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Das Lied der Narzissen

 

Blühten bereits die goldnen Narzissen,

auf den Trümmern so müde und hold,

wurde das Leben so scheinbar entrissen,

bekränzte die Blüten den Tode so Gold.

Weinte die Mutter und flehte im Winde,

war ihre Wohnung verbrannt und versengt,

schrie die Mutter so bitter zum Kinde,

die Tränen, sie flossen, das Herze bedrängt.

Stand sie in Trümmern, in müden Ruinen,

klagte es trüblich, so milde wie sie,

schien das Trauern zum Leiden zu dienen,

sodass sie weinte, verfluchte und schrie.

Stand auch der Vater in jeglichen Dramen,

saß er bedrückt auf witternden Stein,

raunte auch er der Tochter den Namen,

schien er vergiftet vom Grame zu sein.

Sah er das Elend – die herzlosen Bilder,

trieb auch sein Blick verwirrt hin und her,

schlug das Leid nicht weniger milder,

trübte die Angst so schlussendlich schwer.

Wo war das Herze, das sich so beschritte?

War es die Zeit, wo Glück sich verschob,

hallte durch’s Lande die letztliche Bitte,

ersetzte die Trauer den lieblichen Lob.

Niemand wagte er so zu vermuten,

war das Glück vorüber und nicht,

schien auch das Herz zu verbluten,

zogen die Narben durch’s kühle Gesicht.

Glänzte der Himmel im wahrlichen Truge,

floss aus dem Tage die Nachte genug,

eilte die Klage scheinbar im Fluge,

das Leben im Feuer ertrinkend zerschlug.

Suchten in Trümmern die treuenden Gräber,

durchgruben behänd das erstrebende Wrack,

durchzog der Pein vom Herze zur Leber,

zerbrachen die Steine durch jeglichen Schlag.

Durchschlug das Geröll die verrosteten Spitzen,

durchzog die Nachte ein jener Geklang,

schien das Eisen so wahrlich zu blitzen,

was durch den Monde so wahrlich entsprang.

Wurde de Tod zu letztlichen Dingen,

was bloß so trieb wie ein wahrlich‘ Gedenk,

während die Zeiten; Die Stunden so gingen,

wurde der Kummer zu einem Geschenk.

Schien sich das Leben so sehr zu wenden,

war das Leben nicht mehr so erwarmt,

mögen Engel die Liebe nun spenden,

Hoffnung war jenes, was jeden erbarmt.

Schien der Winde den Baume zu reißen,

fielen auf Sucher die Blüten und Blatt,

die Suche begann sie am Ende zu beißen,

wurden durch Kälte die Hände so matt.

Gruben die Männer erpicht in der Nachte,

suchten das Mädchen beherzt mit Gefühl,

schlugen in Trümmer Löcher und Schachte,

versuchten zu kämpfen gegen Todesgekühl.

Saßen die Raben auf spärlichem Aste,

blickten sie müde mit erschütternder Gier,

waren sie der Lage Zeuge und Gaste,

so kreischte und kreischte ein altes Getier.

Regte den Kopfe als auch die Flügel,

und kreischte und kreischte erbost,

versanken die Sterne hinter dem Hügel,

spendete Kummer den willigen Trost.

Nun wahrlich begann es zu tagen,

ein Schrei durchzog nun das Land;

Die Sucher, sie schafften zu schlagen,

zu borgen die erstliche Hand.

„Beeilt euch! Beeilung! Macht schnelle!

Wir haben bereits die Finger befreit!“,

schrie ein ermüdet‘ Geselle,

nach Stunden; Nach jeglicher Zeit.

–  So rief auf einmal ein Zweiter:

„Sie liegt hier unter diesem Gebälk,

grabt! Grabt endlich nun weiter!“,

die Stimme brach; Wahrlich zu welk.

– So rief auf einmal der Dritte:

„Helft mit! Mit klarem Getast!

Sie lebt! Durch jegliche Bitte!“

So hat‘ er die Schaufel umfasst.

Sie räumten Stein nach dem Steine,

gekämpft mit jeglichem Schweiß,

befreiten des Mädchens Gebeine,

das Schicksal, es zahlte den Preis.

Der Vater sah die Tochter verborgen

und erhob sich mit ermüdetem Bein,

es schwanden in ihm zwar die Sorgen,

erklomm er die Trümmer – den Stein.

Der Vater versank in dem Lachen,

er dachte, sie sein nun vereint,

drangen Gelächter durch Rachen,

doch trotzdem klang es verweint.

– So rief erneut der Finder:

„Ihr Atem ist wirklich verhallt,

es macht die Hoffnung nicht minder,

ihr Körper ist einfach eiskalt.“

So gab er nun den Körper entgegen,

der Vater hielt sie an Bruste gepresst,

so standen sie im strömenden Regen,

er hielt sie – so wahrlich, so fest.

– „Siehst du nun, die Augen so trübe,

halt ich dich, ich lass‘ dich nicht los,

starbst du inmitten der Hübe,

liebe ich dich – gewisslich, so bloß.

Hört man nun das Weinen und Klagen,

ich leistete nur spärlichen Schutz,

wie konnte ich so einfach versagen?

Du starbst inmitten vom Schmutz.

Siehst du nun die feinen Narzissen?

Keine Angst, ich bleibe wohl hier,

dienen die Blüten so sicher als Kissen,

begraben werden Narzissen – mit dir…“

 

 

Berlin-Gropiusstadt; 08.12.2023

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