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Perry

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Beiträge erstellt von Perry

  1. Flaches Land

     

     

    Unsere Welt hat keine Berge mehr,

    das Auge verliert sich im Ungewissen.

     

    Nachts schreckst du hoch, fürchtest

    Stürme könnten unser Haus fortreißen.

    Ich halte dich fest im Arm und du

    duckst dich in meinen Windschatten.

    Es liegt Schnee auf deinen Wangen,

    sagst du fröstelnd, würdest spüren,

    dass der Winter nicht mehr fern ist.

     

    Ich mache Feuer im Kamin, versuche

    das Eis in deinen Augen zu tauen.

  2. hart am wind

     

    ich stand an der reling,

    der blick gezogen von den wellen

    in die tiefen meiner selbst.

    über mir knatternde segel,

    knarzende taue, die mich banden,

    als du riefst mit hellem sang.

    es war ein feines locken,

    das dir die zeit entrang.

    so lauschte ich still den delphinen,

    die mir den weg wiesen,

    zur insel der glückseligkeit.

  3. Muschelgesang

     

    Als ich gestrandet am Ufer lag

    und die Möwen mir zuriefen:

    „Steh auf, die Flut kommt!“

    spürte ich, wie sich Wattwürmer

    in meine Haut bohrten,

    Krabben meinen Mund bewohnten.

    Ich habe mich den Gezeiten gefügt

    und meine Stimme spricht fortan

    aus dem Perlmutt jeder Muschel:

    „Wein nicht geliebtes Menschenkind,

    ich bin nun eins mit Meer und Wind.“

  4. im minenfeld

     

     

    wir laufen auf spitzen, springen wie böcke,

    verharren wie geckos vor dem stolperdraht.

    wir kriechen auf vieren, winden uns schlangen-

    gleich, schnüffeln wie riesenratten nach

    tretminen (die erhalten zur belohnung bananen).

     

    wir stochern da, sticheln dort, pusten vorsichtig

    staub von zündern, bis wir hochschrecken,

    wenn nachts eine mücke im mozitrap knallt.

    weigern uns schließlich weiterzusuchen, bis

    der regierungsbeamte den neuen scheck bringt,

     

    der irgendwie nach banane riecht.

  5. Restaurant am See

     

    Sie räumen den Tisch ab,

    auch deinen Teller.

    Wir wollen noch bleiben.

    Ich bestelle Rotwein

    draußen auf der Terrasse.

    Der Alabamasong*) dringt

    aus verborgenen Boxen,

    bringt mir den Mond näher.

    Nur dich nimmt er mit

    zu den dunklen Sternen.

    Ich weiß, dass du mir

    nicht wirklich gegenübersitzt

    und doch bist du der Grund,

    warum ich immer wieder

    hierher zurückkehre.

     

     

    *) mit dem Alabamasong ist die Fassung der Doors des Brechttextes gemeint.

  6. du beschreibst einen Moment, in dem das Leben wie in Zeitlupe abzulaufen scheint (das Leben zieht vorbei).

    Bei einem Fall aus dem zehnten Stock kann ich mir das vorstellen, bei einem Kopfschuss würde ich eher an einen Schalter denken, der umgelegt wird. Bildlich ist gedankliche Unsicherheit gut zu spüren, der Schluss ist mir allerdings zu pathetisch.

    LG

    Perry

  7. wir sind die kreuze

     

     

    immer wieder tauchen sie auf, die bilder, blenden sich

    ins alltägliche. es hilft nicht, die augen zu schließen,

    denn sie sind tief in die netzhaut eingebrannt. überhaupt

    ist flucht keine lösung, dieses davonlaufen wie ein junge,

    der äpfel vom baum des nachbarn gestohlen hat.

    … hinterm haus hackt jemand holz, du könntest helfen.

    nichts friert mehr, als eine schuldbeladene seele.

     

    sie hing im seil unter dir, pendelte hilflos in der wand.

    das blut in deinen fingern pochte, die kräfte schwanden.

    ein letztes mal trafen sich euere blicke wie adler

    die aufwindsuchend über dem abgrund kreisen.

    ihr schnitt befreite dich von der last, ihr schrei

    verhallte zwischen den hängen. wind trieb blätter

    über die felder, legte eine bunte decke aufs land.

  8. Und der Löwe gähnte

     

     

    Eine endlose Besucherschlange

    wand sich unter bunten Wimpeln

    zum Tor und mir wurde klar,

    es war Zoonachmittag angesagt.

     

    Auf dem Schild stand Polarfuchs,

    aber es war nur Losung zu sehen.

    Dafür flogen im Vogelvoliere

    Plattschweifsittiche um die Wette.

     

    Meine Kleinen äfften Affen nach,

    zogen Ziegen am Bart und schnitten

    am Raubtierkäfig kräftig Grimassen.

    Den König der Tiere ließ das kalt.

  9. Hallo Deadman,

    ich denke, da verwechselst du Lyrik mit Prosa. Mag sein, dass dich mein prosaisch angehauchter Stil auf diesen Pfad gelockt hat.

    Als Lösung wüsste ich nur, dass du dir einen oder gleich alle 5 Gedichtbände von mir zulegst, dann hast du solche Momente in der gewünschten 500-Seiten-Langform. :wink:

    Danke für die "Entführungen" und LG

    Perry

     

    Hallo Vokalchemist,

    fürs Entfalten ist "auch" der Leser zuständig.

    LG

    Perry

     

    Hallo Jörn,

    freut mich, dass dir meine reimlosen Bilder gefallen haben.

    Ich denke, die Form ist nicht ausschlaggebend, sondern das was beim Leser ankommt.

    LG

    Perry

  10. DER STRAND IST LEER

     

    ein boot liegt kieloben am ufer

    die farbe der spanten ist abgeblättert.

    wie ein gestrandeter wal

    hat es sich seinem schiksal ergeben.

    kormorane auf der felszunge warten,

    dass die seele in den himmel aufsteigt.

    für einen moment hält der wind inne

    und das morgenzirpen der grillen

    klingt wie harfenklang der ewigkeit.

    federspiel ferner flügel lenkt den blick

    ins blau. auf dem meer fischer,

    die ihren nächtlichen fang einholen.

    in den netzen gefallene sterne,

    deren glitzern über wasser verblasst.

  11. das ist ein Text bei dem es zum Beispiel mir die Haare aufstellt. Wie kann man heutzutage noch so ein verdreht aufgeblähtes Drama zelebrieren. Aber das ist wirklich nur meine persönliche Sicht und soll dir beileibe nicht die Freude an solchen metrischen und reimtechnischen Kunststückchen nehmen.

    Zum Inhalt: Blutrache ist ja eine Thematik, die man eher aus südlichen Kulturen kennt.

    Hier fehlt mir ein wenig die zwanghafte Tragik, d.h. die Lust zu morden steht zu sehr im Vordergrund und gibt dem Ganzen eher einen vampir-klischeehaften Anschein.

    LG

    Perry

    PS: Bitte nimm mir mein Eingangsstatment nicht übel, aber es entstand unter dem Eindruck deiner Bemerkung über den äußeren Rahmen meines Gedichtes "holzschnitt."

  12. Hallo Quicksilver,

    du hast das Problem mit dem abgegriffen Bild der Augenseen gut erkannt, aber ich denke, auch Blicke können Klar sein.

    Ansonsten Danke für die "feinen Assoziationen."

    LG

    Perry

     

    Hallo Vokalchemist,

    natürlich wachsen Gedichte aus einem heraus, soweit sie autobiografische Züge tragen.

    Ich sehe es so, dass an einem Gedicht ca. 10 % Inspiration und 90 % Handwerk ist.

    LG

    Perry

     

    Hallo 1hit1der,

    falls du mit "äußere Form" irgendwelche metrische oder reimtechnische Formalien meinst, muss ich dich leider enttäuschen. Ich bin ein Anhänger des freien Schreibens. Wenn überhaupt, dann arbeite ich mit Alliterationen oder Enjambements.

    Trotzdem danke fürs "gern gelesen" und LG

    Perry

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