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Schmuddelkind

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Alle erstellten Inhalte von Schmuddelkind

  1. Schmuddelkind

    5.3.2012

    Liebe Babsi, du weißt, wie wenig ich Pläne schätze. Immer wenn es etwas zu planen und zu organisieren gilt, ist es, als zwänge ich meiner Seele Atem in enge, beliebige Vorgaben. Doch wenn sie mit mir ihre Reise bespricht, wenn sie ihre Möglichkeiten aufzählt, mir Fragen stellt, wo sie am besten ankommen solle, ob ich sie am Bahnhof empfangen könne - diese belanglosen Details bedeuten mir die Welt, entsteigt ihnen doch: "Ich will bei dir sein." Reifte meine Begierde ganz aus dem ziellosen Geschehen heraus, indem ich mich der Weisheit einer Natur anvertraute, die größer ist als ich, so sehe ich nun, wie mein Wunsch immer mehr zur Wirklichkeit empor wächst. Da ich ganz in meine Fügung einkehrte, wurde ich zur Fügung selbst und mehr Freiheit kann ein Mensch durch eigene Wahl nicht haben. Die Grenze zwischen Müssen und Wollen ist aufgehoben. Hat dies jenseits meines Geistes eine Bedeutung?
  2. Schmuddelkind

    4.3.2012

    Liebe Babsi, noch blüht nichts, doch wie der Frühling bereits die Begehrlichkeiten der Natur umreißt, so ist auch mein Schicksal ganz in ihren Befindlichkeiten eingeschrieben. Ich bin der glücklichste Mensch, da ich einen Grund habe zu warten und ich bin der leidvollste Kummer selbst, da ich warte. Gerne wäre ich so anmaßend, ihre Ankunft eher einzufordern - ohne Recht, aber mit Liebe. Nur der Wald versteht mich. Überall raschelt es im Strauchwerk und ich bleibe stehen und sehe mich um, doch finde nur wieder mich, wie ich suche. Dann allerdings höre ich, wie der Wind sanft durch die Wipfel streift. Also schließe ich meine Augen und spüre den Frühling mir durch's Haar fahren und ich bin ein Baum, gleichsam der nächste Baum, der den Wind in sich aufnimmt, bald der ganze Wald, der all die unbändigen Regungen in ein geruhsames Ganzes fügt.
  3. 3.3.2012 Liebe Babsi, wie die einfachsten Gedanken zuweilen die bedeutsamsten Ereignisse befördern! Gestern sprachen wir darüber, wie wenig man doch über seine Wirkung auf andere verfügen kann, wenn man sich in keine Rolle zwingen lässt. Dazu erklärte sie, dass ihr unvoreingenommenes Interesse für die Belange anderer nicht selten missverstanden werde und ihr daher manchmal der Gedanke komme, sie solle sich vielleicht mäßigen. Ich entgegnete ihr, dass man ihr wahres Wesen, das ich derart rasch so lieb gewonnen habe, doch nur verstehen könne, wenn sie es nicht hinter den Erwartungen anderer verberge. "Warum bist du so lieb?", fragte sie und ehe ich diesen Moment vergehen zu lassen bereit war, fügte sie nach: "Wenn du bei mir wärst, würde ich dir gerne beim Denken zusehen. Das könnte ich bestimmt stundenlang tun." In diesem Augenblick wollte ich nichts anderes, als bei ihr zu sein und musste die Gelegenheit ergreifen, sie an unser Versprechen zu erinnern, wir mögen einander einmal sehen. Dann gingen die Überlegungen so hin und her und um es kurz zu machen: Sie wird zu Ostern kommen! Und seither möchte ich den März überspringen. Oh, solches Glück kann man nicht verlangen. Fast bin ich nicht mehr wesenhaft. Eine Bitte bin ich und sie, sie hat mich erhört. In welchen Gesichtszügen sich wohl ihr Lachen ausdrückt? Ach, dass ich dies erleben darf! Dass ich es nicht schon jetzt erleben darf!
  4. Lieber Carlos, ja, Rilke war bekannt für solche Dinggedichte. Dein vorangestelltes "Ja" fand ich schön. Es wirkt so, als hätte das Gedicht die Frage gestellt: "Sehe ich aus wie Rilke?" Und vielleicht hat es ja tatsächlich diese Frage gestellt und ich finde es cool, dass du sie für dich bejahen konntest. Ich mag Rilke nämlich, auch wenn es sicher größere Rilke-Fans gibt. Ja, Dichter, Fotografen... Generell verrückte Leute halt. Tatsächlich habe ich eine solche Szene vor, ich schätze, einer Woche gesehen und empfand es sofort als ein ergreifendes Sinnbild (allerdings war es, glaube ich, kein Blatt Papier, sondern ein Taschentuch, wenn ich mich recht erinnere). Habe mir da auch vorgenommen, ein Gedicht darüber zu schreiben. Wohl musste dieses Bild noch eine Woche in mir reifen, bis ich es zu Papier bringen konnte. Vermutlich habe ich auf die richtige Stimmung gewartet. LG
  5. Schmuddelkind

    3.3.2012

    Liebe Babsi, wie die einfachsten Gedanken zuweilen die bedeutsamsten Ereignisse befördern! Gestern sprachen wir darüber, wie wenig man doch über seine Wirkung auf andere verfügen kann, wenn man sich in keine Rolle zwingen lässt. Dazu erklärte sie, dass ihr unvoreingenommenes Interesse für die Belange anderer nicht selten missverstanden werde und ihr daher manchmal der Gedanke komme, sie solle sich vielleicht mäßigen. Ich entgegnete ihr, dass man ihr wahres Wesen, das ich derart rasch so lieb gewonnen habe, doch nur verstehen könne, wenn sie es nicht hinter den Erwartungen anderer verberge. "Warum bist du so lieb?", fragte sie und ehe ich diesen Moment vergehen zu lassen bereit war, fügte sie nach: "Wenn du bei mir wärst, würde ich dir gerne beim Denken zusehen. Das könnte ich bestimmt stundenlang tun." In diesem Augenblick wollte ich nichts anderes, als bei ihr zu sein und musste die Gelegenheit ergreifen, sie an unser Versprechen zu erinnern, wir mögen einander einmal sehen. Dann gingen die Überlegungen so hin und her und um es kurz zu machen: Sie wird zu Ostern kommen! Und seither möchte ich den März überspringen. Oh, solches Glück kann man nicht verlangen. Fast bin ich nicht mehr wesenhaft. Eine Bitte bin ich und sie, sie hat mich erhört. In welchen Gesichtszügen sich wohl ihr Lachen ausdrückt? Ach, dass ich dies erleben darf! Dass ich es nicht schon jetzt erleben darf!
  6. Die Stufen gleiten ab zu mir und führen bis zum Treppenrand ein halb zerknülltes Blatt Papier, das niemand im Vorbeigehn fand. Ich frage mich, was es verbirgt, was wohl darauf geschrieben steht, als es vom Hauch, den es erwirkt, zurück zur letzten Stufe weht. Es kräuselt sich ganz wirr und leise und findet nicht den Weg hierher. So dreht es ewig seine Kreise und kein Gedanke hilft ihm mehr.
  7. Liebe Anonyma, liebe Zoe, vielen Dank für eure lieben Kommentare! Vielen Dank für das Herausstellen der beiden Bedeutungsebenen, die ganz gewiss im Gedicht eine Rolle spielen. Was du darin alles erkannt hast, hat mich wirklich begeistert. Aber dazu später mehr. Zunächst einmal: Ja, sowohl das Kennenlernen zweier Menschen, als auch das Zusammentreffen zweier Kulturen wird hier thematisiert. Und ich denke, dass das Gedicht auch etwas darüber sagt, dass beides durch das Interesse am Anderen möglich ist, aber durch als trivial empfundene Sachzwänge (Fahrpläne, Termine, Regulierungen im Allgemeinen) verhindert werden kann. "Es gibt nichts Richtiges im Falschen", hat Adorno mal geschrieben und oft stehen ja gesellschaftlich vorausgesetzte Prioritäten dem eigenen Glück im Wege. Und das ist auf der anderen Seite auch wiederum war. Auch wenn dieses Nachwirken vermutlich schmerzhaft für das LI ist, zeugt es doch von einem Ideenaustausch, der selbst nach der Begegnung noch stattfindet. Ja, ein solches gemeinsames Interesse findet man ja nicht so oft, gerade wenn es um Lyrik geht - außerhalb dieses Forums gibt es nicht so viele positiv Bekloppte wie unsereins. Aber wenn man offen auf Menschen zugeht, gelangt man eben auch zu diesen besonderen Begegnungen. Das beidseitige Bedauern wird wohl tatsächlich im Gedicht auch angedeutet. Da ist zum Einen die Frage des LI: "Wer weiß, wieviel bleibt wohl im Ungewissen?" - was wohl eine schmerzhafte Ungewissheit sein muss. Zum anderen der Blick des LD zurück, der signalisiert: "Ich wäre gerne geblieben." Das Zeitempfinden und wie es von unserer Verfasstheit abhängt, ist auch tatsächlich ein interessantes Thema, denn viele Zeichen der vorübergehenden Zeit nehmen wir gar nicht war, wenn wir uns ganz auf etwas einlassen. So bemerkt das LI ja nicht einmal, dass der Zug sich wieder in Bewegung gesetzt hat und kann darauf nur schließen, als der Zug wieder am Endbahnhof zum Stehen kommt. Und ganz plötzlich, ohne dass man Zeit hatte, zu ahnen, dass dieser Moment kommen würde, wird einem bewusst, dass man sich wieder trennen muss und all die Kontingenz, die die Zukunft geboten hätte, ist dahin. Ich bin froh, dass dir das aufgefallen ist. Ja, Kunst und unmittelbarer Ausdruck - das ist so ziemlich universell und überall zu verstehen. Darauf zielte ich natürlich auch ab mit meinen Nationalitätszuschreibungen zum Lächeln bzw. Lachen, denn man merkt als Leser natürlich, dass man eben nicht auf deutsch lächelt oder auf russisch lacht. Sprache spielt dann keine Rolle mehr, sondern das direkte Empfinden, die Gemeinsamkeit, die man in der Wahrnehmung eines gemeinsamen Moments findet. Und diese Gemeinsamkeit lässt einen die Unterschiede viel mehr wertschätzen. Das Interesse daran, vom Anderen zu lernen, wächst und am Ende liest man zumindest ein "neues" Buch, wenn einem sonst von der Begegnung nichts bleiben konnte. Danke, dass du das herausgestellt hast! Absolut richtig! Die Frage, was man sucht, stellen sich die meisten Menschen halt leider nicht und so nehmen sie das, was sie finden, als die einzige unverrückbare Wahrheit hin. Dann kann man zwar nichts dazu lernen, aber immerhin ist man sich der vermeintlichen Bedrohung durch die "Fremden" gewiss. Wow! Tolle Interpretation! Was du alles in meinem Gedicht erkennst! Das erweitert wirklich meine Sichtweise auf meinen Text. Danke! So weit hatte ich beim Schreiben noch gar nicht gedacht (da war es eher ein interessanter Zusammenprall verschiedener Interpretationen derselben Sache und wie die Interpretation durch die momentane Stimmung bedingt ist). Aber diese Begegnung zwischen verschiedenen Charakterausprägungen, die sich an den Begriffen "Schicksal" und "Zufall" scheiden, diese Begegnung in ein und demselben Bewusstsein, zeigt vielleicht auch, wie nah sich unterschiedliche Gemüter vielleicht sind, auch wenn man dies zunächst nicht sieht. Ein richtig schlechter Tag kann aus einem Optimisten einen Pessimisten machen - zumindest für kurze Zeit. Eine neue Liebe und der sachbezogene Realist gerät ins Träumen. Ja, ist schon blöd eigentlich. Oft findet ein Gespräch nicht statt, weil beide denken, dass der andere vielleicht nicht an dem Gespräch interessiert sein könnte, statt einfach auszuprobieren, wie derjenige auf eine Gesprächseröffnung reagieren würde. Dabei könnte man ja einfach sagen: "Darf ich kurz das Eis brechen?" Dann könnte man ja immer noch merken, dass dieser Wunsch nicht auf Gegenseitigkeit beruht, was ja auch OK ist und seinen Gegenüber wieder in Ruhe lassen. Mir selbst fehlt leider auch oft der Eisbrecher, aber zum Glück sprechen mich Menschen gerne an und dann fällt es mir auch sehr leicht, mich sofort auf das Gespräch einzulassen. Hatte schon wirklich tolle, zuweilen tiefsinnige, manchmal auch einfach nur lustige Gespräche während Bahnfahrten etc.. Ich verstehe. Es fällt vielleicht sprachlich aus der Reihe, aber ich möchte es (über die von dir genannten Gründe) auch deshalb stehen lassen, weil es ein Zitat von Goethe ist - aus dem west-östlichen Diwan: Suleika An des lustgen Brunnens Rand, Der in Wasserfäden spielt, Wußt ich nicht, was fest mich hielt; Doch da war von deiner Hand Meine Chiffer leis gezogen; Nieder blickt ich, dir gewogen. Hier, am Ende des Kanals Der gereihten Hauptallee, Blick ich wieder in die Höh, Und da seh ich abermals Meine Lettern fein gezogen: Bleibe! bleibe mir gewogen! Ich wollte hier auf den west-östlichen Diwan anspielen, weil es da ja auch um kulturübergreifende Begegnungen (insbesondere eben zwischen West und Ost) geht und um das Interesse am Anderen. Daher gehen die beiden am Ende auch nach Norden bzw. Süden, weg von dieser verbindenden Route in ihre jeweilige Welt. Diese Sachzwänge durchkreuzen gewissermaßen das Verbindende. Dieses Bedauern wollte ich ganz gerne im Leser aufkommen lassen. Daher lese ich gerne von deinem Empfinden zum Text. Letztendlich geht es ja auch um den Triumph des Trivialen über das Bedeutsame und wie schwer es ist, dies zu akzeptieren. Vielen Dank noch einmal für deinen außerordentlich ausführlichen Kommentar, liebe Anonyma! Vielen Dank für dein Lob! Ich denke, dieses Gedicht nötigt den Leser, diese Frage zu stellen und dann einzusehen, dass es kein Wiedersehen geben kann, denn sonst stünde es im Gedicht. Diesen Widerspruch zwischen Wunsch und Einsicht wollte ich natürlich gerne im Leser bewirken, weil er eben auch oft in mir wirkt. Ich freue mich daher, dass du ebenfalls zu dieser Frage gelangt bist. LG
  8. 1.3.2012 Oh Babsi, wenn die Ruhe der Nacht in meine Seele einkehrt, wenn es so still ist, dass ich meinen Herzschlag hören kann wie eine ureigene Fühlung eines zu ahnenden Weltgeistes, müsste ich doch augenblicklich aufhören zu verlangen. Doch ihre Stimme erfüllt bald die Stille und mein ganzes Leben ist ihr zugedacht. Ich kann dies nicht einfach verklingen lassen. Ich muss sie sehen!
  9. Schmuddelkind

    1.3.2012

    Oh Babsi, wenn die Ruhe der Nacht in meine Seele einkehrt, wenn es so still ist, dass ich meinen Herzschlag hören kann wie eine ureigene Fühlung eines zu ahnenden Weltgeistes, müsste ich doch augenblicklich aufhören zu verlangen. Doch ihre Stimme erfüllt bald die Stille und mein ganzes Leben ist ihr zugedacht. Ich kann dies nicht einfach verklingen lassen. Ich muss sie sehen!
  10. Schmuddelkind

    Lebewohl

    Das Schicksal hat uns in der Bahn vereint. Die junge Nacht gebar die ersten Sterne. Du blicktest aus dem Fenster in die Ferne. Im Spiegel sah ich doch: Ich war gemeint. Auf englisch fragtest du, warum wir halten. Ich gab zur Antwort: "Um das Eis zu brechen." Sogleich begann ich schon auf deutsch zu lächeln. Dann lachtest du auf russisch Winkelfalten. Und von Bulgakow sprachst du - Mund und Hände - und ich von Goethe - blickt ich dir gewogen. Doch eh ich merkte, dass wir weiterzogen, war unversehens unsre Fahrt zu Ende. Der Abschied hat uns aus dem Traum gerissen. Ein Lebewohl kam auf in deinem Blick. Ich sah dir nach, du gingst und sahst zurück. Wer weiß, wieviel bleibt wohl im Ungewissen? Der Zug fuhr aus und der Moment erblich, denn bloßer Zufall selbst hat uns geschieden. Nun denn, du gingst nach Norden, ich nach Süden. Bulgakow lese ich und denk an dich.
  11. 28.2.2012 Liebe Babsi, schließlich musste ich doch meinen Pflichten nachgehen und konnte der ungeliebten Stadt meinen Besuch nicht ausschlagen. In der Stadt sind die Menschen einander bloß Hindernisse, die aneinander ungegenwärtig vorbei manövrieren. Dies bestürzt mich jedes Mal auf's Neue, in welchen Formen der Sklaverei die Menschen Fortschritt zu erkennen glauben. Eine unscheinbare Szene konnte heute besonders gut zusammenfassen, wie stumpfsinnig unsere Zeit ist: Eine Frau mit Sonnenbrille tastete sich mit ihrem Blindenstock auf dem Bahnsteig voran. Da sprach ein Mann zu seinem Sohn: "Starr die blinde Frau nicht so an!", woraufhin diese sich zu ihnen umdrehte. Der Mann drehte sich verlegen weg, als wüsste er von nichts, während der Sohn die Frau anstarrte. Treffender als Sanny hätte ich es nicht sagen können: "Manche Menschen sehen hinter all den Regeln keine Ethik mehr."
  12. Schmuddelkind

    28.2.2012

    Liebe Babsi, schließlich musste ich doch meinen Pflichten nachgehen und konnte der ungeliebten Stadt meinen Besuch nicht ausschlagen. In der Stadt sind die Menschen einander bloß Hindernisse, die aneinander ungegenwärtig vorbei manövrieren. Dies bestürzt mich jedes Mal auf's Neue, in welchen Formen der Sklaverei die Menschen Fortschritt zu erkennen glauben. Eine unscheinbare Szene konnte heute besonders gut zusammenfassen, wie stumpfsinnig unsere Zeit ist: Eine Frau mit Sonnenbrille tastete sich mit ihrem Blindenstock auf dem Bahnsteig voran. Da sprach ein Mann zu seinem Sohn: "Starr die blinde Frau nicht so an!", woraufhin diese sich zu ihnen umdrehte. Der Mann drehte sich verlegen weg, als wüsste er von nichts, während der Sohn die Frau anstarrte. Treffender als Sanny hätte ich es nicht sagen können: "Manche Menschen sehen hinter all den Regeln keine Ethik mehr."
  13. Die Worte fehlen mir zur Nacht, die du mir sonst so sanft und mild wie ein Versprechen zugedacht, das sich im Worte selbst erfüllt. Er weiß von deinen Träumen nicht und ich kann sie dir nicht erfüllen, solange er von seinen spricht in unsrem tristen Abendstillen.
  14. Liebe Pandalinella, vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und den Einblick, den du uns in deine Gedanken gewährst, die du damit verbindest. Wow! Danke für deine direkte Reaktion! Damit hast du absolut recht. Die Angst vor Veränderung wirkt wohl stark in besonderen Momenten, sodass man nicht bereit ist, den Moment vergehen zu lassen. Aber darauf nimmt die Zeit natürlich keine Rücksicht. Es ist nicht einfach, das zu akzeptieren, oder auch nur wirklich zu verstehen, also nicht nur das zu verstehen, was man mit Worten beschreiben kann. Interessant, dass du diese beiden Methoden erwähnst, denn sie sind sich dahingehend tatsächlich sehr ähnlich. Ich habe Gedichte mal als "Seelenfotos" bezeichnet. Gedichte mögen auch ein momentanes Gefühl festhalten, das vielleicht einen Tag später obsolet ist. LG
  15. 21.2.2012 Liebe Babsi, was du über die Unvollkommenheit sagst, ist ganz richtig: gerade das Unvollkommene vermag mich mehr anzusprechen, als wenn alles so von sich geht, wie man es sich eben vorstellt. Wenn sie gerade ein wenig zu laut lacht und ich weiß, dass sie ihre Freude nicht zurückhalten kann oder wenn sie davon berichtet, wie sie aufzuräumen versucht habe, es dabei aber deutlich übertrieben habe und nun alles noch viel mehr im Chaos versunken sei und dann in scheinbarer Rechtfertigung stolz nachreicht: "Aber die Schränke sind jetzt sauber" oder wenn sie mir immer wieder eine schöne Nacht wünscht, weil sie so müde sei, doch ihre stets neu gefassten Nachtgrüße sie wieder davon abbringen, weil es sie auf ganz andere Gedanken bringt - nur die verzückendste Ehrlichkeit kann so schön unvollkommen sein. 22.2.2012 Aber Babsi, du verstehst doch daher sicherlich, dass mir an Sinn und Ordnung nicht gelegen sein kann. Im Gegenteil! Die klarsten Gedanken könnten mir nicht deutlicher den Weg aufzeigen, auf welchem ich mich im achtlosen Taumel bereits befinde. Gestern, als wir einander mit den liebsten Worten in den Schlaf entließen, küsste ich gerade leise genug, dass sie es nicht hören konnte, den Hörer. 23.2.2012 Wie Babsi, wie soll der Verstand dem trotzen, das die Sehnsucht ihm bereits abgenommen hat? Wie soll eine Seele in sich Ruhe finden, die nur nach der Ferne langen kann? Welche Macht hat ein Mensch über seine Tränen? 23.2.2012 Ob diese Tiefe meiner Empfindungen auf Gegenseitigkeit beruht oder ob sie diese zumindest erwirken mag, ist in der Tat eine Frage, die ich gerne beantwortet finden möchte. Ich kann dir darauf nur Albernes sagen: Wenn ich meine Gedanken nicht zu Ende denke, nicht einmal bis zum ersten Punkt, um mich in ihren Gedanken zu verlieren, ganz nah, ganz tief, wenn ich sie wie ein Gedicht lese, wenn ihr Schweigen unerträglich laut in mir wird und ich sie anrufe wie in einem Gebet, um ihre Stimme zu hören, so kann ich mir jedenfalls darauf keinen anderen Reim machen als dass so viel Sehnsucht nicht von einem einzigen Menschen allein empfunden werden kann - fast als müsse sie diese Sehnsucht teilen, wenn in dieser Welt etwas Sinnhaftes sein soll. Wärst du bei mir Wärst du bei mir an meiner Brust, verlör ich keine Träne und kein Wort darüber, wie es wär, wärst du jetzt fort, als hätt ich davon nie gewusst. 25.2.2012 Liebe Babsi, da mich heute die Vögel frühlingsgrüßend weckten und dem Kalender spotteten, beschloss ich es ihnen gleich zu tun und auch meine Pläne zu übergehen. In meiner Seele habe ich die sanften, aber fokussierten Bewegungen der leichten, weißen Wölkchen am warmen Himmel wiedergefunden und zog mit ihnen den Hang hinauf. Ach, die herrliche Weite der Landschaft, die sich vor mir erstreckte, könnte meine Sehnsucht nicht einfassen. Wäre ich nur ein Traum, ich brächte all die Bilder meiner Sinne ihr zu Geiste und wäre ihr nahe!
  16. Liebe Anonyma, vielen Dank für deine Offenheit. Wow! Was man so alles unabsichtlich an Erinnerungen und Gefühlen in Anderen aufwühlen kann! Manchmal treffen sich fremde Menschen in einem Gedicht. Niemand ist nur so, wie man ihn sieht. Und jeder Zustand hat seine Geschichte. Danke, dass du deine mit uns teilst und ich bin ergriffen, dass mein Gedicht der Auslöser dafür war. Ich hoffe jedenfalls, falls es nicht zu persönlich ist, dass die Hoffnungen und Wünsche nicht nur in deiner Vergangenheit liegen. Klar, mit der Zeit gewinnt man wohl einen gewissen Realismus im Umgang mit seinen Träumen, da man im Laufe eines Leben viele Enttäuschungen einstecken muss. Aber sich aus Angst vor Enttäuschungen keine Wünsche mehr zuzugestehen, ist, wie im Haus zu bleiben aus Sorge, der Sonnenschein könnte sich nicht so gut anfühlen wie erhofft. Das mit der Schönheit ist immer so eine Sache. Man sieht sich selbst ja nicht so, wie andere einen sehen und kann sich ja nicht sicher sein, ob andere einen hübsch finden. Da reichen dann ein, zwei schlechte Erfahrungen (z.B. in Form dummer Bemerkungen) aus und das Selbstbewusstsein ist dahin. Aber im Grunde kann man sich ja immer sagen: "Wer mich nicht um meiner Selbst Willen liebt (wer mich z.B. nicht wegen meiner tatsächlichen Stärken liebt), ist auch nicht der Richtige für mich." Das kann man sich zwar mit dem Verstand sagen und langfristig kann man vielleicht sogar darüber Selbstbewusstsein gewinnen, aber man kann sich in dem Moment ja doch nicht aussuchen, für wen sich das Herz entscheidet. Da merkt man dann, wie wenig Kontrolle wir tatsächlich über uns haben, wenn es darauf ankommt und man wird hineingesogen in die unerwiderte Liebe, die so schmerzhaft und so schön, so inspirierend und so vernichtend ist. Das ist wohl eine universell geteilte, unerfüllte Sehnsucht. Am stärksten scheinen leider die Wünsche zu sein, die sich nicht erfüllen lassen, besonders wenn der Grund dieser Unerfüllbarkeit so beliebig ist: Warum muss ich jemandem so hingeneigt sein, der mich nicht wahrnimmt? Warum trifft die Liebe nicht zwei Menschen zugleich? Das macht doch alles keinen Sinn. Es ist schwer zu akzeptieren, dass nicht alles in der Welt Sinn macht (zumindest nicht in unserer Vorstellung Sinn macht). Das ist die Tragik der Jugend, die ich durch einen mir nahestehenden Menschen mal sehr gut auf den Punkt gebracht sah: "Man hat diesen Drang, die Welt zu verändern, aber zugleich schon die Reife, zu verstehen, dass es nicht möglich ist." Ich glaube, dass dieser Aspekt meiner Jugend noch zuweilen in mir wirkt. Danke, dass du mir ermöglicht hast, mein Gedicht durch deine Augen zu sehen und mich an deiner Rührung Anteil nehmen ließt. LG
  17. 19.2.2012 Liebe Babsi, ich habe ihr einige der Gedichte vorgelesen, die ich in deinem Büchlein gefunden habe. Und als ich aus de la Motte Fouqués "Waldessprache" las, wo die Klänge der Natur scheu verstummen, sobald Worte sie wiedergeben wollen, da enteilten ihr zu manchen Versen diejenigen Seufzer, die ich gerade noch zügeln konnte. Daraufhin trug sie mir Ludwig Uhlands "Einkehr" vor, worin die tiefste Dankbarkeit der Natur gegenüber ausgedrückt wird. Ihre Großmutter hat es ihr immer aufgesagt, um sie in den Schlaf zu wiegen. Überhaupt muss ihre Großmutter ein ganz besonderer Mensch sein. Sie war immer für Sanny da, auch als der Rest der Familie auseinanderbrach und Sanny sich in einem Strudel wiederfand - da war die Großmutter ihr die Ruhe hinter allen Wirren. 20.2.2012 Liebe Babsi, heute entdeckte ich einen Ort von unbeschreiblicher Schönheit, dass ich mich wundern musste, weshalb ich die paar Kilometer bisher noch nicht auf mich genommen hatte: Bei Hanau steht ein Schloss, das der Bauherr im beschaulichen Wilhelmsbader Park vor gut zweihundert Jahren bereits als Ruine errichten ließ - eine aus Stein gemauerte Vergänglichkeit! Ich konnte die Weitsicht und Demut ob der Vergänglichkeit seines Schaffens nur bewundern. Und wie sich die Ruine so natürlich aus der Insel inmitten des kleinen Weihers erhob, wo noch vereinzelt gebrochenes Eis obenauf schwamm - als hätte dies alles nie anders sein können! Die Vergänglichkeit aller Dinge ist ein kluger Lehrer. Wie in der Natur alles vergeht und sich ständig erneuert, so auch in meiner Seele. Schon konnte ich die ersten Krokusse im Park bestaunen, da das Eis kaum geschmolzen war und in der sanften Mittagssonne belebte eine Ahnung des Frühlings meine Sinne, wenngleich ich nicht ungeduldig mit dem Winter sein mag, wenn er sich entschließt, noch etwas zu verweilen. Dies alles erinnerte mich an Sanny. So oft fehlen mir vor Glück gar die Worte, wenn sie mir aus der Seele spricht, dass sich ein tiefes Bedauern in mir auftut, wenn sie ihre Gedanken zu Ende bringt, weil ich ihr ewig zuhören möchte. Doch ehe sich die Bedrücktheit in meiner Seele ausbreiten kann, kommt ihr völlig aus dem Nichts ein anderer Einfall und sie erschafft einen neuen Moment, ganz nebenbei. Vor ihrem Ideenreichtum ist alles Erleben vorläufig und in dieser Vorläufigkeit finde ich Gleichmaß. Doch jeden Tag, wenn die Worte zur Ruhe kommen müssen, ist dies endgültig und ich wanke und wenn wir einander "gute Nacht" zuflüstern, möchte ich mich in meinem Bette nach ihr umdrehen und ihr in die Augen schauen. Doch da ist niemand. Ich will sie sehen! All diese Wirren fanden sich heute in einem unvollendeten Sonett wieder: Es zwang mich die Unrast hinaus in die weiten, die wallenden Felder, die stumm mich gemacht, auf Gipfel, erhaben fast über die Zeiten, hinaus in die wütende, donnernde Nacht, hinaus mit der Leidenschaft blühender Jugend, auf bebenden Lippen zu nichts mehr ein Wort, hinfort mit der Sünde! hinfort mit der Tugend! hinfort von der einsamen Heimat, hinfort! Je weiter ich ging, desto ärger das Sehnen nach Fremde, nach Weite, nach Schönheit, nach mehr - ich weiß nicht... nach Einklang von Kosmos und Seele, nach etwas, das wert sei, zum Schluss zu erwähnen. Es drängt, ach, mein Herz denn wonach nur so sehr?
  18. Schmuddelkind

    25.2.2012

    Liebe Babsi, da mich heute die Vögel frühlingsgrüßend weckten und dem Kalender spotteten, beschloss ich es ihnen gleich zu tun und auch meine Pläne zu übergehen. In meiner Seele habe ich die sanften, aber fokussierten Bewegungen der leichten, weißen Wölkchen am warmen Himmel wiedergefunden und zog mit ihnen den Hang hinauf. Ach, die herrliche Weite der Landschaft, die sich vor mir erstreckte, könnte meine Sehnsucht nicht einfassen. Wäre ich nur ein Traum, ich brächte all die Bilder meiner Sinne ihr zu Geiste und wäre ihr nahe!
  19. Vielen Dank ihr Lieben, für euer geneigtes Lachen und eure Worte des Lobes! Danke! Hab ihn direkt danach verbessert. Danke! Ja, der Aufbau entspricht der Gedankenstruktur eines Verliebten, der vielleicht Vieles wahrnimmt und über Manches nachdenkt, aber am Ende führen die Gedanken doch nur zu dem einen Menschen, wie absurd auch immer die Gedankenkette sein mag. Der Igel hat sich auch an die Parkordnung zu halten. Schwarzer Humor ist für mich ein Eingeständnis in die Unzulänglichkeit der Welt, ohne daran zu zerbrechen. Daher freue ich mich, dass auch du diesem schwarzhumorigem Gedicht etwas abgewinnen kannst. LG
  20. Liebe Letreo, vielen Dank für deinen empfindsamen Kommentar! Tut mir leid, dass das Gedicht für dich Anlass war, solche traurigen Momente mental nachzuerleben und ich hoffe, dass es für dich irgendwann nicht mehr so vielherzzerreißenden Widersinn geben muss. LG
  21. Ganz bestimmt hatte es damit zu tun. Die Figuren bei Max und Moritz wirken ja schon wie typisierte Beschreibungen sozialer Rollen, die jeder von sich oder seinem Umfeld kennt. Gut, viele dieser Rollen, haben sich im Laufe der Zeit gewandelt und es ist natürlich auch überspitzt und daher nicht für jeden nachzuvollziehen, der das Buch heute liest, aber es ist schon noch zu erkennen, "wer" porträtiert wird.
  22. Liebe Anonyma, viel zu lange ließ ich deinen reflektierten Kommentar unbeantwortet. Dafür möchte ich mich zunächst erstmal entschuldigen. Manchmal merkt man gar nicht, wie die Zeit verfliegt. Da denkt man: "Ich will noch unbedingt Anonymas Kommentar beantworten. Aber ich muss erst noch dies und das machen. Für den Kommentar brauche ich Zeit. Das mache ich später." Und ehe man sich versieht, ist der Monat vorüber. Ich kenne übrigens jemanden, der beruflich andere Menschen in Angelegenheiten des "Zeitmanagements" berät. Er ist immer unpünktlich. Ihn werde ich also nicht fragen. Ich fühle mich geehrt, dass du nach meinem Gedicht deine Pläne geändert hast. Ja, Philosophie kann sowohl ästhetisch ansprechend sein, als auch den Blickwinkel erweitern, wenn man es als "Liebe zur Weisheit" betreibt, was ja die ursprüngliche Wortbedeutung ist und sich nicht in dem Formalismus verliert, den zeitgenössische Philosophie zuweilen darstellt. Deiner Interpretation habe ich kaum etwas hinzuzufügen. Vielen Dank für die genaue Analyse! So habe ich die Strophe jedenfalls auch selbst verstanden. Dieses "Dämmern von des Geistes Rand" kenne ich von mir selbst. Manchmal ist mir gar nicht so klar, was in meinem Denken alles so vonstatten geht. Oft bin ich verwundert, wo jetzt auf einmal diese Idee herkommt. Hin und wieder bricht dann etwas Licht durch das Blätterdach meines Denkens und ich ahne, dass es Dinge gibt, die ich vor mir geheim halte oder Zwischenschritte des Denkens, die ich wohl als zu unwichtig erachtet habe, um sie mir zu merken - dann bleibt nur die Konklusion übrig. Ich gebe dir recht: Die Versuchung ist oft groß, die Wirklichkeit nicht wahrhaben zu wollen und sich stattdessen seine eigene Gedankenwelt zusammen zu zimmern. Das ist natürlich in erster Linie kritisch zu sehen. Aber es liegt auch eine gewisse notwendige Entlastung darin, die vielleicht auch in meinem Gedicht angedeutet wird. Vermutlich würde man wahnsinnig werden, wenn einem die ganze Wahrheit permanent bewusst wäre und daher ist es durchaus sinnvoll, zuweilen aus der Realität zu fliehen. Gefährlich ist es aber dennoch, denn wenn man sich so weit von der Wirklichkeit entfernt, dass man gar keinen Fuß mehr auf den Boden bekommt, ist man verloren. Vielen Dank, dass du diesen Widerspruch aufgespürt hast! Ich denke, die Redlichkeit ist für das LI darin begründet, dass die zur Wahrheit erhobene Vorstellungswelt genauso gewissenhaft gepflegt werden muss wie man sonst die Suche nach der Wahrheit betreiben müsste. Diesem Thema kann man sich einfach nicht entziehen, obwohl es darauf natürlich keine verlässliche, letztendgültige Antwort geben kann. Es liegt in unserer Natur, uns Fragen zu stellen, die wir nicht beantworten können. Was uns wohl nur bleibt: diese Fragen so kunstvoll wie möglich zu verzieren. Das ist meine Achillesverse. Ich bin mir bei den Doppelpunkten nie sicher. Ich weiß, es gibt Situationen, die nach dem Doppelpunkt die Großschreibung erfordern und es gibt Situationen, die Kleinschreibung nach sich ziehen. Habe gerade nachgeschaut und die Lösung ist ja denkbar einfach und naheliegend: Wenn nach dem Doppelpunkt ein Satz folgt, verwendet man Großschreibung. Wenn nur ein Wort oder ein Satzteil folgt, ist die Kleinschreibung zu wählen. Ich meinte auch, dass ich das früher immer so umgesetzt habe, bis mir jemand mal sagte, das sei falsch. Danke für die Korrektur! Soweit ich weiß, geht beides: "sodass" und "so dass". Du hast recht. Danke! Ich denke noch darüber nach, ob ich es dennoch ohne Kommata schreiben will, damit es sich flüssiger liest und auch ein wenig des Nervenkitzels wegen, etwas Verbotenes zu tun. Stimmt! Ich will ja nicht: "solange ich bei mir bin" oder so. Mir fehlt gerade ein Smiley, der sich selbst einen Hammer auf den Kopf schlägt. Vielen Dank für deine Aufmerksamkeit! Und großen Dank noch einmal für deine ausführliche Beschäftigung mit meinem Gedicht! LG
  23. Lieber Perry, vielen Dank für deinen einfühlsamen Kommentar und entschuldige vielmals, dass ich es nicht eher geschafft habe, dir zu antworten! Irgendwie sind drei Wochen einfach ohne Ankündigung weggezogen. Ich freue mich sehr, dass auch du dich in dem Gedicht wiedererkennst. Letztendlich sind Gedichte ja dazu da, sein eigenes Befinden auch darin aufzuspüren und zu diesem Zweck halte ich meine Gedichte gerne recht offen - nicht beliebig, aber der Gesamtkontext bleibt bei mir meist unklar genug, dass jeder seinen eigenen Kontext hineinlesen kann. Das führt dann unweigerlich auch zu Unerwartetem und diesbezüglich hast du recht: So ein Happy End wünscht man sich als anteilnehmender Leser und niemand möchte freiwillig von "dort" wegziehen. Ich schätze, es gibt Gründe jenseits des Wollens des LI, die dies leider erfordern. Und so findet sich das LI in der Tragik wieder, selbst in den Wunschvorstellungen, die der Sehnsucht geschuldet sind, unerfüllt zu bleiben. LG
  24. 15.2.2012 Liebe Babsi, wie habe ich mich gefreut, dich eher wiederzusehen, als ich es erwartet hatte, auch wenn ich die Umstände, die dies ermöglicht hatten, gerne gemieden hätte! Nur, man kann sich seine Umstände nicht zurechtlegen. Ich kann wohl sagen, dass die Tage der Heimat mit all ihren sorglosen Erinnerungen, der Freundschaft und wohl auch des regelmäßigen Essens mich gekräftigt haben. Heute erst, nach meiner Rückkehr, habe ich Sanny von meinem Schwächeanfall berichtet. Zuvor hatte ich ihr nur in aller Eile geschrieben, dass ich für ein paar Tage nicht erreichbar sein würde, da ich vor meiner zügigen Abreise keine Gelegenheit gesehen hatte, ihr alles ausführlich darzulegen und jede halbgare Erklärung hätte sie wohl nur beunruhigt. Da hat sie mich, nachdem sie sich nach meinem Befinden erkundigt hatte, so liebevoll gescholten und mir gestanden, sie habe sich gerade daher Sorgen gemacht und sie pochte darauf, dass ich sie, wenn ich ihre Hilfe brauche, jederzeit anrufen solle, selbst wenn es nachts um drei sei. "Aber jetzt gehen die Empfindungen mit mir durch", entschuldigte sie sich sogleich ebenso liebevoll: "Da mache ich dir Vorwürfe, wo du meinen Trost bräuchtest! Ich bin froh, dass du wieder da bist! Es war ganz schön leer ohne dich und mein Telefon ist schon ganz kalt geworden." So sehr ich mich nach ihren innigen Worten verzehrte, denn auch ich muss zugeben, dass ich ohne Sanny nebensächlich war und nur die Spaziergänge mit dir darüber hinwegtäuschen konnten - beinahe wäre mir unwichtig gewesen, worüber sie redete, da meine Seele allein in der Zärtlichkeit ihrer Stimme schon zur Ruhe kommt. Mein Sehnen ist ein Wolkenbruch und ihr Sinnen ein stiller, tiefer See. 17.2.2012 Ach Babsi, du liebenswerte Schwindlerin! Fragst mich, ob ich mir sicher sei, dass sie nur eine Brieffreundin sei und kennst die Antwort schon längst. Was soll ich's leugnen? Nicht etwa erkenne ich sie in den Mustern meiner Welt, nein! Meine Welt erkenne ich in ihrem Wesen. Meine Wünsche erwachen in ihren Atemzügen und schweigen sogleich selbstgenügsam in ihr Lachen hinein. Sie ist meine Verdandi und ich bin glückselig in den Fäden des Werdens verloren. 18.2.2012 Liebe Babsi, du weißt, dass mir mein Geburtstag recht wenig bedeutet. Umso mehr bedeutet es mir, dass du dennoch daran gedacht hast. Vielen lieben Dank, auch für das Buch, das du mir geschickt hast! So manches Gedicht habe ich darin gefunden, das mir unbekannt war. Besonders hat mich Ludwig Tiecks Glosse (Liebe denkt in süßen Tönen) beschäftigt, denn in der Tat kann Liebe nicht in Worten gedacht werden und indem man sagt "ich liebe dich" wird die Liebe undeutlich, die eben noch in meinen zitternden Lippen klar zu erspüren war. Wenn ich dennoch jemandem mitteilen möchte, was ich für sie empfinde, denn Liebe kann nur schwer gehalten werden, so habe ich doch nur Worte dafür. Muss dann Liebe nicht letztendlich unerfüllt bleiben? Aber wenn ich mit ihr rede! Oh Babsi, wenn ich mit ihr rede - gestern hielt sie mich bis Mitternacht und länger am Hörer, um meine erste Gratulantin zu sein - wenn ich mit ihr rede, werden solcherlei Befürchtungen hinfällig. Da verwirren sich all meine Gedanken. Worte versuchen eher kläglich, dies zu überkommen. Aber meine Hinneigung ist so klar, wie ich Sanny sehen kann, wenn ich ihrer Stimme lausche - das kann ich gewiss - und ich bin über Entfernungen, Erwartungen und überhaupt über meinen Geist, ach, über die ganze Welt erhaben. Dies sind mehr als Worte! Ich weiß nicht, was dies ist. Erfüllt sich nicht etwa schon die Liebe in diesen schlichten Hergängen? Etwa wenn sie mich zärtlich aber nachdrücklich auffordert, ich solle ihr noch mehr erzählen - "Bitte! Du erzählst so schön" - sodass ich es ihr nicht ausschlagen könnte, wenn ich wollte. Und dann, wenn ich mitten in den inneren und äußeren Erfahrungen während meiner Waldeseinsamkeit angelangt bin, nichts weiter ahnend als den Fortgang meiner Geschichte, unterbricht sie mich plötzlich und da werden mir meine Worte selbst ganz egal, als ich sie singen höre. Erst da erkannte ich, dass es wohl mein Geburtstag sein müsse, hatte ich doch zuvor noch gar nicht daran gedacht. Oh Babsi, als wäre ich gerade in diese Welt geraten, verzückt und neugierig und in heiterer Verwirrung über all die schönen Reize! Und sogleich schickte sie mir ihr Geschenk - ein Bild, das sie nur entweder durch die feinste Beobachtung oder durch die weitschweifigste Fantasie zeichnen konnte: Zwei kleine Kinder, die einander mit großen, staunenden Augen anblicken, die Hände ungelenk aber sehnsüchtig zueinander ausgestreckt, mit einem ungehaltenen Lachen, wozu nur eben Kinder imstande sind. Ach, sie haben noch kaum etwas gelernt über diese Welt und schon so viel dessen verstanden, was die meisten von uns vergaßen, während wir "reifer" wurden, also uns Vorsicht und Misstrauen aneigneten. Babsi, einen schöneren Geburtstag hatte ich wohl selbst als Kind nicht erlebt! Habe heute Nacht auch kein Auge zugetan, da ihr Lied und ihr Bild mit meinem Empfinden zu einer untrennbaren geistigen Erscheinung zerflossen. Und dies war mir der schönste Traum.
  25. Liebe sofakatze, als ich den Titel las, bin ich sofort daran hängen geblieben, weil "Undine" von de la Motte Fouqué zu meinen Lieblingsbüchern gehört. Dann war ich zunächst verdutzt, denn dein Gedicht brach völlig mit meinen Erwartungen. Aber das soll es natürlich auch, denn der Leser kann auf diese Weise das Gefühl nacherleben, das das LI empfindet, dessen Erwartungen sich auch nicht erfüllen konnten. Dadurch habe ich verstanden, dass dieses Gedicht im Grunde die Undine entmythifiziert, so wie am Ende einer gescheiterten Beziehung auch nicht mehr viel von dem einstigen Mythos und dem Zauber übrig bleibt, der einen einmal in die Arme des Anderen trieb. Das hat mich dann ein wenig an den zeitgenössischen Film "Ondine - das Mädchen aus dem Meer" erinnert, wo der Stoff de la Motte Fouqués zwar aufgegriffen, aber auf ganz unerwartete Weise umgesetzt wird. Dort geht es letztlich um das Verhältnis zwischen Wahrheit und Mythos in der eigenen Wahrnehmung und das habe ich bei deinem Gedicht auch gesehen. ...Beim Googeln des Filmtitels ist mir aufgefallen, dass wohl demnächst ein deutscher Film mit dem Titel "Undine" ins Kino kommt. Ich befürchte zwar, dass der Film, wie die meisten deutschen Filme, nicht so gut wird, aber wenn er "Undine" im Titel hat, muss ich ihn dennoch sehen, sofern sich jemand findet, der ihn sich mit mir antun würde. LG
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