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Schmuddelkind

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Alle erstellten Inhalte von Schmuddelkind

  1. Vielen Dank, ihr Lieben! Ist ja gruselig: Ich habe gerade nacheinander Kommentare zu meinen Gedichten "Schlaflos", "Sprachlos" und "Sinnlos" beantwortet. Was will uns der Autor damit sagen? Nun also der dritte Teil der Los-Trilogie. Irgendein Talent muss man wohl haben. Und wer nichts Sinnvolles zu erzählen weiß, muss dann eben den Unsinn unterhaltsam gestalten. Du auch? Ich schau mal schnell nach... Ja, oben rechts wirst du tatsächlich als Leserin aufgeführt. Kastanienblüte auch. Da habt ihr mich also nicht angeschwindelt. Ich weiß nicht, ob ich es schon mal erwähnt habe. Aber ich finde es immer interessant, wenn sich die Innenwelt des LI in der Außenwelt widerspiegelt. Cool, dass dir das auch hier aufgefallen ist. Mich würde daran interessieren, aus welchem Grund. Aus Rache? Was mag wohl das Herrchen für ein schrecklicher Sadist gewesen sein? Oder ist dies ein revolutionärer Akt? Hunde aller Länder, vereinigt euch! Ihr habt nichts zu verlieren als eure Leinen. Friede den Hundehütten! Vermutlich hat es aber, wie so Vieles in der Weltgeschichte, einen ganz trivialen Grund: Hunger. LG
  2. Liebe sofakatze, vielen Dank für deine ausführliche Beschäftigung mit meinem Gedicht. Du hast verschiedene Aspekte des Gedichts sehr differenziert herausgearbeitet und dafür möchte ich dir danken. Besonders diese Beobachtung bereitet mir Freude, da ich tatsächlich auch das Wälzen in dieser Doppeldeutigkeit sehe: Das Wälzen der Gedanken und das körperliche Hin- und Herwälzen. Ich glaube, dass körperliche Regungen oft sehr direkt zeigen, was einen Menschen im Inneren umtreibt und möchte daher auch gerne sprachlich diese Verbindung zwischen Innen und Außen schaffen. Ja, Fragen sind oft ein gutes Mittel, um Unsicherheit, Verwirrung oder Angst auszudrücken. Dem kommt man wohl mit genaueren Beschreibungen nicht bei. ... Siehst du das auch so? Wow! Danke für die tiefsinnige Interpretation. So gesehen, ist der Schluss schon so etwas wie eine Synthese, die zwei unmögliche Ausgangssituationen zu einer notwendigen Haltung vereinen. Die Liebe in seinen Tagträumen auszuleben, mag dann für das LI zur eigentlichen Wirklichkeit werden, denn die Wirklichkeit selbst ist in sich unversöhnlich. LG
  3. Vielen Dank für die durchweg positiven Reaktionen! Ob ich gut schreibe, kann ich natürlich nicht so gut beurteilen wie die Leser, aber ich schreibe gerne. Und wenn es Leute gibt, die meine Gedichte auch gerne lesen, ist das mehr, als man verlangen kann. Daher freue ich mich sehr, dass dir meine Gedichte bislang oft gefallen haben. Ja, das scheint so zu sein. Selbst die "Besten" können Opfer ihrer schlechteren Seiten sein. Ja, Engel sind natürlich metaphorisch vielseitig. Ich glaube, dass man hier Engel auch ganz gut mit integren Menschen gleichsetzen kann. Sozusagen: "Selbst so einer kann seinen düsteren Trieben erliegen." Da ist natürlich etwas Wahres dran. Der gefallene Engel war ja schließlich auch mal ein "vollkommenes" Geschöpf Gottes. Es gibt wohl auch keinen perfekten Charakter. Jede Tugend kann zugleich ein Laster sein. Wie schnell wandelt sich Empfindsamkeit zu Gefühlstaumel, Ordentlichkeit zu Pedanterie, Nachsicht zu Naivität, Toleranz zu Resignation, Gerechtigkeitssinn zu Intoleranz? LG
  4. Liebe Letreo, lieber Wackeldackel, vielen Dank für eure Worte des Lobes. Und an Letreo speziell: Vielen Dank fürs Ausgraben! Ist immer ein schönes Gefühl, wenn Gedichte, von denen man denkt, dass sie unbeachtet bleiben, doch noch mal an die Oberfläche kommen. LG
  5. Schmuddelkind

    18.4.2012

    Liebe Babsi, "schlaf schön, Liebster" - "Liebster"! Das ist ein neues Wort und eine neue Welt. Oh, wie ist mir Vieles so anders, seit sie dieses Wort geschrieben hat! Wie bin ich mir mit einem Mal selbst so wertvoll, da ich weiß, dass ich ihr Liebster bin! Wie sich ein Heiliger fühlt, das kann nur wissen, wer von einem Engel erwählt wurde. Ich verstehe nichts und umarme alles!
  6. Schmuddelkind

    16.4.2012

    Liebe Babsi, wenn ich an sie denke, dann ist alles voller Schönheit, ohne dass ich auch nur ein einziges Bild vor mir sähe. Und wenn ich sie reden höre, verliert sich alles umher im Nichts, bis ich nur noch an ihrem Empfinden teilhabe, an nichts Anderem, und dann bin ich verloren in so vielen Gefühlen, zu denen ich schon gar keine Gedanken mehr habe. So ist es wohl zu erklären, dass ich dir an dem letzten Telefonat mit ihr unterschlug, wie sie mir die liebsten Komplimente machte mit einer kindlichen Spontaneität und Aufgewecktheit, dass ich das alles noch viel näher an meinem Herzen führe. Da sprach sie von meiner Gabe, zu schlichten und zu beruhigen und dass es doch gerade die unterschiedlichen Gemüter sind, die am stärksten aufeinander einwirken - dass die hitzigen Gemüter die Ruhigen und Sanftmütigen zur Schlichtung inspirieren und diese wiederum mit ihrer geruhsamen Aura nicht selten einen Eindruck auf die Temperamentvollen machen und dass auf diese Weise gerade die Unterschiede eine Gemeinschaft so reich werden lassen, so dass man daher gar nicht von einer Tugend oder Untugend, einem guten oder schlechten Charakter reden kann. Aber wie ich über ihre Worte nachdachte, wie ich noch nie über mich selbst dachte, da wusste ich, dass ich zumindest auf sie einen mäßigenden Einfluss haben muss, den sie sogleich beschwingt mit dem Verweis entkräftigte, dass sie kaum einmal auf mich höre. Da musste ich ganz kräftig lachen, dass die Diskussion beendet war. Oh, wie sie die einfachsten Dinge in eine Philosophie verwandelt, um diese dann wieder zum Gegenstand ihres nächsten Spaßes zu machen! Das hat etwas Wundervolles, etwas Reines, zu beobachten, wie sie sich stets mit ganzem Herzen dem widmet, was in ihrem offenen Sinn gerade ein Interesse aufkommen lässt.
  7. Schmuddelkind

    14.4.2012

    Babsi, sie wird zu mir kommen! Mit den freudigsten Worten hat sie mir versichert, oh welch ein Verlust, wenn ich es wiedergebe, dass sie mich spätestens in einem Monat besuchen wird. Und dieses Mal füllt sich der Gedanke daran mit so viel Schönheit, dass es an Gewissheit heran reicht, so dass es nun entweder wahr ist oder ich träume. Alle Macht ist mir entglitten! Meine Gesichtszüge lassen sich nicht mehr zügeln in ihrem Bestreben, die Ahnung einer geheimnisvollen Spontaneität zum Ausdruck zu bringen. Ich habe es mir bereits tausend mal vorgestellt und lebendig erlebt und weiß doch, dass dies letztendlich bloß Hervorbringungen von Erfahrung und Fantasie sind. Da schäme ich mich fast, dass ich ihr einzigartiges Wesen mit der Beschränktheit meiner noch so reichen Fantasie und schönsten Erfahrung betrachte. Ich sollte gar nicht mehr daran denken, wenn der Gedanke so karg ist verglichen mit der erfüllenden Vagheit der reinen, naiven Vorfreude. Und doch - wenn ich daran denke, mit ihr die Eindrücke zu teilen, die ich mein eigen wähne, Eindrücke der sanften Farben der Gräser und Apfelbäume am nahen Hang bei Abendsonne, des wohlig stimmenden grünen Lichts, worin alles am Enkheimer Ried versunken ist, der engen Pfade in meinem Wäldchen, wo jede Lücke vom Efeu so durchdrungen ist, dass man das Gefühl hat, fernab des gewöhnlichen Daseins zu wandeln, Eindrücke, die in ihrer Fülle und Besonderheit ganz in meinem Allerinnersten eingeschlossen sind, dass ich nicht weiß, wo mein Körper aufhört und die Natur anfängt... da kann ich mich des Glücks nicht erwehren, das die Vorstellung in mir frei legt, sie werde an diesen intimen Empfindungen teilhaben. Wenn bereits die Erwartung dieses Treffens so voller Nähe ist, wie wird es dann endlich sein, wenn sie vor mir steht, so nah, dass ich sie berühren könnte?
  8. Schmuddelkind

    11.4.2012

    Liebe Babsi, du verzeihst mir gewiss, dass ich schmunzeln musste angesichts deiner Ratschläge, wie ich sie erobern solle. Doch ich will sie nicht erobern, will nicht überzeugen, nicht taktieren. Keine Pläne! Wenn sich ihre natürliche Zuneigung zu mir im natürlichen Ausdruck meines Seins spiegelt, dann, nur dann kann ich erlöst werden. Mäßigung - ist das nicht eine Lüge vor dem eigenen Herzen? Ein Betrug, den der Verstand wider die eigene Seele führt? Ich bin in all dem Schönen so sehr versunken, dass mir das Wahre beinahe unwichtig wird. Wie sie mir gestern ganz und gar unbedeutende Buchstabenfolgen schrieb, so dass ich es mit ähnlichem Unsinn erwiderte und sich daraus ein Dialog entwickelte, den niemand nachvollziehen könnte, jedoch getragen von einem gemeinsamen Geist, als ob wir die einzigen beiden Menschen auf der Welt wären, die diese Sprache verstünden, da wusste ich nicht, ob ich sie wegen ihres Eigensinns oder ihren Eigensinn ihretwillen so gern habe. Doch mich beschäftigte das nicht weiter, weil ich ganz in dem überwältigenden Gefühl verloren war, Teil eines wundervollen Zaubers zu sein, der alle Züge meines Daseins, von der Anschauung der Natur bis hinunter zu den kleinsten Regungen meiner Mimik vor der Heiterkeit ihrer Worte belebt.
  9. Ob nicht denn auch in Engeln sogar Verzweiflung reift, wenn Leiden sie so gängeln, die Liebe einbegreift? Ob sie nicht auch von Wolken der Unerreichten lauern und düstern Trieben folgen und hassen und bedauern? Ob sie ans Morden denken und büßend innehalten, den Blick zur Erde senken, die Flügel einzufalten?
  10. Schmuddelkind

    Zweiter Brief vom 10.4.2012

    Ob ich Grund zur Hoffnung habe? Ich habe Hoffnung, nach der mein Herz verlangt, die jeden Grund hinfällig macht. Ist das nicht genug? Und ich weiß, was du mir entgegnen wirst. Du wirst mich zur Besonnenheit mahnen und mich fragen: "Hoffnung, was ist das? Du kannst sie nicht berühren, nicht umarmen, nicht küssen." Ich habe Hoffnung. Und sollte ich daran zu Grunde gehen, so habe ich für diese Hoffnung gelebt. Wenn das kein gutes Leben ist, dann kann unter dem Himmel kein gutes Leben sein. Jedenfalls ist es mehr, als für Brot und Arbeit zu leben.
  11. Schmuddelkind

    Erster Brief vom 10.4.2012

    Oh Babsi, wie reich bin ich! Eben hat sie mit "deine Sanny" geschlossen. Meine Sanny - es gibt, ich bin mir sicher, jenseits meiner Sinne keine Entsprechung für die wohlige Verzückung und das erregte Zittern meiner Seele angesichts dieser wundervollen Worte.
  12. Schmuddelkind

    Sinnlos

    In einem Kernreaktor zwitschern Lerchen und eine Mutter säugt ihr Kind mit Bier. Bedächtig frisst ein Schäferhund sein Herrchen und du bist nicht bei mir.
  13. Schmuddelkind

    9.4.2012

    Liebe Babsi, ihr Foto erfüllte mich heute über den ganzen Tag mit beschwingter Heiterkeit. Wie bin ich ihr dankbar, dass ich an solch einem trüben Tag so viel Schönheit sehen darf! Ich weiß nicht, soll ich ihre Augen mit dem leuchtenden Blau des seichten Meeres an einem hellen Sandstrand vergleichen oder das Meer mit ihren Augen? Doch warum überhaupt vergleichen? Warum alte und benutzte Worte gebrauchen für einen wonniglichen Eindruck, der so spontan in meinem Geiste entsteht und mein ganzes Wesen auf eine Weise einnimmt, die mit jedem Wort an Kraft verlöre. Sind Begriffe nicht in Wirklichkeit Unbegriffe, die unfähig, den Zauber in den Dingen einzufangen, den Menschen vom wahren Begriff, vom Begreifen des reinen Gefühls abbringen? Nichts wäre über sie oder mich oder uns gesagt, suchte ich nach einem Wort für unsere Beziehung, sagte ich, sie sei eine Brieffreundin, eine Freundin, meine Angebetete. Ach, wie sind all diese Worte so falsch! Und wie sind die unzähligen sentimentalen Seufzer so wahr und vielsagend, die mir entfahren, wenn sie etwas äußert wie: "Warum bist du nur so weit weg?" Seufzer, die lange entstehen, ehe ich einen Begriff oder irgendeinen Gedanken dazu habe, als unterstünden meine Lippen und meine Stimme in dem Augenblicke ganz ihrer Macht. Mein hilfloses Gestammel vor der Herzlichkeit und Wärme ihres Ausdrucks ist so viel weiser als jedes Sinnieren darüber, wer sie für mich ist oder sein könnte.
  14. Wow! Vielen lieben Dank für die durchweg positiven Reaktionen! In meine Gedichte fließen auch viele alte Strömungen ein (u.a. lese ich gerne Gedichte der Romantik und des Expressionismus und lasse mich davon auch gerne inspirieren), aber auch zeitgenössische Lyrik lädt mich ein, mich schriftstellerisch mit dem Material zu beschäftigen (da v.a. Songtexter: Cobain, Judith Holofernes, Element of Crime...). Letztendlich versuche ich aber natürlich meinen eigenen Stil, den ich hoffentlich schon halbwegs entwickelt habe, weiter auszubilden. Das wirkt dann vielleicht manchmal wie Poesie aus einer anderen Zeit, weil ich nicht denke, dass alte Formen nur zu alten Zeiten passen. Jedenfalls bin ich froh, dass meine Gedichte zuweilen Gefallen finden, trotz oder wegen ihrer Alterserscheinungen. Die Welt ist aus meiner Sicht viel zu komplex, um alles mit Alltagsworten zu beschreiben. In der Sprache der Poesie (und der Mathematik) gelingt es einem manchmal, das einzufangen, was einem durch herkömmliche Sprachverwendung unerreichbar bleibt - zwar auch nur unzureichend, aber es ist das Beste, was man daraus machen kann. Außer eben, was du angesprochen hast: Einfach nur die Augen sprechen lassen. Da verschlägt es mir aber die Sprache ob deines Lobes. Danke! Oh, das freut mich sehr, dass das Gedicht dich so sehr erreicht. Danke für das Lob! LG
  15. Ich könnte Bände füllen mit dem, was ich nie gesagt habe, doch mir fehlen dazu die Worte. Alles, was ich habe sind fünf Minuten, ein paar Augenblicke, die darüber entscheiden, ob die Entbehrungen der letzten Wochen, die Schmerzen, die Grenzüberschreitungen, die Kämpfe, der ständige Versuch, über sich selbst hinauszuwachsen, vergebens waren oder ob ich etwas darstellen kann, von dem ich hoffe, dass ich mich darin wiederfinde. Vor sechs Wochen begann meine Vorbereitung auf die deutsche Meisterschaft und nach der Enttäuschung, die ich ein Jahr lang in mir tragen musste, quälte ich mich mehr als jemals zuvor, sechs mal die Woche. Ich wollte mich so hart bestrafen, dass ich nie wieder das Bedürfnis habe, mich für eine Niederlage zu bestrafen, dass ich wieder auf die Matte gehen und mich zuhause fühlen kann. Das rechte Sprunggelenk machte in dieser Zeit zwei Zerreißproben durch, aber es hielt bis heute. Meinen Schulterwurf habe ich in der Vorbereitung 15.000 mal geübt und dabei jeden noch so kleinen Mangel in der Bewegung aufgespürt und korrigiert, bis die Technik ganz mit mir verschmolzen war. Um nicht so berechenbar zu sein, habe ich außerdem eine Beintechnik gelernt, die eine Möglichkeit darstellen sollte, wenn der Gegner sich nicht in meine Richtung führen ließe. In 200 Randoris versuchte ich, eine Ahnung zu bekommen, wie der heutige Tag aussehen wird - ich kämpfte gegen kleine, wendige und große, starke Athleten, mit jungen Heißspornen und abgeklärten, erfahrenen Technikern durchlebte ich jede relevante Kampfsituation, die man sich als Judoka vorstellen kann. Ich hasste mich, immer wenn ich einen Fehler machte und liebte es, wenn mein Trainer mich daraufhin anschrie. Er trifft immer den richtigen Ton: wenn er merkt, dass ich an meine Grenzen komme, brüllt er etwas in der Art: "Wir können auch im Anschluss noch ein Zirkeltraining machen, wenn dir das lieber ist... Jetzt reiß dir den Arsch auf!" Wenn ich einfach unkonzentriert bin, meint er trocken: "Sag lieber gleich, wenn du keine Lust hast - wir können uns das Startgeld auch sparen und uns einen Kasten Bier kaufen." Immer wenn der Schmerz unerträglich wird, ruft er mir mit liebevoller Stimme einen Satz zu, der zu meinem Mantra geworden ist: "Trage den Schmerz mit Stolz!" Aufgrund der vielen Verletzungspausen diese Saison, musste ich vor drei Wochen am entscheidenden Qualifikationsturnier teilnehmen. Ich kämpfte mich locker durch die Vorrunde durch und merkte, dass sich das Krafttraining gelohnt hat: mein Griff war stark und dominant, ohne dass ich die für meinen Stil so wichtige Beweglichkeit und Impulsivität verloren hätte. Ich schwebte über die Matte und konnte daher nicht von den Beinen geholt werden. Ich bin ganz im Rhythmus des Kampfes aufgegangen, so dass ich jede Bewegung meiner Gegner spürte, bevor ich sie sah. Ich gab nach, wenn ich nachgeben sollte und erzwang, was zu erzwingen war, ohne einen Gedanken darüber zu verlieren. Doch vor dem Finale setze das Denken wieder ein: ich wusste, dass ich weit gekommen, aber noch nicht angekommen war; denn nur ein Sieg würde mich weiter bringen. Ich kannte meinen Gegner; denn ich hatte bereits letztes Jahr in der Bundesliga gegen ihn gewonnen und wusste also, dass ich mich auf seinen aus der Kreisbewegung eingedrehten Uchi-Mata einzustellen hatte und dass er dazu neigte, das Bein dabei unvorsichtig weit in die Höhe zu reißen. Aber ich erinnerte mich daran, dass er zu dieser Zeit noch bei den Junioren gekämpft hatte und dass ich geahnt hatte, dass er einmal zu einem Kämpfer herangereift, der seine Angst vor Namen abgestriffen und aus seinen jugendlichen Fehlern gelernt hat, mir eines Tages zu schaffen machen würde. Und ich hoffte, dass dieser Tag noch nicht gekommen sein würde. Als ich aufgerufen wurde, wusste ich aber, dass diese Gedanken keine Rolle spielen dürfen und mit klatschenden Schlägen in mein Gesicht schüttelte ich sie ab. Ich dachte nur noch daran, dass ich auf keinen Fall zulassen darf, dass er an meinen Nacken greift. "Dann packt er mich ein, ohne dass ich mich dagegen wehren könnte und ich kann nur hoffen, dass sein Bein dann an meinem vorbei schnellt. Ich muss also aufrecht bleiben, darf keine Angst zeigen, seinen Arm zuerst abfangen. Er muss spüren, dass ich weiß, was er vorhat und dass er mir damit nichts anhaben kann. Aber er weiß sicher auch, was ich vorhabe; mein linker Schulterwurf aus dem rechten Reversgriff ist doch recht bekannt geworden. Was ist, wenn er sich besser auf mich vorbereitet hat, als ich mich auf ihn?" Gerade als ich mich am wenigsten dazu bereit fühlte, gab der Kampfrichter den Kampf frei: "Hajime!" Nach kurzem Abtasten spürte ich seine linke Hand in meinem Nacken wie eine Last, die mich nach unten drückte. Ich wollte aufrecht kämpfen, aber ich wurde klein, als wollte ich ihn darum bitten, abzulassen. Ich wusste, er würde mich in die Kreisbewegung zwingen und ich wusste, dass dies unweigerlich zu seinem ersten Angriff führen würde, doch ich konnte nichts dagegen tun. Ich dachte: "Das ist schon eine Ironie, dass ich mich auf nichts anderes eingestellt habe, als auf diese Aktion, gegen die ich mich nun nicht zur Wehr setzen kann. Was kann ich tun? Ich kann davon laufen in der Hoffnung, seinem Bein auszuweichen und mit meiner Beintechnik zu kontern. Aber er führt mich zu eng und wird mich geworfen haben, ehe ich merke, dass er das Bein hebt. Ich kann dagegen halten. Aber dann würde er meinen Impuls nutzen und mich mit einem Beinstopper in meine Bewegungsrichtung werfen. Hoffentlich geht es schnell! Wenn es schnell geht, kann ich darauf reagieren, bevor ich es überdenken kann. Habe ich nicht jetzt schon verloren? Hat nicht derjenige verloren, der sich eingestehen muss, dass er nichts dagegen zu setzen hat?" Plötzlich schießt sein Bein zwischen meinen Beinen nach oben, doch ich habe in der Luft noch Zeit, mich abzudrehen und lande auf der Seite - "Yuko!" Dass der Kampf noch nicht verloren war, wusste ich in diesem Augenblick ebenso klar, wie ich wusste, dass ich ihn verlieren würde, wenn es mir nicht gelänge, seinen linken Arm abzuwehren. Er klemmte meinen Körper zwischen seinen Beinen fest, während er versuchte, sich einen Weg zu meinem Hals frei zu wühlen, um mich zu würgen. Meine Hände hielten sich aber längst am eigenen Revers fest, um meinen Hals zu schützen und so unterbrach der Kampfrichter den Kampf. Während ich aufstand, blickte ich zu meinem Trainer, der wild gestikulierte. Im allgemeinen Geschreih der Menge konnte ich seine Stimme nicht hören, war sie auch so entschlossen und kräftig, wie ich sie bei kaum einem anderen Menschen kennengelernt hatte. Aber ich wusste, was er mir zu sagen hatte: "Halt seine Hand fern!" Das war alles, was ich im Sinn hatte und doch blitzte sie wieder kurz vor mir auf, um an meinem Hals vorbei zu gelangen und in meinem Nacken zu landen. Und wieder warf er mich mit seinem Uchi-Mata auf die Seite und wieder bekam er eine kleine Wertung - "Yuko!" Nun stand ich auf, ohne meinen Trainer anzuschauen, denn ich musste erst einmal auf der Matte ankommen. Ich war wütend auf mich und enttäuscht und fühlte, dass ich es verdient hätte, gedemütigt zu werden, doch ich durfte es nicht zulassen. Da kam mein Mut zurück: ich hatte nur diese Chance und wenn ich es wirklich wollte, konnte er mir meinen Sieg nicht wegnehmen - ich musste einfach gewinnen; denn es gab keine andere Möglichkeit. Dann aber dachte ich an meinen Gegner: "Ist er nicht genau in derselben Lage? Ist er nicht gerade der Einzige, der mich verstehen kann, mein einziger Freund? Würde er nicht auch gewinnen müssen? Wenn zwei Männer aufeinander treffen und beide müssen gewinnen, was mag dann wohl passieren? Letztendlich geht es nur darum, es zu wollen, es wirklich in seinem allerinnersten zu wollen, es mehr zu wollen, als der Andere und das ist wohl das Einzige, was uns beide voneinander scheidet. Aber wie kann man etwas noch mehr wollen?" Dann schüttelte ich wild den Kopf: "Hör auf zu denken und fang endlich an zu kämpfen!", dachte ich, während ich seinen Arm unter Kontrolle brachte, um sofort meine rechte Hand an sein Revers zu bringen. Mit einem kurzen, kräftigen Zug zwang ich ihn zum Schritt auf mich zu und fasste nun mit meiner linken Hand seinen Ärmel. Da ich mit kleinen Ellbogenbewegungen in der Lage war, immer wieder seinen Griff zu meinem Nacken abzuwehren, wussten wir beide bald, dass ich ihn nun beherrschte und dass ich sein Gleichgewicht würde brechen können, wenn ich es richtig anstellte. In seiner Verzweiflung trat er mit voller Wucht gegen mein Standbein. In seinen Augen konnte ich sehen, dass es ihm leid tat und dass er sich gerade dafür entschuldigen wollte; doch mein Fuß war schon auf dem Weg und traf sein Bein mindestens ebenso heftig. Also standen wir eine Weile da und traten einander nach, bis uns die Beine blau wurden - zumindest kann ich das über mein Bein sagen. Folgerichtig bestrafte der Kampfrichter uns beide: "Schido!" Nachdem der Kampf wieder frei gegeben war, zerrte er heftig an mir und verpasste mir schließlich, halb im Eifer des Gefechts, halb in böser Absicht, einen Haken am Kinn, dass ich zu bluten anfing und der Kampf zum Stillen der Blutung unterbrochen werden musste. Während mich die Sanitäter behandelten, blickte ich ihm zuversichtlich in seine hasserfüllten Augen. Für einen Moment wollte er mich töten und ich sah es ihm nach, da ich es mir nicht erlauben konnte, in Raserei zu verfallen. Ich musste bei wachem Verstand bleiben, um diesen Kampf zu bestimmen. Als nach einer Weile die Mordlust aus seinen Augen schwand, bekam ich Angst; denn ich hatte gehofft, ihn in einem Moment zu erwischen, da er blind gegen mich anrennen würde. Doch sein Trainer brüllte ihn zur Vernunft. Danach war er deutlich aufmerksamer und unser Griffkampf glich einem ergebnislosen Bärengerangel. Keiner war nun in der Lage, die Führung zu übernehmen. Da erinnerte ich mich, dass ich solche Situationen schon desöfteren erlebt hatte, gegen weitaus bessere Kämpfer. Einmal bezwang ich in einem sehr offenen Schlagabtausch einen (zugegeben etwas in die Jahre gekommenen) Georgier, der ein paar Jahre zuvor Dritter bei der WM wurde. Warum sollte ich diesen Kampf nicht auch für mich entscheiden können? "Ruhig Blut! Du bist erfahren. Du kannst warten.", dachte ich und bot ihm also im leichten Rückwärtsgang mein rechtes Revers an in der frechen Hoffnung, er würde der Versuchung nicht widerstehen können. Tatsächlich lief er mir nach, fasste nach dem freien Kimono-Fetzen und eher er sich versah, war ich in meinem Schulterwurf links eingedreht. Jedoch hatte ich zu wenig Kontrolle und er rutschte mir etwas auf die Seite, so dass es nicht ganz zu einem vollen Punkt reichen sollte: "Waza-Ari!" Damit ging ich also in Führung, aber mir kam es so vor, als hätte ich gerade die Führung abgegeben: "Hätte ich eine hundertstel Sekunde länger gewartet, hätte ich ihn perfekt mittig getroffen und der Kampf wäre jetzt vorbei." Ich schaute auf die Uhr: "Ich weiß nicht, ob ich es schaffe, die Führung drei Minuten zu halten. Ich weiß nicht, was er jetzt vorhat. Ich weiß nicht, ob ich einem Ansturm gewachsen bin. Der Tag war lang und ich möchte nur noch, dass diese drei Minuten vorüber sind. Alles andere als warten, wäre unklug. Aber ich möchte alles andere als warten." Ich bemerkte den nach oben gerichteten Daumen meines Trainers und erkannte, dass er mich anwies, meinen Gegner in Bewegung zu halten. Die ersten eineinhalb Minuten gelang mir dies auch, doch dann wurde ich müde. Wieso wurde ich müde? Wieso konnte mein Körper nicht einsehen, dass es keinen Zweck hatte, müde zu werden? Er hingegen schien unbeeindruckt von den Strapazen des Tages und setzte nun eine Hand nach der anderen an, als hätte er deren hundert, während ich nur noch versuchte, alles abzuwehren, ohne es nach Griffvereitelung aussehen zu lassen. Zwischendurch nahm ich immer mal wieder beide seiner Ärmel in die Hände und ließ sie schließlich los, da ich nichts damit anzufangen wusste und ich sonst eine Strafe wegen Sperrens bekommen hätte. Schließlich konnte ich mich einmal dazu durchringen, aus der Fassart einen von außen eingedrehten Schulterwurf zu versuchen. Diese ungewöhnliche Technik hat ihn sichtlich überrascht und auch ein wenig beeindruckt, aber letztlich brachte sie mir nichts ein und kostete viel Kraft. Auf dem Bauch liegend konnte ich es schon fast genießen, dass er sich an mir abarbeitete, da ich die Pause brauchte. Ich wusste, dass dies ein schlechtes Zeichen war, aber das schien mir immer gleichgültiger zu werden. Heimlich öffnete ich den Gürtelknoten unter meinem Bauch, damit der Kampfrichter zur nächsten Unterbrechung eine Kleiderordnung anweisen musste. Auf diese Tricks kann kein Sportler stolz sein, aber sie sind unumgänglich, um erfolgreich zu sein und ich bin schon lange über den Punkt hinaus, da Stolz und Ehre der einzige Antrieb für mich waren - ich bin Profi-Sportler. Vielleicht hat er mein Eingeständnis in meine Unzulänglichkeit bemerkt, selbst noch den Kampf gestalten zu können; jedenfalls erhöhte er das Tempo noch einmal, fasste nun wild nach jedem Fetzen meines Kimonos, der im Gerangel vor mir her flatterte, störte unaufhörlich mit kleinen Fußfegern meinen Stand. Nie wusste ich, auf welchen Teil meines Körpers ich mich konzentrieren sollte - dabei erschien mir sein Körper in unerreichbarer Ferne. Wenn ich mich bemühte, seinen linken Griff abzuwehren, zog er rechts an und wenn ich gerade meinen Stand wieder gefunden habe, brachte sein Feger mich ins Wanken, bis ich mich schließlich erneut im Boden wiederfand. Dort setzte er nun schon gar nicht mehr nach. Offensichtlich wollte er keine Zeit mehr verlieren; er wollte den Kampf im Stand entscheiden. "Noch 43 Sekunden durchhalten? Warum? Um wieder zu hungern, damit ich auf dem nächsten Turnier wieder mehrere Kämpfe durchhalten muss? Wenn ich mich jetzt einfach werfen ließe, hätten alle eine respektable Leistung von mir gesehen und ich hätte für den Rest des Jahres freie Wochenenden. Erster oder zweiter - für wen ist das wichtig, wenn es mir schon nicht klar ist, wie wichtig es ist?" Doch ich wusste, dass diese Gedanken nicht meine Gedanken waren, sondern die Gedanken meiner Panik, meines Fluchtinstinktes. Ich wusste, dass es normal ist, dass dieser Instinkt aufkommt, wenn das Herz aus der Brust zu brechen versucht und die Luft in mir brennt. Mein Körper wollte nicht mehr und ich sah es ihm nach, wie man es einem Kind nachsieht, dass es die letzten Meter bis zur Haustür nicht mehr gehen will und ihm doch diese wenigen Meter noch abverlangt. Die Arme wollten jetzt nicht mehr in Schulterhöhe bleiben. "Nimm die Hände hoch! Nimm endlich die Hände hoch!" Mit aller Gewalt konnte ich sie noch rechtzeitig nach oben reißen, um seinen Griff abzufangen, klammerte mich krampfhaft an seinen Ärmeln fest, doch nur noch mit gestreckten Armen gelang es mir soeben, Druck aufzubauen, was mir eine Strafe wegen Sperrens einbrachte. Damit hatte er drei Yukos auf seiner Seite. "Wenn ich nur noch eine Strafe kassiere", dachte ich "oder ihm ein Waza-Ari gelingt, dann ist der Rückstand für mich uneinholbar. Das muss ich auf jeden Fall vermeiden; ich muss den Kampf beruhigen, das Tempo gering halten. Aber wie? Ich habe keine Kraft mehr zu greifen, geschweige denn ihn zu führen. Werde ich diese entscheidende Strafe daher nicht ohnehin bekommen? Vielleicht sollte ich also alles auf eine Karte setzen und alle Kraft in einen allerletzten Wurf legen. Ich brauche ein Ippon! Aber habe ich denn noch die Kraft dafür?" Verzweifelt blickte ich meinen Trainer an, der mich anwies, selbst unten zu stören, um den Kampf ausgeglichen zu halten. So tat ich es und schöpfte Mut, weil ich merkte, dass ihm endlich auch die Kraft schwand. Den Rest des Kampfes nahm ich nur verschwommen wahr und ich hatte kein Gefühl mehr für die Zeit. Alle paar Minuten schaute ich zur Uhr, um festzstellen, dass nur wenige Sekunden vergangen sind. Die letzten 20 Sekunden hingegen schienen entfallen zu sein. Mit dem Ende des Kampfes sank ich müde, aber dankbar auf die Knie. Noch vor ein paar Jahren wäre ich nach einem solchen Kampf enttäuscht gewesen, nicht vorzeitig gewonnen zu haben, aber inzwischen konnte ich den Stolz auf einen erkämpften Sieg annehmen. Ich verbeugte mich so tief wie noch nie und nahm meinen Gegner herzlich in die Arme; denn ich wusste, ich konnte nur gewinnen, weil er verlor und er musste verlieren, weil ich gewann. Ich wusste, dass es vergebens sein würde, ihn zu trösten zu versuchen, doch ich wollte es mir nicht nehmen lassen, ihm meinen Respekt für dieses fordernde Finale auszudrücken. Mein Trainer hob mich an seine Brust, die sich in Höhe meiner Augen befand. Ich rang um Luft, als er mich fest drückte, mir die Haare verwuschelte und mich lobte: "Klasse, mein Großer!" Eine Spitze konnte er sich jedoch nicht verkneifen: "Ich hoffe, dir tun die Beine weh, du Idiot." Meine Freude über den Sieg währte allerdings nicht lange. Am Tag darauf wurde mir klar, dass ich noch nichts erreicht hatte. Ich habe mir lediglich eine Chance erkämpft - weiter nichts. Und ich bin fest gewillt, sie zu nutzen. Die vergangene Woche war noch einmal hart. Fünf kilogramm war ich über meinem Kampfgewicht und die Jogging-Einheiten vor dem Training zehrten an meinen Kräften. Mit heißen Bädern habe ich mich dehydriert, seit fünf Tagen habe ich nichts mehr gegessen und in den letzten zwei Tagen kaum mehr einen Schluck getrunken. Aber wenn man weiß, wozu man diese Qual über sich ergehen lässt, verlangt man nichts mehr, als dass man sein Gewicht erreicht. Und jetzt stehe ich am Mattenrand, warte darauf, aufgerufen zu werden. Alles was ich wollte, alles was ich in diesem Augenblick brauche, alles was ich habe, sind fünf Minuten. Ich bin einsam, sehe niemanden mehr und ich möchte nichts anderes sehen, als die ersten Sekunden auf der Matte. Die Matte liegt direkt vor meinen Füßen, doch ich kann sie noch nicht betreten: "Bitte, ruft mich auf! Lasst mich auf diese Matte!" Ich hüpfe auf und ab, um in Bewegung zu bleiben. Plötzlich kann ich nicht mehr aufstehen. Die Waden sind verkrampft, möchten sich nicht mehr öffnen, scheinen nicht zu verstehen, wie viel auf dem Spiel steht. Erst jetzt, da der stechende Schmerz sich in meinen Beinen einnistet, beginne ich zu begreifen, wie sehr ich von meiner Wade abhängig bin, wie sehr alles, was mich ausmacht, alles, worauf ich seit Jahren hingearbeitet habe, von jeder einzelnen Faser meines Körpers abhängt. Während sich mein Trainer mit aller Kraft gegen den Krampf stemmt, rufe ich meinen Beinen zu: "Geht auf! Verdammt noch mal, macht auf!" Er schüttelt den Kopf und mir steigen Tränen in die Augen. Gerade noch kann ich meine Trinkflasche greifen, um sie gegen die mit hellblauem Fils überzogene Hallenwand zu donnern, bevor mein Trainer mich in Richtung Umkleidekabine trägt. Der Gang verengt sich und die Lautsprecher-Ansagen wabern dumpf hinter meinem Rücken aus.
  16. Schmuddelkind

    8.4.2012

    Und dennoch Babsi, ich bleibe dabei: wie könnte ich einer regelmäßigen Beschäftigung nachgehen, wenn ich bereits in der Ruhe so rastlos bin? Aber sprechen wir nicht mehr davon! Dein aufrichtiges Interesse an meinen Gedichten ist rührend und soll nicht unbefriedigt bleiben; darum hier meine neuste Arbeit: Mein Grab Ich habe mir ein hübsches Grab bestellt, wo ich zur Nacht, wenn ich nicht schlafen kann auf feuchter Erde meine Ruhe finde. Dann sage ich zum Scherz: "Adieu, oh Welt! Nun reich mir dar dein mageres Gebinde!" und fang ganz bitterlich zu weinen an. Indessen verwirren sich alle Seins-Umstände zusehends zu einem undurchsichtigen Geflecht, das keinen klaren Gedanken mehr zulässt. Es sind alles einfache, harmlose Worte, die mich erreichen und dennoch fällt es mir so schwer, eine Bedeutung zu erkennen. Bin ich der Welt schon so weit entflogen? Ich habe ihr von Lindas jüngstem Brief erzählt, in dem sie erneut versucht hat, mich zu einer Rückkehr zu ihr zu bewegen. Sanny meinte dazu: "Dich vergisst man eben nicht so schnell. Das hat sein Gutes und sein Schlechtes." Oh, wie mich jede ihrer liebevollen Annäherungen ins tiefste Mark trifft! Warum tut es derart weh, bedeutsam zu sein? Fühlte ich mich nicht freier und gesünder, hätte sie mich längst vergessen? Oder ist dies ein Hinweis darauf, dass ich wieder hoffen darf? Ach, mein Mund wird mir trocken und und mein Atem brennt, wenn ich daran denke, weitere Wochen hoffen zu dürfen, bangen zu müssen, sich der Sehnsucht und der Angst ganz hinzugeben und keinen Gedanken mehr zuzulassen, der nicht eher oder später zu ihr führt. Ob ich dazu noch die Kraft habe? Ob es nicht am Ende vergebens sein wird? Ist am Ende nicht alles vergebens? Ich weiß nicht, ob dies alles noch meine Angelegenheit ist, dieses Leben, das ich nicht verstehe. Immer weiter schleicht sich in den Wirren aus Glück und Unglück jeder Bezug zu mir selbst davon. Wie mächtig schätzt sich der Mensch, der Verstand hat und wie ohnmächtig ist er doch in dem Moment, in dem er zittert!
  17. Ah, vielen Dank. Irgendwie kam ich nicht auf die Idee, die Ostereier im Körbchen zu suchen. Vielen Dank, lieber Pius. Ich freue mich sehr über deine Rückmeldung und überhaupt, von dir zu lesen. Ich hoffe, die Ursache ist ebenso freudebringend wie die Wirkung. LG
  18. Vielen Dank, liebe Lena. Da ich schon immer zu poetisch für Prosa im engeren Sinne war, musste ich hier wohl aus dem Mangel eine Stärke machen. Freut mich daher sehr, dass diese ungewöhnliche Form des Erzählens bei dir ankommt. Aber nein, ich freue mich sehr, dazu Feedback zu erhalten. Deshalb stelle ich die Briefe ja ein. LG
  19. Schmuddelkind

    Sprachlos

    Wie muss die Sprache denn beschaffen sein, in der ich dich beschreiben kann? Wie viele Worte wären dadurch mein? Wie viele fehlten mir selbst dann? Ich frag mich: welcher Klang der Worte trifft, wie sehr ich dir doch hingeneigt? Wer weiß, in welcher undenkbaren Schrift sich deine Schönheit deutlich zeigt? Nein, solche Sprache steht in keinem Buch, das je geschrieben werden kann. Darum erliege ich nicht dem Versuch und höre dich viel lieber an.
  20. Lieber Joshua, ja, ich schätze, ich verstehe, was du meinst und ich glaube, dass dies sich im Gedicht auch wiederfinden lässt. Als das LI ein Gedicht erzwingen will, als er sich dazu zwingt zu schreiben, wird einfach nichts daraus - egal, wie sehr er sich bemüht oder besser: gerade weil er sich bemüht. Als er diesen Anspruch abgibt, bahnen sich die tief empfundenen Worte von selbst ihren Weg in das Gedicht und die letzte beiden Verse könnte man ja tatsächlich so in ein ernstgemeintes Gedicht schreiben. LG
  21. Vielen Dank, liebe Letreo. Ja, ich denke, so eine Liebe mit Hindernissen, die heimlich im Stillen nur gelebt werden kann, wollte ich hier wohl zu Papier bringen. Ich liebe solche Motive und bin froh, dass man sie im Gedicht erkennen kann. LG
  22. Alles gut. Ich mach ja nur Spaß. Dankeschön für dein Lob.
  23. Vielen Dank fürs Einfühlen in mein Gedicht, liebe Lichtsammlerin und liebe Letreo! Interessant, wie das Gedicht zur gegenwärtigen Bewegung in der Natur kontrastiert. Zwar habe ich das Gedicht bereits letzten Herbst geschrieben, aber das nimmt nichts von der ambivalenten Wahrnehmung, die du hier kommunizierst und an welcher ich gerne teilhabe. Schöne Interpretation! Und obwohl ich beim Schreiben schon eher an ein persönliches LD dachte, scheint mir auch etwas Allgemeineres mitzuschwingen, vielleicht so etwas wie die Idee, dass Freude und Leid, Leben und Tod, ineinander gewunden sind. Dankeschön für das Lob. Manchmal glaube ich, dass gerade in der künstlerisch verarbeiteten Melancholie viel Glück liegt: die Möglichkeit, auch im Schatten des Lebens zu wandeln und dennoch durch den Abstand, den man als Leser ja letztendlich doch hat, zu verstehen und zu akzeptieren, dass dies eben auch zum Leben gehört. Wow! Vielen Dank. Dieses Lob ist nicht minder gewaltig. LG
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