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Schönes Spiel, liebes Schmuddelkind, mit Eichendorfs Text und Metaphorik. Ein paar Worte dazu:

 

In beiden Gedichten steht das brausende Mühlrad zunächst für die Liebe.

 

Während das LI bei Eichendorff seine Liebste verloren hat und daran leidet, dass es sich weiter dreht, ist es bei dir genau umgekehrt: 

 

Das LI sitzt mit der Liebsten im Arm vor den Kamin (Cheminee) und die Liebe ist so beglückend (das Mühlrad trotz Winter so tosend laut), dass die beiden es kaum aushalten ("da wir die Stille brauchen") und das LI nun deswegen dem Tod nah ist.

 

Das Mühlrad steht hier aber auch für das LI selbst und der Fluss, der darüber fließt, für seine Liebste. 

 

Ein Zusatz sind die Tränen des LI's. Es wischt sie fort, ehe sie der Liebsten über die Brust in den Schoß ("der Ausblick wär mein Grab") rinnen. Aber einen Testamentszusatz (Kodizill) muss es an diesen geben, ehe es zu spät (denn wenn das Mühlrad stünde) dafür ist.

 

Das ist ein humoriger Umgang mit der Liebe und der von Eichendorff nicht berührten Sexualität.

 

Mit Freude gelesen.

Chapeau von gummibaum 

 

 

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  • 2 Monate später...

Vielen Dank, lieber gummibaum!:grin:

 

Deine ausführliche Betrachtung des Gedichts ehrt mich sehr und umso mehr tut es mir leid, dass ich so lange gebraucht habe, zu antworten. Das habe ich generell in den letzten Wochen zeitlich nicht hinbekommen und habe daher schon das Posten neuer Gedichte weitgehend eingestellt. Schade, dass ich jetzt so spät dran bin, dass du inzwischen schon gar nicht mehr im Forum bist. Naja, vielleicht kriegst du ja noch mit, dass ich geantwortet habe...

 

Am 4.12.2020 um 20:21 schrieb gummibaum:

Schönes Spiel, liebes Schmuddelkind, mit Eichendorfs Text und Metaphorik.

Danke. Ja, Metaphern laden mich gerne zum Spielen ein. Das Schöne an Metaphern ist ja, dass ihre Bedeutung sehr kontextabhängig ist und man viel Spaß damit haben kann, die Bedeutung zu erweitern, wenn man dieselbe Metapher in einen anderen Kontext einbaut.

 

Am 4.12.2020 um 20:21 schrieb gummibaum:

Während das LI bei Eichendorff seine Liebste verloren hat und daran leidet, dass es sich weiter dreht, ist es bei dir genau umgekehrt: 

Jepp, sehr gut beobachtet. Danke, dass du dies durch deine Gegenüberstellung so deutlich auf den Punkt gebracht hast!:smile:

 

Am 4.12.2020 um 20:21 schrieb gummibaum:

Das LI sitzt mit der Liebsten im Arm vor den Kamin (Cheminee) und die Liebe ist so beglückend (das Mühlrad trotz Winter so tosend laut), dass die beiden es kaum aushalten ("da wir die Stille brauchen") und das LI nun deswegen dem Tod nah ist.

Nur der Tod in seiner absoluten Stille könnte die enorme emotionale Intensität besänftigen und nur wenn das Bewusstsein in das Nichts eingeht, ist der ewige Mühlradkreis der Gedanken durchbrochen. Das hat dann gewisse Anlehnungen an das Nirvana, wie ich wohl auch zwischen deinen Zeilen herauszulesen glaube. Interessanterweise kann man den Tod selbst hier als metaphorisch betrachten, da es ja gewisse Andeutungen gibt, dass der Tod hier auch für den Orgasmus steht.

 

Am 4.12.2020 um 20:21 schrieb gummibaum:

Das Mühlrad steht hier aber auch für das LI selbst und der Fluss, der darüber fließt, für seine Liebste.

Auch so gesehen macht die Metaphorik Sinn. Ich mag es am liebsten, wenn eine Metapher für viele Dinge gleichzeitig steht - dadurch wird eine ganze Geschichte hinter dem Gedicht möglich - das Mühlrad, das LI, der Tod, die Erlösung, Nirvana, der Orgasmus - all das trifft hier zusammen, kann je nach Bedarf getrennt oder verwoben gelesen werden und drückt damit die emotionale Vielfalt aus, die das LI in einem zärtlichen Moment erlebt.

 

Am 4.12.2020 um 20:21 schrieb gummibaum:

Ein Zusatz sind die Tränen des LI's. Es wischt sie fort, ehe sie der Liebsten über die Brust in den Schoß ("der Ausblick wär mein Grab") rinnen. Aber einen Testamentszusatz (Kodizill) muss es an diesen geben, ehe es zu spät (denn wenn das Mühlrad stünde) dafür ist.

Ja, das ist vielleicht auch ein bisschen schelmisch von mir, aber auch das Scherzen und Spielen inmitten eines bedeutsamen Moments ist eben Teil des facettenreichen Empfindsamkeit, der man sich während des Liebesspiels öffnet.

 

Ich muss es doch noch einmal erwähnen: Ich bin ganz begeistert von deiner so präzisen Analyse und wie sehr du bei deinem Kommentar in die Tiefe gegangen bist. Danke vielmals!:smile:

 

LG

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