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Den Himmel halten: Teil 8


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Im Hotel gönnte ich mir auch noch einen Schlummertrunk aus der Minibar und dachte noch eine Weile über diesen Tag nach. Ich hatte mich lange nicht mehr so lebendig gefühlt und das seltsame sexuelle Interesse von Martha an mir stieß mich im gleichen Masse ab, wie es auch eine unterschwellige Erregung in mir hinterließ. Ich verspürte die Lust, mich selbst zu befriedigen, ließ aber einer ausgedehnten Dusche den Vortritt, die ich wirklich nötig hatte und schlief danach einigermaßen schnell ein. Ich erwachte früh an dem Morgen. Zu früh für meinen Geschmack und erstaunlicherweise war Martha schon wieder in meinem Kopf und ich holte das nach, was ich am Vorabend unterdrückte. Entspannt konnte ich dann noch etwas vor mich hindösen. Als ich vollends aufwachte, fühlte ich mich schmutzig und schämte mich für mein frühmorgendliches Verhalten. Unter der Dusche versuchte ich mich seelisch und körperlich von diesem Gefühl zu reinigen, was mir in einem Fall auch einigermaßen gelang.

Ich ging früh in den Frühstücksraum des Hotels, trank aber nur einen starken Caffè. Direkt nach dem Aufstehen Essen zu mir zu nehmen, entsprach einfach nicht meinen Gewohnheiten. Der Caffè war ein wahrer Genuss, eine Erfahrung, die man nicht in vielen Hotels macht, deshalb nahm ich noch einen zweiten hinterher und stellte mich mit der Tasse vor das große Fenster, durch das ich über die halbe Stadt schauen konnte. Die Sonne schien mir direkt ins Gesicht und ich spürte förmlich, wie ihre Energie durch mich hindurchströmte. Trotzdem ereilten mich noch einmal die düstern Gedanken und Ängste vom Vortag und es keimte in mir kurz die Idee, einfach das Weite zu suchen.

Aber das war nicht ich, ich stellte mich den Herausforderungen des Lebens und lief nicht einfach weg. Mein Wort galt etwas in dieser Welt und so wischte ich die Gedanken beiseite und schaute auf die Uhr, ob ich nicht schon losfahren sollte. Lieber zu früh, als zu spät kommen, war mein Motto, also trank ich den Caffè aus und fuhr Richtung Hotel „Bruchbude“. Die Straßen waren frei, die Sonne schien und irgendwie kam mir das Blau des Himmels heute besonders schön vor. Ich begrüßte den Tag mit etwas Heavy Metal und die Energie in den Songs küssten meine Seele, die sich mit einem Gefühl von Euphorie dafür bedankte.

Am Hotel angekommen, dämpfte sich meine Stimmung etwas und eine gewisse Anspannung machte sich breit, weil unmöglich vorherzusagen war, was mich heute erwartete. Mein Magen meldete sich auf dem Weg zum Hoteleingang und so beschloss ich, an der Rezeption ein Frühstück zu buchen. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich euch vielleicht auch schon beim Frühstücken antreffen könnte. Als ich den Frühstücksraum betrat und das Zimmer nach euch absuchte, wurde ich schnell fündig, allerdings saßt nur du am Tisch und die nicht umgedrehte Tasse neben deinem Platz wies daraufhin, dass Martha uns wohl noch nicht mit ihrer Anwesenheit beehrte.

„Du bist früh dran, aber ich freue mich, dich zu sehen! Ich war mir eigentlich zu hundert Prozent sicher, dass wir dich nie wiedersehen werden!“ Und in deinem Gesicht erkannte ich die Aufrichtigkeit deiner Worte, wenn deine Gesichtszüge auch nur wenig preisgaben. „Ich hatte kurz drüber nachgedacht!“ Gab ich ehrlich zu „Martha noch nicht wach?“ Erkundigte ich mich höflich. „Die Kleine verträgt nicht Alkohol nicht so gut und hält sich deshalb in der Regel auch stark zurück, aber gestern musste sie wohl etwas runterspülen und deshalb heute Morgen ausschlafen. Du scheinst ihr zu gefallen!“ Äußertest du unerwartet und es verschlug mir kurz die Sprache. Irritiert stotterte ich los „Seid ihr denn kein Paar? Es machte mir den Eindruck, als wenn ihr irgendwie zusammengehört?“

„Gott behüte! Sie hat mich zwar vor etlichen Jahren entjungfert, aber daraus ist nie eine Liebesbeziehung geworden. In der Öffentlichkeit tut sie sehr gerne so, als wenn wir ein Paar wären, aber nur um Männer abzuhalten, die sie dauernd anzumachen versuchen. Ansonsten bin ich für sie eher der große Bruder und Beschützer. Durch unsere familiären Erfahrungen und die Jahre im Jugendheim ist es schwer für uns, Vertrauen zu anderen Menschen aufzubauen. Dieses gemeinsame Durchleben hält uns zusammen. Wir sind also kein Paar und von daher steh ich niemandem im Wege.“ Legtest du die Beziehung zwischen euch offen und aus irgendeinem Grund freute mich deine unerwartete Offenheit.

„Ich könnte ja fast ihr Vater sein!“ Nahm ich deinen Wink auf. „Seit wann spielt das eine Rolle? Ich weiß nicht, welches Bild du von Martha hast, aber lasse dich von ihr nicht täuschen, du hast ihr wahres Wesen noch gar nicht kennengelernt, sondern nur mit ihrem Schutzpanzer Bekanntschaft gemacht. Sie hat viel durchmachen müssen in ihrer Jugend und das prägt, aber unter ihrer harten Schale steckt ein sensibler Kern und ein wunderbarer Mensch, den nur ganz wenige kennenlernen dürfen. Unsere Bekanntschaft wird wahrscheinlich nicht lange genug dauern, dass du in den Genuss kommen wirst, diesen Kern jemals zu Gesicht zu bekommen, aber ich wollte zumindest das Bild korrigieren, was du dir vielleicht von ihr gemacht hast. Ich will dir auch nicht vorschreiben, wie du dich ihr gegenüber verhalten sollst, aber du sollst wissen, dass sie der einzige Mensch ist, der mir im Augenblick noch etwas bedeutet.“ Diesmal lag in deiner Stimme eine versteckte Warnung, die ich mir gut merken würde.

Ich wollte gerade etwas erwidern, als mir von hinten die Augen zugehalten wurden und ein Kuss meine Wange benetzte „Kennybaby, ich hätte nie erwartet, dich noch mal wiederzusehen. Hast du mich etwas vermisst?“ Und deinen warnenden Unterton noch im Ohr erwiderte ich möglichst freundlich „Es war kaum zum Aushalten. Dir auch einen Guten Morgen, Martha. Ich hoffe, der gute Wein musste die Nacht nicht den Rückwärtsgang einlegen, es wäre zu schade, um den guten Tropfen!“
„Der Wein scheint dich mehr wie mein Wohlergehen zu interessieren. Vielen Dank auch mir geht es blendend!“ Schnippte Martha pikiert zurück. Mein bestelltes Rührei wurde an den Tisch gebracht und noch bevor ich die Gabel in der Hand hatte, wühlte Martha schon mit ihren schlanken und wohlgeformten Fingern darin herum. Ich schob ihr den Teller rüber und gab der Kellnerin zu verstehen, doch noch ein zweites Rührei zu bringen, das ich dann hoffentlich allein genießen durfte „Du stellst dich ja vielleicht an, ich bin doch nicht giftig!“ Zog sie beleidigt den Teller ganz zu sich herüber, um sich dann über ihn herzumachen, als hätte sie tagelang nichts gegessen.

„Wie lange bleibst du in der Stadt, Ken?“ Fragtest du mich und es klang mehr nach ernsthaftem Interesse als nach einem Bedarf nach Smal Talk. „Heute Abend fahre ich zurück.“ Gab ich wahrheitsgemäß an. „Schade. Nächste Woche spielen die Fortunen doch hier in der Nachbarstadt und ich habe eine Karte übrig, weil mein Stadionkollege längere Zeit erkrankt ist!“
„Im Ernst? Ich hatte auch versucht, eine Karte zu ergattern, aber die Gästekarten waren schon ausverkauft!“ Erklärte ich ebenfalls wahrheitsgemäß. „Wenn du Lust hast, Ken, komm doch hochgefahren und wir können uns zusammen das Spiel anschauen!“
Ich war vollkommen baff und wusste erst nichts darauf zu sagen. Mir war aber klar, dass ich nicht zu lange zögern durfte und schnell eine Entscheidung treffen musste, um dich nicht ungewollt zu beleidigen. „Gerne!“ Entschied ich, und als mein Blick zu Martha wanderte, strahlte sie wie ein Honigkuchen Pferd zu Weihnachten.

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Wird immer interessanter.  Fortsetzung vorprogrammiert.  Denn wenn das auch ein schöner Beginn einer neuen Freundschaft werden kann bzw. vielleicht sogar einer Beziehung (was in dieser Phase die Phantasie beflügelt) welcher Art auch immer im Raum steht, wäre es sehr interessant,  wie du das drehst. 

Bis dann.  

Sonja 

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Hallo @Sonja Pistracher,
 

vor 18 Stunden schrieb Sonja Pistracher:

Wird immer interessanter. 

:blume: das freut mich sehr, zu lesen!

 

Ich habe gestern und heute Morgen die letzten Details der noch zwei kommenden Teile geändert und kann jetzt nur noch hoffen, das wir gemeinsam bis zum Ende durchhalten.

 

Dankeschön! :smile:

 

Hallo @Melda-Sabine Fischer,
 

vor 17 Stunden schrieb Melda-Sabine Fischer:

als der Umstand, wie Fortuna nächste Woche spielt.

:panik:   meine Welt geht unter :wink:

 

Dankeschön! :smile:

 

Hallo @Carlos,

vor 16 Stunden schrieb Carlos:

"Die Straßen waren frei, die Sonne schien und irgendwie kam mir das Blaue des Himmels heute besonders schön vor"

ich hoffe , wir bekommen heute auch etwas vom Blau der Firmaments zu sehen. Der Herbst hält sich in der Regel ja gern damit  zurück.

 

Dankeschön! :smile:

 

Hallo @Kurt Knecht,

vor 10 Stunden schrieb Kurt Knecht:

danke für die sehr gelungene Fortsetzung. Kurt

ich habe zu danken!
Das ihr mir so lange dir treue bei der Geschichte haltet, rührt mich, und ich kann nur hoffen, das ich sie zu einem würdigen Ende  bringe, um euch nicht auf den letzten Metern vor dem Ziel noch zu enttäuschen.

Dankeschön!  :smile:

 

Ich danke euch ganz herzlich und kann mir nur wünschen, das wir gemeinsam die Ziellinie überqueren.

 

Grüßend Freiform



 

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