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Hera Klit

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Beiträge erstellt von Hera Klit

  1. Schattencafé

     

    Café Bormuth im Schatten.
    Ein typisches Rentnercafé auf dem Marktplatz.
    Stuhl und Einzeltisch kippeln auf dem Kopfsteinpflaster.
    Eine Tasse Kaffee und vielleicht noch ein Stück Käsekuchen, 
    man muss erst mal nachschauen, was noch da ist.
    Ich akzeptiere das letzte Stück Käsekuchen mit Früchten.
    Gegenüber liegen die angesagten Cafés in der prallen Sonne.
    Dort saßen wir immer.
    Du hattest etwas Südländisches und brauchtest unbedingt Sonne.
    In der Toskana fragten dich die Einheimische nach dem Weg.
    Ich lese in der gerade erstandenen Italienischen Reise.
    Der Alte ging nie so an mich, außer seinem Faust und ein paar Gedichten.
    Ich versuche mich ihm erneut zu nähern, obwohl er Hölderlin und Kleist blockierte.
    Altersmilde macht mich verzeihbereit.
    Womöglich suche ich Antworten,
    die nur würdevoll gereifte Dichter zu geben vermögen.
    Altvertraute Wege und Plätze waren mir heute ganz neu erschienen.
    Die Stadt hat sich verändert und ich auch.
    Wir beide bewahrten Altes und ließen Neues zu.
    Am Nebentisch erklärt ein maximal Betagter
    einem anderen den Ukrainekrieg.
    Auf dem Gehsteig vor mir beschimpft eine Greisin 
    einen betrunkenen Rempler, als Besoffenen.
    Sie mosert ewig weiter, der Kerl ist längst weg.
    Aber, wenn man schon mal im Recht ist.
    Ich zahle gleich, dann kann ich eventuell schnell weg.
    Der Kellner ist digitalisiert, ich bekomme keine Quittung.
    Es ist der fünfte Oktober zwanzig zwanzig und ich habe heute Abend nichts vor.
    Goethe war am Abend des fünften Oktobers siebzehn achtundsechzig in der „Elektra“
    Das Stück fand er abgeschmackt und es langweilte ihn.
    Ich bestelle noch einen Kaffee und der Kellner
    erkennt digital, dass ich schon gezahlt hatte.
    Ich weise darauf hin, dass ein Beleg sicherer gewesen wäre.
    Er beruhigt mich und sagt: „Nein, nein, ich finde alles.“


     

    Kleinen Kaffeepause im Cafe Bormuth.jpg

    20221005_153314.jpg

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  2. vor 28 Minuten schrieb JoVo:

    Liebe Hera, 

    wunderschön. Das LI scheint wirklich im Jetzt zu sein und weiß Momente wahrzunehmen. 

     

    Danke

    Liebe Grüße 

    JoVo

    Vielen Dank, lieber JoVo,

     

    ein gerüttelt Maß an Angst vor Nähe schwingt auch mit.

     

    Liebe Grüße

    Hera

     

  3. vor 7 Stunden schrieb Ostseemoewe:

    liebe Hera

    du schaffst auch in alltäglichen Sachen eine Spannung aufzubauen.

    Besonders gefällt mir die Sumpfdotterblume und ich hänge dem Gedanken nach, ob sie nicht doch den Ort wechseln können.

    Liebe Grüße Ilona

    Vielen Dank, liebe Ilona.

     

    Liebe Grüße

    Hera

    vor 6 Stunden schrieb Herbert Kaiser:

    Bravo liebe @Hera Klit

     

    so eine Alltagssituation muss man erst mal so großartig in Worte verpacken!

    Hoffentlich gehst du bald wieder dorthin einkaufen.

     

    LG Herbert 

    Vielen Dank, lieber Herbert.

     

    Liebe Grüße

    Hera

  4. Einmaliger Einkauf

     

    Ich konnte nicht mehr in den alten Penny gehen,
    alles dort ging mir auf die Nerven.
    Die Pennyeinkaufswägen mit schlackernden Rädern,
    das ruckelnde Pennylaufband und die
    fragenden Augen der Pennykassiererin.
    Alles dort verwehrte mir die nötige Distanz,
    um ungestört einzukaufen.
    Vierzehn Jahre sind genug, selbst für
    Mord bekommt man weniger bei guter Führung.
    Wir Menschen sind keine Sumpfdotterblumen, 
    wir haben die Ortswechseloption.
    Ich fuhr zu einem Penny im anderen Ortsteil.
    Und siehe da:
    Pennyeinkaufswägen mit gut geölten Rädern,
    ein gut geschmiertes Pennylaufband
    und sogar eine Pennykassiererin, die ihren Job zu machen schien.
    Mein Jahrgang und gut in Schuss, das ist selten. 
    Ich starrte ihre Haare an bei der Laufbandbestückung.
    Blond, kurz, fesch, geiler Schnitt.
    Ob mir das auch stünde?
    Bei der Warenabnahme berührten sich unsere Hände.
    Sie musterte mich.
    Ich entschuldigte mich.
    Sie lächelte.
    Bei der Geldübergabe ruhte ihre Hand einige Sekundenbruchteile zu lange
    in meiner, während sie meinen Blick suchte.
    Ich schaute weg und ging grußlos,
    ohne Treuepunkte.

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  5. vor 32 Minuten schrieb SchwarzPoet:

    @Hera Klit,

    ich habe auch nie gesagt, dass diejenigen, die gendern wollen, nicht gendern dürfen. Ich bin lediglich dagegen, das Gendern als verpflichtend einzuführen, was einige fordern und genau diese geforderte Pflicht und dadurch Abänderung der Deutschen Sprache in der Form, wie sie derzeit zum Gendern genutzt wird ist das, was der überwiegende Teil der Bevölkerung ablehnt, was auch in so einigen Umfragen bewiesen wurde.

     

    Mit der freiwilligen Nutzung des Genderns habe ich kein Problem. Was anderes habe ich auch nirgends gesagt, solang es freiwillig bleibt.

     

    Dunkle Grüße

    Die breite Masse hat meist nicht das Niveau, um notwendige Neuerungen zu begreifen und zu akzeptieren.

     

    Liebe Grüße

    Hera

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  6. Am 12.9.2022 um 20:38 schrieb SchwarzPoet:

    Das Gendern ist ein tolles Spiel,

    das die Bevölkerung nicht will.

    Ein Krebsgeschwür mit Ambitionen,

    dem Wichtigtuer inne wohnen.

     

    Man stockt und stammelt vor sich hin,

    denn gendern macht nicht wirklich Sinn.

    Wer Worte auseinander reißt,

    auf Sprachkultur am Ende scheißt.

     

    Ein Hauch von Sinn macht die Idee,

    fußt dennoch nur auf kleinem Zeh.

    So gleichberechtigt wie gedacht,

    ist dieser Funke nur bei Nacht.

     

    So schaut man mal genauer nach,

    entdeckt, dass dieses Land liegt brach.

     "Ärzt_in" als Beispiel zeigt uns bald,

    durch' s Gendern Männer stehn' im Wald.

     

    Den Mann als solches gibt's nicht mehr,

    nicht existent, der Ofen leer.

    Und wenn das Männlein wegradiert,

    ist Frau alsbald auch derb blamiert.

     

    Kein Nachwuchs mehr, höchstens Retorte,

    wo früher noch ein Bohrer bohrte.

    So ist erschöpft Germanikus,

    bei all dem schriftlichen Verdruss.

     

    So schließe ich mit nem Zitat,

    das Heinz Rudolf Kunze gesprochen hat:

     

    "Sobald ich gegenderte Sprache lese oder höre,

    wird mir körperlich übel!"

     

    sprach der Dübel. 

     

    © SchwarzPoet

     

     

     

    -Keine Fremdverlinkung in Beiträgen erlaubt! 

    MfG Die Moderation JC-

    Doch ich und andere, die durchaus auch zur Bevölkerung gehören, möchten gendern.

     

    Liebe Grüße

    Hera

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  7. vor 1 Minute schrieb Herbert Kaiser:

    Liebe @Hera Klit

     

    … ob Sommerin oder Herbstbraut, der Mann stets auf das Eine schaut. Das Schenkeltal er wild begehrt und drum die Weiber so verehrt! 
     

    Stimmig, sinnig - gefällt mir.

     

    LG Herbert 

    Vielen Dank, lieber Herbert,

     

    du hast die Verlockungen des Weibes in schöne Worte gefasst.

     

    Liebe Grüße

    Hera

     

     

  8. Herbstweib

     

    Du Herbstweib nimmst
    mir den Sommerzorn.
    Dein braunrotes Haar weht
    durch mein Schenkeltal.
    So trage ich den Schmerz,
    um die Sommerin leichter.
    Meine dürren Blätter
    schreckten dich nicht.
    Du sagtest, du liebst 
    den laublosen Wald.
    Bleib und schütze
    mich vor dem Eisatem
    der Winterbraut.

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  9. vor 9 Stunden schrieb Carlos:

    Hallo Hera, 

    es scheint mir, du meinst es ernst mit deinen Schlussfolgerungen. 

    Der Mensch ist das einzige Tier, das den sexual Trieb nicht nur zur Reproduktionszwecke verwendet, bewusst zum Genussgewinnung benutzt und problematisiert. 

    Mittlerweile wissen alle, dass es keinen Sinn hat, diese Kraft zu leugnen, dagegen anzukämpfen. 

    Es ist ein gewaltiger Strom in der Jugend, den anzuhalten zu wollen führt zu Ausschweifungen. 

    Es ist die Achillesferse des tugendhaftesten Mannes. Erst das Versiegen dieser Quelle bringt eine gewisse Distanzierung, etwas Ruhe. 

    Es scheint mir auch, überwiegend, ein Problem der Männer zu sein. Die Männer haben Fantasien, die sie verwirklichen wollen, dazu brauchen sie die Frauen, welche, meistens, mitmachen den Männern zuliebe, nicht weil sie es wirklich bräuchten. 

    Dies sind nur generelle Anmerkungen über ein überaus kompliziertes Thema.

    Ohne überflüssige Worte hast du die Geschichte gut und spannend erzählt.

    Liebe Grüße

    Carlos 

    Ja, lieber Carlos, ich meine es ernst und ich sehe nicht, dass deine Ausführungen meinen widersprächen.

     

    Liebe Grüße

    Hera

     

     

  10. Sündhafte Sinnsuche

     

    Oft suchen wir unsere Erfüllung im religiösen Bereich. Das ganze Durcheinander in unserer von uns selbst als äußerst nebulös empfundenen Seele scheint nur einen wahren Ausweg zu kennen und der heißt: Gott. Es muss doch alles einen Sinn haben, unsere Existenz, unsere Umwelt, unser Schicksal. Das scheint uns plötzlich ausgemacht und so begeben wir uns auf die Suche nach Gleichgesinnten und Organisationen, die uns Halt, Stütze und Wegbegleiter sein können. Ich hatte diese Phasen freilich auch und ich hatte sie oft. Wie ich bereits berichtete, studierte ich ja sogar zeitweise Theologie. In der Zeit meines Theologiestudiums war ich so heilig und asexuell unterwegs, dass alles, was mir begegnete und war es auch nur eine harmlose, futtersuchende Taube, die zufällig vor meinen Füßen landete, ein Zeichen von Gott war, der mir den richtigen Weg weisen wollte.

    Sex schien mir in dieser Zeit zu schmutzig, ich wollte ihn auf keinen Fall praktizieren, am besten gar nicht daran denken. Schlimm für meine jeweiligen Partnerinnen.

     

    Mit fünfzehn hatte ich auch so eine Phase und zum Glück noch keine Partnerin, die unter meinen Marotten zu leiden hatte. Ich wusste, dass einer meiner Schulkameraden, der brave Gerhard Paul, wie seine Eltern und alle seine sonstigen Verwandten einer freireligiösen Gemeinschaft angehörte. Deswegen besuchte ich ihn immer öfter, um auch Zugang zu ihrem Erlösungsweg zu bekommen. Gerhard war drei Jahre älter als ich, mindestens einen Kopf größer und wahrscheinlich auch zwanzig Kilogramm schwerer. Er musste sich bereits täglich rasieren, während ich nicht einmal einen zarten Flaum um den Kinnwinkel hatte. Als ich beim ersten Mal in Gerhards Zimmer saß und sein Vater kurz hereinschaute, fragte dieser ganz zu Gerhards Belustigung und zu meinem Verdruss, ob Gerhard mir seine Freundin nicht vorstellen wolle. Warum meinten es mein Gott und mein Schicksal so hart mit mir und gestaltete mich so unvorteilhaft, dass ich nicht als richtiger Junge durchging? Das musste doch einen tieferen Sinn haben und wenn es nur den Sinn hatte, mich maximal leiden zu lassen.

    Gerhards Eltern waren im Krieg aus Oberschlesien geflüchtet und hatten in unserem Dorf einen heruntergekommenen Bauernhof gekauft, den sie mehr schlecht als recht bewirtschafteten. Gerhards Vater arbeitete nebenbei noch bei der Müllabfuhr, weil die Einnahmen aus dem kleinen Hof die Familie nicht alleine ernähren konnten.

    Diese Leute waren aber sehr gastfreundlich und herzlich. Oft war ich über Mittag bei ihnen und dann durfte ich an ihrem Mittagsmahl teilnehmen. Freilich nicht, ohne vorher ein intensives Gebet durchgestanden zu haben. Wenn ich sage intensiv, dann meine ich intensiv, denn bei uns zu Hause wurde gar nicht gebetet und in der Kirche, in die ich ja als Konfirmand gezwungen worden war, hatte eine solch intensive Art des Betens, wie bei den Pauls auch niemals stattgefunden. Sie beteten mit geschlossenen Augen, in tiefster Versenkung und jeder und jede die an die Reihe kam, ließ sich tiefschürfende, flehentliche Fürbitten aus dem Stehgreif einfallen, die oft mehrere Minuten dauerten. Auch ich wurde aufgefordert, dies zu tun und ich tat mein Bestes, um wenigstens annähernd an ihre Leistungen in Sachen Inbrunst und Selbstverleugnung heranzukommen. Es war offensichtlich, dass sie mir meine Mangelhaftigkeit auf diesem Gebiet nur verziehen, weil ich ein Neuling in echter Religiosität war, aber sie schienen eine geringe Chance zu sehen, mich zum wahren Glauben umzuerziehen, deswegen durfte ich bleiben.

     

    Wenn ich dann mit Gerhard auf seinem Zimmer war, veranstalten wir Bibellesungen und Gerhard erläuterte mir den wahren Sinn der einzelnen Geschichten, der irgendwie nicht ganz dem entsprach, den der Pfarrer uns im Konfirmandenunterricht gelehrt hatte. Gerhards Gott war nicht so nachgiebig wie der Gott, den ich bisher kannte. Sein Gott forderte unbedingten Gehorsam und von Vergebung für alle möglichen Sünden konnte gar keine Rede sein.

    Ich musste Gerhard all meine Verfehlungen meines bisherigen Lebens bis ins Detail schildern und er bewertete sie und überlegte sich Bußen für mich, um mir die Chance zu geben, mich zu reinigen und Abbitte zu leisten. Meistens konnte ich mich reinwaschen, indem ich einige wenige Stockhiebe entgegennahm, die mir Gerhard im Auftrag seines Gottes auf die ausgestreckten Hände erteilte.

    Es geschah alles nur zu meinem Besten, wie er mir versicherte, denn ohne eine ordentliche Reinigung würde mir ihr Pastor niemals den Zugang zu ihrer freireligiösen Gemeinde gewähren und ohne dessen Segen könnte ich keinesfalls jemals Mitglied werden. Dann stünde es freilich um mein Seelenheil schlecht, denn der Segen, den die Amtskirche verlieh, würde niemals ausreichen, um ins Himmelreich hinein zu gelangen. Dies sei eine Lüge und eine Verschwörung, die von finsteren Mächten, welche die Amtskirche seit Jahrhunderten unterwandert hätten, in die Welt gesetzt worden seien. Auch dürfe ich Vater und Mutter nichts von dem allem, was hier geschah, je berichten, denn die seien doch zu den anderen zu rechnen, die das Himmelreich nicht erlangen würden. Gerhards Ausführungen schienen mir in allem stimmig und richtig und ich hatte doch auch schon lange gespürt, dass die Eltern und die Amtskirche nicht in der Lage waren, mein Seelenheil herzustellen.

    Wie weit war ich denn gekommen mithilfe der Amtskirche? Ich war nicht einmal ein richtiger Junge und in mir drin sah es katastrophal aus. So viele widerstreitende Gefühle und Sehnsüchte, für die ich mich doch nichts als zu schämen hatte. Ein wahrer Gott würde doch so etwas nicht geduldet haben. All das war mir geschehen, weil ich bisher dem falschen Amtskirchengott mehr schlecht als recht gehuldigt hatte.

     

    Ganz aus dem Häuschen war Gerhard und mit ihm wohl auch sein richtiger Gott, als ich ihm unter Tränen endlich gestand, eine Pornoheftchensammlung zu besitzen, die mir mein Freund Klaus gnädig überlassen hatte und die ich sorgsam versteckt hielt vor den Augen meiner besorgten Mutter, indem ich sie in einem alten Radioempfänger verwahrte.

    Gerhard war außer sich. Er befahl mir sofort sämtliche Heftchen herbeizuschaffen, damit er sie im Einzelnen prüfen könne, um die nötigen Strafen für mich daraus ableiten zu können. Er gäbe sich nur deswegen dafür her, weil ich ihm etwas bedeute und weil er inständig hoffe, meine dermaßen verworfene Seele noch irgendwie retten zu können.

    Es gelang mir, die Hefte unbemerkt aus meinem Elternhaus heraus und in Gerhards Elternhaus hinein in sein Jugendzimmer zu schmuggeln. Und dann prüfte Gerhard eingehend, während er mir befahl, mich in eine Zimmerecke auf die Knie mit dem Gesicht zur Wand zu begeben. Und Gerhard prüfte und prüfte. Ich hörte ihn brummeln und schimpfen und schnaufen. So etwas sei ihm sein Lebtag nicht untergekommen und so etwas sei der schmutzigste Schmutz, zu dem sich Menschen jemals hergeben könnten. Ein Mensch, der sich so etwas anschaue und auch noch Freude dabei empfinde, könne bei seinem Gott niemals Gnade erlangen.

     

    Endlich war Gerhard mit der Prüfung der Beweismittel fertig. Draußen wurde es schon dunkel und in dem Zimmer lag jetzt eine bedrohliche Dämmerung, die den ernst der Situation dramatisierend untermalte. Ich hörte ihn sagen, er habe beschlossen, mir zunächst dreißig Stockschläge auf den blanken Hintern zu geben und mich dann vorerst nach Hause zu entlassen. Das Beweismaterial behielte er freilich hier, es müsse verhindert werden, dass ich mich noch mehr damit besudele.

     

    Ich war mir meiner Schuld vollkommen bewusst und es tat mir leid, dass ich Gerhard in diese vertrackte Lage gebracht hatte, die ihn nun dazu zwang, Gewalt auszuüben, um aus mir eventuell noch einen rechten gläubigen Menschen zu machen, der es verdiente, in eine liebende Gemeinschaft Eingang zu finden. Meine ganze Schlechtigkeit musste selbstverständlich aus mir rausgeprügelt werden und diese schwere Aufgabe übernahm nun Gerhard mir zuliebe. Wie musste er mich lieben, dass er dies für mich zu tun bereit war.

    Und ich fürchtete und liebte ihn, als er mich nun mit harten Händen packte, mir die Hose von meinem zarten Hintern herunterriss und mich über einen Stuhl warf, um mich in die richtige Strafposition zu bringen. Und er machte seine Sache so gut und absolut unnachgiebig. Jeden einzelnen der dreißig Schläge führte er mit seinem Stock mannhaft und dermaßen intensiv aus, dass ich ihn bei jedem Schlag mehr und mehr ins Herz schloss und mich ihm ergeben fühlte. Da war ein Mann, ja so konnte man ihn doch schon bezeichnen, der mich so sehr mochte, dass er mich bis aufs Blut züchtigte. Ich litt sehr unter den schmerzenden Schlägen, aber ich fühlte mich durch sie angenommen und geadelt. Wenn es mir doch schon so guttat, wenn er mir zugetan war, wie sehr würde es mir dann erst guttun, wenn sein Gott, in dessen Namen er mich züchtigte, mir zugetan sein würde? Und so war ich absolut glücklich und trotz schmerzenden Hinterns lief ich freudig nach Hause, als er mich entließ mit dem Auftrag, intensive Nachtgebete zu sprechen und um Vergebung zu bitten. Morgen Mittag dürfe ich wieder zu ihm kommen, er habe sich dann ein umfassendes Bild gemacht und könne mir weitere Stationen meines Bußweges eröffnen.

     

    Ich sagte meinen Eltern, ich würde mich gleich ohne Abendessen hinlegen, denn ich sei etwas müde vom intensiven Spielen bei Gerhard. In Wirklichkeit konnte ich mich nicht mehr auf meinen malträtierten Hintern setzen. Dennoch betete ich in meinem Bett ganz intensiv um die Milde von Gerhards strafendem Gott.

     

    Als ich am nächsten Tag an der Haustür der Pauls die Klingel betätigte, kam nach einiger Wartezeit Gerhards Vater heraus und überreichte mir mit steinerner Miene meine Heftchensammlung. Ich erfuhr, dass er Gerhard ordentlich verdroschen habe, weil er ihn bei unzüchtigen Handlungen über meinen Heftchen angetroffen habe. Er erteilte mir ein lebenslanges Hausverbot und schloss grußlos die Tür vor meiner verdutzten Nase. Somit war mir dieser Erlösungsweg verschlossen. Was sollte aus mir noch werden?

    Ob dieses Erlebnis nachhaltig auf meine weitere Entwicklung eingewirkt hat, vermag ich nicht zu sagen. Ich weiß nur, dass sie Ingredienzien enthielt, die bis heute mein Interesse wecken. Da bin ich schwach und sündig, ahnungslos, feminin und da ist ein Mann reifer, stärker mächtiger und dominant. Ein maskuliner Mann, dessen Interesse an mir durch meine devote, feminine Empfangsbereitschaft, Hingabe und Sündhaftigkeit gespeist wird und der sich genötigt sieht, mich nach allen Regeln der Kunst zu demütigen und herzunehmen. Immer wieder suchte ich in meinem Leben Situationen auf, die diesem Muster entsprachen. Ich musste es tun, egal ob irgendein von irgendjemand erfundener und zusammenfantasierter Gott dies gutheißen oder verdammen würde. Ich bin heute der Überzeugung, es gibt keinen Menschen, der jemals eine Wahrheit über das Göttliche empfangen hat, nicht Moses auf dem Sinai und nicht Paulus auf dem Weg nach Damaskus. Jesus, lass ich außen vor, denn den lieben wir alle, das haben wir mit der Muttermilch schon eingesogen. So haben wir zum Christentum erzogenen, natürlich alle eine Jesusbeißhemmung im Betriebssystem fest eingebaut. Selbst Nietzsche griff Jesus aus Ehrfurcht nicht an, wer bin ich, dass ich es täte?

     

    Es gab nur Sucher und das, was sie fanden, war sicher nicht das, was die wahren Gründe ihrer inneren Zerrissenheit hätte erklären können. Ich glaube, keiner kam je näher an die Wahrheit über uns kleine Sünderlein heran als Nietzsche und Freud.

    Wir sollten diese beiden immer wieder lesen, um von ihnen zu lernen, dass wir uns annehmen dürfen, so wie wir wurden, durch jeden einzelnen Baustein, der im Laufe unseres irdischen Daseins in unser Seelengebäude eingefügt wurde. Wir existieren als ich nur als eine Luftspiegelung dieses fragilen Bauwerks. Mehr und mehr scheint mir auch die Reinkarnation glaubhaft, sodass wir womöglich schon viel länger an unserem Bauwerk bauen, als wir es ahnen. Das würde auch gerade viele Geschlechtsirritationen erklären.

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  11. Lose Hoffnung

     

    Menschenleerer Wald.
    Regen prasselt aufs Autodach.
    Zeit verkürzen mit Kindle.
    Ein fremder Wagen biegt ein.
    Silhouette eines Unbekannten.
    Hier muss man nichts befürchten.
    Aufatmen, als der Starter ertönt.
    Er kommt sicher nicht.
    Sonnenschein hätte es begünstigt.
    Er sagte, wir sehen uns.
    Die Sonne fläzt sich im Tal,
    während hier schwere Wolken
    auf den Wipfeln liegen.
    Die Angst, eine Hoffnung 
    fahren zu lassen, lähmt.

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  12. Tja lieber Carlos, ich sage mal 95 % aller Menschen sind Sklavennaturen (durch Erziehung) und

    haben den Willen zur Ohnmacht. Trotzdem sind sie natürlich von der Macht fasziniert.

     

     

    Liebe Grüße

    Hera

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  13. Die Ritterin von der traurigen Gestalt

     

    Oh mein Dulcineo,
    mein Edelmann, so fern.
    Alle meine Weibswindmühlen bekämpfe
    ich einzig nur für dich.
    Die Ritterin von der traurigen Gestalt,
    braucht deinen Beifall mehr und mehr,
    du unbestechlich, teurer Freund.
    Wirst du Gebieter
    meines Herzens mich je
    in den Armen halten?
    Wird deine kleine Wohnung unser gemeinsamer Haushalt sein?
    Werde ich am Herd stehen und begehrt von dir in Töpfen rühren?

    Eine Frau an einem Herd, ist doch

    wenigstens eine Frau an einem Herd.
    Was ist es, um den Beifall der Hammelherde?
    Lass uns bald handeln oder nie, bevor ich im Käfig heimkehre.

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  14. Wieder da


    Und dann sitzt man wieder da,
    im alten grauen Filz,
    in dem man sich nie leiden konnte.
    Den Tod zu Gast beim kargen Mahl.
    Graues Haar umwölkt trocken die faltig zergrübelte Stirn.
    Alles ist Niedergang, Sackgasse, Ende, Aus, Vorbei.
    Das Sofa wird Grab.

     

    Doch da! Ein winziger Funke.
    Wer weiß woher er kam.
    Leben strömt saftig in die Fontanelle.
    Man hebt das Haupt.
    Man reißt Fenster auf.
    Man tönt die Haare.
    Man entfaltet das Gesicht und zieht sexy Klamotten an.
    So sehen Sieger aus!
    Man erkennt die Lösbarkeit von Problemen.
    Schönheit, Stärke und Klugheit sind Attribute des eigenen Ichs.
    Schon schmiedet man wieder Glück.
    Vertrauen in das was man ist und kann, ist wieder da.

     

    Auf dem Hochplateau saugt man Luft und schreitet weit aus.

    Die Sonne ist innen und außen.
    Neue Gedanken voller Lebenslust strömen ein.
    Und Pläne, so tolle, neue, frische Pläne.
    Man grüßt Fuchs und Fasan, die staunen über soviel Tatendrang.
    Hier ist ein Mensch, mit dem weiterhin gerechnet werden muss.
    Das Ende ist so was von fern.
    The Show must go on.
    Hera enters the building.


     

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  15. vor einer Stunde schrieb Aries:

    Hallo @Hera Klit, @Carlos

     

    nach Paolo Coelho dauerte das Glück mit der Sambatänzerin Maria im Schnitt nur 11 Minuten, wie in seinem gleichnamigen Roman beschrieben. Du hast es also auf zwei Minuten mehr gebracht.

     

    Welch ein Glück, que suerte oder que sorte, wie die Brasilianer sagen.

     

    Gruß,

    Aries

    Danke für die Info, ich habe diesen Autor nie gelesen.

     

    Liebe Grüße

    Hera

  16. vor 14 Minuten schrieb Carlos:

    Tja,

    da hast du wirklich ein Meisterwek erschaffen. 

    Diese Frau lebt in dir weiter. Und in Tausend anderen, wahrscheinlich. 

    Ewig wird sie tanzen. 

    Im Roman "Zorba der Grieche", von Nikos Kazantzakis, sagt einmal Zorbas, dass das männliche Glied der Schlüssel zum Paradies sei. 

    Ich muss hier über die Raffinesse, über die Niederträchtigkeit der menschliche Rasse denken, die auf die Idee kam, andere Menschen zu kastrieren. Wie kann man an die Göttlichkeit, an die Unsterblichkeit solcher Wesen glauben?

    Wir machen uns was vor. 

    Liebe Grüße

    Carlos 

    Vielen Dank, lieber Carlos.

     

    Ja, ich finde auch, wir sollten anerkennen, dass nur der ganze Mensch göttlich sein kann.

    Wir sollten unsere schönen Momente so erinnern, dass das Göttliche darin erstrahlt.

     

    Liebe Grüße

    Hera

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  17. Samba dreizehn Minuten lang

     

    Die Sambatänzerin im TV lacht und

    schwingt ihre makellosen Hüften.

    Mehr an frohem, positivem Sex-Appeal geht nicht.

    Ihre Lebenslust induziert reine Freude in mir

    und katapultiert mich zurück in die Neunziger,

    in dieses Laufhaus in Frankfurt Main.

    Diese Schwarze mit dem Schneesturmlächeln,

    die mich mit Gott und seiner Schöpfung versöhnte.

    Schwupps war ich drin in ihrem Paradies

    der internationalen Bodytalk-Völkerverständigung.

    Samba, Samba dreizehn Minuten lang.

    Dreizehn Minuten On The Top vor nunmehr dreißig Jahren,

    die ihr magisches Licht bis heute in mich rein strahlen.

    Mother Mary came to me.

    Thank you Darling, wherever you are.

     

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  18. See passé

     

    Ich fahre noch einmal zum See.
    Er hatte gesagt, vielleicht sehen wir uns noch mal.
    Das ist Antrieb genug.
    Die letzte Chance dieses Jahr?
    Eine Transgenderfrau wie ich sollte nicht
    alleine sein, wenn die Temperaturen absacken.
    Auf dem Parkplatz im Wald stehen nur wenige Autos.
    Wie immer verschwinde ich für Pipi machen hinter einem dicken Baum.

     

    Da! Ein fieser Typ umschleicht die Autos
    und versucht die Türen zu öffnen, auch an meinem.

    Ich breche meinen Piss ab, ohne ordentlich abzuschütteln und rufe:
     „Was machen sie an meinem Auto?“
    Dann laufe ich wie James Bond obercool auf den Gauner zu.

    Woher nehme ich diesen Mut?
    Bin ich verrückt, ich habe keine Waffe.

     

    Der Typ sieht brutal aus, Glatze, Panzerknackervisage mit Ohrring.
    Wahrscheinlich kampferprobter Streetfighter.

    Er brüllt: „ Seid ihr alle verrückt geworden,
    bei dem Wetter spinnen alle, ich habe doch nur sein Auto geprüft
    sonst nichts.“

    Ich sage sicherheitshalber kleinlaut. „Ok.“

     

    Er verschwindet auf dem dunklen Waldweg Richtung See.

    Ich beschließe, nie wieder zum See zu gehen und lasse die Reifen quietschen.
    Meine Hose ist vorne nass.


     

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  19. vor 4 Minuten schrieb Tobuma:

    Liebe Hera,

    Wie schön,dass man am Schicksal anderer sein eigenes verarbeiten kann.Ein wirklich tolles Gedicht!

    Leider findet die Rollenklärung, wer ist die Queen und wer ist Charles oft viel zu spät statt. Nicht nur bei dir.

    Wer will einen alten Menschen schon verletzen, auch wenn er einem selbst weh tut. Dass dir schon morgen alles gehören könnte, wiegt die Demütigungen nicht auf, die dich insgeheim quälen und dich in die Nacht verfolgen. Ich hoffe, dass dich die Gelassenheit , die dein Gedicht wiederspiegelt jetzt nicht verlässt und du als Charles später wirklich du selbst sein kannst. Ich würde es dir gönnen.

     

    Ganz liebe Grüsse

     

    Tobuma

    Vielen Dank, lieber Tobuma.

     

    Du sprichts da Dinge an, die leider auch wahr sind, aber

    ich glaube momentan, ich kann die Kurve kriegen.

    Viele werden sich darin wiedererkennen.

    Bleibt zu hoffen, dass unsere Generation etwas weniger

    königlich für ihre Kinder ist. Ich bin davon überzeugt.

     

    Liebe Grüße

    Hera

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  20. vor 29 Minuten schrieb Carlos:

    Deine Mutter? 

    Mehr als ein Gedicht, deine Verse sind einmalig.

    Und ja, nicht zu vergessen:

    "Hallo Hera" und "Liebe Grüße".

    Carlos 

    Vielen Dank, lieber Carlos.

     

    Ja, es geht um meine Mutter.

     

    Liebe Grüße

    Hera

    • Gefällt mir 1
  21. Meine Queen

     

    Ich lausche ihr schweigend,
    wenn sie in unseren Erinnerungen kramt.
    Winzige, gezackte Schwarzweißbilder
    beweisen ihre Macht.
    Ich versorge ihr Haus und ihren 
    Garten nach ihren Anweisungen.
    Sie ist meine Queen
    und ich bin ihr Charles.
    Für uns gab es nie Paraden,
    aber wir standen ganz gut da.
    Ihr Staat war klein, aber die Staatsraison
    war groß wie im Buckingham.
    Ich bin glücklich, dass ich sie noch habe,
    und ich lasse sie ihr Zepter schwingen.
    Das alles gehört mal dir sagt sie.
    Dann werde ich König sein, in einem
    Reich, in dem niemand mehr
    meine Kindheit kennt.

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