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Als die Welt noch nicht erwachte,

als das Universum schlief,

als es gab noch nicht um achte,

als noch niemand jemand rief,

 

als das Kleinste aller Kleinen

kleiner noch war als ganz klein

und das Reinste aller Reinen

reiner noch als wirklich rein,

 

war noch nichts, was all die Dinge,

die hier sorgsam aufgereiht,

hätte je benannt. Auch Ringe,

Kreise nicht; kein weit und breit.

 

Doch dann gab’s mit einem Male

aus dem wahren Nichts heraus,

wie die Welle aus dem Tale,

einen Ruck ins gradeaus.

 

Da, wo bislang nichts gewesen,

herrschte plötzlich Chaos vor.

Keine Ordnung war, kein Besen,

der hier eingriff, Zeus beschwor.

 

Rasend schnell gewann an Größe

alles das, was vorher klein.

Wo erst Stille war – Getöse,

wo’s erst finster – heller Schein.

 

Und es dehnt sich aus das Ganze.

Keiner weiß wohin? Wie schnell?

Aus dem Chaos wird Balance.

Wird’s die Welt eventuell?

 

Nebel steigen auf aus Gasen.

Steine aus der Nebelfront.

Und sie stoßen sich und rasen

durcheinander ungewohnt.

 

Immer größer wird die Hülle.

Stetig zeigt der Masse Zahl.

Kreisend dreht sich fort die Fülle.

Tobend Kraft läßt keine Wahl.

 

Nunmehr zählt die Zeit Millionen

Jahre ohne Unterlaß.

Der Zusamm’hang scheint zu lohnen.

Jeder Stern ein volles Faß.

 

Und um eine Sternenmitte

kreisen nun Planeten gar.

Einer davon ist der dritte,

der sich abkühlt Jahr für Jahr.

 

Vier Milliarden sind vergangen.

Jetzo scheint der Erdball reif,

daß in Tümpeln abgehangen

langsam wächst der Lebensschweif.

 

Tastend schiebt sich aus dem Wasser

Stück für Stück die neue Form.

Manchmal schön und manchmal krasser.

Oh! Der Vortrieb ist enorm.

 

Die Natur hält alles offen.

Jede Art hat ihre Chance.

Doch vom Wechselrad betroffen,

ist nur knapp die Toleranz.

 

Große Tiere sind erschienen.

Meer und Land sind proppenvoll.

Wald und Steppe sieht man grünen.

Wenn auch zehrt der Auswahl Zoll.

 

Ständig ist ein Kommen, Gehen.

Ständig schwankt die Artenzahl.

Und gleichsam der Säuger Wehen

springt heraus des Menschen Mal.

 

Wo nun stehn wir im Gefüge

der erwachten Ewigkeit?

Wohin treiben uns die Züge?

Was hält Zukunft uns bereit?

 

Sind wir einsam an der Spitze?

Sind wir aller Dinge Maß?

Oder füll’n wir nur ’ne Ritze,

wie im Asphalt grünes Gras?

 

Vieles wird nach uns noch kommen.

Manches nicht zu unsrem Glück.

Nutzen wir des Daseins Wonnen.

Nutzen wir den Augenblick.

 

Gleichsam ob die Welt sich weitet,

ob die Sterne ewig glüh’n,

was Geschichte uns bereitet;

uns bleibt nur uns zu bemüh’n.

   

[2008]

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Also, als Prediger habe ich mich noch nicht gesehen. @Melda-Sabine Fischer

In einem anderen Vorum, vor Jahren, meinte jemand, es wäre als Schulstoff geeignet. Dann würden die Schüler dieses Thema besser verinnerlichen. Aber in der Kirche?

 

Und @Uschi R., ich muß es bekennen. So denke ich nun mal. Bei aller Phantasie und Gefühlen immer ein klein wenig Realismus mit dazu.

 

Auch die besten Grüße zurück, Heiko

 

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  • 4 Monate später...

Richtig klasse der Text, @WF Heiko Thiele.

Eigentlich ein großer Zufall, ich hab einen bestimmten Text gesucht bin dabei über deinen gestolpert. Gott sei Dank. Ich hab ihn sehr gerne gelesen, zu Anfang musste ich an eine Stelle von Goethes "Wiederfinden" denken, die mir sehr gefallen hat:

 

Zitat

...

Als die Welt im tiefsten Grunde
Lag an Gottes ewger Brust,
Ordnet' er die erste Stunde
Mit erhabner Schöpfungslust.

 

Und er sprach das Wort: "Es werde!"
Da erklang ein schmerzlich Ach!
Als das All mit Machtgebärde
In die Wirklichkeiten brach!

 

Auf tat sich das Licht; so trennte
Scheu sich Finsternis von ihm,
Und sogleich die Elemente
Scheidend auseinander fliehn.

 

Rasch in wilden, wüsten Träumen
Jedes nach der Weite rang,
Starr, in ungemeßnen Räumen,
Ohne Sehnsucht, ohne Klang.

 

Stumm war alles, still und öde,
Einsam Gott zum ersten Mal!
Da erschuf er Morgenröte,
Die erbarmte sich der Qual;

 

Sie entwickelte dem Trüben
Ein erklingend Farbenspiel,
Und nun konnte wieder lieben,
Was erst auseinanderfiel.

 

Und mit eiligen Bestreben
Sucht sich, was sich angehört;
Und zu ungemeßnem Leben
Ist Gefühl und Blick gekehrt.

...

 

 

Sind wir Gottes Zier der Schöpfung,

Nabel hier im Weltenall?

Oder doch des Daseins Schröpfung,

Lebens Blüte und auch Fall?

 

Kreisend tanzen Schicksalsmächte

tanzen mit den Galaxien,

was der Mensch ins Möglich brächte,

dahin wird sein Schicksal ziehn

 

Ob wir also untergehen,

ob der Mensch bestehen bleibt...

wird der Mensch nicht eher sehen,

als er selbst sein Schicksal schreibt.

 

Viele Grüße

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Îch habe zu danken für deinen Kommentar. Es ist schön zu lesen, daß meine Worte jemand anderem gefallen. Mir geht es mit den Werken anderer ja zuweilen auch so:

 

Nunja, ich hab Goethe und Schiller gelesen

und bin auch bei Heine gewesen,

war von Kleist und Lessing fasziniert,

hab das eine oder andre bei Busch studiert.

 

Nennt mich trotz allem einenTor,

letztendlich kramt ich eignes vor.

 

LG, Heiko

 

PS.: Meintest du besser:

vor 15 Minuten schrieb Anaximandala:

"... Lebens Blüte auch Fall?" ...   | oder

 

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Das freut mich

 

ich muss sagen richtig viel hab ich mich eigentlich nur mit Schillers An die Freude beschäftigt, von Goethe hab ich den Diwan gelesen, aber da endet meine Bildung auch schon Aber dies diese Stelle ist doch sehr hängen geblieben.

 

 

*achja 

Zitat

PS.: Meintest du besser:

Ich hatte ein Wort vergessen

 

Lieber 10 Prozent verstehen

im Tun mit Herz und Liebe

als alle Wahrheit sehen

wenn doch nichts von ihr bliebe

 

Ich grüße dich mein Freund der Tor

ich komme von den Narren

bei uns da spannen wir uns vor 

den einzig eignen Karren.

 

Ein Ort, an dem noch selber schreibt

das klingt nach einem, wo man bleibt

 

 

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