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Als wäre es das letzte

 

Müssen wir das Herz vergiften,

fehlt der Streit gar um die Luft,

sollten Frieden wir nicht stiften,

– reißen Sorgen jene Kluft.

 

War es Sommer; Hing das Fahle,

über Prag lag jene Sicht,

trieb der Kummer allemale,

lindert Sommer Seelen nicht.

Blühten Linden; Rochen Eichen,

zwischen Parks und den Alleen,

mochten sie den Frieden reichen,

schienen Leute lieb zu gehen.

Lachten sie mit dem Beseelen,

– über Kirchen lag der Tag,

Freude; Liebe wollt‘ man wählen,

Rosen blühten, was man mag.

Zog durch Straßen jener Hauche,

– flüsterten sie eminent,

„Seelenblüten – Was ich brauche,

gibt es das, was man so kennt.“

Schien die Freude dann zu brechen,

glitt auf Moldau jener Kahn

Sicherheit – Er wollt’s versprechen,

hielt er dann in Fluten an.

Schien er sanfte dann zu treiben,

wie er spielte; Trieb und trieb,

musste er doch jedoch bleiben,

war der Grunde nicht so lieb.

Stand er schließlich in den Wogen,

brach die Wellen ein Geflecht,

wurd‘ ein Mann aufs Deck gezogen,

war der Tote wirklich echt.

War der Manne auf dem Grunde,

da er einfach still ertrank,

lag die Lilie in seinem Munde;

Und ein Zettel mit dem Dank.

Stand auf Tschechisch dort geschrieben:

„Liebster, bin ich nun auch fort,

werde ich dich immer lieben,

aber nicht an diesem Ort.

Leide ich in diesen Stunden,

werd‘ ich sterben, kühl und blass,

hab‘ den Strick ich umgebunden,

tut mir leid, ich musste das…

Magst du’s jedenfalls vergeben,

hoffe, du kannst das verstehen,

nimm‘ dir bitte nicht das Leben,

hängt mein Ich in den Alleen.“

Wurd‘ er letztlich so geborgen,

prangten Algen das Gesicht,

sahen Augen tausend Sorgen,

sahen sie wieder jenes Licht.

Schienen sie so sehr geschliffen,

gar wie Perlen; Wahrlich weiß,

war der Tod so inbegriffen,

zahlte er den letzen Preis.

Saßen Mädchen am Gestade,

an der Moldau, welche glitt,

fiel ihr Blick gezielt und grade,

bekamen sie vom Tod nichts mit.

Wollt‘ das Schicksal das ersparen,

ihnen gar – das trübe Bild,

sterben heißt das Leid erfahren,

welches dann die Schmerzen stillt.

Sahen sie die Wässer glänzten,

schlugen Wellen hoch und tief,

da sie still die Schulen schwänzten,

drang die Stimme, welche rief:

„Was wir machen, ist besonnen,

ist der Tag so schön und fein,

hat die Seele doch gewonnen,

frei am Ende wollen wir sein.

Wollen wir leben und genießen,

ohne Schule und der Macht,

sollen keine Tränen fließen,

hat die Bildung das vollbracht.

Werden alle sich dann gleichen,

stirbt durch Schule das Talent,

gehen Lehrer über Leichen,

wenn die Seele schlicht verbrennt.

Sind die Noten wie Lawinen,

Noten sind nur bloß die Zahl,

mögen sie zum Elend dienen,

quälen sie so allemal.

Zeugnisse sind nur Papiere,

sind sie einfach letzter Dreck,

da den Glauben ich verliere,

haben Noten keinen Zweck.

Sollen sie dann halt entscheiden,

was aus einem schließlich wird?

Wollen sie dann, dass wir leiden;

Und das Leben sich verirrt.“

Blickten Mädchen dann auf Wässer;

Nahm die eine dann das Wort:

„Geht es uns allmählich besser,

meiden wir gar diesen Ort.“

Dann entfuhr die milde Zweite,

ihre Stimme klang berauscht:

„Hat das Leben keine Weite,

wenn man selbst die Seele tauscht.

Ist das Leben kurz und lange,

nimm‘ es mit, wenn man es braucht,

fließt die Träne auf der Wange,

hat man Seele dann verkauft.“

 

Berlin-Gropiusstadt; 12.01.2024

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Hallo Marc Donis,

viele Facetten des sterben im Leben wie im Tod hast du sehr ergreifend verwoben. Besonders gut gefällt mir der Passus: 

"

vor 14 Stunden schrieb Marc Donis:

Stand er schließlich in den Wogen,

brach die Wellen ein Geflecht,

wurd‘ ein Mann aufs Deck gezogen,

war der Tote wirklich echt.

War der Manne auf dem Grunde,

da er einfach still ertrank,

lag die Lilie in seinem Munde;

Und ein Zettel mit dem Dank.

Ich verstehe es (vielleicht falsch) als ein offensichtliches ableben des ertrinkenden und dem stillen Sterben eines eigentlich geretteten. Tod am Grund und Tod am Deck. Sehr raffiniert und sehr traurig. 

Schicke dir lebensbejahende Grüße 🙂

Im Wald

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