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Er saß zum ersten Mal in diesem Café, in dieser Stadt.

Abwesend trank er den schwarzen Kaffee, den Blick über die verkehrsreiche, laute Straße zum gegenüber liegenden Park gerichtet, wo zwei große, überdimensionale nackte Männer neben großen, überdimensionalen Pferde standen, im Begriff, sie zu besteigen. 

Er wusste nicht, dass sie Kopien aus Paris waren, die man in einem Vorhof des Louvre besichtigen kann. 

Die Haltung der Männer erinnert an Helden der Antike, hier von den schnell vorbeigehenden Einheimischen ignoriert. Eigentlich ist Ospina, in diesem Moment, der Einzige, der sie wahrnimmt.

Später wird auch er, wie alle anderen, blind laufen, aber dieser erste Eindruck in dieser Stadt wird er nie vergessen, das erzählte er mir einige Jahre später.

Es ertönte Musik aus einer, im Eingang des Cafés stehenden Musicbox, die hier die Einheimischen "Rocola" nennen.

Erkannte er die Melodie? 

Der Kellner, der eigentlich wie ein normaler Mensch aussah, ich meine, genau wie die Passanten, ohne die Allüren europäischer Kellner, ging zu einem Tisch, wo seit zehn Minuten ein Pärchen geduldig wartete. Wahrscheinlich hatte der junge Mann das Lied ausgewählt, ein Lied, das normalerweise nie in solchen Musik-Maschinen zu finden war,  "Ne me quitte pas". Ob sie Franzosen waren, vom Namen des Cafés, Montreal, angezogen? Wie kam man in dieser Gegend auf so einen Namen? Niemand hat sich diese Frage gestellt,  auch Ospina (so hieß der junge Mann, der zum ersten Mal hier war) nicht. Es gibt Sachen, die man wahrnimmt und akzeptiert wie sie sind, ohne Vor- oder Hintergedanken.

Der Kellner brachte zwei große Tassen mit heißem Wasser, in die man die auf jedem Tisch stehende Kaffeessenz eingießen konnte. Auch ein Behälter mit Zucker war da. Keine Milch. 

Um 18 Uhr, innerhalb weniger Minuten, wurde es dunkel. Männer und Pferde verschwanden, wurden aber gleich, mit einer anderen Aura, wieder gesehen, dank des Lichts von großen runden Kugeln, noch etwas, das sich für immer in Ospinas Gedächtnis einprägte.

Ospina gehörte zu der Menschensorte, die nie ohne einen schwerwiegenden Grund weinen. Ein Film, bei dem ich damals geweint hatte, ließ ihn vollkommen kalt, eine Verfilmung von "The heart is a lonely hunter", dem Roman von Carson McCullers. Erst viele Jahre später erfuhr ich, dass Carson McCullers eine Frau war. Als zwanzigjährige schrieb sie dieses, in den Südstaaten spielende Drama. Schon mit fünfzig starb sie, von Rheuma geplagt und am Ende im Rollstuhl, aber immer mit einem Liebesleben, das mich an Frida Kahlo denken lässt, obwohl diese war, in der Hinsicht, unübertrefflich, sie verführte sogar den in Mexico  im Exil lebenden Trotsky, obwohl sie ans Bett gefesselt war. 

Ich las den Roman von Carson McCullers, eine ziemlich verworrene Geschichte. Die Hollywood Drehbuchautoren wissen, wie sie die Herzen erreichen können.

Es geht um eine unerwiderte Liebe, weil die Frau erst im Nachhinein erfährt,  dass der Taubstumme sie geliebt hatte. 

Ospina winkte dem Kellner und bezahlte, zum ersten Mal in einer fremden Währung.

 

 

 

 

 

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Hallo Carlos,

 

eine gut erzählte Geschichte, in die sich ein paar Flüchtigkeitsfehler eingeschlichen haben.

 

z.B.:

 

vor 21 Minuten schrieb Carlos:

Abwesend trank er aus der Tasse den schwarzen Getränk, den Blick über die Verkehrsreische

 

Hier wolltest du wohl Kaffee schreiben und hast dich auf Getränk besonnen, ergo: das schwarze Getränk - verkehrsreich

 

vor 33 Minuten schrieb Carlos:

das mich an Frida Kahlo denke lässt, obwohl diese war, in der Hinsicht, unübertrefflich

 

hier schenke ich dir ein -n- für denken lässt und ich würde eher schreiben: das mich an Frida Kahlo denken lässt, obwohl diese, in der Hinsicht, unübertrefflich war.

 

 

LG Sternwanderer

 

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Herzlichen Dank liebe Sternwanderer, ich habe sofort deine Empfehlungen in die Tat umgesetzt. 

Dabei habe ich "aus der Tasse" gestrichen, den meistens trinkt man ja den Kaffee, in einem Café, aus solchen Dingen.

Nochmals vielen Dank liebe Sternwanderer. Ich hoffe, du konntest dich ein wenig amüsieren über meinen literarischen Versuch. Wenn ich einen Leser zum schmunzeln bringen kann, bin ich glücklich.

Danke auch dir, cher Ference.

 

 

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