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Ich bin seit 2 Monaten fast 27. Fast unterbrochen in sich. Ist sie schon Erwachsen? fragt das fragile Gleichgewicht aus gestern und heute. Ich rauche auf dem Balkon im Städterauch. Am Flughafen, wo ich wohne, aus Kerosinluft, aus Flugzeugen namens Spanien. Aus weitreichender Freiheit und unentdeckten Cocktails. Nur dass ich in mir sitze. Anders davonfliege.

 

Das Leben ist bequem, wie das Wort Schicksal, dass alles erklären kann, wenn niemand alles versteht. Neben mir gibt es Kinder aus den buntgekleideten Frauen. Manchmal immer mehr werdend. Ist alles eine sachliche Betrachtung oder ein Gefühl? Ein Wunsch? Kinder jubeln unter unerwarteten Wolken. Wer weiss, was wir aus den Wunden der täglichen Zeitung herauslesen. Was wir für uns entdeckt haben.

 

Kinderaugen durchstreifen meine Seele, suchen nach der Muttermilch. Doch ich habe keine Milch. Ich habe Kopfschmerzen. Ich habe Glück, dass ich Glück habe, sagt der Baumeister, der vor mir ein Haus für die Kinder baut, der nur dann spricht. Doch es ist manchmal unerträglich aus dem Fenster zu schauen. Einer spricht und nimmt sich dabei auf, der eine stirbt, die anderen Fragen, wann es so weit ist. Wann machst du Geld? Kinder? Künstler sind chaotisch, flüstert meine Seele zu ihnen. Doch du kennst nur Künstler, die du kennst, die haben Geld, weil sie Künstler sind und sich kennen.

 

Ich sollte vielleicht doch lieber Decken nach ihrer Befindlichkeit fragen. Nach Löchern suchen. Sie vernähen, mit dem Matratzenstich. Als könnte ich meine Fragen und meine unendlichen Löcher genauso behandeln. Kann ich es je ertragen, sowas banales zu akzeptieren?

 

Ich gehe mit einem Staubsauger spazieren und sauge die nassen Strassen ab. Verloren gegangene Tickets, abgelöste, aufgelöste. Schritte, die Platz machen, nur nicht vor ihren eigenen. Sie ist eine tapfere Hausfrau klatschen die Katzen aus den Dachrinnen, die nur Hunger haben und gar nicht reden können, jedenfalls nicht so, wie man meinen würde. Ich suche unter den Strassenabwasserkanälen nach Ratten. Doch es gibt sie nicht. Sie haben Angst, gesehen zu werden. Ein Zahnarzt bleacht die dunklen Löcher unserer Orte und nennt es natürliche Schönheit. Stadt ohne Ratten.

 

Ein Strassenmaler fragt, wie es mir geht. Doch ich habe Angst vor meiner Antwort und renne als Schuldige weiter. Schaufensterpuppen gucken ohne Augen in meine Seele und sind dünn. Sie tragen Kleider mit Stichen von Nähmaschinen, die in stickigen Hallen von zarten Frauenseelen geführt werden. Frauen, die mit Augen Kleidung für Augenlose Puppen nähen. Wohin führt mich der Eintritt? Und wer bin ich, wenn mir diese Kleider nicht passen? Ich warte meine Antwort, die nicht kam, ab, parkierte meinen Staubsauger für einen Tag vor einem Bordell und ging weiter.

 

Meine Haustür war schon weg, als ich klingelte. Jemand öffnete und baute einen kunstvollen Boden aus zersplitterten Fliesen. So bunt und zersplittert. Hier dürfen deine Jahre vergehen. Hier darfst du manchmal immer mehr Kinder bekommen. Kinder, die nach Muttermilch suchen. Doch ich habe keine Milch. Ich habe ein paar Fragen. Erzähle ich von den geliebten Nächten? Suche ich nachts nach dem Lichtschalter, wenn wir nur uns sehen? Wozu dann das Licht? Wenn das Ego so schwarz wie lackiertes Leder glänzt? Glühbirnen, die sich selbst als unendlich günstig verkaufen. Zeigt das Licht die tatsächliche Wahrheit? Ich trinke Lügen ohne Zucker leer.

 

Meine Kinder werden annehmen, dass der Boden bloss aus zersplitterten Fliesen besteht und der Grund sind für sie und der Grund warum. Doch in Wahrheit habe ich selbst keine Ahnung, warum dieser Boden mein Grund und der Grund für dich sein sollte. Ich schätze, ich flüchte mich in Erklärungen. Die vielleicht irgendwann aufgedeckt werden, wenn ich es verstehen werde. Und wer kennt jetzt die Antwort? Ich kann meine Fragen nicht mehr bezahlen. Es rentiert sich nicht, so zu sein. Chaotisch.

 

Ich gehe raus und irgendwo rein. Ein Kellner lächelt mit dem Teppich. Beide servieren mir ein Ornament aus nicht bezahlbaren Gerichten. Eine Katze schaut mich vom Nebentisch an. Miaut nach der Tasche, die nach Fisch riecht. Nach ihren Küssen heart to heart, klingelt Kristall und ein hellrotes Lachen. Seidenkleid so weich und ehrlich wie ein Traum.

 

Der Kellner serviert mir eine Platte nach der anderen. Wie Seiten eines nie gelesenen Buches, das sich geräuschvoll für die nächste Seite legt. Ich lese Liebe heraus. Farben aus Klängen, Zeit ohne Verderben. Ich bezahle meine Fragen ab und renne.

 

Kann ich die nächsten 40 bis 60 Jahre, mit oder ohne Krankheit, seelisch oder nicht, anpassen, ohne zu wissen, was jetzt passiert? In meinen Träumen entkomme ich diesen Alpträumen. Dort sind Geliebte. Sie alle sitzen in ihrer Traumblase und dichten immer noch über ihre Geliebten da draussen. Sie jonglieren wie Götter die Realität mit ihren Träumen, kehren ein und aus als wäre hier und dort hinter und vor offen gehaltenen Türen ein Leben und dahinter ein anderes. Wie glückliche Gefängnisinsassen. Wer hätte das gedacht?

 

Die Welt passt sich gerade selbst an. Sucht ein Gesicht in anderen und die Gesichter suchen andere. Ich spraye manchmal zwischen Systematische Haltung und Rollenbilder. Es macht mir nicht Spass, zu rebellieren. Es befriedigt mich nur, dass ich rebellieren könnte. Ich spraye nur so. Ich kann aber auch lange und laut lachen. Manchmal, vielleicht irgendwann, immer mehr. 0815 wird sich freuen, wenn ich ein Kind habe. Wenn wir schwanger sind. Wenn sich die Löcher aus Socken wie die schwarzen Löcher meiner Seele gleichen. Wie der Zwilling von jemanden. Wie Konflikte, die sich bis zum letzten aller Tage ziehen.

 

Aber für alles gibt es einen Stich. Ich schreibe dir bald. Ich habe dich vermisst. Lasse mich nicht am ersten meiner Tage ohne Fragen mich fragen sollen. Ich bin für ein paar Wochen weg, dort und hier. Traum und Leben. Strasse 6 und Autobahn 4. Ich bin bald 27. Dann bin ich bereit zu akzeptieren, dass in diesen banalen dingen eine dringende Dringlichkeit steckt. Und ich werde nicht mehr wie ein allfragender über mein Leben schauen. Wie sollen denn schwarze Socken ihre eigenen schwarzen Seelen stopfen? Wie soll das Licht sich selbst sehen können, wenn es uns nicht sehen kann? Wie soll ein Kind nicht lachen, wenn du den Boden für die Füsse gelegt hast, die ersten Schritte vorführend? Ein Boden, der so ist, was du jemals und immer geben willst. Stärke, Grund, ein Weg in alle Richtungen, aus Fragen, Träumen, unendlicher Liebe?

 

 

 

Quelle Pixabay 

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Hola Federtanz! 

 

Was für ein Mindstorm. In einem Rutsch geschrieben vermute ich mal? 

Gelungene Metaphern. Ein Moment Innehalten und die Gedanken des LI 

Unzensiert und ungeschönt mitlesen. 

Mit deinem eigenen Stil, den ich auch ohne den Namen der Autorin zu lesen erkennen würde. 

 

LG JC

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Lieber @Joshua Coan

 

Ja tatsächlich ist die unkorrigierte Version in einem Rutsch entstanden. Es war nur eine Frage, ob ich diese persönliche Geschichte auch zeigen will. Jedoch: Es ist allen bewusst genug, dass jede Entwicklung und Identität etwas unglaublich intimes ist und doch andere bedarf. Hemingway sagte deswegen in etwa: Es ist absolut schwer, nur die Wahrheit aufzuschreiben. Also ich denke, er meinte, dass man bei sich selbst bleibt. 

 

Es freut mich, dass du bei dieser Geschichte nachfühlend mitgehen konntest. 

 

Es ist lustig. Schreiben wir oder unser Geist? 

 

Schönen Sommerabend

 

 

Federtanz

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Liebe Federtanz, 

 

ein dichtes und vielschichtiges Panoptikum hast Du geschrieben, das mit wundervollen und schrecklichen  Bildern und ganz eindrücklichen Wendungen mich begeistert: „Ich habe keine Milch, ich habe Kopfschmerzen“, zarte Frauenseelen“, Ich kann meine Fragen nicht mehr bezahlen“.. Dies hier liest sich wie ein Brief an sich selbst, eine Mahnung und eine Vergebung gleichermaßen. Der „Matratzenstich“ - die Zaubernaht - man sieht dem Stoff nicht an, dass er genäht wurde. Ich möchte nicht genäht werden. Es sind doch diese Auslassungen, diese „spirituellen Tattoos“, aus denen das Licht am stärksten strahlt so wie durch deinen total intensiven Text. Ich glaube, nichts ist banal. Es geht immer in gewisser Weise um Leben und Tod..so bedeutungsvoll wirkt Dein großer Text auch bei mir nach.. 

 

mes compliments

 

Dio

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Ich bin sprachlos... 

Empfindet jeder sich selbst je nach seiner Gemütsverfassung? 

Wenn wir etwas erhabenes und ehrliches vorfinden? Ich weiss es nicht... Deine Lyrik geht tief in mich.. 

Ein Hauch von Melancholie empfinde ich in deiner bunten, Mannigfaltigen, und sublimen Geschichte, doch auch ein Weg hinaus aus der Stadt, an einen Ort, den wir erst als unsere Heimat erkennen wenn wir ihr begegnen. Bei soviel Bewusstsein und seiner Selbst gewahr zu sein liebe Federtanz, wird das ganz sicher unweigerlich geschehen 🙂

So lass ichs sein, und lese sprachlos die Geschichte noch einmal, und sehe mir die Bilder an, schmecke die Farben und die Düfte heraus... 

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Lieber @Dionysos von Enno

 

Es freut mich mal wieder, dass du dir ein paar Zitate ausgesucht hast, so habe ich auch immer wieder eine Chance zu sehen, was denn "begeistert". Im Grunde habe ich lange nicht mehr so sublim geschrieben-verständlicherweise-man muss die Waage aufrecht erhalten können- zwischen eigener Fantasie und der Richtung, die der Autor vorgibt. Vielen herzlichen Dank...

Mir ist immer bei meinen Texten wichtig, dass ich mir treu bleibe. Vom "Gefühl" her. Grundsätzlich habe ich zwar gerne eine neutrale bis fröhliche lyrische Emotion, die ich (eher) zeigen will. Aber wer liest denn Bücher, die nicht packen? Die nah an der Verzweiflung-ob der eigenen Interpretationsräume, die man mit geben will-sind? 

 

 

Lieber @Vagabund

 

 

Na, dann bin ich trotz deiner Sprachlosigkeit extrem froh, dass du für mich Worte gefunden hast. Ja, es ist nicht immer einfach, sich selbst "zu suchen". Man ist ständig irgendwo angelangt und dennoch fängt man erst an. Auch die Heimat und die innere "Heimat" ist so ein grosses Thema und für mich fängt sie dort an, wo jemand an dich glaubt! 

Vielen Dank auch dir 

 

Schönen Tag...mein Zug hält an. 

 

 

Lieben gruss und Sonne 

 

 

Federtanz

 

 

 

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