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Max Hayek ~ "Das Leben, das ich selbst gewählt..."


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'Das Gedicht „Das Leben, das ich selbst gewählt“ stammt aus der Feder von Max Hayek und nicht von Hermann Hesse.'

Ehe ich in dieses Erdenleben kam,

ward mir gezeigt, wie ich es leben würde:

Da war die Kümmernis, da war der Gram,

da war das Elend und die Leidensbürde,

da war das Laster, das mich packen sollte,

da war der Irrtum der gefangen nahm,

da war der schnelle Zorn, in dem ich grollte,

da waren der Hass und Hochmut, Stolz und Scham.

 

Doch da waren auch die Freuden jener Tage,

die voller Licht und schöner Träume sind,

wo Klage nicht mehr ist und nicht mehr Plage,

und überall der Quell der Gaben rinnt.

Wo Liebe dem, der noch im Erdenkleid gebunden,

die Seligkeit des Losgelösten schenkt,

wo sich der Mensch der Menschenpein entwunden

als Auserwählter hoher Geister denkt.

 

Mir ward gezeigt das Schlechte und das Gute,

mir ward gezeigt die Fülle meiner Mängel.

Mir ward gezeigt die Wunde d´raus ich blute,

mir ward gezeigt die Helfertat der Engel.

Und als ich so in mein künftig Leben schaute,

da hört ein Wesen ich die Frage tun,

ob ich dies zu leben mich getraute,

denn der Entscheidung Stunde schlüge nun.

 

Und ich ermaß noch einmal alles Schlimme –

„Dies ist das Leben, das ich leben will !“

Gab ich zur Antwort mit entschloß´ner Stimme

Und nahm auf mich mein neues Schicksal still.

So ward ich geboren in diese Welt,

so war´s als ich ins neue Leben trat.

Ich klage nicht, wenn´s oft mir nicht gefällt,

denn ungeboren hab´ ich es bejaht.


Max Hayek
(* 24. Dezember 1882 in Birnbaum; † Mai 1944 im KZ Auschwitz-Birkenau) war ein deutscher Schriftsteller, Journalist, Herausgeber und Übersetzer.
Er wurde Opfer des NS-Regimes. Als Kind von Leopold und Ernestine Hayek geboren. Er studierte in Wien und war später als Korrespondent für englische und französische Zeitungen tätig. Von 1918 bis 1923 war er mit der Malerin und Grafikerin Sascha Kronburg verheiratet. Während des Zweiten Weltkrieges war er in der Kaserne Dossin in Belgien inhaftiert und wurde laut einer Deportationsliste am 19. Mai 1944 mit dem Transport XXV von Malines nach Auschwitz-Birkenau deportiert.


Bild: Herbert James Draper
Music: Fae Spencer 'heavenly'
Rezitation: Uschi Rischanek

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@WolfgangHallo Wolfgang, ein wunderbarer Text wie ich finde und da kommt noch einiges nach lieber Wolfgang. Nun zu träumen ist nicht schlecht, doch ist es so, dass wir vor unserem Lebensantritt, leider nicht zuvor gefragt worden sind, dies kann ich zumindest für meine Person beantworten. Vielleicht hätte sich der eine oder andere möglicherweise sogar abhalten lassen, im Hinblick, was das Leben für ihn so geplant hat und bereit hält. Sehr tiefsinnige Zeilen die ein jeder für und auf sich wirken lassen sollte.

Wo wären wir nur, wenn wir ihn letztendlich gefunden hätten - den sogenannten Sinn des Lebens? Würden wir dann aufhören mit der Suche und wenn ja, was wäre danach unser Antrieb?

Danke für dein Reflektieren!

LG Uschi

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Hallo Uschi,
wenn wir uns tatsächlich entscheiden könnten, ob wir ein vorbestimmtes Leben annehmen wollten,
kämen wohl viel weniger Menschen auf die Welt. 😉
Der Reiz liegt eher im Ungewissen und der Traum aus dem geschenkten Leben das Beste zu machen.
Interesannte Gedankengänge, die uns auch heute noch beschäftigen.
Gern deinem berührenden Vortrag gelauscht und LG
Perry

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@PerryHallo Perry, wiedermal kam ich mehr durch Zufall auf deinen Kommentar für den ich dir danke. Du hast vollkommen recht, ich denke ebenso. Würden wir tatsächlich in der Lage sein schon vorab zu entscheiden und noch dazu in dem Wissen was alles auf uns hereinströmt, so wären sicherlich einige darunter, die möglicherweise davon Abstand nehmen würden, überhaupt auf die Welt zu kommen und ehrlich gesagt, es wäre ihnen auch nicht zu verdenken, ja sogar durchaus nachvollziehbar.

Ich freue mich, wenn es gefallen hat und danke dir!

LG Uschi

 

Danke auch an @Cornelius für dein Like! 😉 da kommt noch mehr, versprochen

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