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Hairstyling im Kloster und handgerollte Zigarren


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     Apropos Ordenstracht: Sie ist international und in Italien komplett identisch mit der, die wir in Österreich tragen, aber – und das ist der große Unterschied – zusätzlich zur Kapuze, die nur für die Meditation verwendet wird, haben wir  einen steifen, schwarzen, samtenen, runden und breitkrempigen Sombrero, den wir für Ausgänge  jenseits der Klostermauern verwenden. Bisher habe ich nie einen Hut getragen, nicht einmal im Winter. Deswegen vermeide ich, diesen klerikalen Hut zu verwenden. Weil man mir sagt, dass ich damit gut ausschaue, setze ich ihn doch manchmal auf.
    

 

 

     14-tägig lädt ein spanischer Kollege, Fra Salvadore, der als Hairstylist fungiert, jeden von uns verbindlich zum Haarschnitt. Neben den üblichen Utensilien eines Frisörs hält er eine kleine Suppenschale bereit. Das erste Mal frage ich mich: wozu wohl? Als er sie mir aufsetzt, erkenne ich spontan, dass sie zum Ausschneiden der kreisrunden Tonsur dient. Er markiert so die Umrisse und schert das Zentrum auf Zwei- bis Dreimillimeterstoppeln zurück. Damit sind wir gebrandmarkt, geht es jetzt doch nicht mehr nur um den kleinen Haarbüschel, wie er uns in Innsbruck bei der Einkleidung ausgezupft wurde. Allerdings ist es bei den Serviten nur ein Kreis und nicht ein Kranz wie bei Kapuzinern oder anderen Orden. Jetzt verstehe ich, dass der Klerikerhut zum    Abdecken der Tonsur verwendet werden kann und wird.
     Unser bisheriger Generalprior Alfonso M. Montà, zuständig für den Servitenorden auf der ganzen Welt, wird abgewählt. In  bewundernswerter Bescheidenheit führt er den neuen Generalprior Father Joseph M. Loftus aus Amerika bei uns in Saluzzo ein. Das ist selbstverständlich kein einfacher Besuch, aber wir, der Ordensnachwuchs, bemerken nichts vom möglichen Ernst einer solchen Visite. Im Gegenteil! Er hat auch Geschenke mitgebracht: handgerollte amerikanische Zigarren. Aber keiner kann hier damit etwas anfangen. Jeder von meinen Mitbrüdern hingegen weiß – ich habe es öffentlich erzählt – dass ich bereits Zigarillos geraucht habe. Somit erfährt es auch der neue Pater General.
     Daraufhin macht er mir – einzig und allein mir – eine solche Zigarre zum Geschenk. Ich bin hingerissen und bedanke mich, setze mich im Klostergarten im Kreis meiner Mitbrüder auf eine Bank und genieße diese Rarität: eine handgerollte Zigarre aus Amerika, persönlich überreicht vom höchsten Boss.

Gesprochen von Ina Biechl

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vor 3 Stunden schrieb Carlos:

Auch diese Episode finde ich wunderbar, lieber Egon. Eigentlich alle, auch jene, wo es anscheinend nichts großartiges passiert.

Bewundernswert finde ich die Haltung von Alfonso M. Montá.

Lieber Carlos,

das mit der Haltung von Padre Generale Alfonso M. Montá hat schon etwas mit der klösterlichen Einstellung zu tun, die ja von den Ordensöbersten gelebt und vorgezeigt werden soll (und muss). Danke für Deine so postives Kommentar und LG von Egon

vor 3 Stunden schrieb Herbert Kaiser:

Das mit der Tonsur klappt bei mir von selbst - am Hinterkopf hat sich in den letzten Jahren ein autonomer Kreis gebildet. Keine Chance auf Nachwuchs …

Ich bin leidenschaftlicher Raucher und Kaffeetrinker, aber Zigarre vertrage ich nicht, nicht einmal den Gestank.

Lieber Herbert,

Die natürliche und die klösterliche Tonsur sind etwas Verschiedenes, wobei das Zweite bei weitem seltener ist (und: ob sie jetzt noch in Italien gilt?).

Zigatetten- und Zigarren oder Pfeifen-Reicher sind ebenfall grundverschieden. Ich habe mich zum Pfeifenraucher entwickelt und war als solcher gegegenüber den Zigarettenrauchern schon wegen des Tabak-Aromas (das ich mir natürlich etwas kosten ließ) beliebt.

Danke für dein Kommentar und LG von Egon

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Liebe Ilona,

das sind Ordensregeln, die örtlich unterschiedlich sein können, die aber, wenn sie an einem Ort (in diesem Fall in Italien) gelten, exakt einzuhalten sind, was bei all den anderen Regeln in einem Ordenskloster für die einzelnen Mönche kein Problem darstellt, da die ja das große Ziel der Mitgliedschaft anstreben. In Italien und zu früheren Zeiten auch in Österreich/Deutschland war man so gekennzeichnet, dass man sofort - auch ohne Ordengewand - als Mönch identifiziert werden konnte. Man war somit eingeschränkt (außer mit dem runden Hut).

Danke für deine Nachfrage.

LG Egon

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