summenden) ist 20 Sekunden "wert" 😛 

     

    vor einer Stunde schrieb Claudi:

    Ein Gefühl von "überladen" hatte ich nicht. Ich habe einfach versucht, die verschiedenen Details zu einem schlüssigen Ganzen zusammenzufügen. Könnte schon sein, dass ich bei meiner Interpretation im menschlichen Bereich geblieben wäre, wenn das Außengeräusch kein Summen und die Zeitangabe weniger präzise gewesen wäre. Dass die Sekunden wörtlich zu nehmen sind, habe ich zwar nicht vermutet, aber bei einer Larve schien mir die genaue Zeitangabe wohl einfach plausibler.

     

    Das ist schön zu hören! 
    Ja, also die Zeitangabe bezieht sich auf einen konkreten Aspekt im Text, das war für mich nicht die Larvenentwicklung, aber generell geht es ja wie schon angesprochen um Zeitlichkeit und Weiterentwicklung, darum passt es so oder so.
    Es ist nun auch kein großes Geheimnis oder ein krasser Plottwist, darum löse ich gern auf:
    Die
     8:20 Minuten beziehen sich auf die Dauer, die ein Lichtstrahl von der Sonne auf die Erde braucht^^ 
    Das Licht spielt hier ja auch eine zentrale Rolle - abgesehen davon, dass dies das Sommer-Gedicht in meinem Jahreszeiten-Zyklus ist, soll es hier auf der ersten Ebene um eine Libelle gehen, die zum Schutz vor der Mittagssonne auf einer Fensterbank im Schatten Platz nimmt. 
    Das Lyrische Ich, ein Mensch in meiner Vorstellung, bestaunt dieses still dasitzende Tier, ist verzaubert von der Schönheit und wartet mit der Libelle die Zeit ab, bis es wieder Zeit für die Libelle ist, die Fensterbank zu verlassen.
    Die 8:20 Minuten sind dabei also eine wissenschaftlich gemessene Einheit und gleichzeitig für das Lyrische Ich aber so viel mehr, das in dieser kurzen Zeit, die es mit der Libelle hat, von dieser verzaubert ist.


     

    vor 1 Stunde schrieb Claudi:

    Deine Gedanken würden mich sehr interessieren. Vor allem auch, welche Beschreibungen du als reales Erleben rüberbringen wolltest und welche bildlich gemeint waren. Das zu unterscheiden, fiel mir nicht leicht. Nicht, dass das schlimm wäre. Es war ein Vergnügen, meine Fantasie mit deinem Text verschmelzen zu lassen. Ich würde nur gerne wissen, was du gerne von der Leserschaft erkannt haben wolltest und was du bewusst offen gelassen hast.

    s.o. - und meine Grundidee war für alle der vier Texte, dass es einen tierischen Patron gibt, der die jeweilige Jahreszeit verkörpert. 
    Wie es aber bei so vielen meiner Texte ist, soll es natürlich auch um menschliche Gefühle und Verbindungen gehen. 
    Dafür gehören aber alle 4 Texte irgendwie zusammen, da sie jeweils ein anderes Stadium von Liebe und zwischenmenschlicher Beziehung darstellen sollten. 
    Da das alles irgendwie zusammenhängt, hab ich in den Texten auch überlappende sprachliche Bilder bzw. inhaltliche Elemente eingesetzt.
    Am Beispiel dieses Sommertextes:

    • Hier wird der Schatten aufgegriffen, der im Frühlingstext noch bedrohlich verheißend durch das Schattenglas wahrgenommen wurde, das Lyrische Ich hatte dort eine getrübte und verzerrte Wahrnehmung von dem, was kommt. 
      Hier hingegen ist der Schatten ruhespendend, es hat eine Reflektion stattgefunden und aus dem Nichtherauskommenwollen im Frühlingstext wurde hier nun zumindest der Wunsch nach mehr. 
      Das Lyrische Ich denkt hier ja durchaus darüber nach, der Libelle aus den Schatten zu folgen!
    • Die Verbindung zum Herbsttext hingegen habe ich im Kontrast dazu im Licht gesehen. 
      Im Sommer gibt es ein Übermaß an Licht, so viele 8:20 Minuten, die es zu nutzen gibt, ob man es nun tut oder nicht. 
      Im Herbsttext hingegen droht schon der Winter, die Tage werden kürzer, es sind Vorkehrungen zu treffen, wenn man nicht von der Endlichkeit überrascht werden will. 


    So, jetzt habe ich ganz viel gesagt, ich hoffe, das macht Sinn für dich, danke fürs Zuhören 😄 
    LG Chris

    • wow... 1
  11. Moin Claudi,

     

    vielen Dank dass du dir abermals die Zeit genommen hast und mir einen Kommentar dagelassen hast 🙂 
    Freut mich, dass dieser Text dir auch gefallen kann! 

     

    vor 2 Stunden schrieb Claudi:

    über dieses Schöne mache ich mir schon die ganze Zeit Gedanken und komme immer wieder her, um meine Eindrücke zu vertiefen. Inhaltlich stand ich beim ersten Lesen, besonders auch bezüglich des Titels, ziemlich auf dem Schlauch, bis ich dann in der letzen Strophe auf den "Libellenreigen" stieß. Das war das Aha-Erlebnis! 

    Der Titel, ach, Gott, ja.
    Ich hatte überlegt, ob das überhaupt will, weil es schon sehr nüchtern klingt. 
    Aber am Ende passt auch diese wissenschaftliche Präzision eigentlich ganz gut.

     

    vor 2 Stunden schrieb Claudi:

    Es geht also um Libellenlarven, die sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden (größere und kleinere) dargestellt durch die unterschiedlichen Verslängen mit beigefügter Silbengrafik (hübsch!). Allein diese Idee finde ich schon großartig! Und wie praktisch, dass es nun gar nichts mehr zu Ixen gibt. 😁

    Na, man tut doch alles, um der geneigten Leserschaft entgegen zu kommen 😉 
    Ja, die bunte Silbenaufschlüsselung steht tatsächlich auch nochmal im direkten Bezug zum Titel!

     

    Ich mag deine Libellen-Interpretation, und ja:
    Insgesamt ging es um das Vergehen von Zeit, das Weiterentwickeln, und das Nichterwartenkönnen. 
    Hier also ein recht ähnlicher, aber doch ganz anderer Ansatz als bei meinem "Frühlingsei"^^
    Thematisch passt das auf jeden Fall zueinander, Libellen schlüpfen zum Sommerbeginn, weshalb ich ich sie hier auch als jahreszeitenrepräsentierendes Tier ausgewählt habe.

     

    vor 2 Stunden schrieb Claudi:

    Als Lebensraum stelle ich mir hier einen Teich vor. Auch sehr eindrücklich dargestellt hast du die Abgrenzung zwischen der nur blass zu erahnenden Welt über Wasser (summSumm) und der direkt wahrnehmbaren Welt unter Wasser. 

    Interessanter Gedankengang, gerade auch weil die Spiegelung immer wieder Thema ist. 
    War so nicht mein hauptsächliche Intention, aber ich geh da gern mit^^

     

    vor 2 Stunden schrieb Claudi:

    Das LI scheint selbst eine Larve zu sein. Möglich wären auch verteilte Sprechrollen, wobei die jeweils sprechende durch ihre Länge gekennzeichnet ist. Mir persönlich gefiele hier gut die Quelle des kollektiven Wissens, aus der sie schöpfen. Auf jeden Fall erschließt sich mir jetzt die Zeitangabe aus dem Titel. Der Zeitpunkt, in ein neues Leben als flugfähige Libelle zu treten, rückt mit jeder Strophe näher.

    In meiner Vorstellung war das LI keine Libelle, eher ein stiller Beobachter.
    Es spricht aber an sich auch nichts dagegen, dem LI auch Libellenstatus zu geben 😄 
    Ein Entwicklungsstadium macht das LI so oder so durch, unter anderem auch durch den Titel und den Countdown ausgedrückt, wobei das nur eine Ebene des Titels war.
     🙂 

     

    vor 2 Stunden schrieb Claudi:

    Das Fenster deute ich als die Wasseroberfläche. Ist die Fensterbank der Grenzbereich zwischen den beiden Welten? Die Bühne befindet sich offenbar unter Wasser, da die Glieder des LD noch ruhen. Hier könnte auch ein Beobachter vom Teichrand ins Wasser schauen. Die Perspektive lässt sich für mich nicht eindeutig bestimmen, oder ich interpretiere die Fensterbank falsch.

    Spannend! 
    Ja, so einen Schwellenbereich wollte ich hier haben, einen Übergangspunkt, der wird ja auch in der letzten Strophe noch wichtig. 
    Für mich war es hier bildlich ganz schlicht und konkret aber ebendiese Fensterbank, die Innen und Außen trennt. 
    Für das Lyrische Ich ist so nur eine ebensolche, für die Libelle aber eben Ort der Bewunderung, eine Bühne, auf der sie sich dem Lyrischen Ich präsentiert.

     

    vor 2 Stunden schrieb Claudi:

    Hier wird es für mich leicht mystisch. Ich kann viel mit dem Inhalt anfangen, glaube aber, dass zu viel rationales Aufdröseln dem schönen Text keinen Gefallen täte.

    Dann lasse ich das gern auch erstmal unkommentiert 🙂 

     

    vor 2 Stunden schrieb Claudi:

    Abschließend denke ich, dass der Text aus (mindestens) zwei Perspektiven lesbar ist und dass du die Deutung vermutlich bewusst offen gelassen hast.

    Na, ich hoffe^^ 
    Ja, sicher kann man hier gut eine Libellenschau herauslesen, aber den ein oder anderen Gedanken mehr hatte ich noch.

     

    vor 2 Stunden schrieb Claudi:

    Aufs Handwerk bin ich jetzt nicht sonderlich eingegangen und lasse es mal bei "hervorragend". Die ganze Idee ist so originell und ansprechend umgesetzt, dass ich mein viel zu oberflächlich gegebenes Like von "schön" zu WOW korrigiere.

    Das freut mich sehr. 
    Ich hatte nach Abschluss etwas mit diesem Text gehadert, weil er mir mit den verschiedenen Details, dem Gesumme, der Silbenaufschlüsselung und auch dem "verkopften" Titel fast zu voll rüberkam. 
    Aber es ist dann ja auch immer noch eine ganz andere Sache, was sich dann am Ende auch wirklich überträgt!


    Von daher nehme ich dein Lob gern an und danke für deine Zeit 🙂
    LG Chris

     

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  12. Moin Endeavour,

     

    vor 13 Stunden schrieb Endeavour:

    dass Du der Form Gerechtigkeit widerfahren lässt, während Du gleichzeitig mit der Verslänge und dem zeilenübergreifenden Satzbau Hand an die Struktur legst, ist beeindruckend. Sehr ambitioniert, zumal Du mit den Anklängen an die Konkrete Poesie noch einen draufsetzt. In diesem Zusammenhang schießt der Reim weiter/Zeit mehr m. E. etwas übers Ziel hinaus; der Preis gewissermaßen für ein derartiges Lesevergnügen.

     

    Vielen Dank für die schmeichelnden Worte! 
    Im Prozess war das eine Qual, ich hatte eine halbfertige Version, in der es sich einfach nicht sinnig zusammenfügen wollte und dann hatte ich nochmal ganz von vorne begonnen. 
    Daraus ist dann fast an einem Stück dieser Text entstanden. 
    Ich dachte zwischendrin aber auch, dass ZU viele Baustellen auf einmal waren.

     

    Also, weiter/Zeit mehr fand ich dann sogar ganz charmant - das flog mir im zweiten Anlauf so zu und ich dachte: Was könnte mangelnde Zeit besser ausdrücken als ein nicht fertiggedachter Reim? 😉

    Glücklicherweise gibt es im Pantum ja jeden Vers auch immer zweimal, so ist selbst der fehlerhafte Reim nie ganz allein^^

     

    Danke dir fürs Lesen und deinen Kommentar!


    Moin Letreo,

     

    vor 12 Stunden schrieb Letreo71:

    ich sehe hier eine schöne Verknüpfung, ein Band, zwischenmenschlich, welches du sprachlich wunderbar mit dem Sein und Werden der Natur verwoben hast. Das Leben schreibt Geschichte und wir, wir drehen uns wie dieses Blatt. Die Form des Pantuns passt hier sehr gut. (Ich weiß, wie schwierig es ist, eines zu schreiben.)

     

    Gern mitgedreht.

     

    Danke dir! 
    Dieses Bild vom unbeschriebenen Blatt, das wir mit unserer eigenen Geschichte füllen, ist zwar schon recht überbenutzt, aber mir geht es hier ja ganz klar nur um die bunten Herbstblätter und die typische herbstbedingte Reflektion über die Vergänglichkeit unseres Seins, ähem^^

    Ja, der Twist (pun intended) kommt dann eben mit dem Drehen und Wenden, wie ein Blatt im Wind, wie beim Umschlagen einer Buchseite, wie bei Zweien, die sich tanzend um eine gemeinsame Mitte bewegen 🙂 

     

    Das Pantum mit seinen schönen Wiederholungen, den Drehungen und Wendungen in sich selbst durch die Neuanordnung der Verse in anderem Kontext, war da für mich die einzig richtige Form!

    Vielen Dank fürs Vorbeischauen und Mitdrehen!
    LG Chris

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  13. Moin Sternenkind, 

     

    ich finde es ja wirklich schön, wie beliebt das Pantum in diesem Forum ist. 
    Ich sehe hier so viele mehr als noch seinerzeit auf gedichte.com - vielleicht ist die Form aber auch einfach insgesamt in den Jahren populärer geworden.

     

    Ich mag das Pantum:
    Es gibt uns die Chance mit Wiederholungen zu spielen, sie zwar regelhaft einzusetzen aber vielleicht auch in unvorhersehbaren neuen Kontexten. 
    Umso wichtiger ist mir persönlich aber auch, dass es eben vollständige Wiederholungen sind, gern variiert in Satzzeichen und Wortzusammensetzungen, aber nicht grundsätzlich in der Auswahl der Worte. 
    Das ist für mich dann genau diese verschenkte Chance, durch die Umpositionierung des Verses eine Veränderte Sichtweise zu erzeugen, nicht durch die Veränderung der Worte.

     

    Bevor ich ins Inhaltliche gehe, hier einmal die Darstellung der Metrik:

    vor 9 Stunden schrieb Sternenherz:

    Der Tau liegt träumend in der Rosenblätterwiege.
    Das Schwalbenkind, das hält sein Köpfchen sacht bedeckt.
    Es ist nicht wichtig, dass ich siege
    und dass mein Tun Begeisterung erweckt.

    xXxXxXxXxXxXx

    xXxXxXxXxXxX

    xXxXxXxXx

    xXxXxXxXxX

     

    vor 9 Stunden schrieb Sternenherz:

    Das Schwalbenkind, das hält sein Köpfchen sacht bedeckt
    und irgendwo da wächst ein Moospolster ins Licht.
    Ja, dass mein Tun Begeisterung erweckt,
    das brauch ich für mein Glücksempfinden nicht.

    xXxXxXxXxXxX

    xXxXxXxXXxxX

    xXxXxXxXxX

    xXxXxXxXxX

     

    vor 9 Stunden schrieb Sternenherz:

    Und irgendwo, da wächst ein Moospolster ins Licht.
    Das Schwalbenkind, es blinzelt aus dem Nest.
    Mehr brauch ich für mein Glücksempfinden nicht!
    Das Leben feiert täglich sich im Fest.

    xXxXxXxXXxxX

    xXxXxXxXxX

    xXxXxXxXxX

    xXxXxXxXxX

     

    vor 9 Stunden schrieb Sternenherz:

    Das Schwalbenkind es blinzelt aus dem Nest.
    Es ist nicht wichtig, dass ich siege.
    Das Leben feiert täglich sich im Fest.
    Der Tau liegt träumend in der Rosenblätterwiege

    xXxXxXxXxX

    xXxXxXxXx

    xXxXxXxXxX

    xXxXxXxXxXxXx

     

    Auffällig ist die unterschiedliche Anzahl der Versfüße, das reicht von 4-hebigen Jambus mit weiblicher Kadenz bis zum 6-hebigen Jambus mit weiblicher Kadenz. 
    Ich empfinde das auch nicht als störend, gerade wenn die eher kürzeren Verse eine Strophe abschließen, wie wir das in den ersten 3 Strophen haben, bringt das doch ein schönes Ausklingenlassen mit. 
    Dass nun aber dieser Ausklang gerade in der letzten Strophe nicht stattfindet, ist dann mindestens schade, zumal das auch inhaltlich mit dem Traum und der Rosenblätterwiege doch sehr ausklingend klingt^^

     

    Rot markiert ist oben ein unschöner metrischer Bruch, das "Moospolster" lässt sich leider auf Biegen und Brechen nicht XxX betonen.
    Je nachdem, wie sehr du daran hängst, lässt sich das aber ganz leicht ausbügeln, zum Beispiel so:

    Und irgendwo, da wächst ein Bett aus Moos ins Licht.

     

    Ansonsten will ich bzgl. der Metrik noch den recht häufigen Gebrauch von Füllwörtern erwähnen: 

    vor 10 Stunden schrieb Sternenherz:

    Das Schwalbenkind, das hält sein Köpfchen sacht bedeckt.

    Mit dem Relativpronomen "das" nimmst du Bezug auf das just genannte Schwalbenkind, das gefällt mir stilistisch nicht so, insbesondere weil das metrisch motiviert rüberkommt. 
    Wo wir bei Füllwörtern sind: Auch das "sacht" geht in die Richtung.
    Das ist einfach als Adjektiv so überbenutzt, es gibt doch noch so viele andere Adjektive 😄 

     

    vor 10 Stunden schrieb Sternenherz:

    und irgendwo da wächst ein Moospolster ins Licht.

    Hinter "irgendwo" muss ein Komma. 
    Mit dem "da", erneut ein Bezug auf das direkt davor genannte "irgendwo", wirkt wiederum sehr metrisch motiviert.

     

    vor 10 Stunden schrieb Sternenherz:

    Das Schwalbenkind, es blinzelt aus dem Nest.

    Und nochmals, wie "das" zuvor mit "es" ein weiterer Bezug.

    vor 10 Stunden schrieb Sternenherz:

    Das Schwalbenkind es blinzelt aus dem Nest.

    Hier im Wiederholungsvers fehlt dann noch das Komma hinter Schwalbenkind.

     

    Ich habe da nun akut keine Lösungen parat, wie wir die Füllsel ausmerzen können, gerade in einem Pantum ist es ja auch ein empfindliches Gefüge und jede Änderung wirkt sich auch auf den Rest aus.

    Bei Bedarf können wir aber gern nochmal etwas brainstormen. 

     

    Folgende sprachliche und inhaltliche Punkte habe ich nun noch:

    vor 10 Stunden schrieb Sternenherz:

    Der Tau liegt träumend in der Rosenblätterwiege.

    Ich verstehe, warum du die "Rosenblätterwiege" in den ersten (und letzten) Vers bringst. 
    Das ist natürlich ein sprachliches Statement. 
    Es ist aber auch ein extrem romantisches Bild, könnte zu viel sein, insbesondere, wenn ich deinen Text richtig deute und es ja eigentlich um genau das Gegenteil geht: 
    So viel braucht es ja eben NICHT für das eigene Glück. 
    Es geht NICHT darum, anderen etwas zu beweisen, pompös wie die Rose sich jedem aufzudrängen. 
    Das Inhaltliche steht dabei also der formalen Umsetzung mit den stark betonten umarmenden Versen gegenüber.

     

    vor 10 Stunden schrieb Sternenherz:

    Schwalbenkind

    spannend, dass du hier das Wort "Schwalbenkind" benutzt und nicht das "Schwalbenküken", das auch gleichzeitig den Einsatz der Füllwörter vermieden hätte. 
    Da das ein sehr naheliegendes Wort ist, MUSS es einen Grund geben, warum es ein Schwalbenkind ist. 
    Es soll hier also eben nicht der interpretatorisch enge Korridor auf Vögel sein, "Kind" lässt das Wort vermenschlichen, wobei hier wohl ein Attribut der Schwalbe auf uns übertragen werden soll. 
    In Bezug auf die Trotzigkeit des Lyrischen Ichs, dass der Welt nicht gefallen will und muss, das einfach glücklich sein will, könnten die klassischen Aspekte der Leichtigkeit und Freiheit hier greifen, die wir uns von den Vögeln zu eigen machen. 
    Welche tiefergehende Symbolik konkret die Schwalbe hier für deinen Text nun mit sich bringt, weiß ich gerade akut aber nicht, da freue ich mich über einen Hinweis, in welche Richtung es bei dir ging.

     

    vor 10 Stunden schrieb Sternenherz:

    siege

    das ist reimlich die einzige Stelle, wo es für mich konstruiert rüberkam, da das auch sprachlich und bildlich so etwas schief wirkt. 
    Ich seh einfach im Text keinen inhaltlichen Anhaltspunkt, wo es um Wettbewerb oder Kampf geht, wo ein Siegen relevant sein könnte. 
    Bei der Begeisterung, die das Tun nicht erwecken braucht, kann ich problemlos mitgehen, "siege" kommt mir aber eher reimgeschuldet vor.
    Ich will aber auch kein großes Fass aufmachen, wenn man vom "ich muss euch nicht gefallen" ein paar Schritte weitergeht, landet man vielleicht auch beim "ich muss euch nicht besiegen" XD

     

    vor 10 Stunden schrieb Sternenherz:

    Das Leben feiert täglich sich im Fest.

    Ja, das ist diese Leichtigkeit, diese kindliche Sichtweise (da passt dann auch das Kind, statt das Küken) auf das Leben. 
    Egal, was wir tun, das Leben geht weiter und erfreut sich seiner Existenz. 
    Es liegt an uns, daran teilzuhaben oder es uns selbst schwer zu machen.

     

    Der Wechsel von Lyrischem Es (Schwalbenkind) zum Lyrischen Ich (auch Schwalbenkind?) war für mich zunächst schwierig. 
    Mir hat da der konkrete Bezug gefehlt und es las sich erst wie zwei parallele Geschichten, die nichts miteinander zu tun hatten. 
    Mit meiner Interpretation vom "Schwalbenkind" haben wir diese Verbindung aber ja vielleicht schon. 
    Wir, der Menschen, schauen uns ab, wie es die Schwalben tun, wie es die Kinder tun, und lernen dabei, das Leben wieder mit Leichtigkeit zu leben.

     

    Ob auch das "Schwalbenküken" uns diese Adaption erlaubt hätte und wir den Bezug vom Vogel auf uns hergestellt hätten? 

     

    LG Chris
     

     

    • wow... 1
  14. Moin gummibaum,

     

    was für ein feines Hexenwerk! 
    Die magische Transformation von Katze zu Mensch zu Katze ist dir gut gelungen und ist ein schönes Sinnbild für die doch sehr weltliche Einsamkeit und wie wir Gesellschaft bei unseren lieben Tieren suchen. 
    Ich habe beim Lyrischen Ich etwas Cat-Lady-Vibes, wobei ich meinen Hund auch gerne extra fest knuddeln kann, wenn mir die sozialen Kontakte mal ausbleiben^^

     

    Ich mag, dass die letzte Strophe in vielerlei Hinsicht lesbar ist: 
    Träumt das Lyrische Ich noch, nun endlich in Gesellschaft einer frechen "Hexe"?

    Ist da wirklich eine Hexe, vormals Katze, die magischerweise Körper getauscht hat?

    War das Lyrische Ich vielleicht auch die vorigen 3 Strophen die ganze Zeit eine Katze, sehnt sich aber danach, ein Mensch zu sein?

    Oder steht diese seltsame Transformation gar als Kritik für unsere gedankenverlorene Realitätsflucht? 
    Tatsächlich finde ich die Betonung des Handys im Text recht prägnant und in den Augen einer Katze wirkt das sicher sehr seltsam, wie wir uns ausdauernd diesen kleinen Bildschirmen widmen, statt den wirklich wichtigen Dingen im Leben - den Katzen, die um unsere Beine tigern!

     

    Kurze formale Anmerkung:
    Schön, dass du metrisch für diesen Text den Amphibrachys gewählt hast, der hat was von Sprüchesingen auf dem Blocksberg^^

    Einzige Unsicherheit ist für mich in diesem Vers:

    vor 8 Stunden schrieb gummibaum:

    Es wird langsam dunkel und kühl und ich friere.

    Da das "langsam" schon eine sehr starke Eigenbetonung hat. 
    In einem prosaisch gesprochenen Satz ist die Betonung viel deutlicher auf "langsam" als auf "wird".

    Das sollte aber recht leicht zu beheben sein, falls du daran Interesse hast. 
    Passend zu deinem Duktus fände ich zum Beispiel auch sowas:

    So langsam wird's dunkel und kühl und ich friere.

     

    Ansonsten hab ich aber auch gar nichts weiter anzumerken,
    gern gelesen, 
    LG Chris

  15. Moin Letreo,

     

    das hier ist mein 150. Beitrag in diesem Forum, Halleluja, und ich setze ihn gerne unter deinen Text. 
    Ich hatte heute Mittag noch schnell ein Like platziert, bevor hier alles überschwemmt sein würde 😉

     

    Mir gefällt die Einfachheit, nein, die Unkompliziertheit deines Textes. 
    Der braucht nicht viel, um zu wirken, er muss keine große Show machen, keine Vielheber, achsoviele Strophen oder aufwändige Reimschemata! 
    Hier reicht die eindringliche Anapher, Claudi hatte darüber schon gesprochen, stimme allem zu. 
    Ich mag die Anapher als Stilmittel sehr gern, Wiederholungen sind stark, auch inhaltlich, bringen sie doch hier etwas Selbsttherapeutisches rein: 
    Wenn das Lyrische Ich es sich nur immer wieder sagt - Na und! - dann ist das auch so.

     

    Die Assonanz zwischen Augen und Bauchweh ist sehr stimmig.
    Von solchen inhaltlich begründeten und wohlgesetzten "Fehltritten" bin ich Fan 🙂

     

    Zuletzt kann hier wohl jeder mit dem Lyrischen Ich mitfühlen. 
    Vielleicht nicht von der Ursache des Schmerzes her, aber wir alle, wir Kunstschaffenden, wissen ja, dass uns der Schmerz ganz anders beflügeln kann. 
    Freut mich, dass er hier so gute Arbeit leisten konnte! 🥴

     

    LG Chris

    • Danke 1
  16.  

     

    Wir drehen uns wie dieses Blatt

     

    Wir drehen uns wie dieses Blatt, das tiefer fällt:

    Ein Tanz am Boden, oben geht es weiter, weiter.

    Die vielen Farben noch und Licht, und alles hält

    die Frucht in harter Schale. Bald ist keine Zeit mehr.

     

    Ein Tanz am Boden, oben geht es weiter. Weiter  

    zu uns, und wie wir sammeln, was wir alles tun,

    die Frucht in harter Schale, bald ist keine Zeit mehr

    sie einzufangen. Sie ist endlich, da wir ruh’n.

     

    Zu uns! Und wie wir sammeln, was wir alles tun:

    Die vollen Blätterseiten, unsere Geschichte,  

    sie einzufangen, sie ist endlich da. Wir ruh’n

    zusammen, dass wir wieder eins sind, dicht an dichte.

     

    Die vollen Blätterseiten, unsere Geschichte,

    die vielen Farben noch und Licht und alles, hält

    zusammen, dass wir wieder eins sind, dicht an dichte.

    Wir drehen uns wie dieses Blatt, das tiefer fällt.

     

     


    27. März 2024

     

    ______________________________________________________

    Version ohne Formatierung für bessere Lesbarkeit:

     

    Wir drehen uns wie dieses Blatt

    Wir drehen uns wie dieses Blatt, das tiefer fällt:
    Ein Tanz am Boden, oben geht es weiter, weiter.
    Die vielen Farben noch und Licht, und alles hält
    die Frucht in harter Schale. Bald ist keine Zeit mehr.

    Ein Tanz am Boden, oben geht es weiter. Weiter
    zu uns, und wie wir sammeln, was wir alles tun,
    die Frucht in harter Schale, bald ist keine Zeit mehr  
    sie einzufangen. Sie ist endlich, da wir ruh’n.

    Zu uns! Und wie wir sammeln, was wir alles tun:
    Die vollen Blätterseiten, unsere Geschichte,  
    sie einzufangen, sie ist endlich da. Wir ruh’n
    zusammen, dass wir wieder eins sind, dicht an dichte.

    Die vollen Blätterseiten, unsere Geschichte,
    die vielen Farben noch und Licht und alles, hält
    zusammen, dass wir wieder eins sind, dicht an dichte.
    Wir drehen uns wie dieses Blatt, das tiefer fällt.

     

     

    __________________________

    Winter: Ein Bär in meiner Brust

    Frühling: Sollbruch 

    Sommer: Noch 8 Minuten und 20 Sekunden 

    Herbst: Wir drehen uns wie dieses Blatt

     

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  17. Moin Nebiros,

     

    gern geh ich nochmal auf ein paar deiner Rückmeldungen ein!

     

    vor 15 Stunden schrieb Nebiros:

    Bei vielen Sachen die du kritisiert sind es  exakt die Sachen mit denen ich auch nicht wirklich zufrieden war die in dem Format aber gar nicht anders möglich waren.

    Zumindest habe ich nichts gefunden 😄

    Na klar, das ist formal nun so krass eingeengt, dass jede Veränderung alles zum Einsturz brächte.
    Ich glaube, es ist nun auch nicht der Anspruch, an diesem Text noch weiter zu schrauben. 
    Aber wir können ja die Erkenntnisse hieraus beim nächsten Mal anwenden^^

     

    vor 15 Stunden schrieb Nebiros:

    Erstmal das natürlich gleichbleibende Stakkatohafte Format.

     

    Ich kann verstehen das es für einige nach Leiern klingt aber ich finde es hat irgendetwas.

    Das wird man denke ich in dieser Form auch nie rausbekommen.

    Selbiges hier, ja. Wenn wir es uns zur Aufgabe machen, vollständige Verse zu reimen, ist da natürlich keine syntaktische Vielfalt zu erwarten. 
    Aber es geht ja nun nicht darum, dass wir immer und nur noch diese Sequenzreime durchziehen, oder? 
    Wenn wir in einem Text mal zwei Sequenzreime haben ist das gefühlt schon maximal ausreichend, weil das ein so krass aufmerksamkeitsbindendes Stilmittel ist. 
    Alle anderen Verse können dann ja für die syntaktische Vielfalt sorgen^^

     

    vor 15 Stunden schrieb Nebiros:

    Im Grunde genommen war jeder Vers darauf ausgelegt ein und dasselbe in anderen Worten auszudrücken

    Ja, so habe ich das auch verstanden und natürlich MUSS es dann keinen klaren Bezug zwischen den Versen geben. 
    Ziel sollte es aber natürlich sein, wie gesagt, wenn wir diesen Sequenzreim dosiert anwenden, dass dann natürlich klare Bezüge, stimmige Bilder zusammenspielen.

     

    vor 15 Stunden schrieb Nebiros:

    Aber Ode ist eigtl sowohl Singular als auch Plural oder irre ich mich?

     

    Bin mir eigtl ziemlich Sicher das man Wörter wie Ode und Regel definitiv im Kontext von Plural sehen kann.

     

    Aber das war im Grunde eh nicht meine Absicht also ist es nicht so wichtig.

    Für mich stellt das Wechseln von Plural und Singular auch nicht so ein Problem dar insbesondere da es ja nichts zusammenhängendes sein soll sondern ein und denselben Zustand auf unterschiedliche Art und Weise beschreibt.

    Ja, also die Mehrzahl von Ode ist Oden. 
    Aber du hast da natürlich recht: Das ist jetzt kein großes Problem in diesem Vers

    Ich fand es nur auffällig, weil du zuvor ja konsequent alles in der Mehrzahl geschrieben hattest. 

     

    vor 15 Stunden schrieb Nebiros:

    Das hier ergibt tatsächlich keinen Sinn^^

    Das war eher so eine gefühlsgeschichte.

    Gemeint war es im Sinne von Pegeln um die Alliteration einzuhalten hab ich halt irgendwie quatsch geschrieben keine Ahnung.^^

    Den meisten fällt sowas gar nicht auf 😄

     

    Bei "tümlich" wollte ich auf altertümlich hinaus.

    Im Sinne von uralte Regel und dachte ich komm damit durch

    Ich mag Alliterationen auch, aber die sind qualitativ natürlich eher auf der schwächeren Seite, wenn sie aus demselben Wort in unterschiedlichen Wortarten gebildet werden 😄 

     

    "tümlich" ist ja auch ganz nah dran an "normalem" Deutsch.
    Es gibt ja das sehr richtige Verb "tümeln", von daher wäre da vielleicht schon was mit machbar gewesen. 
    "tümlich" ist so als solitäres Suffix aber leider einfach falsch und musste somit knallhart aufgezählt werden 😉

     

    vor 15 Stunden schrieb Nebiros:

    Da weiss ich nicht so recht was du mit Artikel meinst.

     

    Die bekennende Lache?

    Ja, genau das meinte ich: der, die das, ein, eine. 
    In Satzkonstruktionen mit einer Einzahl vermisst man so einen Artikel dann doch schneller, als in Sätzen in Mehrzahl. 
    Das ist ja einfach eine Sache der Sprechgewohnheiten. 
    Was klingt üblicher für dich: 

    • "Gebrochenes Herz in meiner Hand" oder
    • "Ein gebrochenes Herz in meiner Hand" bzw. "Das gebrochene Herz in meiner Hand"

    In solchen Konstruktionen ist es einfach vollständiger, wenn wir den Artikel auch hören.

    Dem gegenüber im Plural:

    • Gebrochene Herzen in unseren Händen"

    Hier ist es in der Mehrzahl ganz natürlich, keinen Artikel zu setzen.

    Mir geht's da also einfach um Sprechgewohnheiten. 
    Klar sind wir hier in der lyrischen Sprache, die darf sich auch vom "Gewohnten" abheben. 
    Aber solche kleinen Irritationen, unüberlegt gesetzte Auslassungen, können den Zauber auch ganz schnell stören.

     

    vor 15 Stunden schrieb Nebiros:

    Inhalt wird bei mir definitiv gross geschrieben.

    Ich bin gespannt was du von anderen Werken von mir hälst die ähnlich "mystisch" geschrieben sind oder ob es jetzt wirklich nur an diesem Werk lag das der Inhalt  für dich keinen Sinn ergab.

    Ja, du hattest ja für diesen Text zwischendrin auch schon gesagt, dass hier jeder Vers eigentlich immer dieselbe Aussage machen soll, daher ist da inhaltlich natürlich gar nicht so viel los. 
    Das ist inhaltlich für mich nun also nicht per Definition "mythisch", es sei denn du meinst ein "altertümelndes" Vokabular ^^

    Bin gespannt auf Folgendes, vielleicht dann ja auch bald schon etwas mit reduzierterem Einsatz deines Sequenzreims 😉

     

    LG Chris

    • Danke 1
  18. Moin Nebiros und willkommen im Forum!

     

    Ich probiere mich auch immer wieder mal formal aus, einfach mal ausloten, was geht und was nicht. 
    Deine "Spielerei" entbehrt nicht eines gewissen formalen Reizes und ganz sicher ist es keine Leichtigkeit, derart ausdauernd noch über Anfangs-, Binnen- und Endreim hinauszugehen.
    Nein, hier ist in der Tat jeder kleinste Versbestandteil verreimt - da mir dafür kein etablierter Fachbegriff bekannt ist, nenne ich das hier jetzt einfach mal Sequenzreim. 

    Ich denke, das Fehlen eines entsprechenden Fachbegriffs (so es einen gibt, bitte her damit!) macht aber auch klar, dass dieser Sequenzreim nicht massentauglich sein kann - im wahrsten Sinne.

    Denn in dieser Menge, allein um ihn bis zum Ende durchzuhalten, finden sich dann doch einige Probleme:

     

    Angefangen mit dem stakkatohaften Herunterleiern der immergleichen Struktur:

    Für mich geht da leider jeglicher sprachlicher Zauber verloren, da, notgedrungen, jeder Vers immer ein und derselben Struktur folgt. 
    In diesem Übermaß an Reim geht natürlich auch der hervorhebende betonende Charakter des Reims verloren, es ist einfach ein Overflow, womit am Ende gar nichts mehr betont wird^^
    Als vereinzelt eingesetztes Mittel, mag so ein Sequenzreim aber durchaus eine starke Betonung haben und auch inhaltlich ein starkes Statement setzen können.


    Ich hatte bei einem meiner Experimente dieselbe Erkenntnis: 
    Da hatte ich ein Gedicht komplett im Choljambus geschrieben und extrem häufig Wörter mit derselben Wortendung verreimt (z.B.: Baumspitzen/Absteigen/Zweigen/Dasitzen/Hinabgleiten/ausbreiten). 
    Klare Erkenntnis, dass mehr Varianz schon Sinn macht 😉

    Weiter geht es mit den semantischen Redundanzen (Pleonasmen):

    Am 24.3.2024 um 17:06 schrieb Nebiros:

    verspiegelte spiegel

     

    Am 24.3.2024 um 17:06 schrieb Nebiros:

    wogenden wellen

     

    Am 24.3.2024 um 17:06 schrieb Nebiros:

    getegelte tegel

     

    Am 24.3.2024 um 17:06 schrieb Nebiros:

    geregelte regel

     

     

    Und zuletzt haben wir einige sprachliche Ungenauigkeiten/Sinnlosigkeiten:

    Am 24.3.2024 um 17:06 schrieb Nebiros:

    in schwungkraften fetzen

    es müssten "schwungkräftige" sein.

     

    Am 24.3.2024 um 17:06 schrieb Nebiros:

    verkochende orte in tobenden quellen
    In tosende tode aus tausenden taten

    der untere Vers bezieht sich vermeintlich auf den vorigen, ergibt so von der Struktur aber keinen Sinn.

     

    Am 24.3.2024 um 17:06 schrieb Nebiros:

    sinn-kosende ode aus sausenden saaten

    klein aber auffällig, da du sonst immer im Plural bist: hier nutzt du nun den Singular bei "Ode", um den Reim zu bedienen.

     

    Am 24.3.2024 um 17:06 schrieb Nebiros:

    getegelte tegel aus tümlichen teichen

    den österreichischen Begriff Tegel für irgendein Gestein kann man noch hinnehmen, aber bei "getegelt" fehlt mir jedes Verständnis, was das in diesem Kontext aussagen sollte^^

    "tümlich" ist unvollständig, das wird nur als Suffix gebraucht, etwa bei "eigentümlich" oder "irrtümlich".

     

    Am 24.3.2024 um 17:06 schrieb Nebiros:

    geregelte regel aus rühmlichen reichen

    s.o. ein vereinzelter Singular mit "Regel".

     

    Am 24.3.2024 um 17:06 schrieb Nebiros:

    benennende sprache die trennt und verbindet
    bekennende lache die brennt und verschwindet

    s.o. Singular, bei "Sprache" finde ich das noch sinnvoll, aber "bekennende Lache" klingt auch einfach ohne Artikel unvollständig.

     

    Am 24.3.2024 um 17:06 schrieb Nebiros:

    vertriebene flüsse aus zornigen weichen

    Hier fehlt mir auch das Verständnis, was die Weichen sein könnten, aus denen Flüsse vertrieben worden sein könnten. 

    Das soll hier aber nur beispielhaft für fast alle intersequenziellen Bezüge stehen. 
    Denn eigentlich macht fast gar kein Vers im Zusammenspiel seiner beiden Hauptbestandteile einen größeren Sinn^^
     

    Am 24.3.2024 um 17:06 schrieb Nebiros:

    verglühende blinde in grob-wucht der wille
    verblühende winde in tobsucht der stille

    auch hier fehlt es an Artikeln "in der grob-wucht" und "in der tobsucht", der Genitiv mit "der wille" stimmt so auch nicht nicht, es ist "des Willens".

     

     

    Noch kurz für die formale Vollständigkeit:

    Metrisch bist du mehr als ok, du kannst den 4-hebigen Amphibrachys fast durchgehend halten, sehr schön.
    Einzig dieser Vers bricht aus:

    Am 24.3.2024 um 17:06 schrieb Nebiros:

    sinn-kosende ode aus sausenden saaten

    da "sinnkosende" mindestens AUCH auf der ersten Silbe betont wird. 
    "sinn" ist zu stark, als dass es sich da dem "kos" vollständig unterordnen könnte.

     

     

    Also wie gesagt: 
    Als Experiment für die Wirkung von Sequenzreimen sicher spannend - wie so häufig aber: Die Dosis macht das Gift^^

    Hintenan steht bei solchen formalfokussierten Spielereien dann natürlich auch der Inhalt. 
    Ich mag hier keine Interpretation vorlegen, da das allermeiste auch einfach keinen zusammenhängenden Sinn ergibt. 
    Oder aber ich bin auf einem kolossalen Holzweg und brauche hier deine Unterstützung in der Deutung 😄 

     

    Dennoch habe ich dein Experiment gern begleitet und bin gespannt, zu was du im experimentfreien Raum fähig bist 😉 
    LG Chris

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  19. Moin gummibaum,

     

    ich erlaube mir, einmal meine Gedanken zu deinem Text anzuführen, bevor du deine Erklärung gibst!
    Die angesprochene Dichte/Rätselhaftigkeit finde ich ganz toll, kann ja wirklich Spaß machen, sich durch eng zusammengewobene Sprachbilder zu wühlen^^

    Vorweg sei gesagt, dass ich den Humor oder die Satire hier auch nicht herauslesen und -interpretieren kann. 
    In der Hinsicht bin ich auf deine Erläuterungen also auch sehr gespannt.


    Insgesamt vermittelt dein Text mir eine sehr getragene, melancholische Stimmung.
    Ich will das hier einmal inhaltlich Stück für Stück aufschlüsseln:
     

    Am 21.3.2024 um 00:05 schrieb gummibaum:

    Das Regengrau frisst durch die Fenster
    an mir seit vielen Tagen jetzt.

    Hab ich direkt auf mich bezogen, vielen anderen, die das triste Wetter satt haben, wird es genauso gehen. 

    Nochmal dramatischer natürlich hier für das Lyrische Ich.
    Es wird hier als ein stiller, offenbar sehr passiver Beobachter dargestellt - seit Tagen nimmt es diese grauen Eindrücke wahr, wird von ihnen förmlich aufgezehrt und kann sich dagegen wohl auch nicht wehren.

     

    Am 21.3.2024 um 00:05 schrieb gummibaum:

    Vom hohlen Wesen der Gespenster
    fühl ich mich immer mehr durchsetzt.

    Das "hohle Wesen der Gespenster" deute ich schlicht als inhaltliche oder innere Leere, in Verbindung mit den Gespenstern vielleicht auch eine drohende Lebensmüdigkeit.

     

    Am 21.3.2024 um 00:05 schrieb gummibaum:

    Die Nacht wird mir zum Seelengarten.

    Hier nun ein kleiner Wendepunkt. 
    Der Seelengarten ist für mich schon ein Lichtblick, wobei auch der Bezug zur Seele hier schon wieder in Richtung Lebensende gehen kann. 
    Ich betrachte es hier aber als Ausflucht aus den aufzehrenden Eindrücken der Außenwelt, das Lyrische Ich findet in der Nacht, im Schlaf, die Zeit und Ruhe, in sich hineinzuhören, sich meditationsartig auf sich zu besinnen.

     

    Am 21.3.2024 um 00:05 schrieb gummibaum:

    Im kühlen Bett spür ich das Grab
    und mich vor Zwölf den Schlag erwarten,
    der heilsam weckt, was ich ihm gab.

    Ich verstehe die bereits angesprochene syntaktische Verwirrung hier gut. 
    Der Satz ist in der Tat verzwickt aufgebaut. 
    Wenn mich nicht alles täuscht, sollen wir das hier als Syllepse mit "spür ich" lesen: 
    Einerseits eben für den Satz "Im kühlen Bett spür ich das Grab", 
    andererseits für den Satz "im kühlen Bett spür ich mich vor Zwölf den Schlag erwarten" - also im Sinne von "ich erwarte hier im kühlen Bett den Schlag vor Zwölf." 

    Ich wäre hier aber glaube ich auch für eine syntaktisch etwas eingängigere Lösung, 
    etwa:

    Das kühle Bett ist mir ein Grab, 
    lässt mich vor Zwölf den Schlag erwarten,

     

    falls ich das hier inhaltlich korrekt durchdrungen habe.

    Das kühle Bett als Grab lässt sich hier auch schon wieder in einer Todessymbolik lesen, ich betrachte es aber eher als heilsamen Ort der Ruhe, in dem eher die schädlichen Eindrücke von Außen begraben werden. 
    Vielleicht soll es auch Einsamkeit ausdrücken - ein geteiltes Bett wäre weniger kühl.


    "Zwölf" wiederum als Wendepunkt, die Mitternacht als Zeit des Übergangs, das Lyrische Ich steht vielleicht vor einer großen Veränderung, die vom "Schlag" (ich gehe hier vom Glocken-, Uhren-, Stundenschlag aus) angekündigt wird. 


    Wieder passend zur bereits zu Beginn angesprochenen Passivität, die Dinge geschehen so mit dem Lyrischen Ich, ohne viel Dazutun. 
    Das Dazutun wird dann aber doch im vierten Vers aufgegriffen, denn der Schlag weckt im Lyrischen Ich ebendies, was das Lyrische Ich zuvor "dem Schlag" gegeben hat.
    Was ich denke, was das Lyrische ich dem Schlag gegeben hat: 
    Es nimmt ihn wahr und der Schlag ist damit frei, zu existieren, das Lyrische Ich lässt den Schlag durch seine Wahrnehmung erst geschehen. 
    Und genau dies wird eben im Lyrischen Ich nun auch aufgeweckt, es befreit sich von den äußeren Eindrücken, es ist frei zu existieren.

     

    Am 21.3.2024 um 00:05 schrieb gummibaum:

    Schon weiß ich luftig mich auf Dächern

    Ebendiese Freiheit spürt das Lyrische Ich sofort, hier in einem traumhaften Überdendingenschweben. 
     

    Am 21.3.2024 um 00:05 schrieb gummibaum:

    und bin dem Regen nachts wie Wind,
    der mit ihm spielt und ihm als Becher,
    der keinen Boden hat, entrinnt …

    Der Regen, anfänglich der Feind, die Ursache für die innere Zerfressenheit des Lyrischen Ich ist hier nun ein Spielball des Lyrischen Ichs. 
    In seiner neu gewonnenen Art, die Dinge zu betrachten, kann "der Regen" dem Lyrischen Ich nun nichts mehr anhaben, es entwischt ihm immer wieder.


    Ich finde in diesem Sinne den "Becher ohne Boden", der diese Spielball-Bildlichkeit gut rüberbringt, und auch das Entrinnen verdeutlicht, schon schön. 
    Allerdings ist es sprachlich dabei etwas unglücklich, dass das "entrinnen" sich ja nicht auf den "Regen" bezieht, sondern auf das Lyrische Ich. 
    Nicht der Regen entrinnt, durch einen bodenlosen Becher - was ja sprachlich, bezogen auf eine rinnende Flüssigkeit ein lupenreines Bild wäre.
    Nein, das lyrische Ich entrinnt, als Becher ohne Boden. 
    Einziger bildsprachlicher Kritikpunkt für mich hier.

     

    Weitergedeutet zeigt aber auch dieses Spielen mit dem Regen, dass das Lyrische Ich es noch nicht ganz geschafft hat, sich von seinem Feindbild zu lösen. 
    Auch das "entrinnen" vermittelt ja eher ein "gerade so davonkommen" und auch als Becher ohne Boden gibt es immer noch sehr viel Seitenfläche, die vom Regen angegriffen werden kann.

     

    So bleibt also für mich die Gewissheit, dass die Freiheit des Lyrischen Ichs äußerst begrenzt ist, dass es bald schon aus seinem Traum erwachen wird und die regengraue Wirklichkeit wieder durch sein Fenster zu beobachten haben wird. 

     

    Ich bin gespannt, inwieweit meine Deutung sich mit deiner Idee deckt. 
    Auf jeden Fall gern gelesen und drüber nachgedacht! 🙂
    LG Chris

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  20. Moin @Marc Donis,

     

    kleiner Seitengedanke, bevor es um deinen Text geht:

    lustig, ich hatte erst im Dezember im privaten Kontext ein Gedicht geschrieben, das sich metrisch an Aladdins Arabische Nächte orientiert. 
    Das Metrum jeder Strophe war dabei wie folgt aufgebaut:

    xxXxxXxxXxxA
    xxXxxXxB
    xxXxxC

    xxXxxC

    xxXxxXxB


    Echt spannend, wie alleine dieser Rhythmus so sehr von diesem Lied eingenommen ist, dass man unweigerlich daran denken muss. 

     

    Nun zu deinem Text:
    Natürlich macht auch dein Text alleine mit seinem Einstiegsvers eine deutliche Referenz zum Lied auf. 
    Zwar ist dein Metrum ganz anders als das Original:
    xxXxxX(x)
    xxXxxX(x)

    xxXxxX(x)

    xxXxxX(x)

    XxxXxxX

     

    Aber der Einstiegsvers (und die sich immer wiederholenden Strophenendverse) genügt da schon.
    Ich weiß allerdings gerade nicht, was mir lieber wäre: 
    Eine metrische Ähnlichkeit, die den Rhythmus des Songs transportiert, oder eine inhaltliche Ähnlichkeit in anderem Gewand. 


    Tatsächlich war ich nun aber so sehr bei Aladdin, beim Song, dass es deinen Text immer wieder überschattet hat - das kann aber auch mein ganz eigenes Problem sein, weil ich die Referenz nun so sehr im Kopf habe.

    Aber:
    Da es ja auch EINIGE Strophen sind und du inhaltlich nicht unbedingt eine voranschreitende Geschichte erzählst, sondern vielmehr verschiedene Eindrücke nebeneinanderstellst, habe ich leider festgestellt, dass ich inhaltlich immer wieder mal abgedriftet bin. 
    Dazu beigetragen hat auch das über all die Strophen immer gleichbleibende oben aufgeführte Metrum, es beginnt in dieser Form irgendwann im Kopf zu leiern. 
    Ich glaube, eine kürzere, inhaltlich pointiertere Fassung könnte den Zauber der Arabischen Nächte nochmal ganz anders rüberbringen^^

     

    Hinzu kommen dann ein paar kleine Auffälligkeiten, 

    die ich hier der Vollständigkeit halber auch noch aufführen will:

    vor 2 Stunden schrieb Marc Donis:

    liegt Prinzessin mit Gatten,

    hier ist für die Einhaltung des Metrums eine Ellipse, das nötige "die" oder "eine" ist ausgelassen, das finde ich nicht so schön. 
    Falls dir das "liegt" nicht allzu wichtig ist, könntest du den Vers wie folgt abändern:

    die Prinzessin mit Gatten

     

    Der Bezug innerhalb der Strophe ist damit weiterhin korrekt gegeben:

    komm‘ nun rein, um zu sehen,

    zwischen Vollmond und Schatten,

    die Prinzessin mit Gatten,

    in der arabischen Nacht.

     

    vor 2 Stunden schrieb Marc Donis:

    und nun blühen auch die Zweige,

    metrisch in deinem Schema müsste es hier eher etwa so sein:

    und nun blüh'n auch die Zweige

     

    vor 2 Stunden schrieb Marc Donis:

    Sitzt der Sultan auf Matten,

    trinkt er Çay mit Granaten,

    Hier ist der Reim Matten/Granaten unrein - da die Nutzung des Granatapfels in dieser Formulierung ohnehin unüblich ist, liegt hier doppelt die Aufmerksamkeit.

    Hinzu kommt, dass der Matten-Reim bereits in Strophe 3 genutzt wurde. 
    Nirgendwo sonst (außer bei den sich wiederholenden Strophenendversen) wiederholst du einen bereits genutzten Reim - das macht diese Stelle also NOCHMAL auffälliger^^

     

    vor 2 Stunden schrieb Marc Donis:

    für Menschen, die irrten

    hier fehlt eine unbetonte Silbe am Anfang:

    für die Menschen, die irrten

     

    vor 2 Stunden schrieb Marc Donis:

    Myrthen

    meinst du Myrten?

     

    vor 2 Stunden schrieb Marc Donis:

    so genießen den zarten,

    bei diesem Vers fehlt irgendetwas, ich kann da auf keinen Teil in der Strophe einen Bezug herstellen, auch das "so" scheint mir deplatziert.

     

    LG Chris

  21. Moin @Schmuddelkind,

     

    das hast du sehr zart geschrieben, gefällt mir.
    Besonders schön finde ich "Erst gehst du halb, dann bleibst du ganz." 
    und "Erst bleibst du halb, um ganz zu gehen.", 
    die beide den titelgebenden zaghaften Abschied sehr passend darstellen.

     

    Metrisch bist du konsequent im 4-hebigen Jambus, und bis auf Strophe 2 bei unten/gefunden und Strophe 3 bei Armen/umgarnen haben wir einen reinen Kreuzreim (die kleine Ungenauigkeit ist aber ganz klar zu vernachlässigen 😉 ).

     

    Nachdem du deinen Text in Liebe&Romantik eingestellt hast, gehe ich nun auch davon aus, dass der zaghafte Abschied von begrenzter Dauer ist und das Lyrisch Ich und das Lyrische Du sich bald schon wiedersehen werden.
    In meiner Vorstellung sind sie ein Paar in einer Fernbeziehung, da sind die Abschiede immer so schön bittersüß - schrecklich war das, nie wieder 😄

     

    Von Texten dieser Art aber gerne mehr, 
    gern gelesen!
    LG Chris

  22. Moin Letreo,

     

    kurzer Einschub noch einmal zu dieser Antwort:

     

    vor 17 Stunden schrieb Letreo71:
    vor 21 Stunden schrieb Dali Lama:

    Bei Vers 1 dachte ich, dass das klanglich und metrisch auch ohne die Elision (Streichung des e bei "werde") so gut funktionieren könnte:

    Nein, ich werde nie vergessen, 


    Vielleicht ist es dir wichtig, "das" im wahrsten Sinne des Wortes nochmal zu betonen, wobei es ja eigentlich auch nicht nur um "das" geht. 

    Ja, hier ist es mir wichtig, dass das "das", in Bezug auf das Geschehene, nochmals betont wird. Grundsätzlich ist dein Vorschlag hierzu auch passend.


    Vielleicht könnte man das "das" dann im wahrsten Sinne sogar noch mehr betonen.
    Aktuell steht es unbetont in deinem Vers.
    Es würde das gewünschte Gewicht betont noch viel besser erhalten.
    Zum Beispiel so:

    Niemals werd ich das vergessen,

     

    Sidgranis Änderungsvorschlag hier zum "Vorfall" find ich sehr gut:

    vor 15 Stunden schrieb Sidgrani:

    statt zu hassen, will stattdessen,

    dein Vergehen ich verzeihn.

    Auch damit kann man das Verzeihen etwas universeller auffassen - das Lyrische Ich verzeiht nicht wortwörtlich dem Lyrischen Du, es verzeiht grundsätzlich das Vergehen. Guter Punkt!

     

    Edit:
    Gestern und auch hier nun fast vergessen:
    Das Komma hinter "stattdessen" müsste im Original und auch im Änderungsvorschlag weg.

     

    LG Chris

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  23. Moin Ehren-Worte,

     

    ein schöner Text.
    Ich bin gerade auf Arbeit, daher hier nur ein paar wenige Eindrücke:

    Besonders die erste Strophe gefällt mir mit den Alliterationen und den kleinen kreativen Wortspielen.

    Auch die zweite Strophe hat im wahrsten Sinne dann noch einen frischen Wind, mit dem du die Frühlingsthematik aufgreifst.
    Das wird im weiteren Verlauf dann aber doch abgelöst von, nennen wir es "brachialpoetische Frühlingssprache" (buntes Blumenfeld, goldener Regen, Blütenkelch-Champagnertulpen).
    Nachdem das alles in einer Strophe steckt ist es nochmal mehr betont, diese ist damit für mich auch am schwächsten.
    Danach geht es ja wieder feiner weiter^^.
     

    Einen metrischen Vorschlag möchte ich im vorletzten Vers noch machen:

    vor 1 Stunde schrieb Ehren-Worte:

    damit mir keins der vielen Wunder

    "damit" wird hier auf der zweiten Silbe betont, es erfüllt hier ja nicht den Zweck eines "mit DIESEM", sondern den Zweck eines "SO, dass".
    In diesem Sinne gestaltet sich auch mein Vorschlag:

    so, dass mir nicht eins der Wunder

     

    So wäre die Betonung eindeutig auf der ersten Silbe.

     

    Gern gelesen!
    LG Chris

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  24. Moin Letreo,

     

    das ist inhaltlich in der Tat sehr bedrückend. 
    In deiner Umsetzung zeigt sich aber ganz gut, dass das Lyrische Ich dieses schlimme Ereignis hinter sich lassen will. 
    Der Text ist nicht laut oder aggressiv, die inhaltliche Schwere wird formal vielleicht durch die Trochäen ausgedrückt, das finde ich passend. 
    Wäre es nicht so, dass es hier eben ums Vergeben ginge, würde mir das bei so einem Thema möglicherweise nicht reichen, aber hier, wo es um Milde geht, soll es so sein! 

    Ein paar Punkte würde ich noch ansprechen wollen:

     

    vor 14 Stunden schrieb Letreo71:

    Angst sitzt fest in meinem Nacken,

    so, als ob es gestern wär.

    Grausam musstest du mich packen,

    es gab keinen Ausweg mehr.

    Vers 4 ist hier metrisch etwas wackelig, weil das "es" schwächer betont wird als das "gab". 
    Das könnte man an dieser Stelle reicht einfach lösen, wenn wir auch das unpersönliche Passiv mit "es" änderten.
    Vielleicht so:

    gabst mir keinen Ausweg mehr.

     

    So wird die Täterschaft des Lyrischen Du nochmal betont, denn die Ausweglosigkeit wurde ja durch dieses überhaupt erst durchgesetzt.
     

    vor 14 Stunden schrieb Letreo71:

    Nein, ich werd das nie vergessen,

    doch mein liebend Herz ist rein,

    statt zu hassen, will stattdessen,

    ich den Vorfall dir verzeihn.

    Bei Vers 1 dachte ich, dass das klanglich und metrisch auch ohne die Elision (Streichung des e bei "werde") so gut funktionieren könnte:

    Nein, ich werde nie vergessen, 


    Vielleicht ist es dir wichtig, "das" im wahrsten Sinne des Wortes nochmal zu betonen, wobei es ja eigentlich auch nicht nur um "das" geht. 
    Auch danach ging es für das Lyrische Ich ja noch weiter, ohne das "das" wäre die Aussage also vielleicht sogar etwas universeller.

     

    Bezüglich dieses Verses spreche ich auch nochmal den Titel an, der erscheint mir in diesem Kontext nicht richtig.
    Bezogen auf den Inhalt müsste es dann ja Zeit zu verzeihen sein, was meinst du?

     

    Bei Vers 4 stimme ich meinen Vorrednern zu, der "Vorfall" klingt unheimlich harmlos. 
    Ich kann sicherlich nicht wie das Lyrische Ich über diesen Schrecken nachfühlen, aber das erscheint mir ZU aufgeräumt. 
    Über Alternativen wurde ja bereits gegrübelt, jede erscheint mir angemessener. 
    Ich möchte bei diesem Vers aber noch einen anderen Impuls anstoßen, da ich auch dieses direkte "dem Lyrischen Du verzeihen" echt krass finde.  
    Vielleicht kann das Lyrische Ich das, aber für mich fühlt sich das unvorstellbar an. 
    Was ich mir aber dachte, und da denke ich wieder an meine Anregung aus Vers 1 dieser Strophe: 
    Vielleicht könnte es dem Lyrischen Ich ja auch um ein universelleres Verzeihen gehen. 
    Nicht eines in dieser unglaublichen Gerechtigkeit gegenüber dem Lyrischen Du. 
    Sondern ein Verzeihen der Welt gegenüber, etwa so: 

    ich der Welt all das verzeih'n.

     

    Denn im Endeffekt lebt und liebt das Lyrische Ich ja nicht für das Lyrische Du oder mit ihm. 
    Es ist ihm nichts schuldig, erst recht nicht die Gerechtigkeit des Verzeihens.
    Vielmehr lebt das Lyrische Ich unabhängig vom Lyrischen Du. 
    Es will diesen Hass nicht mehr in sich, in seinem Leben und die Welt eben ohne diesen erleben.
    So zumindest lese ich das. 
    Aber ich verstehe natürlich, wenn das Lyrische Ich da ein viel besserer Mensch als ich sein könnte, und tatsächlich auch ganz konkret dem Lyrischen Du verzeihen kann und will.

     

    LG Chris

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