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EINE FRAGE DES PRINZIPS - ODER EINE SACHE DER EHRE


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Als bundesdeutscher Staatsbürger und gebürtiger Dresdner war ich keineswegs erstaunt, als mir eines weniger schönen Tages eine überraschende Zahlungsaufforderung ins Haus flatterte - für den Wiederaufbau und die restliche Erhaltung der städtischen Kulturdenkmäler meiner ehrwürdigen und historisch wertvollen und überaus kostspieligen Geburtsstätte - in Höhe von exakt DM 18.752,14 !

Da ich mir meine Heimatstadt ja schließlich selbst ausgesucht hatte, konnte ich nun nicht dagegen protestieren - oder wenn, dann nur ganz schlecht. Allerdings wurmte es mich schon ein wenig, daß ausgerechnet ich armer Wurm zur Bezahlung dieser Rechnung ausgesucht worden war (ich vermute, daß dort sowas wie 6aus49.000 gespielt wird - das heißt, die sechs die daran Schuld waren brauchen nicht zahlen aber die 49.000 anderen schon). Mit ein wenig Erfahrung in derartigen Aufforderungen der öffentlichen oder halb-öffentlichen und ganz-weit-offenen Hand bzw. Händen, Taschen, Beuteln, Säcken und Konten der Machtinstitutionen, weiß ich schon, daß solche Forderungen grundsätzlich aus zwei ganz verschiedenen, lediglich organisationstbedingt und rein verwaltungstechnisch zusammengelegten und -geforderten Beträgen bestehen - die zur Unterscheidung (wohin sie denn dann fließen sollen) einfach nur durch das Kommazeichen voneinander abgegrenzt sind:

Dem Betrag vor dem Komma - das ist immer der nebensächliche Verwaltungs- oder Organisations- oder Abschöpfungsanteil - und auf der anderen Seite den sogenannten sachbezogenen Anteil (also den für die Sache selbst) - und das ist immer der Betrag nach dem Kommazeichen.

Nun raten manche eher kleinkarierten Geldspartip-Taschenbücher dazu, derartige Aufforderungen, um wenigstens ein paar Pfennige zu sparen (und natürlich aus Protest und Rebellion und Meuterei), einfach ohne die Stellen nach dem Komma zu bezahlen. Dies geschieht in der irrigen Meinung, daß solches Tun dem Geldempfänger sowas wie Kopfzerbrechen, Magengeschwüre, Herzinfarkte, Gehirnschläge, Pest, Krätze oder noch besserem Schlimmerem verursache - aber tatsächlich erwirkt sowas nur zusätzliche Verwaltungskosten, sofort zahlbar und auch gleich in Millionenhöhe. Meiner nicht unbescheidenen Meinung nach ist das also genau das, was sich jeder Absender einer solchen Forderung wünscht, an jedem der 365 jährlichen Weihnachtstage seines Jahres. Außerdem, geht dieser Ratschlag auch noch an der Sache an und für sich (nämlich dem eigentlichen Sachbetrag) völlig vorbei.
Stattdessen bin ich also versucht, dem innerlichen, durchaus natürlichen, sozusagen angeborenen Instinkt eines Zur-Zahlung-Aufgeforderten nachzugeben, welcher mich (selbsterhaltend und überlebensfördernd) davon zu überzeugen sucht, daß es viel besser sei, bei einer Zahlungsleistung  gerade die Stellen und Zahlen vor dem Komma wegzulassen - und nur den Sachbetrag (nach dem Komma) zu begleichen. Zudem bin ich überzeugt davon, daß ein solches Vorgehen dem Absender (also mir) mehr Mark als Pfennige erspart und im Gegenzug dem Empfänger noch einiges an Arbeit und Verwaltungskosten bereitet - allerdings nicht zusätzliche, sondern eigentliche - wenn auch genaugenommen nur in verschwindend geringer Höhe - auf die er dann ja auch völlig zu Recht und klaglos verzichten kann.

Denn die öffentliche Hand, in ihrer Freizügigkeit (vor allem beim Aufhalten und beim Wegwaschen), verzichtet ja gerne auf die eine oder andere Million, wenn sie sich damit ein paar Pfennige Aufwand ersparen kann. So wie ja auch regelmäßig vielerlei verschiedene Millionenbeträge in den Sand gesetzt oder zum Schornstein hinausgeblasen werden, nur um ein paar Pfennige, zum Beispiel für Rotstifte, einzusparen. Aber noch nie hat man je davon gehört, daß da mal irgendwo ein paar Mark ausgegeben wurden, um Millionen einzusparen (und wenn ich mich nicht ganz täusche, dann gibt es sogar eine höchstamtliche Verschwendungsverordnung, die solch billiges Tun als unehrenhaft und berufsschädigend abwertet und verbietet).

Also sehe ich es so, daß diese, meine Zahlungsleistung, einfach eine Sache des persönlichen Prinzips ist - und die Frage der fehlenden Verwaltungskostenanteile ist eine der öffentlichen Ehre.  Ungeschickterweise ist der hochehrenwerte Gerichtsvollzieher meiner Heimatstadt bei solchen Sachen nicht ganz so ehrwürdig wie ich, sodaß ich letztlich dann doch um meine eigenen Prinzipien betrogen werde.

 

Nachwort :
Klugerweise wohnt man daher möglichst weit außerhalb, behält die Kulturdenkmäler seiner Geburtsstätte einfach nur in bester Erinnerung - und schickt der ge- oder ungeliebten Geburtsstadt ab und zu eine Postkarte (aus Australien, Bali, Chile, Dakar, Fidschi, Honolulu, Rio oder Never-Never-Land).

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