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Egon Biechl

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Beiträge erstellt von Egon Biechl

  1. vor 2 Minuten schrieb Herbert Kaiser:

    Mit rüpelhaften Zeitgenossen macht wohl jeder mal Bekanntschaft. Gut dass du dich nicht hast einschüchtern lassen.

    Danke für Dein Interesse. Obwohl von Geistlichen - zudem jungen - Sanftmut erwartet wird, konnte ich nicht heraus aus meiner Natur.

    Liebe Grüße Egon

  2.      Ich melde mich für einen Studienplatz an der Theologischen Fakultät in Innsbruck an, um die Befähigung zum Seelsorger zu erreichen. Ja, das ist der Plan. Aber wie verläuft es tatsächlich? Ich nehme an einer einzigen Lehrveranstaltung, abgehalten in – ich sage und schreibe – zwei Unterrichtsstunden, teil. Eben diese Vorlesung findet in einem exotischen, nicht verpflichtenden Fach, nämlich dem der hebräischen Sprache, statt.
         Aber Hebräisch, das ich bewusst belegt habe, um meine Mehrsprachigkeit zu optimieren, wird für mich ein Buch mit sieben Siegeln bleiben. Meine Kopfschmerzen werden nämlich wieder akut. Sie sind wie immer auf die in jugendlichen Jahren erlittenen Gehirnerschütterungen zurückzuführen. Die haben mich bei meiner schulischen Laufbahn bisher schon zwei Jahre gekostet. Es wird wohl die Aufregung gewesen sein, glaube ich im Nachhinein zu wissen. Aber abgesehen davon, dass das also nichts Neues für mich ist, hilft mir im Moment der feste Glaube eines Ordensmanns. „Es ist göttliche Bestimmung, dass ich wieder einmal eine Pause einlegen muss. Wer weiß, wofür das gut ist?” Deprimierend ist es trotzdem.
         Man überträgt mir manche kleine Aufgabe. Einmal habe ich den Auftrag, einige Stühle zur Reparatur zu bringen. In Ermanglung eines richtigen Leiterwagens nehme ich mir einen Fahrradanhänger, den ich im Zentrum Innsbrucks vor mir herschiebe. Wie es sich für einen Frater des Servitenordens in der Öffentlichkeit geziemt, habe ich das komplette Ordensgewand angelegt, vom Habit über das Skapulier bis zur Kapuze. Diese drei Elemente meiner geistlichen Bekleidung   machen mir normalerweise keine Probleme. Als jedoch ein leichter Wind einsetzt, stürzt mich das Skapulier in große Schwierigkeiten. Es soll die Knopfreihen im Brustbereich verdecken, man kann aber dahinter auch seinen Bauch ein wenig verbergen (bei mir noch nicht notwendig). Mir schlägt es derzeit wie wild um die Ohren und verdeckt immer wieder mein Gesicht. Das ist mir besonders unangenehm. Immer wieder muss ich  danach greifen, um mich zu befreien. Visavis geht eine junge Frau in meinem Alter, die zu mir herüberblickt und ihr Amüsement über diese Situation nicht verbergen kann. Sie lacht bei meinem Anblick hellauf. Ich sehe mich hilflos einer Situation ausgeliefert, der ich in meiner zivilen Kleidung nie begegnet wäre. Mich packt die Wut, und ich strecke ihr die Zunge heraus.
         Das aufregendste Ereignis widerfährt mir jedoch, als mir zwei Jugendliche auf dem Gehsteig vor unserer Kirche hinterher gehen. Sie fallen mir auf, als sie mit  aggressivem Gehabe durch die Klosterpforte drängen. Sie stürmen mir nach, als ich die Tür zu unserer Klausur, dem Innenraum des Klosters, aufgesperrt habe. Einer von ihnen zeigt mir die Faust, bewaffnet mit einem Schlagring. Ich nehme einen kurzen Anlauf, widersetze mich der Bedrohung mit einem Boxschlag und dränge den Angreifer mit rauher Körpergewalt wieder aus der Klausur hinaus. Selbstsicher, stolz, zufrieden und unbeeindruckt gehe ich wie immer zum Chorgestühl des Klosters, wo wir die abendliche Vesper, unterbrochen von kurzen Pausen der Meditation, beten und singen.


    Gesprochen von Ina Biechl

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  3. Hallo lieber Benji,

    ich habe mir schon lange keine Gedanken mehr darüber gemacht. Ich glaube jetzt, dass damit die Autorität der hierarchisch erreichten Position maximal unterstrichen werden soll: ich kann etwas, was andere nicht können, ich bin für alle Kirchenmitglieder da und stehe nicht nur für meine Frau und meine Kinder zur Verfügung. Ich opfere mich als Allgemeingut, was mir das Recht gibt, in prunkvollen Gewändern und in prunkvollen Kirchen zu posieren.

    LG Egon

     

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  4. Klösterlich Unpassendes

    Wir machen uns die Bedingung der Keuschheit zu  eigen und versuchen, nicht nur Frauen fern zu bleiben, sondern – abgesehen davon – auch unsere fleischlichen Begierden im Zaum zu halten. Durch Zufall entdecken wir Einen von uns, als er – aufgescheucht durch etwas Krawall– splitterfasernackt aus seiner Zelle kommt. Er müsse sich – so sagt er – an die eigene Körperlichkeit gewöhnen. Das verstehen wir, so fremd es uns im ersten Augenblick auch ist, als durchaus  vernünftig.
    Trotz aller Abschirmung nach außen geht die Erinnerung an unser früheres weltliches Leben nicht ganz verloren. Wir sind den Sitten und Gebräuchen    unserer abendländischen Kultur verhaftet. So denken wir sogar im Noviziat nicht nur an Weihnachten und den Stefanietag, sondern auch an Silvester. Auch die uns vorgesetzten Oberen wissen Bescheid über dieses weltliche Fest und wollen uns Neuzugänge daran teilhaben lassen. Uns wird zwar nicht erlaubt, öffentliche Festivitäten zu besuchen, denn das würde den Klosterregeln widersprechen. Auch gemeinsam mit ihnen dürfen wir nicht feiern, aber sie gestatten, dass wir drei Novizen diese außergewöhnliche Nacht unter uns festlich begehen dürfen. Für diesen Zweck spendieren sie uns eine Flasche Rotwein, die – ohne vielsagendes Etikett – offensichtlich aus einem unserer klösterlichen Weingärten stammt.
    Wir kommen recht selten mit Alkohol, insbesondere Wein, in Kontakt, also freuen wir uns besonders. Da keiner von uns richtig weiß, wie andere bei öffentlichen Veranstaltungen den Jahresausklang begehen, öffnen wir einfach die Flasche mit dem verlockenden Nass. Wir befüllen damit Wassergläser – nach echten Weingläsern suchen wir gar nicht erst – mit dem für uns ungewohnten Getränk, prosten uns zu und widmen uns dem Knabbergebäck, welches wir auch zum Feiern erhalten haben. Wir unterhalten uns prächtig über unseren ehemaligen Präfekten, Pater Ludwig, dem wir als Gymnasiasten unterstellt waren. Von ihm wissen wir nämlich, dass er dem irdischen Leben weder fremd noch abgeneigt war und mittlerweile aus dem Orden ausgetreten ist.
    Liegt es daran, dass die Wassergläser so groß sind, oder dass ich mir einfach öfter einschenke? Die berauschende Wirkung zeigt sich besonders bei mir recht bald. Noch lalle ich zwar nicht, aber meine Aussprache ist nicht so deutlich wie sonst. Ich kichere viel und werfe mit den kleinen Brezen nach meinen Mitbrüdern oder Confratres, wie sie auf Lateinisch heißen. Das stört die nicht, sie schießen vielmehr zurück. Ans Aufhören denkt keiner von uns. Was ist denn schon ein Doppelliter Wein für drei Personen? Die Flasche ist noch nicht zu Ende getrunken, als mich ein komisches Gefühl überkommt, welches mich vom gemeinsamen Tisch vertreibt. Ich eile mit wehendem Skapulier, das mir wie allen anderen hinten und vorne bodenlang über den Habit hängt, Richtung WC.

     

     

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  5. vor 48 Minuten schrieb Sternwanderer:

    Schade, lieber Egon, dass ich das geschriebene Wort nicht vor mir habe.

    Liebe Strnwanderer, ich wollte nicht noch einmal mit dem Text vom Vortag lästig fallen.

     

    vor 21 Minuten schrieb Uschi R.:

    Nun lieber Egon, ich werde, wenn Du möchtest, Dir noch erklären, wie man(n) auch noch nachträglich einen Text hier jederzeit korrigieren kann, ebenso wie die beigefügte Musik/Bilddatei, es ist kinderleicht und gar kein so großes Problem - if you like!

    Liebe Uschi, ich muss immer noch lernen, obwohl ich diesmal vorgezogen habe, es so zu machen.

    Liebe Grüße aus dem nur am Rande von Schnee berührten Wien.

    Liebe Grüße Egon

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  6. Lieber @Herbert Kaiser, liebe @Donna, lieber @Carlos, liebe @Uschi R., lieber @Dionysos von Enno, herzlichen Dank für Eure positiven Ermutigungen.

    vor 14 Stunden schrieb Donna:

     Ich hatte schon vermutet dass deine Frau mithilft in der Vertonung. Dickes Lob an Frau Biechl! Toll!

    Herzlichen Dank auch im Namen meiner Frau.

     

    vor 13 Stunden schrieb Carlos:

    Sehr wahrscheinlich war es sehr schwer, für einen jungen, geselligen Menschen ein ganzes Jahr in der Einsamkeit zu leben.

    Wenn man von etwas überzeugt ist, sind die Anforderungen für die Verwirklichung auch mühelos zu bewältigen.

     

    Allen noch einmal herzlichen Dank

    Liebe Grüße von Egon

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  7. Bei all diesen Ritualen der Einkleidung befällt mich das intensive und seltsame Gefühl der Abgrenzung zu den Mitschülern von früheren Zeiten und der Einheit mit meinen jetzigen Konfratres. Von den Ordensoberen werden wir im Jahr des Noviziats geprüft, ob wir dazu geeignet sein werden, die drei Gelübde abzulegen, das des Gehorsams, und jene der Armut und der ehelosen Keuschheit. Etwas ganz Besonderes ist die Tatsache, dass wir alle als erstmalige Mitglieder unserer Ordensgemeinschaft einen neuen Vornamen bekommen. So heiße ich nicht mehr Egon, sondern Clemens und trage so wie alle anderen ein M. für Maria, also Frater Clemens M. Biechl OSM, wobei diese Abkürzung für das lateinische Ordo Servorum Mariae (Orden der Diener Mariens) steht.
    Stolz verlassen wir, erstmals in dem neuen Gewande, das man allgemein als Habit (oder Mönchskutte) bezeichnet, die Kirche. Im Klostergarten stellen wir Vier uns den Fotografen.
    Dann lasse ich mich mit meinen persönlichen Gästen ablichten. Ich freue mich unbändig, egal, ob sie meinen Entschluss mehr oder vielleicht doch weniger gutheißen. Klar ist jedenfalls, dass ab jetzt für das gesamte Jahr des Noviziats Besuche von außen verboten oder zumindest eindeutig unerwünscht sind.
    Wie erwähnt, sind wir als Novizen noch intensiver von der Umwelt abgeschirmt als unsere Kollegen Kleriker, die bereits die Einfache oder gar schon die Ewige Profess abgelegt haben. Wir Novizen sind diejenigen, die frisch lernen müssen, das klösterliche Leben in absoluter      Abgeschiedenheit zuzubringen. Dazu verbleiben wir den Großteil der Zeit in unserer Einzelzelle im abgeschiedenen Trakt des Klosters, den wir zum einschneidenden Merkmal der Abkapselung von der Außenwelt nach unserer Einkleidung beziehen.
    In der abgeschirmten Stille des Noviziats lerne ich, meine Wünsche und Initiativen hintanzustellen. Nicht ich selbst bin befugt, Entscheidungen zu treffen. Das ist die Aufgabe unseres verantwortlichen Magisters, zu dem mein Beichtvater Pater Theodor auserkoren ist. Ich habe mich zu dieser Lebensform entschlossen und bin 100%ig bereit, mich penibel an alle diese Vorschriften zu halten. Sonst wäre meine freiwillige Entscheidung absurd. Leichter fällt mir dieser Entschluss, weil ich weiß, dass nach diesem Noviziatsjahr der absoluten Abgeschiedenheit die Lebensweise etwas lockerer wird. Umso mehr muss ich gerade jetzt danach trachten, das vorgegebene Ziel der Verinnerlichung spiritueller Grundsätze zu verfolgen und schließlich auch zu erreichen. Ich praktiziere – wie beim Eintritt in den Orden versprochen – die von mir erwartete Demut.

     

    Gesprochen von Ina Biechl

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