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Schuld, Sünde, Sühne


Marc Donis

Empfohlene Beiträge

Schuld, Sünde, Sühne - Der erste Teil

 

Nicolaus Thurneysser
(Ruhig, entschlossen)

Nun sind die Götter auch gefallen,

zuerst der Mensch, jetzt auch noch sie,

hört ihr Bitten still verhallen?

Weder Wort noch Melodie.

 

Der Himmel gleicht nun einer Grotte,

leer und kalt, wie auch verflucht,

kein Himmel mehr auch kein Gotte,

dessen Gunst man nun ersucht.

 

Die Zeit, sie hat sich nun gedreht,

weder Amen noch ein Segen,

die Zukunft ihr still entgegensteht,

zum Anfang wir uns hinbewegen.

 

Es schließt sich die schwere Wunde,

man muss das förmlich schätzen,

gekommen ist nun wohl die Stunde,

in der wir nun den Gott ersetzen.

 

Hört mir zu und spricht das Wort,

es gibt keine Götter mehr,

diese sind inzwischen fort,

auf Erden sind wir nun Herr!

 

Das ist wohl wahr, kein schlechter Witz,

vielleicht klingt das auch so lind,

die Macht der Welt ist der Besitz,

da wir die Götter nun wohl sind!

 

Bischoff
(Entsetzt von den Worten)

Das sagst du bloß, mein Sohn, mein Werter,

der Teufel schreit, mit festem Biss,

das sagtest du, als ein Gelehrter,

es gibt den Gott, so ganz gewiss.

 

Nicolaus Thurneysser
(höhnisch, mit einer Verachtung in der Stimme)

Ich hab‘ ein sichtliches Bedenken,

von hoher Zahl und schwerer Maß,

woll’n Sie es nun so verschenken,

das Ihr Wort war bloß ein Spaß?

 

Wie oft ist mein Mild geborsten?

Mag es somit nun so reichen,

müde bin ich vom Durchforsten,

fand aber keine Gotteszeichen.

 

Mag das Spiel ja bloß so weigen,

Gott war und bleibt Legende,

nimmer bringt Ihr mich schweigen,

was ich nahm, ist nun zu Ende.

 

Es gibt kein Gott, ich werd’s bekennen,

was kommen mag aus meinem Münde,

so werd‘ ich steht’s die Wahrheit nennen,

denn Wahrheit steht vor Sünde!

 

Gott ist nichts – welch‘ ‘ne Satire,

die Wahrheit so am längsten wärt,

ich jage fort, den Hof und Tiere,

dem Bischoffs Tod durch dieses Schwert!  

   

Nicolaus Thurneysser hebt das Schwert und droht dem

Bischoff damit ihn auf der Stelle zu enthaupten.

 

Nicolaus Thurneysser
(Zynisch, bereit zum Enthaupten )

Es wäre wohl so wahrlich schade,

zerschlisst das Schwert nun Ihr Gewand,

ich brauche nichts, nicht Sie noch Gnade,

ich befreie lediglich das Land.

 

Es wird gleich leicht, ganz ohne Kerben,

befreit ist dann so Ihre Seele,

verlockend ist es doch zu sterben,

ich tue bloß die sein‘ Befehle.

 

Ich leiste Folge – dem Gebot,

das spür‘ ich tief in meinem Geiste,

verlockend ist doch so der Tod,

niemand schätzt an ihm das meiste.

 

Bischoff
(Hilflos, überfordert)

Du bist ein Tier, das ich verkannte,

der Teufel, ja, der du wohl bist,

‚mein Sohn‘ ich dich auch nannte,

ich ahnte nichts von deiner List.

 

Du bist der Tod, ein wahrer Schwätzer,

der eine, ja, ganz ohne gleichen,

du bist der Tod, ein wahrer Ketzer,

ich werde dir so gar nicht weichen!

 

Nicolaus Thurneysser
(Lächelnd)  

Vorbei die Zeit zum Atemschöpfen,

die Stund‘ nun kommt vom toten Pater,

welch‘ schöner Morgen doch zum Köpfen,

leb‘ wohl nun du – mein schmählich' Vater!

 

Nicolaus Thurneysser schwenkt das Schwert

und sticht zu.

 

Berlin, 19.10.2023

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