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Sigurd ritt nach Hindarfiall
und blickte Richtung Frankenland,
ein Licht, gleich Feuer, ging zum All,
nur, dass er dort kein Feuer fand.

 

Zu einer Schildburg führt' es ihn,
es lag darin ein Mann, der tief
in voller Rüstung, wie es schien,
ganz sorglos in der Halle schlief.

 

Er zog den Helm ihm von dem Haupt
und sah, es war vielmehr ein Weib.
Ganz ohne, dass sie es erlaubt,
schnitt er die Brünne ihr vom Leib.

 

Das Weib erwachte, sah herauf,
sie blickte Sigurd an und sprach:
(1)"Wer schnitt mir meine Brünne auf?
Wer weckte mich aus meinem Schlaf?"

 

"Es war des großen Sigmunds Kind,
der dich hier eben schlafend fand,
und seine Schneide schnitt geschwind,
von dir der Brünne Schlafgewand."

 

(2)"Wie lang schon nahm mir Schlaf die Sicht
bis du grad kamst, mich wachzurütteln?
Bei Odins Kraft, ich schafft' es nicht
die Schlummerrunen abzuschütteln."

 

So lehnte Sigurd sich nach vorn
als er, sich setzend, niedersank;
es nahm das Weib voll Met ein Horn
und gab ihm einen Minnetrank.

 

(3)"Heil dir Tag und Tagesöhnen,
heil dir Nacht und nährend Erde,
schau nicht zornig, wie wir fröhnen,
dass uns Sitzenden Sieg werde.

 

(4)Heil euch Asen und Asinnen,
heil dir, sei ein fruchtbar Feld,
gib uns Weisheit tief im Innen,
gib uns Hand, die Heilung hält."

 

Sie sagt, sie heiße Sigdrifa,
würd eine der Walküren sein,
hier schlief sie schon so manches Jahr,
unzählbar müssen sie fast sein;

 

erzählt, was ihr dereinst geschah,
sie spricht von einem großen Krieg
des Kriegerkönigs Hialmgunnar,
dem Odin selbst versprach den Sieg.

 

Sein Feind war Agnar, groß als König,
ein Bruder Adas, der allein
entgegen Göttermacht mit wenig
an Hilfe sollt' verloren sein.

 

Doch war es so, dass Hialmgunnar
im Kampfe doch sein Ende fand.
Er wusste kaum, wie ihm geschah,
dann starb er durch Sigdrifas Hand,

 

dass Odin sie zur Strafe stach 
mit einem Schlafdorn, sie entschlief ...
Vermählung erst, wie er versprach,
erweckt sie aus des Schlummers tief.

 

Jedoch Sigdrifa sprach sodann
zu ihm, gelobte, sie erwählt
nur den, der sich nicht fürchten kann
als Mann, mit dem sie sich vermählt.

 

Es fragte Sigurd nun gebannt
ob sie, als Kennerin der Mären
aus aller Welt und jedem Land,
vermöge, Weisheit ihn zu lehren.

 

(5)"So trinke Bier, du Baum der Schlacht,
gestärkt durch Lieder, Mannesruhm, 
gemischt mit Zauber, Runenmacht,
gewidmet dem Berserkertum.

 

(6)Und schneide Runen für den Sieg
verewigt in des Schwertes Griff
und Schneide. Zweimal ruf im Krieg
nach Tyr so hilft der Runenschliff.

 

(7)Aelrunen ritze in das Horn,
wie auf den Rücken deiner Hand.
Bei Lug und Trug ist nichts verlorn,
sind sie durch Runenmacht gebannt.

 

(8)Gesegnet sei vor der Gefahr
so auch die Speise wie der Trank.
Geschützt sei beides immerdar
durch Götter. Odin, habe Dank!

 

(9)Und Bergesrunen schneide ein
zu lösen eines Weibes Angst,
ritz sie in deine Knöchel rein
wenn du der Disen Hilfe bangst.

 

(10)Die Brandungsrunen wieder schneid,
ziehst du hinaus und übers Meer
das stürmisch wild und ewig weit
des Ungeschützten Grabstatt wär.

 

(11)Wer um der Äste Runen weiß,
vermag zu heilen, Arzt zu sein,
nimm einen Baum im Wald und reiß'
sie ostwärts in die Rinde ein.

 

(12)Wer Rache sucht und Schaden, kenn
der Runen Macht auf das Gericht,
man binde sie am Richtplatz wenn
das Volk von Konsequenzen spricht.

 

(13)Und Geistesrunen schneide du
um klüger als ein andrer Mann
zu werden, triumphieren. Tu
wie Odin es dereinst ersann,

 

wie er sie schnitt, die er erdacht,
aus dem Gehirn von Heiddraupnir,
den Hörnern Hoddraupnirs, bei Nacht,
so fließt die Weisheit auch zu dir.

 

(14)Mit blankem Schwert stand auf dem Berg
der Göttervater und empfing
von Mimirs Haupt das weise Werk,
dass Wahrheit durch sein Wesen ging.

 

(15)Er schnitze sie auf seinen Schild,
von seinem Wagen drang ihr Ruf,
auf Sleipnirs Zähnen stand ihr Bild,
auf Arwakrs Ohren, Alswidrs Huf,

 

(16)auf Bragis Zunge, Adlerkrallen,
wie auf die Schwingen voll von Blut,
auf Klauen, Tatzen, Brücken, Hallen,
war überall der Runen Gut.

 

Erlösend, klärend, auf den Händen,
sanft lindernd auf der Dinge Spur,
auf allen Wegen, an den Wänden
und wurden Teile der Kultur.

 

(17)Sie brachten Glück auf Gold und Glas,
in Wein und Würze, auf dem Sitz
der Wala, Granis Brust so hold,
der Nornen Nägel, Gungnirs Spitz'.

 

(18)Geheiligt, wer geschnitten ward,
gesandt, beschenkt mit hehrem Met.
Ein Mancher auf der Weisheit Pfad,
zu Asen, Wanen, Alfen, geht.

 

(19)Wer unverdorben wirken lässt
und unverwirrt zum Wohl der Welt
der Runen Macht, steht in ihr fest
bis einst Walhalla selber fällt.

 

 

 

*der ursprüngliche Text stammt aus der Lieder Edda und heißt 

Sigrdrífomál; Die Erweckung der Walküre

Das ist allerdings erst ca. die Hälfte der Sage

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Hallo Delf,

 

liest sich süffig, aber im letzten Drittel geht es etwas zu sehr ins Name-Dropping über. Da wäre Weniger eventuell Mehr gewesen.

 

Die ersten Strophen gefallen mir aber ausnehmend in Stimmung und Wortwahl.

 

Vom Thema angeregt, werde ich jetzt gleich ein Gedicht aus meinem Fundus fischen, das sich auch mit der nordischen Sagenwelt beschäftigt. Und du bist schuld daran.

 

Runengruß

Cornelius

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Hallo Cornelius,

 

dankesehr!

 

Ja da muss ich dir leider recht geben, die Zeilen ab Punkt wo die verschiedenen Runen aufgezählt werden, und besonders nochmal die letzten mit den Geistesrunen, sind sehr unschön zu schreiben gewesen, der ursprüngliche Text war sogar noch extremer ...

Ich schau aber mal, inwieweit sich vielleicht doch noch unnötige Aufzählungen austsuschen lassen, oder frei interpretiert passend ergänzen 🤔😊

 

Zitat

Vom Thema angeregt, werde ich jetzt gleich ein Gedicht aus meinem Fundus fischen, das sich auch mit der nordischen Sagenwelt beschäftigt. Und du bist schuld daran.

 

Oh, ich bin gespannt!

Ich hoffe du wirst es mir nicht nachtragen😄

 

Liebe Grüße

Delf

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