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My Generation


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My Generation

 

Mein Vater war Bauer und stolz auf seinen Besitz
und ich war ein erklärter Kommunist, der die Säuberungen
Maos befürwortete.

 

Vater zitterte um Schleyer und ich zitterte um Andreas
und die anderen, die von dem Schweinesystem gefangen gehalten wurden.

 

Ich hatte nix, aber tausend Flausen im Kopf.
Ich bezog Bafög und diskutierte konspirativ
im Keller der Mensa mit Palästinensern.
Es gab damals keine Bombenbauanleitungen im Internet.

 

Die Alten waren Nazis und deswegen hassten wir sie.
Wir demonstrierten gegen das Atom, die Startbahn West
und litten unter Saurem Regen und dem Ozonloch und
an all dem waren die Etablierten schuld, wer sonst.
Wir wussten, wenn es so weiter geht, ist die Welt
in fünfzehn Jahren fertig.

 

Vater starb friedlich im hohen Alter.
Seine Äcker wurden zu Geld und das zu
schönen Urlauben in der Provence und der Toskana,
geräumigen Autos und einem Haus mit Garten.

 

Ich öffne einen Roten und proste gen Himmel.
Meine Tochter ist durch und durch unpolitisch.
 

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Hallo Mojo,

 

Ist Dein LI eigentlich glücklich oder traurig, weil die Tochter durch und durch unpolitisch ist? Ich empfinde, Dein Text trägt eine resignative Note. So viel Idealismus und Begeisterung steckte im Aufbruch. Vielleicht war nicht alles letztlich durchdacht, aber es zählt doch der Wille, der Wunsch es besser zu machen, als unsere Väter und Vorväter (entschuldige bitte das Maskulinum, "Väter:innen", "Vormütter", o.ä. empfinde ich als zu ungewöhnlich). Eigentlich beantwortet sich meine Frage, denn sind wir heute ein Stück weiter? Wohl kaum. Und die eigene Kraft fehlt, sich vom Roten zu lösen ...

 

Dein Gedicht macht nachdenklich.

 

Liebe Grüße,

Athmos

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vor 28 Minuten schrieb S. Athmos Welakis:

Hallo Mojo,

 

Ist Dein LI eigentlich glücklich oder traurig, weil die Tochter durch und durch unpolitisch ist? Ich empfinde, Dein Text trägt eine resignative Note. So viel Idealismus und Begeisterung steckte im Aufbruch. Vielleicht war nicht alles letztlich durchdacht, aber es zählt doch der Wille, der Wunsch es besser zu machen, als unsere Väter und Vorväter (entschuldige bitte das Maskulinum, "Väter:innen", "Vormütter", o.ä. empfinde ich als zu ungewöhnlich). Eigentlich beantwortet sich meine Frage, denn sind wir heute ein Stück weiter? Wohl kaum. Und die eigene Kraft fehlt, sich vom Roten zu lösen ...

 

Dein Gedicht macht nachdenklich.

 

Liebe Grüße,

Athmos

Vielen Dank, lieber Athmos.

 

Ich denke, dass wir auf jeden Fall weiter sind, in puncto Toleranz, Vielfalt und Aufgeschlossenheit.

Auf keinen Fall möchte ich noch mal in die unfreien, engen Fünfziger zurück.

Jede neue Generation bringt auch immer einen Wandel mit sich und der ist wichtig für

die Evolution, aber oft schmerzhaft für die Generation davor.

Natürlich war der Bruch mit dem dritten Reich besonders herb und dabei schossen

viele über das Ziel hinaus, so etwas liegt in der Natur der Sache.

 

Ein bisschen sieht er es mit einem weinenden und einem lachenden Auge, dass seine Tochter unpolitisch ist, denn

zum einen tut Veränderung Not und zum anderen ist es für ihn einfacher, er muss weniger Federn lassen.

 

 

Liebe Grüße

Hera

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Hallo Hera,

 

vor 16 Minuten schrieb Mojo182:

Ein bisschen sieht er es mit einem weinenden und einem lachenden Auge

Das kann ich gut verstehen.

 

Wir sind in einer anderen Welt, als vor Jahrzehnten, das ist klar. Natürlich gibt es heute Freiheiten in der Selbstbestimmung und Selbstentfaltung, die früher undenkbar waren. Meine große Befürchtung ist es, dass sich Kräfte immer mehr formieren in dem Bestreben das Rad zurückzudrehen. Wer weiß in welchem Reich und vor welchem Scherbenhaufen wir dann zum Stehen kommen werden. Die Anzeichen sind da.

 

Aber vielleicht wird alles demnächst von der Urgewalt der sich wandelnden Natur hinweggefegt. Das Schlechte, aber auch das Gute. Nach dem Motto: "Das Schicksal legt den Hobel an ...".

 

Liebe Grüße,

Athmos

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