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Beteigeuze

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Alle erstellten Inhalte von Beteigeuze

  1. Auch von mir noch ein Nachklapp, Rupert Lieder schreibe ich schon lange nicht mehr. Das war eine Phase so zwischen 16 und vielleicht 20. Meine Texte waren da in dem Sinne provokant, dass sie extrem und gerne politisch unkorrekt und nicht unbedingt meine Meinung waren, sondern ich mit Freude etwas in mich hineingelegt habe, was der gemeine Spießbürger in jemandem wie mir sah. Das ist ungefähr so, wie als Punk in eine Talkshow mit Thema Arbeitslosigkeit zu gehen u. dabei ein T-Shirt Arbeitslos und Spaß dabei zu tragen, obwohl man vielleicht sogar gutes Geld verdient. Und wenn man dann trotzdem die Erwartungen der Leute füttert, indem man schamlos bis ins Groteske übertreibt, dann hat man das, was ich mit meinen Texten damals tat. Und dann muss man natürlich die Überraschung folgen lassen, indem man plötzlich ein kleines, nicht zu großes Stück der Wahrheit offenbart, was völlig gegensätzlich zum vorher Dargestellten steht. In diesem Moment zeigt sich, wer noch wach genug ist, seine Hirnwindungen arbeiten zu lassen, um den Spaß zu verstehen (der ja durchaus hintersinnig ist) Das kommt zwar etwas vom Thema ab (scheinbar), aber hat für mich zumindest noch dahingehend mit meinem Schreiben zu tun, dass es etwas ist, was noch immer in mir aufblitzt :-) Georg Danzer kenne ich natürlich, auch wenn ich nicht viel von ihm bewusst gehört habe. Englisch liebe ich mindestens genauso wie Deutsch, und seit ich mich mit Mallarmés Werk beschäftige, bereue ich meine damalige Wahl für Latein. Übersetzungen sind stets Kompromisse, egal wie gut sie sind (was für Mallarmé spricht, da er extrem unübersetzbar ist u. dabei selbst im Kompromiss noch so großartig bleibt). Das alles mag wie zusammenhanglos unter Deinem Werk stehen, doch ist bemerkenswert, dass es dieses Werk ist, welches diese Unterhaltung zutage förderte. Es ist kein Zufall, sondern der Reiz Deines Werkes, die Reiseaufforderung darin, die Züge nach Innen zu nehmen. Denn kein Land ist schöner, und kein anderes nimmt man in alle sonstigen mit :-)
  2. Moooment! :mrgreen: Anfangs heißt es noch: Da ist er also noch
  3. Hi Onkie! Mich hat der Titel angezogen ;-) Aber ich bin zum Glück nicht verdampft. Gefällt mir außerordentlich gut, das Werk. Schön, wie es melodisch mit dem Bildgeschehen spielt und die Sehnsucht mit der Gefahr ins Falterhafte erzählt (was die wechselnden Kadenzmuster für mich unterstreichen). Davon zeugt die kleine Metrumsänderung im Vers 4, Strophe 2, wie "ab" sich gleich dem Wortgeschehen selbst als Betonung erhebt sowie die komplette letzte Strophe, die im Klang selbst den letzten "Kraftakt" des Falters beschreibt. LG Beteigeuze
  4. Hallo Rupert! Eine vergnügliche Reise ins Dichterforenleben sowie - wenn man sich denn spiegeln möchte - ins eigene Dichterego. Und auch vergnüglich in den Punkten, in denen man nicht konform geht, weil sie ja schließlich herausfordern sollen. Interessant sind dann auch die daraus resultierenden Kommentare. Aus meiner eigenen Entwicklung folgendes: Zuerst kamen die sich reimenden Liedertexte, die ich schrieb. Nicht unbedingt dem Metrum, sondern der Melodie folgend. Nebenbei schrieb ich das ein oder andere Gedicht - mit gänzlich anderen Inhalten als meine rein provokanten Liedertexte, hier meldete sich eher der tiefsitzende Poet. Eigentlich aber wollte ich doch Geschichten erzählen. Nur wusste ich noch nicht, wie genau ich das wollte. Musik, ja das muss es sein. War es aber nicht. Also dann Fantasystories, da kann man sogar poetisch sein. Ich lernte beim Schreiben dieser Dinge viel, besonders über meinen inneren Poeten. Ernsthaft war ich aber noch nicht bei mir. Auf einmal schrieb ich wieder ein Gedicht. Es war nicht mal so gut, wie manches, was ich mit 18 schrieb, aber immerhin weckte es etwas auf. Mich. Und die Erkenntnis, wie sich meine Geschichten erzählen wollen. Da wollte ich melodisch sein, wollte Reimer allein sein. Ich lernte wieder viel. Die Gedichte wurden besser, ich fand sie sogar toll. Heute finde ich davon viele nicht mehr so toll, aber sie sind ich. Da merkte ich, dass Ich noch mehr bin und will, so kamen die Stile, die aus dem Reim und dem Metrum heraustraten. Von Verknappungsstilen bis hin zu fast prosaischen Ansätzen, ohne aber Reimwerke aufzugeben. Im Gegenteil wurden diese davon sogar auch besser. Ich komme also dazu, Dir beizupflichten, Rupert, dass die Reise nicht allein im Reiz der etablierten Schönheiten stattfindet oder gar endet, aber sie unabdingbar dazugehören, ja hochgehalten werden sollten. So ist mein eigener Stil herrausgemeißelt worden, nämlich nicht einem bestimmten Stil zu folgen, sondern dem Gegenstand, den ich zu erzählen mich anschicke, den Stil zu geben, den ich für ihn am besten fühle. Mein Stil liegt also nicht in einem Aufbau, aus dem man mich klar erkennt, vielmehr in meinen Worten selbst, in den benutzten Bildern, Chiffren, Metaphern etc. Das sind die Dinge, an denen man oder ich mich erkennen kann. Das ist es, glaube ich, was letztlich Kunst ausmacht. Deshalb kann man so schlecht darüber streiten, deshalb ist Kritik im Bereich Kunst so schwer. Ich habe mich häufig daran nach bestem Gewissen versucht, aber einen sarkastischen Totalveriss wird es von mir wohl nie geben, dazu achte ich die Kunst an sich zu sehr. Man kann auch Schweigen, sage ich mir. Soviel von mir an dieser Stelle. LG Beteigeuze
  5. Hey, der Stern mit dem unaussprechbaren Namen kurz vor der Supernova bin doch ich! Wahrscheinlich gefällt's mir deshalb :mrgreen: Besonders hineingespürt finde ich LG Beteigeuze
  6. Hallo KumboYa! „Im Andenken an Jim Morrison“ deshalb, weil sein Spitzname lizard king war, was zum einen auf seinem Ausspruch “I am the lizard king, I can do anything“ und zum anderen auf seinem Gedicht The Celebration Of The Lizard King beruhte, in dem besagter Ausspruch enthalten ist. Das Symbol (Echsenkönig) hat mit unseren drei Hirnbereichen zu tun, nämlich dem Reptilien-, Säugetier- und dem Primatenhirn. In uns allen stecken diese Teile der Evolution. Es dürfte klar sein, dass der Reptilienteil der archaischste, ursprünglichste Teil ist. Im Gedicht selbst geht es um Bewusstsein, um existentialistische und metaphysische Gedanken. Das LyrIch teilt uns gleich zu Anfang mit, dass es Nacht ist und dass keine Klarheit darüber herrscht, ob es sich in der Realität oder in einem Traum befindet. Insofern ist die in Klammern gestellte Frage an sich selbst (die wir als Leser dadurch mitbekommen) essentiell wichtig (schöner Verweis an dieser Stelle: E.A. Poes Gedicht A dream within a dream). Sie mag daher für sich selbst banal klingen, aber in dem, worum es geht, ist sie das keineswegs. Deshalb ist dieser Klammersatz eigentlich sogar bedeutender als der zweite und die Frage bewusst lapidar gestellt. Ich will an dieser Stelle möglichst wenig über die Bedeutung des Gedichtes sagen, nur ein paar Punkte anreißen: Vom o.g. Symbol ausgehend, und besonders, wenn man am Ende des Gedichtes ankommt, wird klar, es geht hier um LyrIch als Mensch, es könnte also jeder von uns sein. Auch ganz am Anfang, als Lyrich vorm Fenster steht, wird auf die da noch vorhandene Trennung zweier Welten, nämlich Teile seines Bewusstseins, angesprochen. Durch die Aufhebung dieser Trennung eröffnet sich nach und nach ein gewisser Bewusstseinshorizont, der am Ende das Individuum im Universum auflöst und umgekehrt, wodurch der weiter oben angedeutete metaphysische Aspekt ins Spiel kommt. Die Satyrn und Nymphen kommen also nicht aufgrund der sexuellen Revolution ins Spiel (ich denke, hier hast Du Dich einfach von dem Namen Morrison in die 60er-Jahre verführen lassen ;-)), sondern es ist alles Teil des Spieles unseres Reptilienbewusstseins, des Ursprünglichen, des Chaos‘. Wobei erwähnt sein soll, dass ich Chaos nicht als böse und Ordnung nicht als gut verwende, denn beides kann beide Eigenschaften in sich tragen, wenn die Kräfte nicht im Gleichgewicht sind. Deshalb auch folgende Verse: Das soll als Anriss aber genügen, denn alles aufzulösen nimmt den Spaß und hemmt die eigene Reise :-) Stilistisch könnte man es als Prosalyrik einordnen, wenn man einordnen will. Ich selbst schere mich, bevor ich ein Gedicht schreibe, recht wenig darum, was genau ich nun schreiben will. Ich konzentriere mich einfach auf das, was ich erzählen will, die Art, wie ich es darstellen möchte und welcher Weg diese Darstellung am besten unterstreicht. Der erzählerische Charakter ist hier also absolut gewollt. Es knüpft natürlich dadurch an Morrison an, aber nicht unerwähnt sein sollten auch Werke wie The Hashish-Eater Or The Apocalypse Of Evil von Clark Ashton Smith oder Ville von Arthur Rimbaud oder De Profundis von Georg Trakl – um nur einige wenige zu nennen. Die Zeilenumbrüche sind hier keineswegs willkürlich, sondern alle mit Bedacht gewählt. Wenn man es entsprechend vorträgt, eröffnet sich so oft ein Gedanke, der von der Fortführung entweder konterkariert oder erweitert wird. Wenn Du jetzt also von Deinen eigenen Gedanken ausgehst, kannst Du diese in gewisser Weise mit einem Ja beantworten. Der Reptilienteil unseres Hirns/Bewusstseins hat diese Macht. Jeden Tag können wir es sehen, wenn wir uns in uns selbst und der Welt umschauen. Je mehr wir diesen Teil verweigern und nicht anerkennen wollen, umso mehr Probleme wird er uns machen, denn so ist das immer mit einem Teil des Ichs, den man nicht akzeptieren möchte und dadurch nie lernt, mit ihm umzugehen. Wobei noch die entscheidende Frage bleibt: Kann man das wirklich lernen? ;-) Ich danke Dir fürs Lesen und Gedanken hinterlassen. LG Beteigeuze
  7. Die Rückkehr des Echsenkönigs Der Tag war lange schon verwelkt und die Nacht weckte ihre Geschöpfe mit silbernen Trompeten. Sie feierte die Entfesselung ihrer selbst. Ich schlief oder wachte (Gibt’s einen Unterschied?) und tat den Schritt zum Fenster. Nie tat ich dies sonst, nie verließ ich je mein Heim. Doch jetzt funkelte mich das Glas an wie lüsterne Diamanten, entließ sein apokalyptisches Verlangen. Endlich sah ich mich. Der Blick hinaus … Ein Lichtertanz auf Grau, das nicht eingelöste Versprechen der Zivilisation an die Menschheit. Elend und Verzweiflung paarten sich mit Hoffnung und Sehnsucht, zeugten aus ihrem Schmutz einen Moloch. Symbol des Fortschritts. Nemesis. Dahinter brachen Schatten vipernhaft aus fremder Dunkelheit hervor. (Wieder der Klang, den es nicht geben durfte!) Da! jetzt sah ich die Horden! Ungestüm in Bewegung, die wie eine Drohung und Verlockung zugleich wirkte. Fremde Wesen. Leiber aus schleimgrünem Mondlicht, deren Gebärden den menschlichen Verstand verspotteten, drängten auf die Stadt zu. Ihr Gesang war eine Kakophonie obszönen Quakens, und Irrsinn blickte aus ihren Augen den langen Weg in meine. Ich lächelte. Schlachtrufe aus den Äonen verkümmerter Instinkte erklangen in mir, rissen meinen Körper entzwei. Und aus seinen Trümmern entstieg die Seele des Universums – bereit, die Geschöpfe der älteren Welten zu befreien. Wie ein Gespenst schwebte ich über allem, meinem Heim entflohn. Nur ein Flüstern in den Krötenköpfen war ich, ein Befehl aus Urkraft, der sie durch die Straßen trieb. Da entpuppte ich mich aus meiner ätherischen Larve zu einem langzüngigen, grünen Schuppenwesen – ein präkosmischer Wille, frei von stagnierender Lähmung aus Vernunft. Verängstigt verkrochen sich die Menschen. Chaos – die Kraft, aus der sie einst entstiegen – lebte nur noch als verkümmerte Perversion in ihren Herzen – etwas, das Panik verhieß. Und während mein Pan den Schrecken hinter sich her in ihre Welt flötete, begatteten die Satyrn die Weiber, verführten die Nymphen die Möchtegernmänner in früher sicheren Straßen. Mein Echsenleib wuchs über die Welt, alles wurde eins und wieder alles. Reine Energie. Pulsieren. Die Erfahrungen aller Zeitalter tanzten auf meinen Schuppen, wurden zur Symphonie einer neuen Schöpfung. Endlich sehe ich mich. Ein kleiner Mensch hinter einem Fenster, der sich in mir ahnt, doch sich erst jetzt erkennt, da er durch meine Augen blickt. Immer ist er ich, immer bin ich alles. Nie kann er sein Heim verlassen, nie kann ich eines haben. Nur manchmal, wenn die Nacht dunkel genug ist, können die Augen sehen. Dann treffen sich unsere Blicke und öffnen die Tür zu alter Verheißung. Nur manchmal, wenn der Echsenkönig zurückkehrt … (im Andenken an Jim Morrison) © Sascha Besier
  8. Beteigeuze

    Eine kleine Rose

    Hallo Onkie! Ein schön melodisches Werk, was in sich selbst schon das Umranken, Umschlingen durch Klang ausdrückt, indem die Sätze durch die Verse genau dieses Spiel treiben. Man spürt, dass Du weißt, was Du tust, wenn Du ein Gedicht schreibst. Deshalb kritisiere ich überhaupt nicht den Herz-Schmerz-Reim, der ja sonst in Lyrikforen obligatorisch von jedem Schreiber, der was auf sich hält, kritisiert wird, denn ich finde, wenn man merkt, jemand weißt, was er tut, dann darf er das :mrgreen: - selbst wenn ich persönlich ihn nicht unbedingt in ein Gedicht setzen würde, welches Liebe zum Thema hat, aber wenn er gut passt, dann passt er eben. Ich mag besonders: Das Gedicht hat zwar schon etwas Zuckriges, aber durch die Verse, die sich wie die Rosenranken "wendeln", pendelt sich das gut aus. LG Beteigeuze
  9. Hello again :mrgreen: Um nochmal besser zu erläutern, was ich meinte: Die Abgrenzung des letzten Abschnittes empfinde ich durchaus als gut. Was die "balett-tanzenden Explosionen" betrifft, geht es mir also nicht darum, dass sie nicht ins andere Bild passen. Mit will ich nicht auf eine störende Abgrenzung hinaus. Mir geht es um den zueinanderführenden Sprachbildaufbau. Die Abgrenzung könnte durchaus mit einer sinnzusammenhängeden Ergänzung ausgedrückt werden. Das würde die emotionale Bindung dahingehend stärken, dass selbst wenn ein Leser nicht DEINEN Sinn sieht/spürt, er zumindest SEINEN deutlicher hineinlegen kann. Also, auch abgegrenzte Bilder können einander zuspielen, aus einem Guss sein. Ich hoffe, es ist so klarer, worauf ich hinaus will. Aber ich fürchte, so richtig ginge es nur, wenn ich eine eigene Version bastle. Aber mein Feierabend ist gerade zu kurz, um mich solcher Muse in diesem Moment hinzugeben :-) LG Beteigeuze
  10. Hallo KumboYa! Interessanter, weil eigener Stimmungseinfang – im Sinne von individuell. Das fängt schon im Titel mit der Metapher „blinde Straßen“ an, die etwas Chiffriertes hat. Im Gedicht selbst taucht dann erst einmal das Herbstthema auf, welches Du in den ersten beiden Abschnitten auch mit starken, sinnzusammenhängenden Worten einstimmst (z.B. Regen, welk, fallende Blätter, feuchtes Laubrascheln, Wind) Besonders gefällt mir hier Das kreuzt so schön die Eindrücke auf gegensätzliche Weise. Im dritten Abschnitt kommt dann der nähere Bogen zum Titel. Die Blindheit geht hier mehr von eben jenen genannten „Keinen“ aus, weil sie nicht bestaunen, wobei die Verknüpfung zum Selbst des LyrIch gezogen wird, denn es scheint mit seinem anders eingeschlagenen Weg zusammenzuhängen. Man könnte hier fragen, ob dieser anders eingeschlagene Weg gut oder schlecht gefühlt wird, ob LyrIch vielleicht selbst aus Blindheit heraus handelt. Aber das soll jedermanns Phantasie belassen werden. Im Schluss drückt sich dann doch die Straße als Wesen aus, oder besser ihr Wesen über die Laternen. Die Blindheit klingt wieder an, wenn jene Laternen nur noch den Schatten kurz in den Pfützen sehen. Auch ihr Flüstern darüber spricht dafür, ist zugleich Symbol des Geheimnisses. Insgesamt mag ich das Symbolhafte hier, das nicht eindeutig Erschließbare. Für mich persönlich fügt sich aber sprachlich das Herbstbild mit dem zweiten Teil nicht wie aus einem Guss zusammen. Ich meine, es wäre schöner, würden sich beide Themen ineinander bildhaft ergänzen, nicht so getrennt sein. Dabei habe ich durchaus den Beginn jedes Abschnitts im Auge gehabt (Niemand sieht, Niemand hört, Keiner bestaunt).Vielleicht hängt das besonders mit dem letzten Abschnitt und seinen Metaphern zusammen: (weil die Worte sich für mich nicht so gut sinnzusammenhängend einfügen, wie alles vorher) und dem zu einfachen Du hast vorher stärkere, kompaktere Bilder gehabt bzw. die Sprache an sich besser genutzt, hier aber bist Du in Herkömmliches verfallen. Nichts gegen „Seele“, aber an der Stelle wirkt es für mich nicht so. Besonders im Hinblick auf den in Klammern stehenden letzten Satz, der wieder wesentlich dichter ist, verdeutlicht sich dieser Eindruck. Ich müsste länger darüber sinnieren und selbst wohl eine eigene Version darunter setzen, um völlig verständlich zu machen, was ich meine. Soweit meine Gedanken dazu. LG Beteigeuze
  11. Beteigeuze

    sammlerin

    Toll. Schön durchdacht die Farben zur Stimmung eingesetzt. Es ist natürlich einfach Blau-Kälte, Rot-Wärme, aber es muss hier ja auch intuitiv sein. Und witzigerweise reimen sich gerade die beiden Gegensatzmetaphern aufeinander (Eiszeitmelodien, Warmbildphantasien) ;-) Der Abschluss krönt das Gedicht hier wirklich auf besondere Weise: So etwas nenne ich poetisches "Denken", wo nämlich der sprachliche Formaldenker einen Knoten in die Hirnwindungen gemacht bekommt :mrgreen: Dicht gepackt mit kontemplativem Reichtum. LG Beteigeuze
  12. Beteigeuze

    Die Lockung die mich rief

    Die Lockung, die mich rief Im Astgestieg verspring ich kletternd (ein Blätterwurz war’s, der mich lockte), ein Frohdidum dabei sich schmetternd entsingt, wo’s vorher trübsig hockte. Ich krieg’ dich, Duftikus des Waldes! Den Mytherich in Zweigehänden entreiß’ ich tapfer wie Heraldes, um Wurzellustig neu zu bänden. Ja, schupf dich nur! Gleich pickepacke ich deine flinkefangen Füße! Hoha, am elfgesaumten Fracke entwurz’ ich dir die schnolde Süße! Da hab dein Heimstes ich bestungen, es schwällt sich zu mir gar so leichtend. Das Kronenhoch ich mir errungen, und gnome nun durch Bäume beichtend. © Sascha Besier
  13. Hi nochmal! Ja, das hatte ich auch alles so verstanden. Das mit dem bitteren Ende liegt nicht am fehlenden Tonfall, der nicht hörbar ist, sondern allein am Inhalt: Es geht auch schon früher im Gedicht los, dass nicht allein die Liebesgedichte und die Art, wie sie geschrieben sind, zum Thema genommen werden, sondern auch die tatsächlich gelebte Realität dahinter. Das heißt, nicht bloß die Kritik am schlechten Schreibstil kommt hier auf, eher noch eine zynische Sichtweise auf die Liebe bzw. gelebte Realität derselben überhaupt. Das ist eben der Punkt, Du verbindest beides, die zunächst infantile Art, die ja dadurch genau das infantile Geschreibe satirisch aufs Korn nimmt, mit einer zynischen Sicht auf die Realität (zynisch, weil nicht erfüllte Ideale enttäuscht werden), eben bitter. Startet schon hiermit: Hier geht es also nicht nur um die Schreibart der Gedichte, sondern auch um das Dahinter, wie ich weiter oben ja bereits sagte. In dem Du zuerst also das Infantile suchst, um es um seiner selbst willen zu karikieren, erreichst Du mit der Wendung zur ernshafteren Betrachtungssatire, dass sich diese selbst infantil anhört, es aber nicht zu ihr passt. Das meinte ich mit unfreiwilliger Komik. Komisch soll das Gedicht ja schon sein, aber die Komik wirkt hier etwas anders als sie könnte. Der Paarreim ist also nicht zwingend schlecht, ebenso wie die beiden Herangehensweisen. Die Art nur, wie diese Dinge hier gemischt werden, wirkt nicht ganz ausgegoren auf mich. Für den Spott, den Du ansprichst, müsste mehr Substanz rein. Würde dadurch erreicht, dass Du Dich für eine der beiden Richtungen entscheidest und sie konsequent durchziehst, oder aber in die Infantilität das Zynische durch geistreichere Wendungen einflechtest. Tiefgreifende Analyse muss dabei gar nicht rein und sein, es geht mir mehr um den Aufbau an sich (nicht nur das Metrum, vor allem über Wortwahl u. -wendungen). Ich hoffe, es ist klarer geworden, was ich meine. Wenn das Gedicht so steht und bleibt, ist das auch gut, ich sage diese Dinge nicht, um zwanghaft zu überzeugen. Vielmehr ist getan, wenn Dich etwas von dem, was ich hier schreibe, auf neue, andere Gedanken bringt, irgendwie inspirieren kann. LG Beteigeuze
  14. Beteigeuze

    weich

    Ja, tummle mich im Orion, gleich neben Bellatrix :mrgreen: Aber Beteigeuze leuchtet heller (und röter :oops: ). Und zum Ändern Deines Gedichtes sollte Dich meine Spielerei nicht bewegen - wie ich es sagte, meinte ich es auch -, aber wenn sie inspirierend ist für neue (Un-)Taten, ist der Sinn eines poetischen Austausches mehr als erfüllt. Gute Nacht!
  15. Beteigeuze

    Am Bach

    Hallo Seelendichter! Bestimmt weißt Du es nicht erst jetzt, da ich es sage, dass die Verse rhythmisch perfekt sind :-) Besonders reizvoll ist die Melodie dadurch, dass die Verse, die in weiblichen Kadenzen enden, eine Hebung weniger haben. Auffällig ist auch, wie Du die Worte passend zum Gesamtbild gewählt hast. Noch ein paar Gedanken dazu für Dich: Wenn man den Kernsatz, der in Strophe 1 beginnt, ganz unpoetisch zusammenfügt, folgt: Im seichten Wind des Saumgemachs saß ich verträumt am Uferpfad Im seichten Wind eines Gemachs sitzt man an einem Uferpfad? (noch unpoetischer zerpflückt) Neben diesem Bild würde ich sowieso das Saumgemach überdenken, da es sich für mein Dafürhalten nicht recht in alles einfügt. Dann könnte man sogar zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen u. den unreinen Reim aufpolieren. Die Versarbeit möchte ich Dir nicht abnehmen, es sollen ja Deine Worte bleiben, aber einen Reim mit des Lichterdachs könnte ich mir vorstellen. Um den Kernsatz aber sowieso komplett etwas zu bessern, dürfte man natürlich nicht einfach nur Saumgemachs mit Lichterdachs auswechseln, sonst wäre es ziemlich gleich, bis auf die Tatsache, dass man einen reinen Reim hat. Großartig finde ich das Bild: Wo weiche Wellen eines Bachs Den Glanz der Sonne stahlen, Das ist poetisch schön gepackt. Ebenso wie die komplette letzte Strophe. Hier ist eigentlich nur deshalb nicht alles perfekt, weil das Motiv der letzten Strophe relativ deckungsgleich mit dem der beiden genannten Verse der 1. Strophe ist. Zwar legt sich die Sonne hier auf ALLE Bäche, in der 1. Strophe gibt es nur EINEN Bach, aber dennoch ist es nicht so recht klar, was genau der Punkt der Wiederholung ist. Die 2. Strophe führt das Bild jedenfalls schön fort, was dann in die 3. sehr schön übergreift. Einzig, warum der Schluck, würde LyrIch ihn nehmen, es mit schlechtem Gewissen plagt, ist unklar. Wenn einem darauf das „Herz hinfortgerissen“ wird, ist das ja eher eine Befürchtung denn schlechtes Gewissen. Alles in allem ein wirklich schönes Gedicht, was, meiner Meinung nach, sicher der Mühe wert wäre, an ein paar Stellen nochmal nachgebessert zu werden. Ich hoffe, Du konntest ein bisschen etwas mit dem anfangen, was ich schrieb. LG Beteigeuze
  16. Das freut mich doch. Ist ja auch so ein bisschen Deine Ecke Richtung Ungereimtheiten ;-) LG Beteigeuze
  17. Beteigeuze

    weich

    Hallo Mary-Lou! Neben dem einen bisher und dem jetzig kommentierten habe ich natürlich schon das ein oder andere Werk von Dir gelesen. Ich mag Dein Gespür für Wortstimmung oder für den Sinn im Zeilenumbruch. Auch die Verknappung (also, Weglassen von Füllworten) hast Du gut drauf. In diesem Werk wird das auch wieder sehr deutlich. Besonders gefällt mir der Einfall, den Titel selbst schon als Um-die-Ecke-Zeile zu nutzen, um „weichgezeichnet“ zu erzeugen. Das Zeilenumbruchspiel beginnt hier also direkt, ohne Wartezeit :-) Ebenfalls ein Zeichen, wie Du Worte aussparst, in dem Du keine langen Fisimatenten vom Sternenhimmel machst, der sonstwie schön leuchtet, sondern Du bringst die Stimmung einfach durch „ins besternte dunkel“ hervor. Ähnliches gilt für die Tränen, die die Nacht hinab fallen, was auch gleich zu dem Wind wird, der die Nacht hinab heiser haucht. Das alles zieht sich konsequent bis zum Schluss durch. Gefällt mir sehr gut. Ich habe selbst ein bisschen mit den Umbrüchen gespielt. Hier geht es mir nicht darum zu sagen, so sei es besser, vielmehr mein Hang, gerne mal etwas abstrakt zu gestalten. Ich fühlte mich sozusagen animiert, zu spielen, bleibe aber dabei, dass mir Deine Version gefällt ;-) Vielleicht siehst Du ja auch, in welcher Art ich hier mit den Feinheiten gespielt habe und magst es ein bisschen. weich gezeichnet trete ich ins besternte dunkel dechiffriert hinterrücks huschen schattengewächse tränen fallen die nacht hinab haucht wind heiser hinterher sterben zweifel konturenlos entfachst du mein leuchten (wahlweise geht auch einfach "mich" statt "... mein leuchten") LG Beteigeuze
  18. Beteigeuze

    Tanzen im Sturm

    Hallo Wolkenwolf! Schön, wie sich hier das Motiv mit dem Melodischen verbindet, wozu die Entscheidung zu den tanzenden Anapästfüßchen stark beiträgt :-) Auch Dinge wie: Wind, Licht, Grau, Regen, Wolkenmeer, Sintflut und Gefahr oder die Verben: erhebt, erbebt, bricht durch, peitscht oder natürlich tanzen unterstreichen Melodie mit Bildgeschehen. Finde ich gut hineingespürt. Das Spielerische, Verzauberte mit dem Einlassen auf die Gefahr ist so selbst eine Art Tanz, was das Gedicht ja auch darstellen möchte. Bedenken würde ich persönlich allein den letzten Vers. Natürlich mitunter deshalb, weil Strom kein schöner Reim auf Sturm ist, aber vielmehr, weil ich die Floskel "unter Strom stehen" nicht ganz so harmonisch in die Motivik eingebunden empfinde wie den Rest. Aber letztlich ist Dir ganz besonders in punkto Klangharmonie zum Bildgeschehen das Gedicht gelungen. LG Beteigeuze
  19. Beteigeuze

    Nacht im Herbst

    Nacht im Herbst Raum der sich biegt in die Nacht lehnt aus der Bedeutung ein Wind malt Blätter aus der Schwere den grauen Gassen über sie alles ist leise wird Geräusch den eigenen Schritten Botschaft wie es eindringt in Alleen sich entwispert und auf Wolken kreisen die Gedanken ins Mondlicht Gelebtes schläft Erinnertes erwacht bis zur Dämmerung der Erwartung entgegen © Sascha Besier
  20. Hallo DavidDichter! Okay, ich fange mal mit dem Metrum an: xXxXxXx (Reim a) 3-hebiger Jambus, weibliche Kadenz XxXxXx (Reim a) 3-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz xXxXxXxX (Reim b) 4-hebiger Jambus, männliche Kadenz xXxXxXxX (Reim b) 4-hebiger Jambus, männliche Kadenz xXxXxxXxX (Reim c) 2x Jambus, 1x Anapäst, 1x Jambus, männliche Kadenz / 4 Hebungen XxXxXxX (Reim c) 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz xXxXxXxXx (Reim d) 4-hebiger Jambus, weibliche Kadenz XxXxXxXx (Reim d) 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz XxXxXxXxXxX (Reim e) 6-hebiger Trochäus, männliche Kadenz XxXxXxXxXxX (Reim e) 6-hebiger Trochäus, männliche Kadenz XxXxXxXxX (Reim f) 5-hebiger Trochäus, männliche Kadenz XxXxxXxXxX (Reim f) 1x Trochäus, 1x Daktylus, 3x Trochäus, männliche Kadenz / 5 Hebungen XxxX (Zäsur) XxxX (Reim g) mehrere Rhythmusdeutungen möglich, männliche Kadenz / 4 Hebungen xXxxXxxX (Reim g) Jambusauftakt, 2x Anapäst, männliche Kadenz, 3 Hebungen alternativer letzter Vers: xXxXxXxX (Reim g) 4-hebiger Jambus, männliche Kadenz Ich persönlich würde im letzten Vers zur ersten Betonungsvariante tendieren, da sie besser zum Vers davor, auf den es sich ja reimt, passt. Der 13., also vorletzte Vers, ist sogar tatsächlich eine der wenigen Gelegenheiten in der deutschen Sprache, wo der Spondeus zum Einsatz kommt. Jede andere Betonung klänge arg verdreht. Insgesamt siehst Du, dass hier einiges am Rhythmus hakt. Den Reim „nich“ würde ich hier nicht anwenden. Man sieht zu deutlich, dass das Wort allein deshalb des T’s beraubt wurde, um sich zu reimen. Und wenn man so etwas macht, sollte es noch mindestens einem anderen Zweck dienen. Da das Gedicht am Ende eine bittere Wendung nehmen soll, sind die kurzen Paarreimverse vielleicht nicht so glücklich. Sie erwecken etwas den Eindruck der (ungewollten) Komik. Wenn die dann auch in gutem Sarkasmus kommen würde, wäre das sicherlich einwandfrei. Stattdessen kommen aber ein paar Allgemeinplätze über Ehe, Scheidung etc. Man könnte es auch mit Absicht infantil halten, wodurch dann die kurzen paargereimten Verse passen, aber dann sollte der Schluss auch in diesem Stil gehalten sein und nicht, wie hier, auf eine bitter-enttäuschte Wendung hinarbeiten. An Deiner Stelle würde ich mich bei diesem Gedicht erst einmal fragen: Worauf will ich hinaus? Soll es komisch sein? Dabei eher infantil oder geistreich? Soll es tragisch sein? Lehrreich? Hätte ich dann die Antworten darauf, wäre dann für mich der Zeitpunkt gekommen, festzulegen, in welcher Art ich den Rhythmus, die Melodie des Gedichtes gestalte. Wenn Du das für Dich klar herausgearbeitet hast und noch Hilfe haben magst, sag mir gerne Bescheid :-) LG Beteigeuze P.S. Ich weiß schon, dass das Werk bei Humor steht, aber ich hoffe, Du weißt trotzdem, was ich zum Ausdruck bringen wollte.
  21. Oje, ich hoffe doch sehr, meine Erläuterungen wirken nicht wirklich wie eine Verbesserung Deiner Interpretation. Nichts liegt mir ferner. Denn wäre ich ein bereits toter Dichter, könnte ich Dir schließlich nichts mehr dazu erklären :mrgreen: und Du müsstest allein mit Deinen Gedanken leben. Gerade in den Stilrichtungen, in denen ich mich meist bewege, gibt es keine einzige ultimative Deutung. Es soll ja gerade durch Suggestion etwas im Leser ausgelöst werden, was in Einzelheiten durchaus vom Gedanken des Dichters abweicht. Das ist ja genau das Abenteuer, nämlich, dass der Leser sich selbst entdeckt. Du schriebst: Und das ist richtig. So hast Du etwas über Dich selbst erfahren. Wie Du damit umgehst, ob Du damit umgehst, es als etwas über Dich Positives oder Negatives oder als nichts von Bedeutung siehst, bleibt allein bei Dir. Noch spannender ist, dass sich die Sichtweise zu solchen Dingen im Leben ändern kann, wodurch sich dann die Gedichte mit verändern. LG Beteigeuze
  22. Was die linke Hand betrifft: Sehr interessant, was Du dazu sagst, also wie Du es für Dich siehst. In der Art, dass man die rechte Hand gibt bzw. mit ihr vielleicht auch irgendwelche Schwüre abgibt, habe ich es gar nicht gesehen. Ich habe den Hinweis im Gedicht eher als etwas aus dem Gefühl heraus gesehen, dass LyrIch die linke Hand (näher am Herzen), also (allein) seine Emotion der Nacht hingibt. Dein P.S. Ja, das liegt daran, dass ich Strophe für Strophe durchgegangen bin. Strophenübergreifende Reime mag ich übrigens auch, aber wenn hier tatsächlich die von Dir geschilderte Absicht dahinterlag, würde ich doch von meinem Melodiegefühl her anders an die Sache rangehen. Denn wenn der Reim thematisch so gesetzt wurde, wäre es schöner, das Thema vorher schon mal anklingen zu lassen u. es vielleicht später wenigstens noch einmal zusätlich aufblitzen zu lassen. So wirkt es auf mich etwas zu willkürlich - was die anderen, ungereimten Stellen dann noch unterstützen. Also: z.B. im Vers, der auf "wandle" endet, wäre eine entsprechende Reimendung schön. Allerdings würde es sich schwierig darstellen, es nochmal in der dritten oder vierten Strophe einzubauen. Eine (melodische) Alternative wäre, "und hülle mich in Sterne ein" tatsächlich so umzuformen, dass dieser Vers sich auf alle Fälle noch auf einen anderen reimt. LG Beteigeuze
  23. Hallo KumbaYo! Finde ich großartig, wie Du Dich Stück für Stück in das Gedicht hineingelebt hast. Vielen Dank dafür! Vorneweg erst einmal: Würde ich jetzt selbst eine Erklärung/Aufschlüsselung des Gedichtes versuchen vorzunehmen, müsste ich wahrscheinlich ein mehrseitiges Essay schreiben. Deshalb schrieb ich ja ein Gedicht, um es komprimierter (aber damit selbstverständlich auch schwerer erschließbar) zu halten. Aus diesem Grund werde ich einfach auf Deine Punkte eingehen. Außerdem ist der Sinn eines Gedichtes ja auch, die Poesie im Leser selbst und auf seine Art wirken zu lassen. Ich finde schön, dass ich viel von dem, was ich mir so dachte, in dem wiederfinde, was Du sagst. Das zeigt mir, man kann meine Gedichte durchaus verstehen ;-) Es gibt nämlich viele Menschen, die so ihre Probleme damit haben. Allerdings ist das natürlich eine Frage, des sich-damit-beschäftigen-Wollens. Mir gefällt in diesem Zusammenhang übrigens Deine Signatur ;-) Richtig. Der Rabe ist für mich ein starkes Symbol. Zunächst liebe ich das gleichnamige Gedicht von Poe. Dann gibt es Odins Raben (Hugin und Munin – Gedanke u. Erinnerung). Ferner ist er durch Christianisierung auch Todessymbol oder überhaupt negativ konnotiert worden. Und als Vogel selbst ist er einer (wenn nicht) der intelligenteste(n) unter ihnen. All das fließt in das Symbol ein. Ja, der Strick aus seidnem Faden soll genau das aufzeigen. Jetzt, wo Du weißt, aus welchen Elementen sich mein Symbol zusammensetzt, dürfte dies auch klarer sein/werden. Der Denker selbst ist für mich persönlich kein trockenes Vernunftswesen, in meiner Symbolik ist er der, der (sich) Fragen stellt, also kann er jeder Mensch sein. Der Rabe, der hier als Symbol viel beinhaltet, ist in dem Sinne eine Art poetische Kraft, etwas Geistiges, eben genau das, was wir Menschen am Sein, am Universum nicht erklären können. Wir können zu empirischen, positivistischen und auch falsifizierbaren Ergebnissen kommen, aber das Wie und Warum bleibt uns verschlossen. Und wäre da nicht die Phantasie, würden wir wohl an unserer Begrenzung zerbrechen. So will ich persönlich es nicht als Urteil sehen, aber im Kern siehst Du es richtig. Auch ja. Dieses „Überwinden“ ist für mich das, was ich eben sagte: über unseren Erkenntnishorizont hinauszugehen. Zwei Zitate dazu: Natur ist unbewusste Tätigkeit des Geistes und Geist ist sich bewusst gewordene Natur (Schelling) Der Mensch weiß von Gott in dem Sinne, dass Gott im Menschen von sich selber weiß. (Hegel) Ich wollte hier gar nicht so sehr den Einheitsmensch anklagen, denn auch der Denker ist nicht vor diesen Eigenschaften gefeit, wir alle nicht. Die „Wichte“ sind wir alle gegenüber dem Raben (als meine Symbolgestalt) hin und wieder (oder immer). Deshalb auch das Gefühl, wieder zum Aufhängungsmotiv der ersten Strophe zurückfinden zu können. Selbst habe ich keinen echten Tod gemeint, sondern symbolhaft ihn um Denkers Hals gelegt, die so die Phantasie des Werdens freisetzt (worauf ich weiter oben ja schon einging). Ich denke aber, so in etwa hast Du es gesehen. Was die „verblendeten Menschen“ angeht, so sagte ich ja eben, ich wollte hier gar nicht so streng zwischen werten und unwerten unterscheiden, sondern ich meinte damit alle, ich sprach deshalb die Gesichter, die sich zeigen an. Diese Gesichter, deren Züge sich auf gewisse Art zeigen, können uns allen gehören. Auf diese Weise sind wir Wichte, sind wir Aas. Merke: essen muss der Rabe, so klingt es zwar düster, aber ohne dies geht es für ihn nicht. Nach allem, was ich bisher geantwortet habe, denke ich, bestätigt dies Dein Gefühl. Ich habe den Raben als Symbol natürlich erhöht, wodurch er wahrscheinlich als der Befreier von Üblen wirkt – was auch gewollt ist –, aber: „tut sich gütlich, an dem …“ Hier kommt etwas um die Ecke, was ich eben schon anklingen ließ. Ganz so drastisch wollte ich es nicht sehen :-) Die Dinge, an denen sich der Rabe gütlich tut, die die Menschen in ihrem Tod verbleiben lassen … Hm, „in ihrem Tod“ ist nicht der tatsächliche, deshalb wählte ich auch diese besondere Formulierung, weil ich es symbolhaft meine. Sie sind tot in ihrer Erkenntnis, in ihrer Geisteshaltung, ohne Phantasie. Im Hinzukommen des Raben (als eben das Symbol, was er hier ist) wird diese „Not“ entrissen. Ja, hier wird es etwas elegisch. Und hier finden sich auch all die Hinweise auf die Dinge, die ich hier kurz versucht habe zu erläutern (obwohl’s schon viele Worte bisher waren ;-)) Hier finden sich die Eigenschaften, die er auslöst und die Hinweise, dass alle Menschen gemeint sind. Egal, wie dumm oder beschränkt ein Mensch auch sein mag, er wird genauso dieses „Dehnen nach ungeahnten Weiten“ kennen. Diese mögen freilich andere als die eines geistvollen Menschen sein, aber das spielt letztlich keine Rolle für das, was ich sagen will. Deshalb verstehe ich gut Dein Gefühl, hier die Sehnsucht nach dem Wesen des Raben zu erkennen. Ja, richtig. Ich erinnere an die zwei von mir weiter oben erwähnten Zitate. Ein sehr großes Ja. Ich selbst habe eher eine pantheistische Sichtweise, daher sehe ich den Raben als Symbol auch dahingehend eingeordnet, aber es ist beabsichtigt, ihn im Gedicht für jeden Leser in eigener Weise zu interpretieren. In meiner pantheistischen Sicht sind er und ich Partner, ist er eine Kraft, die ich brauche, die mich aber auch braucht. Das Universum braucht mich als Individuum, um sich selbst zu wissen, so wie ich das Universum und all seine Schöpfungen brauche, um mich selbst zu wissen. Es freut mich ungemein, dass Dich die letzte Strophe genau dahin geführt hat. Ich habe hier ein etwas schelmisches Spiel getrieben. Die Wortwahl entspringt dem, was ich weiter oben bzgl. meines Raben-Symbols erläuterte. Der Trick ist, das Dunkle nicht als böse zu verstehen, sondern als etwas, das im Dunkel liegt, schwer begreifbar ist. Aus diesen Symbolgründen tauchen auch Aas, Tod und all diese Worte auf, deren eigentliche Bedeutung ich hier zwar nehme, sie aber etwas anders drehe. Ich hoffe, jetzt erleuchtet sich die Sache etwas :-) Nochmals Dank für dieses echte Lesen! LG Beteigeuze
  24. Hallo Ripper! Mir gefällt es, auf welche Weise Du Dich versuchst, den Abgründen im Inneren zu nähern. Es ist eine Art alltäglicher Wahnsinn, geht über Orientierungslosigkeit, die sich über die Verzweiflung des Individuums darstellt, das unfähig ist, sich im Ganzen oder Allgemeinen zu sehen, zu finden, und der Versuch dies über die Zeilenumbrüche und eingestreute Kraftausdrücke formtechnisch zu unterstreichen. Das empfinde ich alles als guten Ansatz. Allein an ein paar Stellen könntest Du in Deinem Sinne nochmal nachbasteln, darüber nachdenken. Ich gehe also nicht in meinem Sinne auf das Gedicht ein, sondern versuche, es so zu fühlen wie Du. realität ein mann geht nach hause denkt schläft (die Einzelwortumbrüche passen hier, weil nach jeder Tat durchaus eine Pause gut ist) überlegt was ist das fürn leben jeden verfickten tag dasselbe (schreibt sich nach meiner Kenntnis zusammen) lebt sein leben vergisst sich macht leute an provoziert schlägt sich ist unkontrollierbar (für diese Umbrüche gilt das, was ich oben bereits sagte) (Hier könnte ruhig eine Leerzeile stehen, da sich der Gedanke ab da anders fortsetzt) seine lebensinstinkte versagen ist bereit für seinen gedanken zu sterben (ab hier fehlt ein rechter Bezug, also ein Er, denn der o.g. Mann ist schon eine Weile her; außerdem klingt es, als hätte er irgendwelche Ideale, für die er sterben würde, aber eigentlich ist er doch laut 1. Teil eher ziellos; das passt nicht ganz; ich denke aber, ich weiß, was Du sagten wolltest, das sollte sich jedoch nicht über "für seinen Gedanken" ausdrücken) kämpft sich durch tötet die trostlosen gestalten der stadt (auch in diesen beiden Zeilen fehlt der Er-Bezug; auch ist das Durchkämpfen mit dem Töten der trostlosen Gestalten etwas unzusammenhängend, baut nicht so schön aufeinander auf) das grau macht ihn wahnsinnig keine perspektive läuft weg immer weiter (hier findest Du schon wieder einen besseren Sinnzusammenhang, wo auch die Zeilenumbrüche passen) (Hier ließe sich auch überdenken, eine Leerzeile einzubauen) wird geschnappt sieht in die gesichter der polizisten trostlos alles grau (wie Du siehst, habe ich hier einen Zeilenumbruch eingebaut, der auf Deine vorigen stilistisch aufbaut; auch die Anführungsstriche braucht es hier nicht) greift sie an um sie zu vernichten wird angeschossen hechts, artmet schwer (hechts? – dann heißt es "atmet schwer" / sicher ein Tippfehler) humpelt fällt stirbt wacht auf!!! (der Ausrufezeichen bedarf es hier nicht, da die Zeilenumbrüche die Worte bereits genügend aktzentuieren Insgesamt fällst Du am Schluss etwas ab. Während Du vorher gut auf die Orientierungslosigkeit dieses Individuums der Gesellschaft gegenüber eingegangen bist, löst sich alles einfach auf, in dem es geschnappt und erschossen wird. Das mag zwar in gewisser Weise genau die nötige Kälte und Sinnlosigkeit haben, die das Individuum vorher fühlte, um so dem Ganzen das verstärkte Gefühl der Hoffnungslosigkeit aufzusetzen, aber irgendwie ist es mir zu einfach, selbst die Zeile "wacht auf" reißt das nicht heraus. Vielleicht, weil der Weg dahin recht kurz erscheint? Es poltert so hoppladihopp daher, dass man von einem Bild ins nächste stolpert. Ein Gedicht soll natürlich nicht unnatürlich lang sein, gerade in diesem von Dir gewählten Stil ist Verknappung angesagt; allerdings müsste man dann vorher, um so schnell zu dieser Art Ende zu kommen, das Bildgeschehen knackiger, lyrisch ausgefeilter verpackt haben. Wenn Du das Vorher aber weitgehend so belassen möchtest, würde ich empfehlen, diesen Schluss wegzulassen, sondern einfach nur die Verzweiflung des Ichs darzustellen, wo der Höhepunkt des Ganzen der ist, dass es seine Seele im Irrsinn verliert, vernichtet (ich hoffe, es ist einigermaßen klar, wie ich das meine). Vielleicht kannst Du mit meinen Gedanken ja etwas anfangen. Generell noch zu etwas völlig anderem: Ich bin selbst hier neu, aber tummle mich seit vielen Jahren in Lyrikforen (wenn auch mit jetzt etwas längerer Pause). Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass es als Neuling immer besser ist, seine Gedichte sparsamer zu posten und lieber auch selbst mal woanders zu kommentieren. Das gibt Deinen eigenen Werken bessere Chancen und gleichzeitig lernen die anderen Dich besser kennen ;-) LG Beteigeuze
  25. Hallo nochmal! Gleich zu Anfang starte ich mal eine Metrikanneliese. Aber nicht aus dem Grund, um zu meckern, man müsse hier eine einheitliche Struktur über das Werk legen, sondern einfach nur für mich, weil ich Bild- und Rhythmusgeschehen im Zusammenhang sehen und darlegen möchte. Strophe 1: xXxXxXxXxX (Reim a) 5-hebiger Jambus, männliche Kadenz XxXxXxXx (kein Reim) 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz xXxXxXxX (Reim b) 4-hebiger Jambus, männliche Kadenz xXxXxxXxXxXxX (Reim a) 2x Jambus, 1x Anapäst, 3x Jambus = 6-hebig, männliche Kadenz XxXxXxXxXxX (kein Reim) 6-hebiger Trochäus, männliche Kadenz XxXxXxXxX (Reim b) 5-hebiger Trochäus, männliche Kadenz Strophe 2 XxXxXxXxX (Reim a) 5-hebiger Trochäus, männliche Kadenz XxXxXxXx (Reim b) 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz XxXxXxXx (Reim c) 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz xXxXxXxXxXxX (Reim a) 6-hebiger Jambus, männliche Kadenz XxXxXxXxXx (Reim b) 5-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz xXxXxXxXx (Reim c) 4-hebiger Jambus, weibliche Kadenz Strophe 3 xXxXxXxXxX (Reim a) 5-hebiger Jambus, männliche Kadenz xXxX (kein Reim) 2-hebiger Jambus, männliche Kadenz xXxXxXxX (kein Reim) 4-hebiger Jambus, männliche Kadenz xXxXxXxX (Reim b) 4-hebiger Jambus, männliche Kadenz Strophe 4 xXxXxXxX (Reim a) 4-hebiger Jambus, männliche Kadenz xXxXxXxX (Reim b) 4-hebiger Jambus, männliche Kadenz xXxXxXxX (Reim a) 4-hebiger Jambus, männliche Kadenz XxXxX (Reim b) 3-hebiger Trochäus, männliche Kadenz xXxXxXxXxXx (kein Reim) 5-hebiger Jambus, weibliche Kadenz So, nachdem nun die alterwürdigen Dinosaurier, Jambus, Trochäus und Triceratops :-) ausreichend Erwähnung gefunden haben, die Frage, was uns ihr buntgemischtes Treiben verrät. Der böse Tyrannometrix Rex würde behaupten, hie und da wären zu viele Silben abgebissen oder doch zu wenige zwischen seine Zähne gekommen. Ich denke aber, seine viel zu kurzen Greifarme sind ein Hinweis dafür, dass nicht alles, was an ihm zu sehen ist, nützlich sein muss. Es gibt also Werke, da könnte man es kritisieren wollen. Hier empfinde ich, musst Du selbst entscheiden. Ich denke nämlich, der Aufbau trägt den Inhalt und ist dabei konsequent nicht symmetrisch gehalten, ohne aber dabei eine Melodie aus dem Auge (mit dem man ja bekanntermaßen Melodien hört ;-)) zu verlieren. Was Deinen eigenen Einwand zu den Sternen in der 3. Strophe betrifft, so fände ich Sehnsucht auch unpassend, denn die Sterne stehen für mich schon als Symbol für Sehnsucht. Ich weiß nicht, ob Du es bewusst so schriebst, aber wenn nicht, ist es umso erstaunlicher, wie sehr Poe etwas gesehen hat, was ich hier in Deinem Gedicht wiederfinde. In seinem Gedicht Evening Star verpönt er sozusagen der Romantiker lieb gewordenen Mond und degradiert ihn zur Tristesse, zur Sehnsucht des Gewöhnlichen. Viel lieber wollte er zu diesem Stern, der so weit weg ist, der unerreichbar scheint, die Phantasie erregt. So beginnst auch Du hier mit dem Mond und lässt in dieser Eingangsstrophe Worte wie „Fluch, finstre Stille, keine Kunde“ anklingen. In der 2. Strophe setzt Du es fort, in dem Du die Sterne erwähnst, aber deren Glanz entschwunden ist, und nun kommen Worte wie „fürchte, blind weitertreiben“ und der Wunsch, inmitten dem Sternenlicht sein zu können, das entschwunden ist. Folglich hast Du recht, dass die 3. Strophe einen Bruch darstellt, bzw. geht sie eigentlich zunächst konsequent weiter. Hier steht nämlich die dichterische Entscheidung an, die Sache zum Positiven weiterzuspinnen oder zum Negativen (oder vermeintlichen, je nach Standpunkt). Du entscheidest Dich für die zweite Variante, wohl im Bestreben, die Melancholie der Sache hervorzuheben. Da passen dann die Sterne wahrlich nicht hinein, zu denen man doch eigentlich wollte. Und genau deshalb passt auch Sehnsucht nicht. Ich verstehe zwar, wie Du es meinst, aber ich sehe es so: Du willst sagen, die Sterne hat LyrIch (noch) nicht erreicht oder es mangelt an Mut dafür, daher muss/will LyrIch sich in süß-schmerzende Sehnsucht einhüllen. Soweit passend. Bleibe ich aber im Sternensymbol, wo sie, die Sterne, die Sehnsucht verkörpern bzw. deren Gegenstand sind, fände ich das Wort Sehnsucht als zu plump, weil zu direkt eingeworfen. Viel schöner wäre hier ein Bildbezug, der dieses Gefühl im Zusammenhang mit den Sternen einfängt. Dazu müsste man evtl. die komplette Strophe anders formen. Das ergäbe dann auch den runden Übergang zur letzten Strophe: ein Wunsch bleibt zurück, ein Blick ist klargetrübt (also: durch Klarheit getrübt), LyrIch verliert sich … um am Ende die Augen als die Sterne zu offenbaren, die derart bedeutend für LyrIch sind, dass er sie als sein Universum zu erkennen gibt, seinen Sinn, seine (Über-)Welt. Die Und’se sehe ich dabei als gar nicht störend oder ins Gewicht fallend. Soviel von meinen Gedanken für heute. LG Beteigeuze
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