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Der Mottensammler

 

I)

In tiefster Nacht, die Sterne flirren,

kaum Leute durch die Straßen irren,

die Nacht, sie drückt in den Straßen,

doch einige Wege sind schier verlassen.

 

Ein Junge läuft, er scheinbar schwingt,

sein Schrei durch die Stille dringt,

eine Flasche umklammern seine Finger,

der Alkohol macht sein Verstand geringer.

 

Er spürt jemanden ihn versehentlich streifen,

sofort beginnt er, seinen Mut hervorzugreifen,

„Wer bist du?“, fragt er nun bezecht,

„Was fasst du mich an, woher das Recht?“

 

„Wärst du bei Sinn, dann würdest du vergeben,

hüte deine Zunge, du hast kein Bestreben,

der Alkohol raubt den Sinn, die Moral und Geist,

sieh‘ nur, wie der Ethanol dich vereist!“

 

„Was willst du, Alter? Willst du Prügel?

Ich mach‘ das für die Engel, ich will Flügel,

wer zuletzt lacht, am besten lacht,

ich komme als Gewinner hervor, aus dieser Nacht.“

 

Plötzlich die Nacht grelle Funken durchziehen,

der Junge erschreckt, er beginnt auf dem Boden zu knien.

Das Gesicht vom Alten eine Narbe, sie zeugt,

seine Haltung verkrüppelt, seine Säule gebeugt.

 

Sein linkes Auge geschlossen, Blut und Eiter es säumen,

seine Lippen borstig, sie scheinbar schäumen,

sein rechtes Auge schimmert weiß,

starr und pupillenlos erstreckt sich der Kreis.

 

Seine schwarzen Zähne, sie sind rar,

verfilzt ist sein graues Haar,

seine Nägel gelb, manch‘ zerbrochen,

seine Adern angelaufen, sie bedrohlich pochen.

 

Seine Gelenke knorrig, seine Finger vergicht,

diese berühren des Jungen Gesicht,

er beginnt mit einem flehenden Weinen,

es fängt an den Jungen zu peinen.

 

„Junge, der Respekt ist dein Gebrechen,

meine Lektion wird dein Verachten erstechen,

ich nehme dein Herz als Bürgen,

besserst du nicht, dann werd‘ ich‘s erwürgen.“

 

Der Mann reißt mit seinen Krallen,

aus der Bruste des Jungen Herzballen,

„Ich ersetze es mit zwölf Motten,

du stirbst, wenn diese verrotten.“

 

„Jede Motte steht für eine Stunde,

doch jetzt kommt die wichtigste Kunde:

Wenn du es schaffst dich, um die Motten zu sorgen,

dann bekommst du dein Herz am Morgen.“

 

„Heißt es, ich muss sie schützen und hegen?

Und sie sehnsüchtig pflegen?

Aber erfülle ich die Aufgabe ohne Ermessen,

dann wirst du mein Herz einfach zerpressen?“

 

„Ja, das ist keine kranke List,

du mir unterworfen bist,

denk‘ nach, willst du Herz oder verenden?

Diese Entscheidung liegt nun in deinen Händen.“

 

 

II)

Die Minuten scheinen nun zu rennen,

der Junge spürt ein enormes Brennen,

die Motten in ihm rapide gleiten,

sodass sie ihm Schmerzen bereiten.

 

„Es brennt diese starre Wunde,

bald endet die erste Stunde,

sie sich von meinem Blut nähren,

aber sie mich so belehren.“

 

Der Junge läuft, er wird wieder nüchtern,

die Zeit drängt, er fühlt sich schüchtern,

seine Gedanken nur um sein Leben drehen,

er kann die Hoffnung wahrlich sehen.

 

Immer noch er durch Berlin schleicht,

die Sorge ihm nicht von der Seite weicht,

er spürt wie er in den Motten ertrinkt

und tiefer in den Schmerzen versinkt.

 

Und plötzlich zerreißen seine Geweben,

die Motten aus seiner Brust ruhig entschweben,

sie durch die Nacht sanft gleiten

und suchen die schwarzen Weiten.

 

Die Motten befremdlich stieben

und sind in Richtung Mond getrieben,

dort erwartet sie eine wahre Fülle,

am Boden liegt des Jungen leere Körperhülle.

 

Geschrieben am: 13.06.2023

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