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Der Dommeister

 

I

Zum Himmel, da ragen die Leitern, Gerüste,

umgeben so scheinbar den Dome, den Bau,

ein Meister, er steht auf scheinbarer Küste,

in tosender Höhe – Im Nebel und Grau.

 

Die Sicherheit gibt ihm die rostige Stütze,

die er umklammert mit zitternder Hand,

ist er auch gar dem Bischoff von Nütze,

weht nun im Winde der seine Gewand.

 

Schaut er vom Turm auf jenes Gebilde,

hält in der Rechten er Blätter und Plan,

zischen und pfeifen die Winde so wilde,

reißen die Sorgen den Mann einfach an.

 

Legt auch der Lehrling das Bleie, die Platten,

gar auf die Balken, er sitzt dort, so kahl,

biegt er seit Stunden, die Finger ermatten,

biegt er doch trotzdem das weiche Metall.

 

Liegt gar ein Lied in seinigem Munde,

das er so singt, die Noten bewähret,

fallen die Späne und Splitter zu Grunde,

während das Blei er passend beschert.  

 

Singt nun der Junge mit lieblichem Klange:

„Tu‘ ich die Arbeit zu jedem Behuf,

dauert mir diese wohl nimmer zu lange,

da ich das Bauwerk mit andren erschuf.

Klage ich nicht, ich habe gefallen,

seh‘ ich vom Dach die Stadt und das Tor,

seh‘ ich am Morgen die himmlischen Hallen,

steig‘ ich vom Boden ins Äther empor.

Hat mich der Wille so einfach bezwungen,

ist jede Kunst das weltliche Recht,

hat mich der Glaube auch milde umschlungen,

bleibt auch für immer das Lehrlingsgeschlecht.“

 

Sitzt nun der Junge inmitten der Leisten,

ruft dann sein Meister im tückischen Ton:

„Ist deine Arbeit nun wirklich am dreisten,

steig‘ nun hinunter, vergiss‘ gar den Lohn!

Siehst du die Pläne gezeichnet mit Kohle,

was du da tust, ist einfach nur schlecht,

dient dieser Dom zum geistigen Wohle,

hab‘ ich am Ende wahrlich so recht.“

 

Schreit gar der Meister mit jenem Verbeißen:

„Siehst du wohl nicht, wie es hier so steht,

müssen wir nun die Platten abreißen,

hast du das Blei mit Schiefer verdreht.“

 

Hebt gar der Junge das Blei mit Umfassen,

„Ist auch das Blei der bessere Stein,

werde ich wohl das Dache so lassen,

wird dieser wohl für immer da sein.

Wird dieses Blei für immer erhalten,

schützt es das Dache, das wahrliche Haus,

nicht mal die Zeiten so werden es spalten,

hält gar das Bleie die Jahre still aus.“

 

„Hast du nun einfach mein mildes Vertrauen,

decke zu Ende das Dache – Genügt,

werden wir heute den Dom fertigbauen,

fehlt bloß das Dache, ja wenn es nicht trügt.“

 

„Fehlt bloß am Ende nur schließlich der Giebel,

 schaff‘ ich das Decken so ziemlich allein,

glaub‘ ich an Gott – An Jesu und Bibel,

wird es zu Abend vollendet wohl sein.“

 

 

II

Hebt nun der Junge die Platten schon wieder,

glüht sein Begaben, das Mühen, sein Drang,

legt er die Platten beherzt einfach nieder,

zieht durch die Stadt das Schaben, der Klang.

 

Zaubert der Abend die lieblichsten Flammen,

gar in den Himmel, das spärliche Rot,

steht lieb das Volk vorm Dome beisammen,

betet es freilich gar gegen den Tod.

 

Stehen die Pfeiler, die müdlichen Schlanken,

gleicht das Portal dem stolzen Altar,

ist dieser Dom des Gottes Gedanken,

glänzt in dem Licht der Sandstein sogar.

 

Scheinen die Sorgen allmählich zu schwinden,

während der Winde den Jungen so wiegt,

mag das Gebäude ihn göttlich verbinden,

als er das Blei zum letzten Mal biegt.

 

Mögen die Hände des Jungen so brennen,

während er nun zum Volke so kommt,

niemand mag ihn so einfach verkennen,

sagt er zum Meister beseligt und prompt:

„Siehst du das Blei an meinigen Händen?

Wie es verfärbt, die Finger, es liegt,

mochte ich nun das Dach so vollenden,

da auch das Handwerk die Zeite besiegt.

Ist das die Kunst, so mag ich das glauben,

ist auch das Werke am Ende kein Spiel,

darf ich nun sagen mit jenem Erlauben:

Ist nun vollendet, der Dome, das Ziel.“

 

„Ist nun die Kunst ein wahres Bestreben,

dachte ich somit gar Nachte zur Nacht,

Kunst ist nun somit ein Danke zum Leben,

hab‘ ich das Werk mit Brüdern geschafft.“

Sagt nun der Meister, den Blick so gewendet,

gar zu den Türmen, dem seligen Gold,

flüstert er leise: „Nun ist das vollendet,

ist das der Dome, den ihr gar so wollt?“

 

Berlin-Biesdorf-Süd;

11.03.2024 – 12.03.2024

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