Zum Inhalt springen

Schmuddelkind

Autor
  • Gesamte Inhalte

    1.176
  • Benutzer seit

  • Letzter Besuch

Alle erstellten Inhalte von Schmuddelkind

  1. Vielen Dank, ihr Lieben! Und Verzeihung, dass meine Antwort so lange auf sich warten ließ. Irgendwie kam ich in letzter Zeit nicht dazu. Genial? Das ist ein bisschen hoch gegriffen. Genial sind nur meine Bescheidenheitsbekundungen. Ja, es ist in der Tat von der Form her sehr ungewöhnlich. Die Unregelmäßigkeit soll das Gedanken- und Gefühlschaos des LI unterstreichen und sich ein wenig anfühlen, wie wenn man sich im Bett wälzt. LG
  2. Schmuddelkind

    Zweiter Brief vom 23.2.2012

    Ob diese Tiefe meiner Empfindungen auf Gegenseitigkeit beruht oder ob sie diese zumindest erwirken mag, ist in der Tat eine Frage, die ich gerne beantwortet finden möchte. Ich kann dir darauf nur Albernes sagen: Wenn ich meine Gedanken nicht zu Ende denke, nicht einmal bis zum ersten Punkt, um mich in ihren Gedanken zu verlieren, ganz nah, ganz tief, wenn ich sie wie ein Gedicht lese, wenn ihr Schweigen unerträglich laut in mir wird und ich sie anrufe wie in einem Gebet, um ihre Stimme zu hören, so kann ich mir jedenfalls darauf keinen anderen Reim machen als dass so viel Sehnsucht nicht von einem einzigen Menschen allein empfunden werden kann - fast als müsse sie diese Sehnsucht teilen, wenn in dieser Welt etwas Sinnhaftes sein soll. Wärst du bei mir Wärst du bei mir an meiner Brust, verlör ich keine Träne und kein Wort darüber, wie es wär, wärst du jetzt fort, als hätt ich davon nie gewusst.
  3. Schmuddelkind

    Erster Brief vom 23.2.2012

    Wie Babsi, wie soll der Verstand dem trotzen, das die Sehnsucht ihm bereits abgenommen hat? Wie soll eine Seele in sich Ruhe finden, die nur nach der Ferne langen kann? Welche Macht hat ein Mensch über seine Tränen?
  4. Schmuddelkind

    22.2.2012

    Aber Babsi, du verstehst doch daher sicherlich, dass mir an Sinn und Ordnung nicht gelegen sein kann. Im Gegenteil! Die klarsten Gedanken könnten mir nicht deutlicher den Weg aufzeigen, auf welchem ich mich im achtlosen Taumel bereits befinde. Gestern, als wir einander mit den liebsten Worten in den Schlaf entließen, küsste ich gerade leise genug, dass sie es nicht hören konnte, den Hörer.
  5. Schmuddelkind

    21.2.2012

    Liebe Babsi, was du über die Unvollkommenheit sagst, ist ganz richtig: gerade das Unvollkommene vermag mich mehr anzusprechen, als wenn alles so von sich geht, wie man es sich eben vorstellt. Wenn sie gerade ein wenig zu laut lacht und ich weiß, dass sie ihre Freude nicht zurückhalten kann oder wenn sie davon berichtet, wie sie aufzuräumen versucht habe, es dabei aber deutlich übertrieben habe und nun alles noch viel mehr im Chaos versunken sei und dann in scheinbarer Rechtfertigung stolz nachreicht: "Aber die Schränke sind jetzt sauber" oder wenn sie mir immer wieder eine schöne Nacht wünscht, weil sie so müde sei, doch ihre stets neu gefassten Nachtgrüße sie wieder davon abbringen, weil es sie auf ganz andere Gedanken bringt - nur die verzückendste Ehrlichkeit kann so schön unvollkommen sein.
  6. Schmuddelkind

    20.2.2012

    Liebe Babsi, heute entdeckte ich einen Ort von unbeschreiblicher Schönheit, dass ich mich wundern musste, weshalb ich die paar Kilometer bisher noch nicht auf mich genommen hatte: Bei Hanau steht ein Schloss, das der Bauherr im beschaulichen Wilhelmsbader Park vor gut zweihundert Jahren bereits als Ruine errichten ließ - eine aus Stein gemauerte Vergänglichkeit! Ich konnte die Weitsicht und Demut ob der Vergänglichkeit seines Schaffens nur bewundern. Und wie sich die Ruine so natürlich aus der Insel inmitten des kleinen Weihers erhob, wo noch vereinzelt gebrochenes Eis obenauf schwamm - als hätte dies alles nie anders sein können! Die Vergänglichkeit aller Dinge ist ein kluger Lehrer. Wie in der Natur alles vergeht und sich ständig erneuert, so auch in meiner Seele. Schon konnte ich die ersten Krokusse im Park bestaunen, da das Eis kaum geschmolzen war und in der sanften Mittagssonne belebte eine Ahnung des Frühlings meine Sinne, wenngleich ich nicht ungeduldig mit dem Winter sein mag, wenn er sich entschließt, noch etwas zu verweilen. Dies alles erinnerte mich an Sanny. So oft fehlen mir vor Glück gar die Worte, wenn sie mir aus der Seele spricht, dass sich ein tiefes Bedauern in mir auftut, wenn sie ihre Gedanken zu Ende bringt, weil ich ihr ewig zuhören möchte. Doch ehe sich die Bedrücktheit in meiner Seele ausbreiten kann, kommt ihr völlig aus dem Nichts ein anderer Einfall und sie erschafft einen neuen Moment, ganz nebenbei. Vor ihrem Ideenreichtum ist alles Erleben vorläufig und in dieser Vorläufigkeit finde ich Gleichmaß. Doch jeden Tag, wenn die Worte zur Ruhe kommen müssen, ist dies endgültig und ich wanke und wenn wir einander "gute Nacht" zuflüstern, möchte ich mich in meinem Bette nach ihr umdrehen und ihr in die Augen schauen. Doch da ist niemand. Ich will sie sehen! All diese Wirren fanden sich heute in einem unvollendeten Sonett wieder: Es zwang mich die Unrast hinaus in die weiten, die wallenden Felder, die stumm mich gemacht, auf Gipfel, erhaben fast über die Zeiten, hinaus in die wütende, donnernde Nacht, hinaus mit der Leidenschaft blühender Jugend, auf bebenden Lippen zu nichts mehr ein Wort, hinfort mit der Sünde! hinfort mit der Tugend! hinfort von der einsamen Heimat, hinfort! Je weiter ich ging, desto ärger das Sehnen nach Fremde, nach Weite, nach Schönheit, nach mehr - ich weiß nicht... nach Einklang von Kosmos und Seele, nach etwas, das wert sei, zum Schluss zu erwähnen. Es drängt, ach, mein Herz denn wonach nur so sehr?
  7. Schmuddelkind

    19.2.2012

    Liebe Babsi, ich habe ihr einige der Gedichte vorgelesen, die ich in deinem Büchlein gefunden habe. Und als ich aus de la Motte Fouqués "Waldessprache" las, wo die Klänge der Natur scheu verstummen, sobald Worte sie wiedergeben wollen, da enteilten ihr zu manchen Versen diejenigen Seufzer, die ich gerade noch zügeln konnte. Daraufhin trug sie mir Ludwig Uhlands "Einkehr" vor, worin die tiefste Dankbarkeit der Natur gegenüber ausgedrückt wird. Ihre Großmutter hat es ihr immer aufgesagt, um sie in den Schlaf zu wiegen. Überhaupt muss ihre Großmutter ein ganz besonderer Mensch sein. Sie war immer für Sanny da, auch als der Rest der Familie auseinanderbrach und Sanny sich in einem Strudel wiederfand - da war die Großmutter ihr die Ruhe hinter allen Wirren.
  8. Schmuddelkind

    18.2.2012

    Liebe Babsi, du weißt, dass mir mein Geburtstag recht wenig bedeutet. Umso mehr bedeutet es mir, dass du dennoch daran gedacht hast. Vielen lieben Dank, auch für das Buch, das du mir geschickt hast! So manches Gedicht habe ich darin gefunden, das mir unbekannt war. Besonders hat mich Ludwig Tiecks Glosse (Liebe denkt in süßen Tönen) beschäftigt, denn in der Tat kann Liebe nicht in Worten gedacht werden und indem man sagt "ich liebe dich" wird die Liebe undeutlich, die eben noch in meinen zitternden Lippen klar zu erspüren war. Wenn ich dennoch jemandem mitteilen möchte, was ich für sie empfinde, denn Liebe kann nur schwer gehalten werden, so habe ich doch nur Worte dafür. Muss dann Liebe nicht letztendlich unerfüllt bleiben? Aber wenn ich mit ihr rede! Oh Babsi, wenn ich mit ihr rede - gestern hielt sie mich bis Mitternacht und länger am Hörer, um meine erste Gratulantin zu sein - wenn ich mit ihr rede, werden solcherlei Befürchtungen hinfällig. Da verwirren sich all meine Gedanken. Worte versuchen eher kläglich, dies zu überkommen. Aber meine Hinneigung ist so klar, wie ich Sanny sehen kann, wenn ich ihrer Stimme lausche - das kann ich gewiss - und ich bin über Entfernungen, Erwartungen und überhaupt über meinen Geist, ach, über die ganze Welt erhaben. Dies sind mehr als Worte! Ich weiß nicht, was dies ist. Erfüllt sich nicht etwa schon die Liebe in diesen schlichten Hergängen? Etwa wenn sie mich zärtlich aber nachdrücklich auffordert, ich solle ihr noch mehr erzählen - "Bitte! Du erzählst so schön" - sodass ich es ihr nicht ausschlagen könnte, wenn ich wollte. Und dann, wenn ich mitten in den inneren und äußeren Erfahrungen während meiner Waldeseinsamkeit angelangt bin, nichts weiter ahnend als den Fortgang meiner Geschichte, unterbricht sie mich plötzlich und da werden mir meine Worte selbst ganz egal, als ich sie singen höre. Erst da erkannte ich, dass es wohl mein Geburtstag sein müsse, hatte ich doch zuvor noch gar nicht daran gedacht. Oh Babsi, als wäre ich gerade in diese Welt geraten, verzückt und neugierig und in heiterer Verwirrung über all die schönen Reize! Und sogleich schickte sie mir ihr Geschenk - ein Bild, das sie nur entweder durch die feinste Beobachtung oder durch die weitschweifigste Fantasie zeichnen konnte: Zwei kleine Kinder, die einander mit großen, staunenden Augen anblicken, die Hände ungelenk aber sehnsüchtig zueinander ausgestreckt, mit einem ungehaltenen Lachen, wozu nur eben Kinder imstande sind. Ach, sie haben noch kaum etwas gelernt über diese Welt und schon so viel dessen verstanden, was die meisten von uns vergaßen, während wir "reifer" wurden, also uns Vorsicht und Misstrauen aneigneten. Babsi, einen schöneren Geburtstag hatte ich wohl selbst als Kind nicht erlebt! Habe heute Nacht auch kein Auge zugetan, da ihr Lied und ihr Bild mit meinem Empfinden zu einer untrennbaren geistigen Erscheinung zerflossen. Und dies war mir der schönste Traum.
  9. Schmuddelkind

    17.2.2012

    Ach Babsi, du liebenswerte Schwindlerin! Fragst mich, ob ich mir sicher sei, dass sie nur eine Brieffreundin sei und kennst die Antwort schon längst. Was soll ich's leugnen? Nicht etwa erkenne ich sie in den Mustern meiner Welt, nein! Meine Welt erkenne ich in ihrem Wesen. Meine Wünsche erwachen in ihren Atemzügen und schweigen sogleich selbstgenügsam in ihr Lachen hinein. Sie ist meine Verdandi und ich bin glückselig in den Fäden des Werdens verloren.
  10. Schmuddelkind

    15.2.2012

    Liebe Babsi, wie habe ich mich gefreut, dich eher wiederzusehen, als ich es erwartet hatte, auch wenn ich die Umstände, die dies ermöglicht hatten, gerne gemieden hätte! Nur, man kann sich seine Umstände nicht zurechtlegen. Ich kann wohl sagen, dass die Tage der Heimat mit all ihren sorglosen Erinnerungen, der Freundschaft und wohl auch des regelmäßigen Essens mich gekräftigt haben. Heute erst, nach meiner Rückkehr, habe ich Sanny von meinem Schwächeanfall berichtet. Zuvor hatte ich ihr nur in aller Eile geschrieben, dass ich für ein paar Tage nicht erreichbar sein würde, da ich vor meiner zügigen Abreise keine Gelegenheit gesehen hatte, ihr alles ausführlich darzulegen und jede halbgare Erklärung hätte sie wohl nur beunruhigt. Da hat sie mich, nachdem sie sich nach meinem Befinden erkundigt hatte, so liebevoll gescholten und mir gestanden, sie habe sich gerade daher Sorgen gemacht und sie pochte darauf, dass ich sie, wenn ich ihre Hilfe brauche, jederzeit anrufen solle, selbst wenn es nachts um drei sei. "Aber jetzt gehen die Empfindungen mit mir durch", entschuldigte sie sich sogleich ebenso liebevoll: "Da mache ich dir Vorwürfe, wo du meinen Trost bräuchtest! Ich bin froh, dass du wieder da bist! Es war ganz schön leer ohne dich und mein Telefon ist schon ganz kalt geworden." So sehr ich mich nach ihren innigen Worten verzehrte, denn auch ich muss zugeben, dass ich ohne Sanny nebensächlich war und nur die Spaziergänge mit dir darüber hinwegtäuschen konnten - beinahe wäre mir unwichtig gewesen, worüber sie redete, da meine Seele allein in der Zärtlichkeit ihrer Stimme schon zur Ruhe kommt. Mein Sehnen ist ein Wolkenbruch und ihr Sinnen ein stiller, tiefer See.
  11. Schmuddelkind

    Fokus

    Die Mutter ruft: "Was soll ich denn nur machen?" Sie sucht, doch findet ihre Kinder nicht. Sie sitzen auf dem Eichenbaum und lachen, so fröhlich wie dein schönes Angesicht. Darunter fängt die Parkaufsicht gerade gewissenhaft und laut an Laub zu saugen und saugt den Igel ein - wie schade - so braun wie deine aufmerksamen Augen. Ich sehe schon den Sauger explodieren und denk sogleich: "Bloß weg von diesem Orte!" Es regnet Blätter, die mich sanft berühren, genau wie deine einfühlsamen Worte. Nichts macht den armen Igel wieder heile. Gedärm und Blut ist überall zu sehen. Er flog in abertausend Einzelteile, so bunt wie deine wärmenden Ideen.
  12. Schmuddelkind

    Schlaflos

    Ich liege wach und wälze mich im Kummer. Ich wälze die Gedanken hin und her. Dann wähl ich deine Nummer. Als mir bewusst wird, was ich tue, da räume ich das Display wieder leer. Doch die Gedanken kommen nicht zur Ruhe. Ich wälze mich im Leiden, gedankenschwer. Ich wälz mich hin und her und wünschte, du wärst hier. Was soll nur werden aus uns beiden? Was wird denn ohne dich aus mir? Ich will mich nicht entscheiden: soll ich dich suchen oder meiden? Dann steh ich auf und träum von dir.
  13. Hallo Carlos, danke für deine Reaktion auf das Gedicht. In dem Falle hätte ich wohl falsch vermutet. Ja, ich denke, darin ist ein Teil des Unbehagens begründet, das ich wohl mit dem Gedicht erwirken wollte. Guter Vergleich! Bei der Blendung geht es ja immer um das sinnbildliche Wegsehen. Menschen stellen sich blind angesichts dessen, das nicht sein soll, so wie die Mutter in diesem Gedicht die Traurigkeit des Kindes nicht sehen wollte und eine Dissoziation des Heranwachsenden von seinen eigenen Gefühlen ausgelöst hat, vielleicht gar die Gefühlskälte, die notwendig ist, um seiner Mutter die Augen auszustechen. LG
  14. 9.2.2012 Babsi, ich schreibe dir zitternd vor Angst. Heute ist Lindas Geburtstag, woran ich gewiss keinen Gedanken verschwendet hätte, hätte sie sich nicht mit so viel Gewalt in meinen Tag gedrängt. Sie klingelte bei mir und ich sah sie durch das Guckloch in meiner Tür. Zunächst hielt ich es für die beste Idee, mich still hinzusetzen, so zu tun, als wäre ich nicht da und zu warten, bis der Spuk vorüber gehen würde. Aber wie lange hätte ich regungslos bleiben müssen? Als sie nach einer Weile noch immer klingelte und klopfte und mich anflehte, ihr die Tür aufzumachen, damit sie mir erklären könne, was ich gar nicht hören möchte, ging ich wieder in Richtung der Tür und rief: "Verschwinde!" Dies konnte sie, auch nach wiederholter Aufforderung, nicht akzeptieren und blieb still vor meiner Tür stehen, hielt mich für Stunden in meiner Wohnung gefangen. Hin und wieder ging ich zur Tür, schaute durch das Guckloch und sah den Wahnsinn in ihren Augen, den sie für Liebe hielt. Noch nie fühlte ich mich so hilflos und bedroht. Gerade erst ist sie gegangen und ich zittere vor Angst.
  15. Schmuddelkind

    9.2.2012

    Babsi, ich schreibe dir zitternd vor Angst. Heute ist Lindas Geburtstag, woran ich gewiss keinen Gedanken verschwendet hätte, hätte sie sich nicht mit so viel Gewalt in meinen Tag gedrängt. Sie klingelte bei mir und ich sah sie durch das Guckloch in meiner Tür. Zunächst hielt ich es für die beste Idee, mich still hinzusetzen, so zu tun, als wäre ich nicht da und zu warten, bis der Spuk vorüber gehen würde. Aber wie lange hätte ich regungslos bleiben müssen? Als sie nach einer Weile noch immer klingelte und klopfte und mich anflehte, ihr die Tür aufzumachen, damit sie mir erklären könne, was ich gar nicht hören möchte, ging ich wieder in Richtung der Tür und rief: "Verschwinde!" Dies konnte sie, auch nach wiederholter Aufforderung, nicht akzeptieren und blieb still vor meiner Tür stehen, hielt mich für Stunden in meiner Wohnung gefangen. Hin und wieder ging ich zur Tür, schaute durch das Guckloch und sah den Wahnsinn in ihren Augen, den sie für Liebe hielt. Noch nie fühlte ich mich so hilflos und bedroht. Gerade erst ist sie gegangen und ich zittere vor Angst.
  16. "Sei fröhlich, Kind! Und lächle schön!" So sprach die Mutter zu dem Sohn. "Denn niemand will dich traurig sehn." Nach Jahren tritt er in das Haus; da lächelt er zum stillen Hohn und schneidet ihr die Augen aus.
  17. 6.2.2012 Liebe Babsi, am Tag darauf haben wir wieder so lange miteinander gesprochen und gestern erneut bis in die späte Nacht hinein, da alles umher so schön still war und es nichts weiter gab als Sannys Stimme. Wie viel reichhaltiger ist die Welt, wenn sonst alles verstummt! Da ich aber wusste, dass sie heute früh aus dem Bette steigen musste, drängte ich immer wieder gegen all mein Verlangen darauf, das Gespräch bald zu beenden. Doch sie ließ sich einfach nichts einreden: "Ich will noch nicht gehen. Erzähl mir noch etwas, du Lieber!" Also ließ ich das Thema zu unserer gemeinsamen Leidenschaft, der Dichtkunst, hingleiten, wollte ich sie doch ohnehin bewegen, ihre Texte einem Verlag zukommen zu lassen. Es ist nämlich bedauerlich, dass so wenige Menschen nur dazu kommen, diese Schönheit zu besehen. Mit einem Gedichtband wäre dies sicher anders. Jedoch lehnte sie überzeugt ab: "Ich weiß, was Menschen mit Ideen machen. Sie malen sie bunt an, besetzen sie mit Lügen und lassen einen Hampelmann so tun, als wären es seine. Das möchte ich nicht mehr", womit sie auf ihre Vergangenheit als Sängerin verwies. Dazu habe ich auch ein Foto aus jener Zeit gesehen, weswegen ich ihr nur recht geben konnte. Babsi, was sie aus dem schönen Mädchen machten! Sie haben einen bunten Papagei aus ihr gemacht. Wie bin ich froh, dass sie dieser Welt entschlossen den Rücken kehrte! Ihren Gedanken schloss sie mit den wahrsten Worten ab: "Für das, was ich liebe, will ich kein Geld und keine Bestätigung. Nein! Nur das Gefühl, mich selbst darin wiederzuerkennen." Als ich gerade versuchte, mich ob so reiner Lebensweisheit und Integrität zu sammeln und daraus zu lernen, griff sie plötzlich wie ein Wetterumschwung zur Gitarre und sang mir ihre Lieder. Sie besang die Liebe, die Trauer, die Hoffnung und den Mut und all diese Empfindungen haben sich zu ihrer Stimme vereinigt. Und ich, ich hörte einfach nur zu. Ich dachte an nichts, ich sehnte nach nichts. Zum ersten Mal in meinem Leben hörte ich einfach nur zu. Schließlich musste das Gespräch wohl doch noch ein Ende gefunden haben, aber seither füllt eine ungeahnte Erwartung mein ganzes Denken, da sie vorschlug, mich einmal zu besuchen, um mit mir eine gemeinsame Ballade zu schreiben, wobei jeder von uns einer Figur seine Gedanken und Empfindungen verleihen solle. Da wäre das Leben in der Poesie enthalten und die Poesie im Leben. Meine Begeisterung darüber konnte ich ihr nicht vorenthalten und ihr wurde wohl in diesem Augenblick erst gewahr, was sie preisgab: "Oh, ich hoffe, ich war jetzt nicht zu mutig. Nicht, dass du es am Ende noch bereust! Ich kann nämlich ganz schön eigenwillig sein." Nachdem ich ironisch erwiderte, dass mir das noch gar nicht aufgefallen sei, ergingen wir uns in verspielter Neckerei, bis wir einander eine gute Nacht wünschen konnten.
  18. Schmuddelkind

    6.2.2012

    Liebe Babsi, am Tag darauf haben wir wieder so lange miteinander gesprochen und gestern erneut bis in die späte Nacht hinein, da alles umher so schön still war und es nichts weiter gab als Sannys Stimme. Wie viel reichhaltiger ist die Welt, wenn sonst alles verstummt! Da ich aber wusste, dass sie heute früh aus dem Bette steigen musste, drängte ich immer wieder gegen all mein Verlangen darauf, das Gespräch bald zu beenden. Doch sie ließ sich einfach nichts einreden: "Ich will noch nicht gehen. Erzähl mir noch etwas, du Lieber!" Also ließ ich das Thema zu unserer gemeinsamen Leidenschaft, der Dichtkunst, hingleiten, wollte ich sie doch ohnehin bewegen, ihre Texte einem Verlag zukommen zu lassen. Es ist nämlich bedauerlich, dass so wenige Menschen nur dazu kommen, diese Schönheit zu besehen. Mit einem Gedichtband wäre dies sicher anders. Jedoch lehnte sie überzeugt ab: "Ich weiß, was Menschen mit Ideen machen. Sie malen sie bunt an, besetzen sie mit Lügen und lassen einen Hampelmann so tun, als wären es seine. Das möchte ich nicht mehr", womit sie auf ihre Vergangenheit als Sängerin verwies. Dazu habe ich auch ein Foto aus jener Zeit gesehen, weswegen ich ihr nur recht geben konnte. Babsi, was sie aus dem schönen Mädchen machten! Sie haben einen bunten Papagei aus ihr gemacht. Wie bin ich froh, dass sie dieser Welt entschlossen den Rücken kehrte! Ihren Gedanken schloss sie mit den wahrsten Worten ab: "Für das, was ich liebe, will ich kein Geld und keine Bestätigung. Nein! Nur das Gefühl, mich selbst darin wiederzuerkennen." Als ich gerade versuchte, mich ob so reiner Lebensweisheit und Integrität zu sammeln und daraus zu lernen, griff sie plötzlich wie ein Wetterumschwung zur Gitarre und sang mir ihre Lieder. Sie besang die Liebe, die Trauer, die Hoffnung und den Mut und all diese Empfindungen haben sich zu ihrer Stimme vereinigt. Und ich, ich hörte einfach nur zu. Ich dachte an nichts, ich sehnte nach nichts. Zum ersten Mal in meinem Leben hörte ich einfach nur zu. Schließlich musste das Gespräch wohl doch noch ein Ende gefunden haben, aber seither füllt eine ungeahnte Erwartung mein ganzes Denken, da sie vorschlug, mich einmal zu besuchen, um mit mir eine gemeinsame Ballade zu schreiben, wobei jeder von uns einer Figur seine Gedanken und Empfindungen verleihen solle. Da wäre das Leben in der Poesie enthalten und die Poesie im Leben. Meine Begeisterung darüber konnte ich ihr nicht vorenthalten und ihr wurde wohl in diesem Augenblick erst gewahr, was sie preisgab: "Oh, ich hoffe, ich war jetzt nicht zu mutig. Nicht, dass du es am Ende noch bereust! Ich kann nämlich ganz schön eigenwillig sein." Nachdem ich ironisch erwiderte, dass mir das noch gar nicht aufgefallen sei, ergingen wir uns in verspielter Neckerei, bis wir einander eine gute Nacht wünschen konnten.
  19. Schmuddelkind

    Wie sanfter Wind

    Wie sanfter Wind durch Blätterkranz gehst du mir durch den Sinn. Wie Zweige in des Windes Tanz, so wanke ich dahin. Ich würde dich gern wiedersehn, dort wo du eben bist. Dort wär es unvergleichlich schön - ich weiß nicht, wo das ist. Doch wenn ich schließlich bei dir wär, so wüsste ich kein Wort. Wie sanfter Wind von ungefähr, so zög ich wieder fort.
  20. 4.2.2012 Verzeih Babsi, dass ich dir neulich ihre Antwort vorenthielt! Das muss mir wohl schon selbstredend gewesen sein. Inzwischen kam es auch bereits zu unserem ersten Telefongespräch. Beide waren wir sehr neugierig, jedoch auch aufgeregt - es ist auch freilich ein merkwürdiger Hergang, mit einem Menschen bereits so vertraut zu sein, ehe man auch nur ein Wort mit ihm gesprochen hat. Doch als ich zum ersten Mal ihre zarte Stimme vernahm - "Du Lieber! Ich hoffe, du sitzt bequem. Ich habe dir so viel zu erzählen." - da war mir, als führten wir einen Gedanken aus den Ursprüngen unserer Seelen fort, wovon wir nur eben kurz abgelenkt gewesen wären und alle Erwartung, alle Befürchtung war verflogen, verlor sich in einem sechsstündigen Gespräch. Davon kann ich dir nur wenige Einzelheiten wiedergeben. Zu sehr war ich wohl eingegangen in der Gegenwärtigkeit, dass ich nicht an ein Danach dachte, in welchem ich mich daran erinnern müsste. Nur dass sie viel lachte, weiß ich noch - und wenn sie lacht, ist ihre Freude meine ganze Wirklichkeit. So viel weiß ich noch und dass ihre Worte ein Fenster zu einer fantastischen Welt sind, welche ich so bald wie möglich wieder beschauen möchte. Gerade wollte ich den Brief damit abschließen, da stieg doch noch eine Erinnerung in mir auf, die du als sinnhaft verstehen kannst. Wir knüpften an unser Gespräch über das Verhältnis von Kunst und Wahrheit an. Da musste ich wohl so etwas gesagt haben, wie: "Eine Beschreibung sagt zumindest so viel über den Betrachter aus wie über die Dinge seiner Anschauung." Dazu wusste sie ohne Zögern sogleich ein Beispiel zu nennen, woraufhin ich erst ganz verstehen konnte, wovon ich doch sprach: Als sie nämlich einmal im Zoo vor der großen Voliere stand, in der riesige Raubvögel, Geier und Kondore sich um das Fressen stritten - das muss einen gewaltigen Eindruck gemacht haben - sah sie ein kleines Kind neben sich, das die Hand in Richtung des Bodens ausstreckte und entzückt von sich stieß: "Oh, ein Spatz!" Darüber zeigte sich Sanny auch nach so viel Zeit so gerührt, als wäre die Szene eben erst geschehen: "Der kleine, unscheinbare Spatz war ihm so viel mehr Beachtung wert, vielleicht weil dieser frei war, weil er im Gegensatz zu den eingesperrten Attraktionen da sein wollte, wo das Kind ihn sehen konnte." Den meisten Menschen wäre diese kleine Szene am Rande einer enormen Schau nicht aufgefallen oder sie hätten es bald wieder vergessen. Doch Sanny hat sich den Geist bewahrt, so viel Bedeutsames hinter dem Unscheinbaren zu sehen! Wie ich auf den Lippen hatte, ihr zu danken, dass sie mir ermögliche, den Gehalt in den Formen zu erkennen, in welchen sich mein Denken bildet, zeigte sie sich gerührt, dass ich ihr helfe, Ordnung in ihrem Erkennen zu finden.
  21. Schmuddelkind

    4.2.2012

    Verzeih Babsi, dass ich dir neulich ihre Antwort vorenthielt! Das muss mir wohl schon selbstredend gewesen sein. Inzwischen kam es auch bereits zu unserem ersten Telefongespräch. Beide waren wir sehr neugierig, jedoch auch aufgeregt - es ist auch freilich ein merkwürdiger Hergang, mit einem Menschen bereits so vertraut zu sein, ehe man auch nur ein Wort mit ihm gesprochen hat. Doch als ich zum ersten Mal ihre zarte Stimme vernahm - "Du Lieber! Ich hoffe, du sitzt bequem. Ich habe dir so viel zu erzählen." - da war mir, als führten wir einen Gedanken aus den Ursprüngen unserer Seelen fort, wovon wir nur eben kurz abgelenkt gewesen wären und alle Erwartung, alle Befürchtung war verflogen, verlor sich in einem sechsstündigen Gespräch. Davon kann ich dir nur wenige Einzelheiten wiedergeben. Zu sehr war ich wohl eingegangen in der Gegenwärtigkeit, dass ich nicht an ein Danach dachte, in welchem ich mich daran erinnern müsste. Nur dass sie viel lachte, weiß ich noch - und wenn sie lacht, ist ihre Freude meine ganze Wirklichkeit. So viel weiß ich noch und dass ihre Worte ein Fenster zu einer fantastischen Welt sind, welche ich so bald wie möglich wieder beschauen möchte. Gerade wollte ich den Brief damit abschließen, da stieg doch noch eine Erinnerung in mir auf, die du als sinnhaft verstehen kannst. Wir knüpften an unser Gespräch über das Verhältnis von Kunst und Wahrheit an. Da musste ich wohl so etwas gesagt haben, wie: "Eine Beschreibung sagt zumindest so viel über den Betrachter aus wie über die Dinge seiner Anschauung." Dazu wusste sie ohne Zögern sogleich ein Beispiel zu nennen, woraufhin ich erst ganz verstehen konnte, wovon ich doch sprach: Als sie nämlich einmal im Zoo vor der großen Voliere stand, in der riesige Raubvögel, Geier und Kondore sich um das Fressen stritten - das muss einen gewaltigen Eindruck gemacht haben - sah sie ein kleines Kind neben sich, das die Hand in Richtung des Bodens ausstreckte und entzückt von sich stieß: "Oh, ein Spatz!" Darüber zeigte sich Sanny auch nach so viel Zeit so gerührt, als wäre die Szene eben erst geschehen: "Der kleine, unscheinbare Spatz war ihm so viel mehr Beachtung wert, vielleicht weil dieser frei war, weil er im Gegensatz zu den eingesperrten Attraktionen da sein wollte, wo das Kind ihn sehen konnte." Den meisten Menschen wäre diese kleine Szene am Rande einer enormen Schau nicht aufgefallen oder sie hätten es bald wieder vergessen. Doch Sanny hat sich den Geist bewahrt, so viel Bedeutsames hinter dem Unscheinbaren zu sehen! Wie ich auf den Lippen hatte, ihr zu danken, dass sie mir ermögliche, den Gehalt in den Formen zu erkennen, in welchen sich mein Denken bildet, zeigte sie sich gerührt, dass ich ihr helfe, Ordnung in ihrem Erkennen zu finden.
  22. Schmuddelkind

    Spiegelträume

    Nach deiner Nähe sehn ich mich, solang ich sie ertragen kann; da wagten meine Hände sich ganz zart an deine Hand heran. Du fasstest zu und sahst mich an. Wir tauschten Blick um Blick und schwiegen, bis schließlich eine Träne rann, in der sich unsre Träume spiegeln.
  23. Hattest du dir eine antithetische Wirkung erhofft, dass "traurigerweise", den Optimismus von "überraschenderweise" zerstört? An sich ne gute Idee, aber ich schätze (zumindest für mich ist es so), dass die Wirkung nicht unmittelbar genug ist, dass man sich nicht an dem doppelten "-weise" stört. Aber wenn du es aus diesem Grund stehen lassen willst, ist es natürlich auch plausibel. Na, du wirst schon die richtige Entscheidung treffen.
  24. Oh well, I'm glad, it's not unappreciated. Vielen Dank für die Lacher. Dann kann ich ja jetzt dem Witzegeschäft mit größerer Ernsthaftigkeit nachgehen. Also, das habe ich mir tatsächlich für dieses Jahr vorgenommen, ein kleines Bühnenprogramm zu schreiben und hier und da aufzutreten...
  25. Oh, hab's schon gefunden. Wer hätte das gedacht? "Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer." (Sokrates) Seit fast 2500 Jahren gilt also der gleiche Satz über die Jugend, der im Grunde nichts anderes aussagt, als dass die jungen Menschen nicht so sind, wie die älteren sie gerne hätten. Das ist natürlich höchst alarmierend. Die Jugend von heute, und das Problem betrifft uns alle, ist rotzfrech. Kinder, so zwischen fünf und zehn, wenn sie gut erzogen sind - die kann man noch ertragen, weil man sie nicht ernst nehmen muss. Sind ja nur Kinder und zugegeben macht es ja auch Spaß, sie zu verarschen. Aber später, wenn sie alt genug sind, ihre Eltern zu verarschen, ist das nicht mehr lustig. Ich war neulich bei einem Ehepaar eingeladen, sie ist Lehrerin und er macht irgendwas, das ich nicht verstanden habe, verdient aber einen Haufen Geld damit - das war, glaube ich, sein Punkt. Das Gespräch kam bald auf die erste Liebe und die Frau meinte: "Unsere Marlene jedenfalls wartet mit ihrem ersten Freund, bis sie Verantwortung für eine Familie tragen kann." Und dann kam so ein harscher Blick in Richtung der Tochter: "Nicht wahr, Marlene?" Die tippte weiter in ihrem Smartphone herum und entgegnete nur trocken: "Ich bin ja nicht diejenige, die ihre Beine für meinen Mathe-Lehrer breit macht." Rotzfrech! Und dabei bieten wir ihnen doch eine Welt der Möglichkeiten und Sicherheiten, eine Welt, in der man sich wohlfühlen kann. Und so danken sie es uns?! Da halten wir schon extra die Schulen so brüchig und marode - ich würde sagen gestaltbar, als Angebot, sich kreativ daran zu entfalten und die Jugendlichen gehen erst gar nicht dahin - die schwänzen doch regelmäßig. Und das, obwohl Lernen so viel Spaß macht, wenn genügend Druck dahinter steht. Und das Freizeitangebot an Schulen: jede dritte Stunde fällt aus, damit die jungen Menschen lernen, sich selbst sinnvoll zu beschäftigen und was machen sie? Sie lungern im Park herum und betrinken sich. Vor Kurzem sprach ich auf dem Elternabend mit einem Vater, der sich beklagte: "Stell dir vor, mein Ältester, der ist fünfzehn, und neulich hat er doch den Schlüssel zu meinem Spirituosenvorrat gefunden"; er hat mir dann auch gleich berichtet, wie reichhaltig sein Vorrat ist und was für leckere Schnäpse er hat - da kommt man schon auf die Idee, sich selbst bei ihm einzuladen. Schließlich hat er aber doch noch den Bogen gekriegt: "Und dann hat Kevin einfach eine Flasche Wodka zur Freistunde mitgenommen." Ich sagte nur: "So weit ist es schon gekommen, dass die Jugendlichen dieselben Drogen nehmen, wie ihre Eltern." Wir haben ja früher wenigstens noch mit Drogen experimentiert, die unsere Eltern gar nicht kannten. Gut, das ist heute auch kaum mehr möglich - da muss man fair bleiben. Manchmal kommt es mir so vor, als ob die Jugendlichen sich weigern, erwachsen zu werden. Ist mir völlig schleierhaft. Dabei leben sie doch in einer Welt, in der sie den Segen vernunftgeleiteten, reifen Handelns erleben können. Der nahe Osten beispielesweise: seit über sechzig Jahren schießen sich Israelis und Palästinenser über den Haufen und beide sagen: "Der hat angefangen!" Das ist eine Lektion, die sich die jungen Menschen zu Herzen nehmen sollten: "Wenn der Andere angefangen hat, brauche ich nicht aufzuhören." Ich finde einfach, die Jugend sollte sich endlich mal vorbildlicher verhalten! Aber wir müssen auch gar nicht so weit weg blicken. Im Elternhaus: Mama und Papa streiten sich. Und wie das in einer guten, von gegenseitigem Respekt und Verständnis getragenen Familie der Fall ist, redet sie erst einmal meilenweit am Thema vorbei über seine Mutter, woraufhin er ihr Überempfindlichkeit attestiert, weswegen sie mit Tellern wirft und die Koffer packt. Aber Konflikte entstehen eben; es kommt nur darauf an, sie konstruktiv und von der Wurzel an zu lösen. Deswegen gehen Mama und Papa dann ein paar Minuten später ins Schlafzimmer und bumsen sich gegenseitig die Feindseligkeit aus dem Kopf - wie bei den Bonobos. Das ist doch für junge Menschen Anschauungsunterricht in Sachen Konfliktmanagement, aber bitte nur mit Kondom, liebe Kinder! Wer weiß, mit wem sich eure Klassenkameraden schon gestritten haben? Doch das setzt auch voraus, dass man sich mal für andere interessiert. Wir haben es hier jedoch einfach mit einer Null-Bock-Generation zu tun. Diese strikte Verweigerungshaltung gegen jede gemeinschaftliche Unternehmung stimmt mich wirklich nachdenklich: "Heute macht in der Innenstadt ein neuer IKEA auf; da werden bestimmt eine Menge Schaulustige sein - lasst uns das mal ansehen!" "Kein Bock!" "Oma hat eine neue Krankheit für sich entdeckt. Mal hören, was sie dazu so sagt!" "Kein Bock!" "Hey, da versuchen erwachsene Menschen mit flugunfähigen Plaste-Elefanten den Müggelsee zu überfliegen. Das wird bestimmt lustig!" "Kein Bock!" Die Jugend von heute ist einfach nicht mehr begeisterungsfähig. Wenn ich da an die Generation meines Großvaters denke. Damals hat das doch auch geklappt.
×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Community-Regeln
Datenschutzerklärung
Nutzungsbedingungen
Wir haben Cookies auf deinem Gerät platziert, um die Bedienung dieser Website zu verbessern. Du kannst deine Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass du damit einverstanden bist.